Aufsätze

ETFs der neuen Generation - Investitionsform für neue Anlageklassen

Die Verbreitung von ETFs, oder Exchange Traded Funds, hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Das verwaltete Volumen in ETFs stieg von 2003 bis Ende 2009 um mehr als das Zehnfache auf 160 Milliarden Euro in Europa. Auch die Anzahl der angebotenen Fonds stieg auf aktuell mehr als 1 000. Ein Grund für das Wachstum ist, dass sich börsengehandelte Fonds gerade in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und neue Anlageklassen für eine breite Investorenschicht zugänglich gemacht haben.

Exchange Traded Funds sind offene, regulierte Publikumsfonds, die an einem speziellen Qualitätssegment einer Börse mit dedizierten Market Makern gelistet sind und das Ziel verfolgen, die Wertentwicklung eines unterliegenden Index abzubilden. Sie kombinieren damit die Vorteile von Aktien - schnelle und fortlaufende Handelbarkeit, geringe Kosten - und Fonds - breit gestreutes Portfolio, reguliertes Umfeld - in einem Anlageprodukt. Außerdem besitzen ETFs den Vorteil gegenüber herkömmlichen Fonds, dass sie innerhalb eines Tages über die Börse ge- und verkauft werden können.

Breite Anlagemöglichkeiten für Investoren

ETFs zeichnen sich durch eine breite Verwendbarkeit aus. Mit ihnen können Investoren zum einen in einer breiten Palette von Aktienmärkten investieren, sowohl in Industrie- als auch in Schwellenländern, und zum anderen auch in verschiedene weitere Anlageklassen, also zum Beispiel Renten, Geldmarkt, Kredit-Indizes und (eingeschränkt) Rohstoffe, sowie auch in alternativen Investmentstrategien, Short- und Hebel-ETFs. ETF-Anteile können in kleinen oder großen Stückelungen gehandelt werden.

Jeder Exchange Traded Funds hat das Ziel, die Wertentwicklung seines jeweiligen unterliegenden Index abzubilden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden verschiedene Methoden angewandt. Die historisch älteste Methode der Index-Replikation wird als "Full Replication" bezeichnet. Dabei investiert der ETF - so weit möglich - in dieselben Indexbestandteile in derselben Gewichtung wie der unterliegende Index. So funktionierte der erste moderne Exchange Traded Funds, der 1993 von State Street aufgelegt wurde und den US-amerikanischen Aktienindex Standard & Poor's 500 abbildet. Auch die ersten in Europa aufgelegten ETFs verfolgten diese Investmentstrategie.

Etwas abgewandelt ist auch eine Methode verbreitet, die als "statistische Replikation" bezeichnet wird. Dabei investiert der ETF in eine repräsentative Auswahl der Indexbestandteile, deren kumulierte Wertentwicklung eine hohe Korrelation zum Gesamtindex aufweisen. Dieses Verfahren wird beispielsweise bei Indizes mit sehr vielen Indexbestandteilen wie beim MSCI World angewandt, der mehr als 1 500 Bestandteile umfasst.

Synthetische Replikation statt vollständiger Abbildung

Die Methode der Full Replication stößt an ihre Grenzen, wenn andere Assetklassen als Aktien und Anleihen abgebildet werden sollen. Beispielsweise kann die Anlageklasse Rohstoffe damit nicht abgebildet werden, da UCITS-Fonds keine physischen Rohstoffe kaufen dürfen. Auch Short-ETFs, die die Wertentwicklung eines Basis-Index in spiegelbildlicher Richtung abbilden, sind mit der Methode der "Full Replication" nicht möglich, da UCITS-Fonds keine Leerverkäufe tätigen dürfen.

Daher hat sich eine weiterentwickelte Form der Index-Abbildung durchgesetzt, die durch die geltenden europäischen Vorschriften für Investmentfonds1) - UCITS (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities, zu deutsch Organismen für gemeinsame Anlagen in wertpapieren, OGAW) - abgedeckt ist, speziell in der aktuellen Version des als UCITS III bekannten Regelwerks.2) UCITS III eröffnet Fondsgesellschaften die Möglichkeit zur sogenannten synthetischen Replikation der Indexperformance. Damit lassen sich weitere Anlageklassen über ETFs abbilden, außerdem ist dadurch eine genauere Abbildung mit einem geringeren Tracking Error möglich. Unter allen Fonds, die seit 2007 aufgelegt wurden, verfolgen 74 Prozent die synthetische Replikation, im Blick auf das verwaltete Vermögen haben sie in diesem Zeitraum 75 Prozent der Anlegergelder für sich gewinnen können.

Das Prinzip der "synthetischen Replikation" funktioniert folgendermaßen: Der ETF investiert einen Teil oder das ganze Fondsvermögen in eine oder mehrere nicht verbriefte Derivate-Transaktionen (die "Swap-Transaktionen") mit Finanzinstituten erster Ordnung (die "Kontrahenten"). Die Kontrahenten liefern unter den Swap-Transaktionen die Wertentwicklung des unterliegenden Index im Tausch gegen die Performance der in dem entsprechenden Fonds - zumindest anfänglich - enthaltenen Vermögensgegenstände. Es besteht an dieser Stelle ein Kontrahentenrisiko, da der Kontrahent ausfallen oder seinen Zahlungspflichten unter der Swap-Transaktion nicht nachkommen könnte.

Hinterlegung eines "Collateral" bei der Depotbank

Jedoch wird das Kontrahentenrisiko, das durch die Swap-Transaktionen bestehen kann, gemäß den UCITS-Anforderungen vollständig abgesichert (collateralised). Dies geschieht durch einen Korb von Wertpapieren, der vom Kontrahent für jeden Fonds in einem getrennten Sondervermögen bei der jeweiligen Depotbank oder bei einem von der Depotbank benannten Treuhänder hinterlegt wird. Fällt der Kontrahent aus oder kommt seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, hat die Depotbank des Fonds unmittelbaren Zugriff auf diese hinterlegten Wertpapiere und kann sie zugunsten des betroffenen Fonds veräußern.

Im Falle von DB X-Trackers ETFs - der Plattform der Deutschen Bank für börsengehandelte Fonds, die seit dem Start ihrer Aktivitäten im Januar 2007 die synthetische Replikation innerhalb der geltenden UCITS-III-Regelungen verfolgt - fungiert die Deutsche Bank als Kontrahent für alle Swap-Transaktionen. Die Deutsche Bank hat bei der Depotbank der ETFs ein Portfolio aus Wertpapieren (das "Collateral") hinterlegt, das ganz bestimmten hohen Qualitätsansprüchen genügen muss.

Um eine ausreichende Streuung zu gewährleisten und damit das wirtschaftliche Klumpenrisiko für die Investoren im Falle einer notwendigen Verwertung der Sicherheiten gering zu halten, sind Höchstgrenzen für die Allokation einzelner Wertpapiere im Collateral vorgesehen. So dürfen derzeit zum Beispiel die Werte der Aktien eines einzelnen Unternehmens oder einzelner Staats- oder Unternehmensanleihe nicht mehr als vier Prozent des Gesamtwertes des Collaterals ausmachen. Insgesamt müssen mindestens 30 verschiedene Wertpapiere im Collateral enthalten sein, in der Praxis sind es jedoch weitaus mehr. Dabei darf der Wert der Aktien eines Unternehmens im Collateral zurzeit nicht die Marke von drei Prozent der Marktkapitalisierung des jeweiligen Unternehmens übertreffen (Wandelanleihen nicht mehr als drei Prozent des ausstehenden Volumens der betreffenden Wandelanleihe, Staatsanleihen nicht mehr als 30 Prozent der Wertpapiere im Collateral, Unternehmensanleihen nicht mehr als zehn Prozent pro Emittent).

Der Wert aller Wertpapiere des Collateral für jeden DB X-Trackers ETF liegt immer über dem Net Asset Value (NAV) des entsprechenden ETF. Da der Wert des Collaterals beständig höher ist, als es für die Absicherung des Kontrahentenrisikos nötig wäre, spricht man auch von einer Übersicherung.

Wertentwicklung genau abgebildet

Investoren bieten sich durch ETFs, die eine synthetische Replikation verfolgen, mehrere Vorteile. Zum einen erhält er in der Regel sehr genau die Wertentwicklung des betreffenden Index, da die Swap-Transaktionen die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index in den ETF tauschen. Dies geschieht unabhängig von möglichen Fehlern beziehungsweise Abweichungen oder Währungsschwankungen, die häufig bei den üblichen Absicherungsgeschäften oder direkten Investitionen in die Indexbestandteile auftreten. Die Wertentwicklung des ETF weist dank der synthetischen Replikation eine geringere Abweichung vom Zielindex ("Tracking Error", in etwa: Pfadabweichung) auf als andere ETFs, die den Index direkt abbilden.

Auch international sind ETFs im UCITS-III-Format etabliert. In Asien haben sich die UCITS-III-Regularien als Standard durchgesetzt und werden von den örtlichen Zulassungsbehörden häufig übernommen. In Singapur und in Hongkong sind bereits eine signifikante Anzahl von ETFs an den Börsen gelistet. Förderlich für diese Entwicklung ist, dass ETFs im UCITS-III-Format für einige asiatische Investoren steuerlich vorteilhaft sein können. Sofern die "synthetische Replikation" praktiziert wird, wird die Perfomance des Index und damit der entsprechende NAV als Folge der Swap-Transaktion erreicht, und es werden keine Dividenden direkt an die Investoren ausgeschüttet. Dieser Effekt wird von vielen Investoren als günstig angesehen.

Abbildung neuer Assetklassen über Derivate

Zum anderen können durch die Weiterentwicklung der ETFs mit der synthetischen Replikation neue Assetklassen abgebildet werden, die zuvor Anlegern über liquide ETFs nicht zur Verfügung standen. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht jeder Index über einen UCITS-ETF abgebildet werden kann, da das Regelwerk bestimmte einschränkende Anforderungen an solche Indizes stellt. Danach muss ein Index, der über ein Derivat - das heißt die Swap-Transaktion, die in einem UCITS-Fonds abgebildet wird - hinreichend diversifiziert sein, eine adäquate Benchmark für den entsprechenden Markt oder das Marktsegment darstellen, sowie in angemessener Weise veröffentlicht werden. Eine hinreichende Diversifikation bei Indizes ist grundsätzlich dann erfüllt, wenn sie die Diversifikationsvorgaben des Art. 22a der UCITS-Richtlinie erfüllen.

Einige Beispiele sind:

Geldmarkt: Eonia ETF - Eonia steht für Euro Overnight Index Average, das ist der offizielle, von der Europäischen Zentralbank (EZB) täglich berechnete Tagesgeldsatz. Basis sind die Informationen der 43 Banken mit dem höchsten Geschäftsvolumen an den Geldmärkten in Europa. Dazu zählen vor allem Institute der Eurozone, aber auch internationale Banken, die ein starkes Standbein im Euroraum haben. Sie berichten die jeweils relevanten Geschäfte täglich an die EZB, die die Quotierungen aggregiert und den offziellen Eonia berechnet.

Rohstoffe: DBLCI OY ETF - Der Deutsche Bank Liquid Commodity Index - Optimum Yield balanced (DBLCI OY balanced) spiegelt die Wertentwicklung von 14 Rohstoffen wider: WTI Crude Oil, Brent Crude Oil, Heizöl, RBOB Gasoline, Erdgas, Aluminium, Kupfer, Zink, Gold, Silber, Weizen, Getreide, Sojabohnen und Zucker.

Hedgefonds: DB Hedge Fund Index ETF - Im db Hedge Fund Index sind mehr als 40 aktiv handelnde Hedgefonds nachvollziehbar abgebildet. Diese werden über die Hedgefonds-Plattform der Deutschen Bank abgewickelt. Bereits seit sieben Jahren bestehen dort Depots verschiedener Hedge-fonds-Manager in Form von "Managed Accounts". Jeder Neuzugang auf der Plattform muss zusätzlich zu seinem Fonds ein separates Konto bei der Deutschen Bank eröffnen.

Währungen: Currency Returns ETF - Die Currency-Returns-Strategie setzt sich zu gleichen Teilen aus drei Strategien zusammen: "Carry", "Valuation" und "Trend". Dabei setzt man auf drei weit verbreitete Annahmen, mit denen Währungsschwankungen erklärt werden: Bei der Valuation-Strategie geht es um Unterschiede in der Kaufkraft der Währungen, bei der Carry-Strategie um Zinsdifferenzen, bei der Momentum-Strategie um Auf- und Abwertungstrends. Zur Auswahl stehen US-Dollar, Euro, Yen, Pfund, Franken, norwegische und schwedische Krone sowie Australischer, Neuseeland- und Kanada-Dollar.

Börsengehandelte Rohstoffe

Wie bereits dargestellt, liegen die Grenzen der synthetischen Replikation durch ETFs im UCITS-III-Mantel in den Vorgaben für den unterliegenden Index, der hinreichend diversifiziert sein muss. Allerdings hat es sich gezeigt, dass Investoren beispielsweise im Rohstoffsektor Anlageprodukte nachfragen, die nur von der Wertentwicklung einer einzelnen Anlage abhängig sind. Das erfolgreichste Beispiel dafür sind Gold-Anlagen. Die entsprechenden Investitionsvehikel bilden nur den Goldpreis ab. Ein einziger Rohstoffpreis kann aber keinen Index darstellen, daher können die an den Goldpreis gekoppelten Indizes oder Strategien nicht als Referenzwert für UCITS-ETFs qualifizieren.

Um einzelne Rohstoffe dennoch für den Investor über die Börse investierbar zu machen, werden als Alternative Exchange-Traded Commodities, abgekürzt ETCs, genutzt. Börsengehandelte Rohstoffe, so die Übersetzung, sind - anders als Fonds - Inhaberschuldverschreibungen, die in der Regel von Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicles, SPVs) begeben werden. Dabei sind ETCs meist besichert, um das Ausfallrisiko des Emittenten auszuschließen oder zumindest zu minimieren. Die Besicherung erfolgt dadurch, dass bei dem SPV, sofern es eine Mehrzahl von ETCs emittiert, für jedes ETC eine Art Sondervermögen kreiert wird, sogenannte Compartments oder Cells (die "Cells"). Diese Cells sind unabhängig voneinander und vom restlichen Vermögen der Zweckgesellschaft und stehen im Insolvenzfall des SPVs grundsätzlich nur zur Befriedigung der Forderungen der Inhaber des entsprechenden ETCs zur Verfügung, für das die Cell exklusiv errichtet wurde.

Für die Cells werden bei der Depotbank oder einem Treuhänder entweder physische Sicherheiten in Form von zum Beispiel Edelmetall-Beständen oder auch Wertpapieren verwahrt, die dem Wert der ausstehenden ETCs zuzüglich eines Sicherheitszuschlages entsprechen müssen. In Europa bestimmt sich das Regelwerk für ETCs nicht nach den UCITS-Regelungen, sondern nach den Vorschriften der EU-Prospektrichtlinie.3) Die Replikation der Indexrendite erfolgt bei ETCs wie bei der synthetischen Replikation in ETFs mittels Swap-Transaktionen. Es ist zu erwarten, dass neben dem Bereich der ETFs vor allem im Feld der ETCs künftig neue Produkte auf den Markt kommen. Auch die Deutsche Bank plant das Angebot von ETCs im laufenden Jahr. Dabei wird es sich um ETCs handeln, die einzelne Rohstoffe oder Rohstoffkörbe abbilden und in der Regel mit Gold hinterlegt sind.

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