Risikomanagement

Systeme und Werkzeuge des Risikomanagements bei Immobilien-Investitionen

Claus Thomas

Ein Immobilien-Portfolio kann so positioniert werden, dass es einem Abschwung standhält. Den dabei zum Einsatz kommenden Systemen und Werkzeugen des damit verbundenen Risikomanagements widmet sich der Autor in seinem Beitrag. Investoren müssen Immobilien-Strategien finden, die jeweils explizit zu Risiko-Ertrags-Zielen ihres Gesamt-Portfolios passen, und das in jedem Stadium des Zyklus. Dies ist aus vielen Gründen nicht immer einfach, da die allgemeinen Ziele häufig nicht klar oder eindeutig sind. Neben dem passenden Risikomanagement ist es in einem "reifen" Markt für Investoren wichtig, Immobilien mit den richtigen Eigenschaften zu finden. Diese werden je nach Anlageziel unterschiedlich sein, bei der Auswahl sollten die DTU-Themen (Demografie, Technologie und Urbanisierung) Berücksichtigung finden. Letztendlich müssen sich Investoren aus Sicht des Autors auch auf das aktive Management der Risiken innerhalb ihres Portfolios konzentrieren. Red.

Das derzeitige Investitions-Umfeld ist in der Geschichte der modernen Finanzwelt einmalig. Hohe Bewertungen und niedrige Renditen könnten noch über viele weitere Jahre hinweg anhalten, wenn die Zinsen längerfristig niedrig bleiben. Die Kapitalmärkte sind jedoch bekanntermaßen schwer vorhersehbar und häufig bewegen sie sich schneller als der Konjunkturzyklus oder die immobilienwirtschaftlichen Rahmendaten.

Deswegen müssen Investoren Immobilien-Strategien finden, die explizit den Risiko-Ertrags-Zielen ihres Gesamt-Portfolios entsprechen. Und das in jedem Stadium des Zyklus. Dies ist aus vielerlei Gründen nicht immer einfach: Manchmal sind die allgemeinen Ziele nicht klar oder eindeutig. Ein anderes Mal sind die Portfolio-Ziele in Messgrößen ausgedrückt (Value at Risk, Laufzeit, Kredit-Rating), die Immobilien nicht adäquat sind. Ein typisches Immobilien-Ziel könnte sein, eine Beta-Performance gemäß einem Vergleichs-Index anzustreben. Ein anderer Ansatz könnte es sein, den Schwerpunkt auf die Erzielung eines positiven Alpha (Outperformance) ohne die Limitierung auf einen Tracking Error zu legen, oder er könnte sich auf die Einhaltung von engen Grenzen im Vergleich zum Index konzentrieren, um sicherzustellen, dass die Eigenschaften der Assetklasse erhalten bleiben. Andere Ziele könnten ein Mindestwert für die absolute Rendite oder die Erzielung eines realen Ertrags sein, insbesondere wenn die Mieten an die Inflation gekoppelt sind.

Die Wahl eines Portfolio-Zieles hat großen Einfluss auf die Strategien, die zum Navigieren in einem reifen Markt eingesetzt werden. Wer sich einen relativen Ertrag zum Ziel gesetzt hat, muss sich im jeweiligen Jahr weniger Sorge um den absoluten Ertrag machen, solange das Portfolio über der Benchmark liegt. Investoren, die als Zielsetzung absolute Erträge anpeilen, seien sie real oder nominal, müssen sich des erhöhten Risikos der Nichterreichung dieser Ziele bewusst sein, wenn der Markt sich ändert.

Risikomanagement-Strategien

Investoren sollten ihre Portfolios im aktuellen Umfeld so positionieren, dass sie einem Abschwung standhalten. Bei Absolute Return Portfolios könnte die Risikomanagement-Strategie so aussehen, dass Gewinne durch Veräußerungen erzielt werden. Für Relative Return Fonds sollte der Schwerpunkt auf der Erhöhung defensiver Positionen liegen. Hierzu sollte auch der Verkauf von schwächeren Assets zählen, die in den nächsten fünf Jahren wahrscheinlich schwer zu vermieten sein werden.

Vor zehn Jahren haben wir das "Risk-Web" entwickelt. Dies hauptsächlich für Portfolios in hochtransparenten Ländern. Seitdem wurde es als Branchenstandard in Europa weitgehend übernommen. Durch das Risk-Web kann das Profil eines Portfolios im Verhältnis zum Markt ausgedrückt werden, indem man seine Durchschnittswerte für eine Vielzahl von Variablen positioniert. Ein Portfolio mit wenig Risiko ist eines, bei dem die Datenpunkte nahe der Mitte liegen, sodass das daraus resultierende Polygon eine kleine Fläche umschließt und umgekehrt. Die Übernahme des Risk-Webs außerhalb Europas erfolgt langsamer, aber es entstehen neue Daten für das Benchmarking von Risiken, wodurch das Risikoprofil eines Portfolios anhand relevanter Messgrößen dargestellt werden kann.

Der Fremdkapitaleinsatz ist ein zunehmend wichtiger Aspekt einer Risiko-Management-Strategie für einen reifen Immobilienmarkt, weil er die Auswirkungen aller Wertveränderungen verstärkt. Im derzeitigen Umfeld rekordniedriger Zinsen erscheint es wahrscheinlich, dass die Zinsen irgendwann steigen werden. Insofern ist es klug, derzeitige Zinssätze so lange festzuschreiben, wie es die wahrscheinliche Haltedauer rechtfertigt, oder zumindest einen Zinscap abzuschließen.

Investoren sollten außerdem das Risikoprofil ihres Portfolios anhand des Risk-Webs oder ähnlicher Messinstrumente prüfen. Leerstand, schwache Kredite und Projektentwicklungen verursachen in einem Baisse-Markt am ehesten eine unterdurchschnittliche Performance. Deshalb sollten Engagements dort, wo es möglich ist, reduziert werden. Konzentrationen im Portfolio - seien es auslaufende Mietverträge, große Assets oder bestimmte Mieter - sollten ebenfalls identifiziert werden, um zu sehen, ob sie gemanagt oder reduziert werden können, insbesondere durch Verkauf und/oder Neuvermietung.

Die Chancen für Investitionen in einem reifen Markt lassen sich in zwei allgemeine Kategorien einteilen:

(1) langfristige Gelegenheiten durch einen erhöhten Transaktionsfluss und

(2) Strategien, die einem Abschwung zuvorkommen und Chancen ermitteln, wie man davon profitieren kann.

Chancen in einem reifen Marktzyklus

Zum letzten Approach gehören auch der Verkauf von nichtstrategischen Assets und der Einsatz von Kapital für Projekte mit mehr Risiko und Ertrag, wobei die Liquidität auch bei einem Einfrieren der Kapitalmärkte gewährleistet bleiben muss.

Die meisten Investoren sollten das reife Marktumfeld dazu nutzen, langfristig hochwertige Immobilien auszusuchen, die bei einem Abschwung wertbeständig sind. Dieser Ansatz ist besonders wichtig für ertragsorientierte Investoren, da es hochwahrscheinlich ist, dass eine gut vermietete Immobilie den Netto-Cashflow während eines Abschwungs aufrecht erhält oder - inflationsbedingt - sogar steigert.

In einem reifen Markt müssen Investoren Immobilien mit den richtigen Eigenschaften finden. Diese werden unterschiedlich sein, doch ein empfohlener Approach ist die Berücksichtigung von DTU-Themen (Demografie, Technologie und Urbanisierung).

Langfristig hochwertige Immobilien haben Eigenschaften, die von den langfristigen DTU-Trends profitieren und ein Cashflow-Profil aufweisen, das kurz und mittelfristig von Bestand ist. Es gibt einige Immobilien, die so selten erhältlich sind, dass sie es wert sind, an der Spitze des Marktes erworben zu werden, weil sie unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs wahrscheinlich die beste langfristige Performance über alle Marktzyklen hinweg zeigen werden.

Die Asset-Qualität ist vieldimensional und verändert sich mit der Zeit. Einige sich ändernde Eigenschaften sind die Gebäudequalität und damit verbunden der Renovierungsbedarf, die Mietvertragslaufzeiten und die Bonität von Mietern. Die Qualität einer Lage kann sich ebenfalls verschlechtern, wenn ein neues Projekt fertig gestellt wird oder Infrastrukturveränderungen den Fußgänger-, Fahrzeug- oder Durchgangsverkehr anders leiten. Eine qualitativ hochwertige Immobilie verschlechtert sich jedoch im Laufe der Zeit nicht sehr und bleibt aufgrund ihrer Lage und Architektur sowie der Art ihrer Weiterentwicklung mit langfristigen Trends wie DTU in praktisch allen Marktsituationen vermietbar.

Neue Immobilientypen sollten ebenfalls in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn sie den langfristigen DTU-Trends entsprechen und in anderen Ländern bereits als "Core" betrachtet werden. Die ersten Käufer von Ärztehäusern ("medical offices") und Self-Storage-Immobilien in den USA sicherten sich eine Zusatzrendite, da die "gefühlten" Risiken anfangs dazu führten, dass hohe Diskontsätze Anwendung fanden. Wohnimmobilien in Großbritannien sind ein erstklassiges Beispiel für einen Markt, der alle Eigenschaften aufweist, um ähnlich erfolgreich zu sein.

Verkauf von nichtstrategischen Assets

Ein reifer Markt ist auch ein guter Zeitpunkt zum Verkauf von Immobilien, insbesondere solchen, die nicht länger ins Portfolio passen, wenn sich Strategien und das Risikoprofil von Assets ändern. In Zeiten hoher Liquidität schreiben Kaufinteressenten einem Leerstand oder auslaufenden Mietverträgen mehr Aufwertungspotential zu, als es der Eigentümer tut, der viele Jahre lang die Immobilie durch Flauten gemanagt hat. Der größte Vorteil des Verkaufs in einem reifen Markt liegt darin, dass mindestens ein potentieller Käufer die Immobilie positiver sieht als der Portfolio Manager.

Und es braucht nur einen Bieter, um einen Verkauf deutlich über dem jüngsten Buchwert zu erreichen. Der größte Nachteil einer Verkaufsstrategie ist es, Kapital vor der nächsten Blasenbildung zu reinvestieren oder so lange in einer Situation hoher Liquidität bei ultraniedrigen Renditen zu verharren, bis die nächste gute Immobilie verfügbar wird. Alternativen zu einem vollständigen Verkauf sind ein teilweiser Verkauf (Aufnahme eines neuen Kapitalpartners) und/ oder eine Reduzierung des Eigenkapitaleinsatzes durch Kreditfinanzierung/Refinanzierung.

Diese Taktiken sind nicht ratsam für nichtstrategische Assets oder konservative Investoren. Darüber hinaus ist die Entnahme von Kapital und Gewinnen durch höheren Einsatz von Fremdkapital für institutionelle Investoren nicht geeignet, die im Falle eines Kreditausfalls oder bei einem "Zurückgeben des Schlüssel" Szenarios ein Reputations-Risiko eingehen würden.

Zur Milderung der Folgen eines konjunkturellen Abschwungs können Strategien entworfen werden. So gibt es gute Argumente für Vorzugskapital oder Mezzanine-Investitionen in einem reifen Immobilienmarkt. Der Schlüssel zu einer Vorzugskapital-, Mezzanine-Strategie ist, dass die zugrundeliegende Immobilie über ausreichend Qualität verfügt, um sicherzustellen, dass sich ihr Wert nach einem Abschwung wieder erholt.

Risikotolerante Strategien

Es ist außerdem hilfreich, wenn die anderen Transaktionspartner Einschränkungen beim Kapital haben (zum Beispiel wenn der vorrangige Kredit von Playern gestellt wird, die gegebenenfalls keine Kontrolle über die Immobilie übernehmen wollen).

Mezzanine-Investitionen und bestimmte Vorzugskapitalstrukturen bieten einen Schutz gegen Wertverlust im Eigenkapitalanteil der Kapitalausstattung. Diese strukturierten Transaktionen können klug sein in einem Umfeld, in dem ein Investor glaubt, dass das Abwertungsrisiko größer als das Aufwertungspotential ist. Insofern ist es ein attraktives Geschäft, potenzielles Aufwertungspotenzial gegen einen Schutz vor Abwertung einzutauschen.

Letztendlich ist es für Investoren besonders wichtig, sich auf das Management der Risiken innerhalb ihres Portfolios zu konzentrieren. Die immerwährende (nicht zyklische) Risiko-Management-Technik der Diversifikation sollte nicht in Vergessenheit geraten. Mehr Gewicht sollte zudem auf Risikofaktoren wie Fremdkapitalanteil, Kreditrisiko und Vermietung gelegt werden, die in einem Abwärtszyklus am anfälligsten sein können. Abwertungspotenziale sollten gemildert werden, indem man schwächere Assets verkauft, Kredite mit zu engen Auflagen zurückzahlt, sich gegen künftige Zinssteigerungen absichert und Mietverträge verlängert, um künftige Cashflows zu stabil zu halten.

Der Autor Claus Thomas Deutschlandchef, LaSalle Investment Management Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, München
Noch keine Bewertungen vorhanden


X