Im Blickfeld

Welche Kreditklemme?

Es gibt sie doch noch - die finanzierenden Immobilienbanken. Während die Immobilienwirtschaft und dort speziell Wohnungsunternehmen und Projektentwickler eine massive Verschärfung der Kreditkonditionen und eine zunehmende Risikoabstinenz der Finanzinstitute beklagen, hat die Westdeutsche Immobilienbank (Westimmo) ihr Neugeschäft im ersten Halbjahr 2009 sogar noch ausgeweitet und bis 30. Juni 2009 mit 3,1 Milliarden Euro um 3,3 Prozent mehr Immobilienfinanzierungen zugesagt als im ersten Halbjahr 2008. Davon waren lediglich 15 Prozent Laufzeit-Prolongationen. Und während die meisten Wettbewerber von einem teils deutlich niedrigeren Neugeschäftsvolumen für 2009 ausgehen, plant die in Mainz ansässige Tochtergesellschaft der West-LB das Vorjahresniveau von rund sechs Milliarden Euro mindestens zu halten. Bezogen auf sein Haus kann der Sprecher des Westimmo-Vorstands, Peter Knopp, deshalb keine "Kreditklemme" erkennen.

Anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen der Spezialbank widersprach er auch der weitverbreiteten Annahme, die Banken könnten sich die Transaktionen aussuchen, die sie finanzieren wollen, und mangels Wettbewerb den Preis und die Margen beliebig festsetzen. Tatsächlich konkurrieren die Spezialbanken bei einzelnen, sehr attraktiven Engagements besonders intensiv und müssen mehr bieten als nur einen günstigen Preis. So sollten sie in der Lage sein, weitere Bankpartner im Rahmen eines Club Deals mitzubringen und das Geschäft des Kunden nach Möglichkeit aus früheren oder vergleichbaren Engagements kennen. Bei den wenigen guten Projekten und Transaktionen, die am Markt noch zu sehen sind, sei die Westimmo auch zu größeren Kreditzusagen bis in den dreistelligen Millionenbereich bereit.

Allerdings, und auch hier relativiert Knopp die Klagen der Immobilienwirtschaft, hat es in der ersten Jahreshälfte kaum Transaktionen gegeben. Der Investmentmarkt liege faktisch brach. So wurden nach Angaben von BNP Paribas Real Estate in Deutschland, dem erklärten Heimatmarkt der Westimmo, während der ersten sechs Monate dieses Jahres gerade einmal 3,6 Milliarden Euro in Gewerbeimmobilien angelegt - ein Rückgang um rund 73 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2008. Dabei entwickelte sich das zweite Quartal 2009 mit lediglich 1,9 Milliarden Euro nur geringfügig besser als das Vorquartal.

In der ersten Jahreshälfte war Deutschland der mit Abstand wichtigste Markt für die Westimmo. Ein Drittel des gesamten Neugeschäfts entfiel auf gewerbliche Objekte im Inland, während es im Vorjahreszeitraum nur 19 Prozent waren. Dies begründet der Vorstand damit, dass die deutschen Immobilieninvestoren im internationalen Vergleich sehr stabil und solide aufgestellt sind, eine geringere Verschuldung als ausländische Adressen haben und der hiesige Immobilienmarkt aufgrund seiner dezentralen Struktur weniger volatil ist als andere Märkte. Wichtigster außereuropäischer Markt bleiben die USA. 18 Prozent des Neugeschäfts wurden in Nord- und Südamerika getätigt. In Europa sind Großbritannien und Frankreich mit einem Anteil von aktuell 16 beziehungsweise zehn Prozent die bedeutendsten ausländischen Immobilienmärkte.

Einen politischen und öffentlichen Druck, die Kreditvergabe auszudehnen und die Konditionen zu lockern, spürt die Bank - deren Muttergesellschaft staatliche Stützungsmaßnahmen in Anspruch nimmt - nach Aussage ihres Vorstands zwar indirekt, doch bliebe dies ohne Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Entscheidungen des Unternehmens, wurde versichert. So sei auch der Volumenanstieg bei den Bewilligungen im Neugeschäft mit den Sparkassen um 17,5 Prozent auf 153 Millionen Euro und der Zuwachs bei den Syndizierungen an die Sparkassen um 41,6 Prozent auf 130 Millionen Euro ein Ausdruck der höheren Akzeptanz der Westimmo als Immobilien-Spezialbank innerhalb des Sparkas-sen-Finanzverbundes, nicht aber politischer Einflussnahmen.

Die Funktion eines Dienstleisters für die Sparkassen will die Bank auch nach dem Eigentümerwechsel beibehalten, selbst wenn der Investor nicht aus dem Sparkassenlager kommen sollte. Bis 31. März 2010 muss die West-LB ihre Mainzer Tochtergesellschaft entsprechend der Auflagen der Europäischen Kommission veräußern. Aber bislang habe noch keiner die Bücher der Westimmo einsehen wollen, erklärte der Vorstand.

Zur den Geschäftszahlen: Der Zinsüberschuss stieg im Halbjahresvergleich um drei Prozent auf 86,9 (84,4) Millionen Euro, während der Provisionsüberschuss mit 15,9 (18,8) Millionen Euro um 15,4 Prozent unter der Vergleichsperiode lag. Mit 11,0 (9,5) Millionen Euro verbesserte sich das Handelsergebnis. Die Kreditrisikovorsorge und das Finanzanlageergebnis saldierten sich auf minus 29,3 (minus 8,5) Millionen Euro und lagen damit nach Angaben der Bank im Rahmen der Planungen für das erste Halbjahr. Für den Verwaltungsaufwand wurden 41,5 (40,9) Millionen Euro ausgegeben - ein Plus von 1,5 Prozent. Vor Steuern beziffert die Bank ihr Halbjahresergebnis auf 42,8 (60,6) Millionen Euro und nach Abzug der Steuern verbleibt ein Ergebnis von 30,8 (51,0) Millionen Euro.

Im passiven Neugeschäft übertraf das Emissionsvolumen des ersten Halbjahres 2009 mit 2,23 Milliarden Euro bereits das Platzierungsvolumen des Gesamtjahres 2008. Davon entfielen mehr als 1,4 Milliarden Euro auf Pfandbriefe und rund 700 Millionen Euro auf ungedeckte Schuldverschreibungen, von denen wiederum etwa 250 Millionen Euro durch die Westimmo selbst emittiert wurden, während sie ansonsten die Konzernmutter nutzte. Für das Gesamtjahr planen die Mainzer je nach Neugeschäftsentwicklung und -qualität ein Refinanzierungsvolumen von 2,5 bis 2,8 Milliarden Euro. Red.

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