Rating kurz notiert

S&P setzt USA unter Zugzwang

Dass Standard & Poor's mit seiner Mitteilung vom 18. April 2011 an der Bonität der USA zweifelt, hat die Renten- und Kapitalmärkte spürbar überrascht. Zwar hat die Ratingagentur das Länderrating auf der höchsten Bonitätsstufe belassen, doch wurde der Ausblick von "stabil" auf "negativ" heruntergesetzt (siehe auch I&F 09 - 2011, Seite 301). Eine solche Maßnahme hatte es zuletzt 1996 gegeben, woraufhin die Renditen 10-jähriger US-Treasuries auf neun Basispunkte sprangen.

Irritiert waren die Märkte diesmal jedoch über den Zeitpunkt. Die fundamentalen Daten für die Ratinganpassung unterschieden sich nämlich nicht wesentlich von der Lage vor einem Jahr.

Problematisch ist vor allem, dass die USA im Gegensatz zu europäischen Regierungen offensichtlich nicht akzeptieren wollen, für die Überwindung der Krise auch einen politischen und volkswirtschaftlichen Preis zu zahlen.

Die Regierungen der Eurozone und Großbritanniens sind entschlossen, die öffentliche Verschuldung durch weniger Staatsausgaben und höheres Steueraufkommen abzubauen und dafür auch einen vorübergehenden Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und des BIP-Wachstums in Kauf zu nehmen.

Im Gegensatz dazu haben die USA bisher versucht, mittels aggressiver Geldpolitik und Steuersenkungen das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Beschäftigung zu steigern. Daraus sollen sich später höhere Steuereinnahmen und niedrigere Staatsausgaben ergeben, mit denen sich das zwischenzeitlich gestiegene Haushaltsdefizit wieder zurückführen ließe.

Dass die US-Wirtschaft nach anfänglich zäher Entwicklung jetzt wieder deutlich schneller wächst und dabei sogar ein höheres Tempo vorlegt als einige andere entwickelte Volkswirtschaften, scheint die US-Politik zu bestätigen. Zudem beginnt die Arbeitslosenquote zu sinken. Nachdem sie einen Stand von über zehn Prozent erreicht hatte, liegt sie aktuell bei unter neuen Prozent. Dazu hat auch die Geldpolitik der Federal Reserve beigetragen, die aus Angst vor einer Deflation ihre Leitzinsen weiterhin extrem niedrig hält und damit akzeptiert, dass die zusätzlich geschaffene Liquidität vor allem die Rohstoffpreise steigen lässt.

Warum also gerade jetzt die Ratingkorrektur? Trotz der Erfolge betrachtet die Ratingagentur diese Steuer- und Währungspolitik mit Skepsis. Denn sie befürchtet, dass Amerika seine Zukunft verpfändet. Irgendwann müsse die Zeche bezahlt werden. Das Wachstum zögere nur den Zeitpunkt hinaus. Immerhin haben auch die politischen Entscheidungsträger mittlerweile erkannt, dass die Ausweitung der Staatsverschuldung im bisherigen Tempo nicht länger hinnehmbar ist.

Doch über das Wie des Defizitabbaus wird heftig gestritten, ohne dass eine Einigung in Sicht ist. Während die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus umfangreiche Ausgabenkürzungen im Sozialbereich und im Gesundheitswesen, aber auf Steuererhöhungen verzichten will, stellt sich der von den Demokraten kontrollierte Senat quer.

Zwar sollte sich Präsident Obama um Vermittlung zwischen den politischen Lagern bemühen, doch sind seine Vorschläge dazu wenig geeignet. So schlägt er die Begrenzung der Staatsverschuldung auf vier Billiarden US-Dollar bis 2023 vor - also zwei Jahre später als es die Republikaner planen. Zudem regt er Kürzungen im Verteidigungsetat und Steuererhöhungen vor allem für Reiche an. Politische Beobachter sehen die Debatte daher in einer Sackgasse.

Es ist diese Angst vor einem Mangel an politischem Konsens, die S&P zur Herabstufung des Rating-Ausblicks veranlasste. Trotzdem glaubt selbst S&P nicht ernsthaft daran, dass die USA ihr Spitzen-Rating verlieren.

So könnte die in der Herabstufung des Rating-Ausblicks geäußerte "Kritik" an der US-Haushaltspolitik letztlich sogar bei einer Kompromissfindung helfen. Denn sie erhöht den Druck auf die politischen Entscheider. Freilich muss sowohl der demokratischen Regierung als auch den Republikanern im Repräsentantenhaus an einer Lösung gelegen sein. Ein Verlust des AAA-Ratings für US-Staatsanleihen hätte nach Analystenmeinung erhebliche Auswirkungen auf die Bondmärkte. Bereits der geänderte Rating-Ausblick lässt offensichtlich eine Reihe von Investoren an der Rolle von US-Treasuries als sicherer Hafen zweifeln und deren Gewichtung im Anlageportfolio wird zunehmend kritisch hinterfragt. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X