Aufsätze

Fundamentale marktneutrale Aktienstrategien: neue Perspektiven für institutionelle Investoren

Im Laufe des vergangenen Jahres haben sich die globalen Wirtschaftsaussichten stark verändert. Waren noch bis Mitte 2007 ein solides Wirtschaftswachstum, niedrige Inflation, geringe Volatilität an den Aktienmärkten und hohe Aktienrenditen zu beobachten, stehen Investoren jetzt vor dem Szenario einer weltweiten Wirtschaftsabschwächung - einhergehend mit einer deutlich angestiegenen Inflation, erhöhter Volatilität und schwachen Aktienmärkten.

Es überrascht daher nicht, dass bei institutionellen Investoren Anlagemöglichkeiten gefragt sind, mit denen diese von der veränderten Situation besser profitieren können.

Welche Renditen bei welchem Risikoprofil?

Die vielleicht größten Profiteure der aktuellen Marktentwicklung sind fundamental getriebene, marktneutrale Aktienstrategien, die idealerweise über ein UCITS-III-Vehikel zur Verfügung gestellt werden. Diese Strategien profitieren sowohl vom veränderten Anlageverhalten der Investoren hin zu alternativen Anlagen, als auch dem Trend im Aktienbereich hin zu einer Kombination aus indexgebundenen Kerninvestments und gemanagten Satellitenanlagen mit hohem Alpha-Potenzial. Noch wichtiger scheint zu sein, dass der beschriebene Marktumschwung die Investoren dazu ermutigt hat, nach Strategien zu suchen, die folgende Eigenschaften aufweisen:

- hohes Renditepotenzial in unterschiedlichen Marktumgebungen,

- leicht verständlicher Investmentprozess,

- geringe Korrelation mit anderen Anlagestrategien,

- Transparenz,

- Liquidität,

- attraktive Gebühren.

Historisch gesehen zeigt die Mehrzahl der marktneutralen Strategien eine hohe Korrelation zum S&P 500 und zum MSCI World*. Institutionellen Investoren, die Alpha, und nicht Beta aus einer marktneutralen Allokation erzielen wollen, kommt es darauf an, das Netto-Exposure zum Markt (Beta) möglichst eng bei Null Prozent zu halten. Gerade ein fundamentaler Manager mit breiter Marktabdeckung und einem in den Portfolio-Konstruktionsprozess integrierten Risikosystem kann auch vollkommen unabhängig von den Marktrenditen Alpha erzielen.

Welche Renditen bei welchem Risikoprofil können Investoren von fundamentalen marktneutralen Strategien erwarten? Erfolgreiche Fundamental-Manager mit herkömmlichen Long-only-Beschränkungen zielen auf Renditen mit einer Information Ratio von rund 0,5 ab. Dies bedeutet, dass ein herkömmlicher Manager, der drei bis fünf Prozent aktives Risiko eingeht, eine durchschnittliche Überschussrendite von zwei Prozent erzielen sollte. Umfangreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass durch die Lockerung der Long-only-Beschränkung der Transfer-Koeffizient signifikant erhöht wird (Abbildung 1). Der Transfer-Koeffizient misst die Effizienz, mit der Informationen aus dem Analyseprozess in die aktive Portfoliogewichtung einfließen.

Vergleichsweise unkomplizierte Anlagestrategie

Ein guter Manager sollte damit in der Lage sein, die Information Ratio auf 0,7 zu verbessern. Eine weitere Beschränkung, die erheblichen Einfluss auf den Transfer-Koeffizienten hat, bezieht sich auf die Marktkapitalisierung beziehungsweise Benchmark. Da ein marktneutrales Portfolio keine Benchmark besitzt, investiert der Manager in die seines Erachtens besten Anlageideen, ohne die Marktkapitalisierung der zugrunde liegenden Aktien berücksichtigen zu müssen. Dies kann die erwartete Information Ratio weiter bis auf 0,8 steigen lassen. Ein marktneutrales "100-Prozent long/100-Prozent short"-Portfolio mit einer erwarteten Volatilität von vier bis fünf Prozent sollte damit ein Alpha von 3,5 bis vier Prozent erzielen. Die Stärke marktneutraler Strategien zeigt sich somit darin, dass der Manager den Fremdkapitalhebel des Portfolios variieren und somit eine höhere Outperformance erzielen kann (Abbildung 1).

Was macht die fundamentale marktneutrale Aktienstrategie besonders attraktiv? Investoren, die sich mit alternativen Investments beschäftigen, empfinden diese Anlagekategorie oft als sehr komplex und undurchsichtig. Sie werden in dieser Auffassung von Managern bestärkt, die befürchten, durch eine vollständige Darlegung ihrer Strategien das Geheimnis preiszugeben, dem sie ihren Wettbewerbsvorsprung verdanken. Infolgedessen sind Investoren häufig gezwungen, zur Einschätzung eines Managers seine historische Performance, seinen beruflichen Hintergrund oder die Ergebnisse von Backtests heranzuziehen. Doch gerade hier offenbaren sich einige Unwägbarkeiten: So kann die bisherige Performance-Historie relativ kurz sein; ferner finden Backtests, sofern sie negativ ausfallen, in der Regel keine Anwendung in der Praxis.

Korrelation der Strategien?

Ein bedeutender Vorteil fundamentaler marktneutraler Strategien besteht daher in ihrer typischerweise recht unkomplizierten Anlagestrategie. Sie kaufen Aktien, die sich laut Fundamental-Analyse überdurchschnittlich entwickeln sollten, und verkaufen Aktien leer, die eine unterdurchschnittliche Performance versprechen. Sofern der Manager tatsächlich unabhängige Analysen erstellt, sollte er Anlageideen hervorbringen, die von denen aller anderen Aktienmanager ebenso unabhängig sind.

Darüber hinaus ist es mit einem soliden Risikosystem möglich, das aggregierte Portfoliorisiko in seine Bestandteile zu zerlegen und so zu bestimmen, wie stark Ein-zeltitel-, Sektoren- und Faktorrisiken (zum Beispiel Bewertung, Momentum) zum Gesamtrisiko beitragen. Ein Fundamental-Manager, der den Markt breit abdeckt, sollte Alpha überwiegend aus der Einzeltitelauswahl generieren; daher dürfen die Investoren erwarten, dass der größte Teil des Portfoliorisikos auf die spezifischen Risiken der Einzelaktien entfällt.

Warum zeigen quantitative Manager in bestimmten Marktphasen höhere Volatilität und stärker korrelierte Ertragsverläufe gegenüber fundamentalen Managern? Die meisten quantitativen Manager verfügen zwar über eigenständige Multifaktoren-Modelle, doch legt die große Mehrheit der Manager ein besonderes Gewicht auf ähnliche Faktoren - in diesem Fall auf Bewertung und Momentum. Als der Bewertungsfaktor im August 2007 im Zuge der Subprime-Krise plötzlich einen Umschwung erlebte, führte dies zu einem liquiditätsgetriebenen Ausverkauf, der die quantitativen Manager mit voller Wucht traf.

Ende Januar 2008 erfolgte ein plötzlicher Wechsel beim Momentum-Faktor, und erneut zeigten quantitative Manager eine unterdurchschnittliche Performance. Dies lag vor allem an der hohen Korrelation der Strategien der quantitativen Manager untereinander. Da fundamentale Manager unabhängige Analysen durchführen und ihre Portfolios vor allem branchen- und einzeltitelspezifischen Risiken ausgesetzt sind (im Gegensatz zu Faktorrisiken), haben sie als Gruppe weder im August 2007 noch im Januar 2008 eine hohe Volatilität gezeigt. Ein Vergleich von quantitativen und fundamentalen Anlagestrategien am Beispiel US-Equity 130/30 macht deutlich, wie stark sich deren Performance im Zeitraum von Juli 2007 bis April 2008 unterschieden hat (siehe Abbildung 2). Dieser erhebliche Performance-Unterschied scheint darauf hinzuweisen, dass die Erträge fundamentaler Investoren so gut wie keine Korrelation zu denen quantitativer Manager besitzen.

Größere Klarheit

Was sind die besonderen Vorzüge einer Umsetzung nach UCITS III? Institutionelle Investoren betrachten nicht zuletzt Transparenz, Liquidität und attraktive Gebühren als essenzielle Eigenschaften von Anlagen für ihre Portfolios. Fundamentale marktneutrale Strategien nach UCITS III können diese Vorteile bieten. UCITS III verlangt die regelmäßige Veröffentlichung von Positionen auf Wertpapierebene und eine tägliche Bewertung. Diese Transparenz mindert so das Risiko unliebsamer Überraschungen. Dank der Transparenz sind die Investoren ferner in der Lage, eine Gesamtschau aller Wertpapiere in den Portfolios ihrer verschiedenen Manager herzustellen; sie gewinnen damit größere Klarheit und eine bessere Grundlage, um die Anlageschwerpunkte und Risiken ihres Gesamtportfolios zu beurteilen.

UCITS III schreibt außerdem tägliche Liquidität vor. Die Vorteile von liquiden Anlagen sind gerade in jüngster Zeit sehr deutlich geworden, da scheinbar hochliquide hypothekenbezogene Wertpapiere und Kommunalanleihen sich als eher illiquide erwiesen haben. In dieser Hinsicht haben UCITS-III-Vehikel einen deutlichen Vorteil, da eine tägliche Rückgabe der Anteile in aller Regel gewährleistet ist. Nicht zuletzt bieten marktneutrale Strategien nach UCITS III üblicherweise deutlich attraktivere Gebühren als klassische Hedgefonds-Investments.

Vorteil für VAG-regulierte Investoren

Insbesondere für VAG-regulierte deutsche institutionelle Investoren bietet die UCITS-III-Konformität die Möglichkeit, erfolgreiche Hedgefonds-Strategien - wie zum Beispiel marktneutral - zu erwerben, ohne die regulatorisch induzierten Nachteile eines klassischen Offshore-Hedgefonds-Investments in Kauf nehmen zu müssen. Die wachsende Verbreitung alternativer Anlagen, die geringe Korrelation fundamentaler Strategien untereinander - im Gegensatz zu korrelierten quantitativen Strategien -, und die Volatilität der Aktienmärkte haben in ihrer Kombination zu einer wachsenden Attraktivität fundamental begründeter, marktneutraler Aktienstrategien geführt. Nimmt man den einfachen Zugriff auf nach UCITS III regulierte Fondskonstruktionen hinzu, ist zu erwarten, dass es in naher Zukunft eine erhebliche Anzahl von fundamental und marktneutral ausgerichteten UCITS-III-Angeboten geben wird.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X