Recht und Steuern

Verbale Attacken haben Folgen

Jahr für Jahr muss die Justiz über mehrere Tausend Fälle urteilen, in denen sich Mieter gegenseitig beschimpften und verbal angriffen. Zwar führen die Kraftausdrücke nicht zwingend zur Kündigung des Mietverhältnisses, doch stellen sie für den Betroffenen ein erhebliches Risiko dar.

So hatte ein Mieter seinen Vermieter via SMS, also Textbotschaften am Handy, heftig beschimpft. Unter anderem hieß es darin "dumme Kuh" und "Arschloch". Nachdem die SMS eindeutig dem Absender zuzuordnen war, entschied das Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 63 S 410/04, eine fristlose Kündigung sei gerechtfertigt. Die Möglichkeit, dass ein Dritter sich das Handy des Mannes beschafft und damit ausgerechnet den Vermieter beleidigt habe, schloss die Justiz in diesem Fall aus.

Es gibt allerdings durchaus Gründe, warum ein Mieter ausnahmsweise mal deutlichere Worte gebrauchen kann. So reichte es einem Hausbewohner gründlich, als im Winter die Heizung ausfiel und die Verwaltung seiner Meinung nach nicht genügend unternahm, um den Missstand zu beseitigen. Er befestigte an der gemeinsamen Eingangstür ein Schreiben, in dem er dem Verwalter Desinteresse an dem Mietobjekt vorwarf. Der sah darin seine Persönlichkeitsrechte verletzt und wandte sich an das Landgericht Berlin. Dort bekam er unter dem Aktenzeichen 53 S 25/04 jedoch nicht Recht. In solch einer außergewöhnlichen Situation müsse es geduldet werden, auch mit der nötigen Deutlichkeit auf hausinterne Probleme hinzuweisen.

Erheblich schlechter stehen die Chancen vor Gericht, wenn der Auseinandersetzung keine nachweisbaren, gravierenden Ursachen zugrunde liegen. So hatte ein Eigentümer seinen Mieter des Querulantentums und des aufwieglerischen Verhaltens bezichtigt, ohne dass das Amtsgericht Borken (Aktenzeichen 12 C 161/98) "eine Veranlassung für seine Ausfälle" erkennen konnte. Jemanden als Querulanten zu bezeichnen, das sei schlimmer als manche andere "handfeste" Beleidigung. Deswegen hatte der Mieter das Recht, ohne Einhaltung der Kündigungsfristen aus dem Vertrag auszusteigen.

Die einzige Chance, als Kraftmeier vor Gericht trotzdem nicht gleich mit fristloser Kündigung bedroht zu werden, ist der Hinweis darauf, man habe sich über längere Zeit ordnungsgemäß verhalten und sich lediglich einmal einen "Ausrutscher" geleistet. Mit diesem Argument trat ein Mieter vor das Amtsgericht Gelsenkirchen (Aktenzeichen 3 b C 621/94). Er hatte zum Sohn des Vermieters unter anderem gesagt "Komm doch her, Du Arsch! Vor Dir habe ich keine Angst. " Das Gericht erkannte darin eine einmalige Entgleisung und übte Nachsicht. Darauf sollte man sich als Betroffener aber nicht verlassen, denn die meisten ähnlichen Fälle enden mit einer Kündigung.

Gelegentlich versucht eine verfeindete Partei, dem anderen mit fremder Hilfe Ärger zu bereiten. So richteten Mieter in Frankfurt ein Schreiben an die Behörden und bezichtigten den Eigentümer darin, unzulässigerweise eine Wohnung in Gewerberaum umwandeln zu wollen.

Das Landgericht Frankfurt (Aktenzeichen 2/11 S 142/93) sah darin einen höchst zweifelhaften Versuch, den Gegner anzuschwärzen und ihm vielleicht sogar eine Strafanzeige aufzuhalsen. Das stelle eine grobe Verletzung der Vertragspflichten eines Mieters dar und rechtfertige eine Kündigung.

Doch auch wenn sich die Beleidigung nicht gegen den Vermieter selbst richtet, kann sie erhebliche Folgen haben. So vergriff sich in Nordbayern ein Mieter nach einem Streit um Nebenkosten gegenüber dem Lebensgefährten der Vermieterin im Ton. Kurz danach flatterte eine fristlose Kündigung in seinen Briefkasten. Das Landgericht Coburg (Aktenzeichen 32 S 65/04) befand, es handle sich um eine erhebliche Vertrauensstörung {L8722} auch im Verhältnis der eigentlichen Vertragspartner. Eine Fortsetzung der Vermietung sei nicht zuzumuten.

Eine weitere rechtliche Möglichkeit neben der Kündigung besteht darin, dem Beleidiger ähnliche Äußerungen für die Zukunft untersagen zu lassen. Man spricht dann von einer Unterlassungsklage. Ein Mieter in Berlin hatte damit Erfolg vor Gericht, nachdem ihm der Eigentümer zuvor in einem Brief "Gedächtnisschwund" und "dreistes Lügen" vorgeworfen hatte. Der Fall landete vor dem Amtsgericht Charlottenburg (Aktenzeichen 5c C 501/00). Die Justiz befand, hier seien "die Standards eines friedvollen Miteinanders deutlich unterboten" worden. Die Behauptungen dürften deswegen nicht wiederholt werden.

Manchmal gibt sich ein Betroffener äußerst große Mühe, seine Beleidigungen künstlerisch schön zu verpacken. So stellte ein Hausbesitzer diverse Gartenzwerge her, die er in Richtung seines Nachbarn aufbaute. Die Winzlinge streckten die Zunge heraus, beugten sich mit heruntergelassenen Hosen nach vorne und machten das Victory-Zeichen. Das Amtsgericht Grünstadt (Aktenzeichen 2a C 334/93) erkannte zwar die "künstlerische Begabung" des Schöpfers der so genannten Frustzwerge an. Es entschied aber trotzdem, dass die Objekte den Nachbarn in seiner Ehre krän-ken sollten und deswegen verschwinden müssten.

(LBS Infodienst Recht und Steuern)

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