Immobilien-Spezialfonds

Solvency II - Antrieb für Innovationen

Die Spezialfondsbranche fürchtet eine Investitionsstarre, ausgelöst durch Solvency II. Einige Branchenvertreter sprechen sogar davon, dass die Zukunft der indirekten Immobilienanlage insgesamt auf dem Spiel stehe. Richtig ist, dass die Branche die Entwicklungen sehr ernst nehmen muss. Auf die Produktwelt hat das Regelwerk bereits jetzt Auswirkungen. Die Spezialfondsanbieter sind nun gefragt, mit Innovationen zu reagieren. Denn jene Kapitalanlagegesellschaften, die Versicherern Auswege aus der problematischen Situation aufzeigen können, werden einen großen Wettbewerbsvorteil haben. Rund 5000 Versicherer gibt es in Europa. Für sie gilt Solvency II. Das europäische Regelwerk bringt neue Anforderungen an die Kapitalausstattung. Zukünftig müssen Versicherer für jedes getätigte Investment einen Eigenkapitalbeitrag hinterlegen. Es steht den Versicherern frei, diesen Eigenkapitalbeitrag mit eigenen Risikomodellen zu errechnen. An diese Modelle werden vom Gesetzgeber allerdings hohe aufsichtsrechtliche Anforderungen gestellt. Marktbeobachter gehen davon aus, dass es sich für viele kleinere und mittlere Versicherer nicht lohnen wird, ein solches eigenes Modell aufzusetzen. Diese Versicherer werden sich an einem Standardschema ausrichten müssen. Und das bedeutet nach dem aktuellen Stand der Diskussion, dass Immobilieninvestitionen mit 25 Prozent Eigenkapital zu hinterlegen sind. Solvency II behandelt dabei alle Immobilien gleich. Eine Core-Immobilie in der Münchener Innenstadt wird genauso behandelt wie eine Shoppingcen-ter-Investition in Osteuropa oder opportunistische Wohnimmobilieninvestments in Indien. In jedem Fall müsste eine Investition mit 25 Prozent Eigenkapital besichert werden. Pauschaler Stressfaktor nicht gerechtfertigt Aktuell ist die Diskussion noch im Fluss. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind noch nicht geschaffen. Kritik hagelt es aber zu Recht von allen Seiten. Die Verbände arbeiten mit Hochdruck daran, dass die indirekte Immobilienanlage nicht diskriminiert wird. So hat die Investment Property Databank GmbH (IPD) für acht betroffene Verbände kürzlich überprüft, ob die derzeit in Arbeit befindlichen Regeln dem tatsächlichen Wertänderungsrisiko entsprechen und ob die festgesetzten Korrelationen zu anderen Assetrisiken richtig bestimmt wurden. Das Ergebnis: Der Vorschlag, Immobilieninvestments pauschal mit 25 Prozent Stressfaktor zu versehen, entspricht nicht den Marktgegebenheiten. IPD hat ermittelt, dass allenfalls 15 Prozent vertretbar seien. Eine stärker länder- und/oder sektorenspezifische Betrachtung würde in Einzelfällen einen noch geringeren Stressfaktor rechtfertigen. Besonders augenfällig ist die Ungleichbehandlung von Staatsanleihen und Immobilien. Während für Staatsanleihen pauschal kein Eigenkapital hinterlegt werden muss, auch nicht für griechische Staatsanleihen, ist ein voll vermietetes, innerstädtisches Gewerbeobjekt mit 30-jährigem Mietvertrag und der Bundesrepublik Deutschland als Mieter mit 25 Prozent Eigenkapital zu hinterlegen. Zu Recht monieren viele Immobilienexperten diese Folge von Solvency II. Es ist wünschenswert, dass die Politik an dieser Stelle nachbessert. Spezialfonds mit Vorteilen Wie auch immer sich die gesetzliche Regelung letztlich gestaltet, Immobilien-Spezialfonds haben in den vergangenen Jahren schon mehrfach bewiesen, dass sie sich an neue Regeln anpassen können und weiterhin erfolgreich bleiben. Seit 1999 sind jedes Jahr das Vermögen und die Anzahl der Fonds gestiegen. Derzeit existieren mehr als 140 Fonds mit mehr als 30 Milliarden Euro investiertem Eigenkapital. Der Spezialfonds ist ideal, um im In- und Ausland zu investieren. Er ist bei deutschen Institutionellen etabliert. Sie schätzen die Standardisierung und die Sicherheit des von der BaFin beaufsichtigten Vehikels. Immobilien-Spezialfonds erfordern einen vergleichsweise niedrigen Administrationsaufwand. Das Reporting ist vereinheitlicht. Aufgrund ihrer gesetzlich vorgegebenen diversifizierten Struktur weisen sie eine geringere Volatilität auf als viele vergleichbare Formen der Immobilieninvestition. Insgesamt sind sie daher als risikoarm zu bezeichnen. Gerade für Versicherer, die auf stete Ausschüttungen angewiesen sind, stellen Immobilien-Spezialfonds eine optimale Investitionsform dar. Darüber hinaus verfügen Spezialfonds gegenüber der Direktanlage über einen großen Vorteil beim Renditeausweis, da bei ihnen keine Absetzung für Abnutzung (kurz: AfA) abgezogen wird. Außerdem haben Immobilien-Spezialfonds-Anteile Wertpapiercharakter und sind entsprechend flexibel und mit geringen Transaktionskosten liquide. Trotz grundsätzlicher Vorteile der indirekten Immobilienanlage via Spezialfonds wird die Fondsbranche mit Innovationen reagieren müssen, um die Versicherer als Anleger zu behalten. Zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze sind zu sehen: - Die Fondsanbieter unterstützen die Versicherer beim Einsatz von individuellen Risikomodellen. Auf diese Weise ist es möglich, die Standardsätze zu vermeiden und bei der Berechnung der Eigenkapitalunterlegung zu individuellen Ergebnissen zu kommen. Für die Spezialfonds-Manager heißt dies, Neuland betreten. Neue Schnittstellen sind einzurichten. Aufbereitete Immobilien- und Portfoliodaten müssen in höchster Qualität ohne Zeitverzug geliefert werden - eine besondere Anforderung an die Qualität des Back-Office einer Kapitalanlagegesellschaft. Im Ergebnis winken eine Optimierung des Stressfaktors und ein niedrigerer Eigenkapitalanteil aufseiten des Versicherers. Spezialfondsanbieter, die frühzeitig ein entsprechendes Reportingangebot offerieren können, werden im Wettbewerb um die Assekuranz ein nicht zu unterschätzendes Verkaufsargument haben. - Ein zweiter Weg sind für Solvency II optimierte Produkte. Nach den derzeit aktuellen Solvency-II-Vorgaben führt der Einsatz von Fremdkapital grundsätzlich zu einer Erhöhung der Eigenkapitalunterlegung. Daher ist es vorstellbar, dass Immobilien-Spezialfonds für Versicherer in Zukunft entweder mehr Eigenkapital einsetzen oder aber Fremdkapital nur noch auf variabler Basis verwenden. Solvency II dürfte dazu führen, dass die Produktfamilie der Spezialfonds insgesamt wächst. Es gibt heute bereits eine ganze Bandbreite von Gestaltungsmöglichkeiten des Spezialfonds, aus denen Institutionelle wählen können. Individualfonds bilden das eine Ende der Skala. Große Spezialfonds das andere Ende. Dazwischen etablieren sich weitere Möglichkeiten, von Themenfonds bis zu Deals unter institutionellen Anlegern mit ähnlich gelagertem Interesse. Kleinere und individuellere Fonds könnten das Mittel der Wahl für viele Versicherer sein. Grundsätzlich behalten die breit diversifizierten, paneuropäisch investierenden, großen Immobilien-Spezialfonds ihre Berechtigung als Basisinvestment. Sie bieten ein Höchstmaß an Risikostreuung. Unerwartete Entwicklungen in einzelnen Teilmärkten oder Leerstände in einzelnen Fondsimmobilien haben bei ihnen nur vergleichsweise geringe Auswirkungen auf das investierte Eigenkapital. Mit überschaubaren Summen können institutionelle Anleger ein ganzes Portfolio erwerben. Spezifische Risiken ergeben sich allenfalls, wenn ein solcher großer Fonds insgesamt in Schieflage gerät. Dann ist das Portfolio kaum mehr zu managen und die Investoren sind in den Fonds gefangen. Individualfonds im Trend Investoren, die bereits über einen umfassenden Immobilienbestand verfügen, suchen eher nach einer individuelleren Lösung als Sektoren- oder Länderfonds. Je nach Marktlage und Risikoneigung können hier einzelne Anlageklassen stark nachgefragt werden. Aktuelle Beispiele sind Einzelhandels- und Wohnimmobilieninvestitionen. In bestimmten Situationen können aber auch Länderfonds einen regelrechten Run erleben. Diese Form der Investition steht stark in der Konkurrenz zu Direktinvestments, da viele institutionelle Investoren ihr Portfolio durch Einzelinvestments abrunden. Selbst wenn Solvency II einzelne Investoren von einer Investition abhalten sollte, werden Sektoren- und Länderfonds auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen und zum festen Angebot der Immobilien-Spezialfonds managenden Kapitalanlagegesellschaften gehören. Individualfonds dürften durch Solvency II Auftrieb erhalten. Der Vorteil für Versicherer: maximale Kontrolle über das eigene Investment. Egal ob Fremdkapitalquote, Risikoorientierung oder die zukünftige Länderallokation, der Fonds kann jederzeit an die Bedürfnisse des Investors angepasst werden und auf Marktbewegungen oder neue Regulierung reagieren. Nachteil: Individualfonds benötigen eine gewisse Größe. Sonst sind sie nicht wirtschaftlich auszugestalten. Für den Investor bedeutet dies, dass er eine hohe Summe auf eine Karte, sprich ein Produkt und einen Portfolio-Manager setzt. Dazu ist ein hohes Maß an Vertrauen in die Fähigkeiten seines Portfolio-Managers vonnöten. Clubdeals als Lösung für kleine und mittlere Versicherer Sogenannte Clubdeals unter Investoren mit ähnlich gelagerten Interessen könnten einen Ausweg für Versicherer darstellen, die trotz Solvency II in Immobilien investieren wollen und vor der Größe eines Individualfondsinvestments zurückschrecken. Bei einem solchen Clubdeal findet sich eine überschaubare Zahl von Versicherern in einem Sondervermögen zusammen. Richtig konstruiert bietet ein solcher Fonds das Beste aus zwei Welten und verbindet die Vorteile von Individualfonds mit den Vorteilen von Poolfonds. Der Fonds ist optimal auf die aktuellen Bedürfnisse der Versicherer abgestimmt. Dabei behalten die einzelnen Investoren größtmögliche Gestaltungsmacht für die Zukunft, denn die genaue Ausgestaltung und Interpretation von Solvency II kann Änderungen beispielsweise an der Fremdkapitalquote des Fonds nötig machen. In einem solchen Clubdeal sind sie jederzeit reaktionsfähig und müssen sich nicht mit anderen institutionellen Anlegern, die etwa über eine ganz andere Agenda verfügen, auseinandersetzen. Vielmehr stimmen sich Investoren lediglich im kleinen Kreis mit drei oder vier weiteren Versicherern ab, die grundsätzlich über die gleichen Probleme und Interessen verfügen. Die Idee des gemeinsamen Investierens samt entsprechend größerer Diversifikationsmöglichkeit bleibt dabei wie in einem Poolfonds erhalten. Weiterhin hohe Attraktivität der Immobilie Dass Solvency II zu einem Rückzug der Versicherer aus der Immobilie führt, wie es von einigen Experten erwartet wird, halten wir für unwahrscheinlich. Dafür ist sie in der Asset-Allokation zu wichtig. In der Branche wird zudem die Gefahr gesehen, dass Solvency II zu risikoreicheren Investitionen führt. Aufgrund des pauschal erforderlichen Eigenkapitals würden risikoreichere Investments bevorzugt. Dies, so die Argumentation, würde den auf 50 Prozent Fremdkapital beschränkten Immo-bilien-Spezialfonds aus dem Rennen werfen. Dagegen spricht, dass Versicherer traditionell risikoaverse Anleger sind. Sie benötigen kalkulierbare und stete Ausschüttungen. Nur in Teilbereichen führen sie risikoreiche Investitionen durch. Solvency II wird an dieser grundsätzlichen und vom Geschäftsmodell bedingten Risikoeinstellung nichts ändern. Allerdings sind die Spezialfondsanbieter gefragt, mit Innovationen auf ein Umfeld im Wandel zu reagieren und den Versicherern ein erneuertes und angepasstes Produkt zu bieten.

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