Risikomanagement

Vollfinanzierungen - ein neues Produkt im Finanzverbund

Der zunehmende Konkurrenzkampf der zahlreichen Anbieter um die Marktanteile in der privaten Immobilienfinanzierung setzt die Banken immer stärker unter Druck. Der deutlich spürbare Verdrängungswettbewerb in einem stagnierenden Markt geht zulasten der etablierten Anbieter und hat zu einem Margenverfall bei Immobilienfinanzierungen geführt. Um das vorhandene Marktvolumen konkurrieren neben den etablierten Instituten und ihren Direktbank-Töchtern internationale Anbieter, die mit aufmerksamkeitsstarken Marketingkampagnen, attraktiven Konditionen und speziellen Produktangeboten deutlich Marktanteile gewinnen. Außerdem treten Maklernetzwerke und Internetportale in diesem Geschäft vor allem als Vermittler auf und haben bereits nennenswerte Marktvolumina gewonnen.

Großes Potenzial bei Baufinanzierungen

Worin besteht für die "neuen" Wettbewerber trotz der hohen Anzahl an Anbietern und Produkten und der damit verbundenen geringen Margen die Attraktivität der privaten Baufinanzierung? Die Antwort liegt auf der Hand: Die private Immobilienfinanzierung ist das zentrale Ankerprodukt im Privatkundengeschäft. Die Kundenbindung einerseits und die Informationsvielfalt andererseits sind ideale Voraussetzungen für den erfolgreichen Markteintritt in Deutschland.

Der deutsche Markt bietet für den Erwerb von Wohneigentum noch enormes Potenzial. Im europäischen Vergleich belegt Deutschland bei der Eigentumsquote einen der hinteren Plätze. Nur 43 Prozent der Bundesbürger besitzen ein Haus oder eine Wohnung, während Spitzenreiter wie Spanien, Irland oder Großbritannien Quoten von über 75 Prozent erreichen. Der Hauptgrund für die geringe Wohneigentumsquote in Deutschland liegt in dem bisher üblichen Angebot an Finanzierungsmöglichkeiten. Denn viele Interessenten scheiterten in der Vergangenheit an der von Banken geforderten Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent.

Mehr Chancen durch besseres Risikomanagement

Der sich seit Jahren dynamisch entwickelnde Markt für die Instrumente der Adressrisikosteuerung schafft eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Eintritt der Banken in dieses Marktsegment. So ist es den Banken möglich, die Darlehen selber auszulegen, ohne die Risiken langfristig in den eigenen Büchern zu behalten. Außerdem nehmen Finanzierungen mit Risikomerkmalen das so genannte Subprime-Segment mit einem Volumen von rund 60 Milliarden Euro etwa ein Drittel des deutschen Gesamtmarkts ein. Dazu zählen neben Finanzierungen für Kapitalanleger und Kunden mit knapper Bonität auch Kunden mit geringem Eigenkapital.

Aus Sicht der Privatkunden auf der einen Seite und der Anbieter auf der anderen Seite sind innovative Finanzprodukte stärker gefragt denn je. Nach Abschaffung der Eigenheimzulage Anfang 2006 ist der Ruf nach zukunftsfähigen Konzepten, die in der Lage sind, einer breiten Bevölkerungsschicht den Erwerb von Wohneigentum zu verschaffen, immer lauter geworden. Eine Antwort bietet hier die Immobilienvollfinanzierung. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sowie den USA ist diese in Deutschland noch nicht sehr weit verbreitet. So ist in dem jungen Marktsegment die Konkurrenz noch vergleichsweise gering, der Markt beginnt sich aber langsam für die neue Form der Finanzierung von Wohneigentum zu öffnen. Seitdem unter anderem Töchter ausländischer Anbieter den deutschen Markt erobern und mit der im Ausland schon seit Jahren üblichen Vollfinanzierung versuchen, Kunden abzuwerben, rückt diese auch immer stärker in den Fokus deutscher Kreditinstitute.

Die Nachfrage der Kreditnehmer ist deutlich gestiegen - eine gute Ausgangslage für deutsche Kreditinstitute, sich gegen die ausländischen Anbieter auf dem Markt zu behaupten und sich Marktanteile zu sichern. Darum haben auch die deutschen Baufinanzierer mittlerweile begonnen, ihre Produktpalette auszubauen und bieten 100-Prozent-Finanzierungen an. Manche Banken ermöglichen ihren Kunden zusätzlich auch noch die Finanzierung der Erwerbsnebenkosten wie zum Beispiel die Maklerprovision, Notargebühren, Grunderwerbssteuer, Renovierungen oder die neue Küche. Die bislang geltende Branchenregel, dass Kreditnehmer bei einer privaten Immobilienfinanzierung mindestens 20 Prozent Eigenkapital mitbringen sollten, gehört langsam auch auf dem deutschen Markt der Vergangenheit an.

Niedrige Zinsen begünstigen Vollfinanzierungen

Die derzeit günstigen Bauzinsen machen Vollfinanzierungen besonders attraktiv. Trotz eines leichten Anstiegs der Hypothekenzinsen seit Mitte vergangenen Jahres befinden sich diese nach wie vor auf historisch niedrigem Niveau. Wer sich heute dafür entscheidet, mit dem Erwerb von privatem Wohneigentum noch einige Jahre zu warten, um Eigenkapital anzusparen, nimmt das Risiko in Kauf, dass die Zinsen wieder steigen. Ein weiterer nicht vorhersehbarer Faktor ist die Möglichkeit steigender Immobilienpreise in den kommenden Jahren. Kreditnehmer, die sich bereits heute für eine Vollfinanzierung entscheiden, können

diese Unsicherheiten umgehen. Allerdings ist eine Vollfinanzierung nicht für jeden potenziellen Bauherrn geeignet. Grundsätzlich gilt: Will ein Bauwilliger 100 Prozent und mehr finanzieren, muss er über ein nachhaltiges und gutes Einkommen verfügen. Deshalb analysieren Banken die Einkommensverhältnisse der Kunden sehr genau und stellen an die Vermögenssituation der Kreditnehmer hohe Anforderungen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich bei den Kreditnehmern um Freiberufler, Selbstständige oder Kapitalanleger handelt. An diese Zielgruppen werden aufgrund Ihrer variablen Einkommenssituation noch höhere Anforderungen gestellt.

Zielgruppen für Vollfinanzierungen

Die Immobilienvollfinanzierung ist ein attraktives Angebot zur Kundenansprache. Damit bietet sich den Banken eine gute Gelegenheit, Kunden zu binden und neue zu gewinnen. Kreditinstitute, die ihren Kunden Vollfinanzierungen anbieten, können sich neue Käufergruppen mit guter Bonität erschließen. Im Fokus der Banken stehen beispielsweise junge Akademiker, die bereits jetzt in der Berufswelt so stark etabliert sind, dass sie privates Wohneigentum erwerben möchten. Diese Zielgruppe hatte aber in der Regel während des Studiums keine Gelegenheit, Eigenkapital in größerem Umfang anzusparen.

Auch Familien mit gutem Einkommen, die ihre finanziellen Reserven nicht aufgeben möchten, und junge Doppelverdiener sind aus Sicht der Banken attraktiv. Die Immobilienvollfinanzierung hat zudem eine zentrale Bedeutung als Ankerprodukt. Sie bietet den Banken nicht nur die Chance, die Kunden über einen langen Zeitraum zu binden, sondern auch im Cross Selling ein möglichst breites Angebot an Finanzdienstleistungen zu verkaufen.

Die DG Hyp ist mit ihren Refinanzierungsmöglichkeiten auf dem internationalen Kapitalmarkt für die Genossenschaftsbanken ein wichtiger Produktlieferant in der Immobilienfinanzierung. Dabei liegt ein Schwerpunkt im komplementären Produktangebot und in der fokussierten Ansprache von Kundensegmenten mit speziellen Risikomerkmalen. Deshalb hat das Kreditinstitut im Subprime-Segment ein kapitalmarktorientiertes Spezialprodukt für den genossenschaftlichen Finanzverbund entwickelt - "Immo Spezial". Das neue Finanzierungsmodell ist Teil einer Marktoffensive, die die Pfandbriefbank angesichts des wachsenden Wettbewerbsumfelds in der privaten Baufinanzierung initiiert hat. Ziel ist es, mit und für den genossenschaftlichen Finanzverbund neue Kundengruppen zu gewinnen, die aus verschiedenen Gründen bislang nur begrenzten Zugang zu einer Immobilienfinanzierung finden konnten.

Immo Spezial wendet sich an Kunden mit guter Bonität, die nur über geringes oder gar kein Eigenkapital verfügen.

Angestellte, Beamte und Arbeiter können Hypothekendarlehen mit einem Beleihungsauslauf bis 120 Prozent für eigengenutzte Immobilien erhalten. Das beinhaltet auch die Finanzierung von Erwerbsnebenkosten. Bei vermieteten Objekten oder selbstständigen Darlehensnehmern sowie Kapitalanlegern ist eine Finanzierung bis 100 Prozent des Kaufpreises möglich. Derzeit bieten rund 70 Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie Vertriebspartner der Bausparkasse Schwäbisch Hall das Produkt bundesweit an. Die flächendeckende Einführung ist in der zweiten Jahreshälfte 2007 geplant. Die Risiken für Hypothekendarlehen mit hohen Beleihungsausläufen können Kreditinstitute durch die Kooperation mit einem Hypothekenversicherer mindern. So können die Banken ihre Beleihungsgrenzen erhöhen, ohne dabei ihr Portfolio mit zusätzlichen Risiken zu belasten und haben den Vorteil eines verbesserten Schutzes vor Ausfällen bei Zahlungsunfähigkeit ihrer Kunden. Dieser Möglichkeit hat sich auch die DG Hyp bedient. Um einen Teil der Verlustrisiken abzudecken, kooperiert das genossenschaftliche Kreditinstitut bei der Vollfinanzierung von Immobilien mit dem Hypothekenversicherer PMI Mortgage Insurance Company Limited (PMI Europe). Auf diese Weise kann sie das Angebot an privaten Baufinanzierungsprodukten für den genossenschaftlichen Finanzverbund erweitern.

Die künftige Marktsituation ist durch das Spannungsfeld zwischen Standard- und Spezialprodukten geprägt. In diesem Spannungsfeld bieten die Volksbanken und Raiffeisenbanken mit ihrer Kundennähe und Beratungsleistung eine starke Basis in ihrem Kerngeschäftsfeld private Baufinanzierung. Unterstützend gewinnt das Know-how der DG Hyp zur Entwicklung innovativer zielgruppengerechter Produkte zunehmend an Bedeutung. Diese Kombination ermöglicht es dem Finanzverbund, eine umfassende und wettbewerbsfähige Produktpalette in der privaten Baufinanzierung erfolgreich zu vermarkten und zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

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