MIPIM Special

Die Zukunft der Logistikimmobilie ist schon alles vernetzt?

Von dem amerikanischen Unternehmer Joe Phelps stammt folgende Charakterisierung des globalen Wirtschaftssystems: "Gleichzeitig ist Tag und Nacht im globalen Dorf. Wenn in Frankfurt die Läden schließen, stehen Arbeiter in Malaysia auf und im Silicon Valley wird zu Mittag gegessen - wenn überhaupt. Die Wellen zwischen aktiv und reflektiv werden immer kürzer. Immer mehr, immer schneller. Alles online bitte und bitte in Realtime. Schneller und besser ist die Losung und die gewonnene Zeit nutzen wir wiederum zur Steigerung der Beschleunigung. Time-to-market als Stichwort."

Die immer komplexer werdende Logistik

Spätestens seit dem Internet, dem rasanten Wachstum des E-Commerce oder dem was wir gemeinhin als Globalisierung bezeichnen, bezweifelt wohl niemand mehr, dass wir in einer Welt mit immer komplexeren logistischen Systemen leben. Insbesondere in der Logistik begreifen wir langsam, dass fast alles "systematisiert" ist: Was früher über große Distanz getrennt oder regional nebeneinander lag ist heute vernetzt und/oder beeinflusst sich gegenseitig. Wer heute in der Logistik erfolgreich sein möchte, wird nicht umhin kommen, sich mit den Eigenschaften eben dieser Komplexität intensiv auseinanderzusetzen.

Die Komplexität der Logistik zeigt, dass ein System, ein Prozess oder eine Situation ungeheuer viele mögliche Zustände (Varianten und Alternativen) annehmen und entwickeln kann. Die enorme Anzahl möglicher Zustände, die das komplexe System der Logistik haben kann, entsteht durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die in dem System vernetzt sind oder vernetzt werden müssen, aufeinander wirken und sich gegenseitig beeinflussen. Obwohl Albert Einstein mit Sicherheit nicht das Management der Komplexität der Globalisierung und deren Warenströme im Sinn hatte, als er diesen Ausspruch prägte, verkörpert seine Aussage eine der Grundregeln des Managements komplexer logistischer Prozesse: "So einfach wie möglich, aber nicht einfacher". Die immer wieder zitierte Globalisierung bringt zwar immense Chancen für die Teilnehmer und Betroffenen, birgt indes aber auch nicht zu vernachlässigende Risiken, meist veranlasst durch die Politik. Die vielen Statistiken der Marktforschung zeigen einheitlich, wie es um die Globalisierung bestellt ist. Die grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen haben in 2006 ein Volumen von etwa 200 Milliarden Euro und somit ein Rekordniveau erreicht.

Wachstum durch "make or buy"

Das Immobilienjahr 2007 wird, nach Meinung der Analysten an das Niveau des Vorjahres anknüpfen. Europa wird sich zu einem wichtigen Markt entwickeln. Laut einer Studie von Jones Lang Lasalle wurden im ersten Halbjahr 2006 rund 1,7 Millionen Quadratmeter Logistikflächen (exklusive Industrieflächen) in Betrieb genommen. Das entspricht einem Wachstum von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Auch wenn sich derzeit alles um Osteuropa und Asien zu drehen scheint, wird in Deutschland, neben dem derzeitigen Konjunkturaufschwung, die Nachfrage nach Logistik-Immobilen vor allem durch die EU-Osterweiterung und die dadurch entstandene zentrale Lage Deutschlands einen weiteren Schub erhalten. Das prognostizierte Wachstum wird nach einer Umfrage unter den Logistikern in den nächsten Jahren mit einem Wachstum von etwa zwei Prozent immerhin noch über dem der allgemeinen Wirtschaft liegen. Besondere Beachtung gebührt der Analyse des Volumens flächenrelevanter Logistikleistungen aus dem Marktvolumen sowie deren Bewertung auf ihre Attraktivität im Hinblick auf den Standort.

Der durchschnittliche Anteil flächenrelevanter Logistikleistungen am Gesamtvolumen des Logistikmarktes entspricht mit 49 Prozent rund 81 Milliarden Euro. Das Volumen flächenrelevanter Logistikdienstleistungen wird im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um weitere zwei Prozent wachsen. Eine langfristige Outsourcing-Quote von rund 75 Prozent generiert eine signifikante Nachfrageerhöhung nach zeitgemäßen Logistikimmobilien innerhalb der nächsten Jahre.

Der Logistikmarkt wird in den kommenden Jahren aufgrund der Dynamik des Marktes einer permanenten Veränderung unterliegen. Für alle Beteiligten ergeben sich daraus Konsequenzen in deren Service- und Leistungsportfolios. Der im Zuge globaler Beschaffungs-, Produktions- und Absatzmärkte stetig wachsende Anteil an Zulieferern und Kunden im Ausland führt zu einer steigenden Komplexität der Supply-Chain. Ein häufiges Mittel, Komplexität zu reduzieren und gleichzeitig die Flexibilität zu steigern, ist die Konzentration auf Kernkompetenzen und damit die Reduzierung der Wertschöpfungstiefe durch Outsourcing.

Der Markt für Logistikdienstleistungen wächst bis ins Jahr 2010 um durchschnittlich drei bis vier Prozent per annum. Mit einem Umsatz von 166 Milliarden Euro in 2006 und 2,7 Millionen Beschäftigten ist die Logistikbranche der viertgrößte Arbeitgeber in Deutschland und zählt zu einer der größten und ökonomisch bedeutendsten Sparten der Volkswirtschaft. Treiber des Wachstums ist die Zunahme des internationalen Warenaustausches und die Veränderung der Warenströme sowie damit einhergehend die Steigerung des Transport-, Handlings-, Umschlags- und Lagervolumens.

Durch das Mengenwachstum der logistischen Dienstleistung (intern und extern) und durch die weitere Zunahme des Outsourcings der Unternehmen in Industrie und Handel eröffnen sich für Logistikdienstleister neue und attraktive Umsatz- und Ertragsmöglichkeiten. Auf der Anbieterseite entstehen veränderte Leistungs- und Wettbewerbsstrukturen. Da immer schneller neue Geschäftsmodelle entstehen sind die Logistikdienstleister sowie die Immobilienanbieter und Mobilienausrüster gezwungen ihre Produkt- und Leistungsstrukturen anzupassen.

Die Industriemärkte, deren Supply Chain und Logistik, unterliegen einem starken Wandel. Und der wird erbarmungslos getrieben durch Trends, Prozessveränderungen, immer neue Transaktions- und Infrastrukturen der Globalisierung und deren internationale Vernetzung und Integration.

Insbesondere bei der Kontraktlogistik, einer vertraglich fixierten integrierten Dienstleistung, die neben der reinen Transport- (cross docking) und Lagerabwicklung (warehousing) auch die Gestaltung, Disposition und administrative Abwicklung im Sinne des Supply Chain Managements umfasst, erwarten Logistikanbieter die höchsten Wachstumsraten. Dazu muss sich der Dienstleister vom passiven Abwickler operativer Logistikaktivitäten zum aktiven Gestalter der kundenindividuellen Prozessketten entwickeln.

Der Markt der Dienstleistung lässt sich anhand von fünf Kriterien - mit jeweils brachenspezifischen Ausprägungen segmentieren:

- nach Art der Materialbewegung 1 PL (KEP, Transport, Umschlag, Lagerhaltung),

- aus Sicht der Wertschöpfungskette des Kunden 2 PL (Beschaffungs-, Pro-duktions-, Distribution- sowie der Retro- Reverselogistik),

- nach Art der Bündelung 3 PL (Auftrags-, Produktions-, Projekt- und Kontraktlogistik),

- Solutions Provider 4 PL.

Betrachtet man nur das Wachstum des Segments Kontraktlogistik neben dem Wachstum des Gesamtmarktes so ist dieses durch eine verstärkte Umschichtung von "insourced" zu "outsourced" geprägt. Maßgebend für das Wachstum sind drei Wachstumstreiber der Kontraktlogistik genannt: (1) Allgemeines Wachstum generiert Wachstum für Kontraktlogistik, (2) strukturelles Wachstum, das heißt Kontraklogistik übernimmt immer mehr Volumen der verladenden Industrie, (3) Leistungsausweiterung über VAS. Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Handlungsbedarfe:

- Der Markt für Logistikdienstleistungen wächst durchschnittlich um drei bis vier Prozent per annum bei gleichzeitigem Strukturwandel. Die Projekt- und Kontraktlogistik nimmt überproportional zu. Die Wettbewerbsarena und die Rahmenbedingungen verändern sich gravierend.

- Aufgrund der Heterogenität und Differenziertheit ist es für Dienstleister ein unabdingbares Muss, die eigene Positionierung exakt zu kennen. Wie bin ich auf der Ebene der Dachstrategie als Logistikdienstleister positioniert (einzeln oder in einer Allianz)? Wie ist meine Wettbewerbspositionierung innerhalb dieses Strategiemusters? Wie erfolgreich ist das Geschäftsmodell heute oder zukünftig? Welche Anpassungen sind aufgrund des Strukturwandels hinsichtlich Profil, Marktpositionierung, Differenzierung, Gewinnmodell, Ressourcenfokus und Organisation notwendig?

Die Standortfrage im Wettbewerb der Märkte und Regionen

Durch die zentrale geostrategische Lage Deutschlands im erweiterten Europa, das dichte und ausgezeichnet ausgebaute Verkehrsnetz sowie das "High-tech Logis-tik-Know-how" wird die Logistikbranche weiterhin stark wachsen. Damit erhöhen sich auch die Herausforderungen an die Betreiber und Investoren moderner Logistikimmobilien. Um den Markt weiter rentabel und wachstumsorientiert gestalten zu können, gilt es aber auch Teile des veralteten Bestands zu erneuern.

Eine Bewertung möglicher Logistikstandorte in Deutschland muss auf Basis eines detaillierten Kriterienkataloges nach den Dimensionen Infrastruktur, Angebot und Nachfrage logistischer Dienstleistungen und zusätzlicher externer Rahmenbedingungen analysiert werden. Das Rhein-Ruhr-Gebiet sowie die Regionen Bremen, Hamburg und München werden auch in den nächsten Jahren ihren Stellenwert halten können. Das Rhein-Main-Gebiet erleidet derzeit eine Stagnation zugunsten der an Bedeutung gewinnenden Logistikregionen Stuttgart, Kassel/Bad Hersfeld sowie Halle/Leipzig. Letztere wird durch die verstärkten Industrieansiedlungen in den letzten Jahren sowie der Verlagerung des Luftfracht-Cargo-Centers der Deutschen Post AG (DHL) gewichtiger.

Objektqualität, Bindung und Wiederverwertbarkeit

Der Bedarf an hochwertigen Logistik-Immobilien ist groß und wird einerseits durch bedarfsgerechte Neubauten und andererseits durch Bestandsimmobilien an etablierten Logistikstandorten gedeckt. Unflexible Konstruktionen, wie eingeschossige Bauten, zu geringe Nutzfläche (unter 5000 Quadratmeter) und Hallenhöhen/UKB (unter sechs Meter für Umschlag und unter zehn Meter für Lager), keine oder zu geringe Erweiterungsmöglichkeiten erschweren bei einigen Bestandsimmobilien jedoch eine Drittverwendung.

Was die Hauptnutzung der Immobilien betrifft, so sind auf Warenumschlag (Transport- und Speditionslogistik) ausgerichtete Objekte mit durchschnittlich 10 000 Quadratmetern Nutzfläche und etwa sieben Meter Höhe dimensioniert. Dagegen weisen Immobilien für die Kontraktlogistik rund 50 Prozent mehr Nutzfläche, Mehrgeschossigkeit (Mezzanine), eine Höhe von im Mittel 10,5 Meter auf sowie, falls notwendig, die Anbindung eines Stapler oder RBG getriebenen Hochregallagers (29 Meter Höhe, 80 Meter Länge und mindestens vier Arbeitsgänge).

Leichtfertig eingegangene Kompromisse schlagen sich dann schnell in hohe Folgekosten nieder. Bei den Mietern sind dafür hauptsächlich ineffiziente Prozesse verantwortlich, die dann untrennbar mit der logistischen Eignung der Immobilie verbunden sind. Bei den Investoren sind es vor allem teure Bau- und/oder Umbaumaßnahmen oder langer Leerstand, wenn nicht bereits in der Planungsphase für den Erstbezug ein flexibles Drittnutzungskonzept bedacht wurde. Daher sind bei Investitionen neben den Standortkriterien vor allem die qualitativen Kriterien der Immobilie zu berücksichtigen.

Die Realisierung von Neubauten entsteht allerdings erst, wenn ein Nutzer für das jeweilige Objekt gefunden wird und der Vertrag gezeichnet ist. Damit orientiert sich die Standortwahl bei Logistikimmobilien an den Standorten des Kunden und des eigenen Netzwerkes. Da Logistikdienstleister ihren Kunden aufgrund der Dynamik des Marktes oft innerhalb kürzester Zeit in die unterschiedlichsten Regionen folgen müssen, erzeugen Miet- und Lease-Modelle eine höhere Flexibilität gegenüber einer Bestandsimmobilie. Um die Nachfrage des Marktes decken zu können, verfolgen Logistikimmobilieninvestoren daher parallel zur Strategie der Neuentwicklung auch eine eventuelle zeitgemäße Überholung attraktiver Bestandsimmobilien. Geeignete - den Anforderungen des Kunden entsprechende - Bestandsimmobilien zu finden gestaltet sich aber durchaus problematisch.

Drittverwertbarkeit beachten

Entscheidungen, in eine Logistikimmobilie zu investieren haben eine Tragweite von durchschnittlich 20 bis 30 Jahren. Während für die Mieter eine optimale Abbildung der eigenen logistischen Prozesse in der Immobilie im Vordergrund stehen muss, sind das bei Investoren angesichts der typischen Lebenszyklen und Vertragsdauern vor allem die Funktionalität und flexiblen Nutzungsmöglichkeiten. Investoren sind an langfristigen Verträgen interessiert und streben in der Regel Laufzeiten von zehn Jahren an. Mieter möchten, können oder wollen sich hingegen oftmals nicht länger als drei bis fünf Jahre an eine Immobilie binden lassen.

Umso wichtiger ist es für die Investoren, auf die Wieder- oder Drittverwertbarkeit der Immobilie zu achten. Dabei darf die Bewertung einer Logistikimmobilie nicht nur eindimensional erfolgen, sondern muss sowohl finanzwirtschaftlich als auch logistische Kriterien in verschiedenen Bewertungsklassen berücksichtigen. Hilfreich ist hier ein Index, in dem sämtliche Parameter der Immobilie selbst, aber auch der Makro- und Mikrolage einfließen. Dieser Index erlaubt eine relativ sichere Begutachtung und Bewertung (Vergleichswert-, Ertragswert-, Sachwertverfahren, Discounted-Cash-Flow-Methode) von Logistikimmobilien.

Mieten und Leasing

Die schwierige wirtschaftliche und politische Globalisierungsrealität verstärkt den Trend, zeitgemäße, neue und moderne Logistikimmobilien zu entwickeln und zu mieten, um den Anforderungen der Kunden gerecht werden zu können. Außerdem werden nicht nur veränderte Rahmenbedingungen wie die restriktive Kreditvergabe nach Basel II dazu führen, dass insbesondere mittelständische Logistikdienstleister vom Eigentumsmodell Abstand nehmen und Finanzierungskonzepte stark nachgefragt werden. In diesem Segment werden laut Marktstudie steigende Renditemöglichkeiten mit zunehmender Wertschöpfung und

Dienstleistung bei den Kunden erwartet. Für die Identifizierung eines Logistics-Real-Estate-VAS-Providers ist ein Ser-vice-, Portfolio- und Performance-Check hinsichtlich der Leistungskriterien

- Projektentwicklung, Planung, Realisierung, Preis,

- Immobilienmanagement (Property Ownership, Property Management),

- Dritt- und Wiederverwertungsmanagement,

- Referenzen und

- Reputation

erforderlich. Marktrecherchen zufolge erfüllen aber nur wenige Immobilieninvestoren und -dienstleister die Anforderungen in allen Leistungsdimensionen.

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