Zinskommentar

Unter einem Prozent!

Nun ist es doch passiert: Infolge zu großer Nach frage durch die Furcht vor internationalen Krisenherden und die Sorge vor einem Konjunktureinbruch fiel die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen am 14. August 2014 erstmals in der Geschichte unter die Marke von einem Prozent. Sie notierte kurzzeitig bei 0,9974 Prozent. Damit bietet Deutschland für Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit die niedrigste Verzinsung in der Eurozone.

Die Zunahme geopolitischer Risiken - Russland und die Ukraine, Syrien, Israel oder die islamischen Gotteskrieger IS im Irak - setzen auch die Europäische Zentralbank zunehmend unter Druck. EZB-Präsident Mario Draghi schaut dabei mit wachsender Beunruhigung vor allem nach Osten, wo die Auswirkungen des Sanktionswettlaufs zwischen Russland und dem Westen sicherlich nicht ohne Auswirkungen auf die Konjunktur in der Eurozone bleiben werden. "Insbesondere die Lage in der Ukraine und Russland wird natürlich größere Auswirkungen auf die Eurozone haben als auf den Rest der Welt", sagte er im Anschluss an die jüngste Ratssitzung der EZB Anfang August. Es sei aber derzeit schwer einzuschätzen, welche Auswirkungen die Sanktionen gegen Russland und die Gegenmaßnahmen der russischen Seite genau auf die Wirtschaft des Währungsraums haben werden. "Das große Risiko sind die Energiepreise", sagte Draghi. Die Währungshüter haben in den vergangenen Jahren mit einer dramatischen Lockerung ihrer Geldpolitik die Banken- und Staatsschuldenkrise in Euroland zwar weitgehend erfolgreich gemanagt. Doch die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum ist noch lange nicht über den Berg. "Der Aufschwung ist schwach, fragil und unstetig", sagte Draghi nach der jüngsten Ratssitzung der Zentralbank. Mit Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft im Euroraum erneut in die Rezession abgerutscht und mit Frankreich steht ein weiteres Schwergewicht kurz davor.

Die EZB werde die Auswirkungen auf die Inflation und auch die Entwicklungen bei den Wechselkursen genau im Auge behalten, betonte Draghi. Der EZB-Rat sei einstimmig zu unkonventionellen Maßnahmen bereit, wenn sich der mittel- und langfristige Inflationsausblick verändere. Derzeit haben sich laut Draghi nur die kurzfristigen Inflationserwartungen verändert. Mittel- und langfristig seien sie hingegen fest verankert. Dementsprechend beließ die Zentralbank den seit Juni geltenden Leitzins unverändert bei 0,15 Prozent. Banken, die Geld bei der Europäischen Zentralbank einlagern möchten, müssen weiterhin einen Strafzins von 0,10 Prozent zahlen.

Ingesamt ist Draghi mit dem bislang Erreichten zufrieden. Es gebe bereits Anzeichen dafür, dass sich die zusätzlichen geldpolitischen Maßnahmen aus dem Juni positiv auswirken. Insbesondere die Einführung eines Strafzinses für Banken sei erfolgreich gewesen, so der EZB-Präsident. Die Zentralbank geht weiterhin davon aus, dass das Paket im Laufe der Zeit immer stärker auf die Wirtschaft einwirkt und dazu beitragen wird, dass sich die Inflationsrate in Richtung der Zielmarke von 2,0 Prozent verbessert.

Anders die Lage in den USA: Die neusten Daten über Beschäftigung und Konjunktur zeigen eine langsame Verbesserung an. So legte das Bruttoinlandsprodukt von April bis Juni, auf das Jahr hochgerechnet, um 4 Prozent zu. Deswegen hat die Fed angekündigt, die Ausweitung der Geldmenge langsam zurückzufahren. Dadurch werden in den USA sowohl die langfristigen als auch die kurzfristigen Zinsen ansteigen. Das könnte auf längere Sicht auch für höhere Zinsen in der Eurozone sorgen.

Noch aber sind die Bedingungen für all diejenigen, die eine Immobilie bauen oder erwerben wollen, höchst attraktiv. In den vergangenen acht Wochen sind die Zinsen für Baufinanzierungen und Immobilienfinanzierungen noch einmal um etwa 0,30 Prozentpunkte gesunken. Mitte August wurde ein neues historisches Zinstief für Baugeld erreicht. Wer derzeit den Traum eines Eigenheims realisieren oder ein Forward-Darlehen abschließen will, zahlt für sein Baudarlehen so wenig wie nie zuvor.

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