Mipim Special

Wie unternehmerisch denken Immobilieninvestoren?

Man muss nicht notwendigerweise ein Anhänger von Schumpeters Theorie der schöpferischen Zerstörung sein, um als Unternehmer heutzutage den Kick des Risikos genießen zu können. In Zeiten der Unwägbarkeit des wirtschaftlichen Umfeldes wird das Risiko für jeden Unternehmer quasi per se mitgeliefert. Insofern ist Risikomanagement das Gebot der Stunde, und Investoren sind geradezu dazu verpflichtet, ihr gesamtes Portfolio genauso wie einzelne Immobilien regelmäßig hinsichtlich des Risikoprofil zu überprüfen.

Risiko und Unwägbarkeit

Die Entwicklung eines angemessenen Risikobewusstseins wird 2013 eine der größten Herausforderungen für Immobilieninvestoren sein. Denn eine überzogene Risikoaversion der Investoren kann die Märkte ebenso verzerren wie eine zu große Risikotoleranz. Letztere hat in den Jahren vor der Kreditkrise zum einen zu einer übermäßigen Fremdfinanzierung und zum anderen zu einer Unterbewertung des Risikos von Immobilieninvestments geführt. Die Folgen dieser Sorglosigkeit sind noch heute zu besichtigen.

Und mit diesen Folgen geht zwangsläufig die Forderung einher, verantwortungsbewusst unternehmerisch zu denken und zu handeln. Das ist vor dem Hintergrund, dass viele Volkswirtschaften nach wie vor aus dem Gleichgewicht geraten sind, praktisch im Stillstand verharren und in einigen wenigen Anzeichen einer Erholung erkennbar sind, keine leichte Aufgabe.

Hinzu kommt, dass durch die starke Integration der Weltwirtschaft und der Kapitalmärkte eine Übertragung von Krisen von einem Land auf den Rest der Welt zumindest nicht auszuschließen ist. Zweifellos: Die Finanzmärkte weisen schon heute in Permanenz eine beunruhigende Parallele zum Wetter auf - beide produzieren häufiger als je zuvor Überraschungen ungewohn - ten Ausmaßes.

Handlungsopionen in schwierigem Umfeld

Während sich Investoren bei allen Assetklassen auf eine höhere Volatilität einstellen müssen, ist die Cash-Flow-Unsicherheit von stabilen Immobilien kein großes Problem. Konjunkturelle und finanzielle Unsicherheiten können jedoch beim Aufbau und beim Management eines Portfolios eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit darstellen. Zudem können sich Immobilienportfolios nicht flexibel genug an Kapitalmarktveränderungen anpassen. Insofern ist es sinnlos, auf Tage mit hoher oder geringer Volatilität direkt reagieren zu wollen.

Die "Prospect Theory" geht davon aus, dass Menschen sich länger an Verluste erinnern als an Gewinne. Dieser Theorie zufolge vollzieht sich die Verlagerung weg von "risikoavers" in Richtung "risikotolerant" sehr viel langsamer als in die entgegengesetzte Richtung. Dies zeigt sich an den niedrigen Kapitalisierungsraten, die derzeit für Spitzenimmobilien in den ausgesuchtesten Märkten bezahlt werden - in London, New York, Paris oder Hongkong - und an den sehr viel höheren Kapitalisierungsraten, die Immobilien in weniger herausragenden Städten aufweisen. Die Kapitalmärkte schwanken zwischen Gier und Angst. Und unternehmerisch denkende Investoren erzielen die besten Ergebnisse, wenn sie verstehen, wie diese Kräfte auf die Märkte wirken und in der Lage sind, die sich daraus ergebenden Gelegenheiten für sich selbst zu nutzen. Wie sollten Investoren in diesem schwierigen Umfeld am besten vorgehen? Folgende Investitionsprinzipien erscheinen sinnvoll:

- Bei Immobilieninvestments gilt es, den inherenten beziehungsweise den langfristig marktgerechten Wert (fair value) festzustellen, angepasst an die jeweiligen Kapitalmarktbedingungen und -grundlagen.

- Es muss anerkannt werden, dass Immobilienmärkte zum Teil stark zyklisch sind und dass Marktgrundlagen und Kapitalströme selten synchron verlaufen.

- Es ist sicherzustellen, dass das Eingehen von Risiken durch entsprechend höhere Erträge belohnt wird.

- Diversifikation muss erhalten bleiben, da sich das mit einer Konzentration einhergehende Risiko normalerweise nicht lohnt.

- Jede Anlagestrategie sollte durch entsprechende Risikoparameter definiert sein.

Investoren mit großen Anleihebeständen werden Vorsorgemaßnahmen treffen müssen, bevor steigende Zinsen und/oder Inflation den Wert ihres Portfolios aushöhlen. Ein beträchtlicher Anteil dieses risikoaversen Kapitals wird in Sachwerte wandern, unter anderem auch in Immobilien mit hohem laufendem Ertrag. Dieser Anlagedruck wird den Wettbewerb um Spitzenimmobilien verschärfen, vor allem in den attraktivsten Städten der Welt. Dort werden die Preise steigen und die Anfangsrenditen könnten auf ein Allzeittief gedrückt werden.

Der Schlüssel zu erfolgreichen Investitionen im Jahr 2013 wird sein, der zu erwartenden Welle an Kapital einen Schritt voraus zu sein und Investitionen zu suchen, die ein gewisses Aufwertungspotenzial bergen. Wenn die Weltwirtschaft anfängt, sich zu erholen und die Märkte sich erhitzen, werden Inflation und Zinsen steigen. Mietverträge, die an Erzeuger- beziehungsweise Verbraucher-Preis-Indizes gekoppelt sind oder die sich in einem anziehenden Markt schnell anpassen können, bieten dann einen besseren Schutz gegen Inflation und expandierende Kapitalisierungsraten.

Bieterkämpfe um Spitzenimmobilien in Europa

In Europa ist mit heftigen Bieterkämpfen um knappe Spitzenimmobilien speziell in London, Paris und den führenden deutschen Städten zu rechnen. Das meiste derzeit auf dem Markt befindliche Kapital wird wohl auch weiterhin aufgrund unsicherer Vermietungsaussichten und schwacher Ertragsprofile die Risikokurve nicht hinaufsteigen wollen. Trotz höherer angebotener Pro-Forma-Erträge zum Beispiel bei Value-Added-Objekten bleibt Core nach wie vor im Fokus der Interessenten. Für unternehmerisch denkende, risikobewusste Investoren bietet dies jedoch exzellente Chancen.

Dies zeigt sich auch in der aktuellen Portfoliomix-Empfehlung von Lasalle Investment Management. Hier wurde die Gewichtung des Core-Anteils in den vergangenen Jahren zugunsten von Value-Added beziehungsweise Kapitallückenstrategien/Kreditfonds und opportunistischen Anteilen sukzessive auf aktuell 50 Prozent heruntergefahren.

Eine präzise Einschätzung des Objekts ist bei zweitklassigen Assets freilich besonders wichtig. Dabei passen sich die Mietmärkte in Großbritannien schneller an als in den meisten Ländern Kontinentaleuropas. Insofern ist es möglich, dass das Transaktionsvolumen in Großbritannien 2013 signifikant steigen wird. Allerdings wird der Transaktionsfluss erst dann zunehmen, wenn sich für zweitklassige Bestandsflächen ein neues Preisniveau etabliert hat, wozu eine bessere Kreditverfügbarkeit und mehr Sicherheit in Bezug auf die Konditionen neuer Mietverträge notwendig ist.

Während die strukturelle Debatte von internationalen Standards wie Solvency II und Basel III sowie lokalen Änderungen der Rechnungslegungsund steuerrechtlichen Bestimmungen dominiert wurde, werden im Jahr 2013 andere Entwicklungen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben. So gewinnt der Online-Handel an Dynamik, nachdem der Einzelhandel sich vermehrt auf das Einkaufserlebnis für den Kunden, die Bequemlichkeit und die Auftragserfüllung konzentriert und dabei auch die physische Präsenz in den Einkaufsstraßen aufrechterhalten werden soll.

Neue Herausforderungen durch Demografie und Technik

Was den gesamten Einzelhandel überschattet, ist die Überalterung der Bevölkerung in Europa. Dies wird vielleicht lange Jahre noch keine wirklichen Auswirkungen auf den Konsum haben und in den größeren Städten teilweise durch die Zuwanderung jüngerer Arbeitskräfte aus dem Ausland gemildert. Die Demografie jedoch gibt zunehmend Grund zur Sorge, insbesondere in Deutschland und Italien. Umgekehrt liefert die demografische Entwicklung Argumente dafür, den Gesundheitssektor und den Wohnbausektor als Assetklassen für Investitionen ins Auge zu fassen.

Auch Nachhaltigkeit wird für Investoren, Entwickler und Manager gleichermaßen weiterhin oben auf der Agenda stehen. Wie schon in Nordamerika werden sich die Entwicklungen der Arbeitswelt im Blick auf Arbeitsformen und Flächenaufteilung reduzierend auf die von den Nutzern benötigte Flächengröße auswirken. Dies wird für Unternehmer sowie Investoren Sanierungs- und Modernisierungsgelegenheiten schaffen.

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