DC Developments: Deutsche sehnen sich nach Dorfstrukturen

Lothar Schubert, Quelle: DC Developments

„Auf dem Land passiert zu wenig, in der Stadt zu viel.“ Diese Beobachtung des deutschen Aphoristikers Ulrich Erckenbrecht bringt den Antagonismus zwischen Stadt und Land augenzwinkernd zum Ausdruck. Folgt man der heute veröffentlichten Quartierstudie von DC Developments, so scheinen sich die Deutschen interessanterweise zunehmend von ländlichen (Wohn-)Eigenschaften angezogen zu fühlen.

Demnach ist für 69,4 Prozent der 10 000 Befragten bei der Wahl eines neuen Wohnortes die Identifikation mit der Nachbarschaft wichtig. Auch das Gemeinschaftsgefühl ist für 46,4 Prozent ein entscheidender Faktor neben der Lage der Nachbarschaft, um sich für einen Wohnort zu entscheiden. Weit oben mit 35,2 Prozent rangiert auch das Bedürfnis, mit unterschiedlichen Altersklassen in seinem Viertel zu leben. Darüber hinaus schätzen die Deutschen ganz besonders den Supermarkt oder den Bäcker um die Ecke – schließlich setzen 37,9 Prozent der Befragten am häufigsten auf die natürlichste Fortbewegungsmöglichkeit: die eigenen Beine. Kurze Wege wie im Dorf seien also ein Muss.

„Die 15-Minuten-Stadt wird zur Basis der Urbanität: Faktoren wie Naturerlebnisse, nachbarschaftlicher Zusammenhalt und Fußläufigkeit sind in den vergangenen Jahren immer wichtiger für Städte und damit auch Quartiersentwickler geworden. All diese Eigenschaften werden Dörfern selbstverständlich zugeschrieben“, sagt Lothar Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von DC Developments. „Diese Rückbesinnung sorgt dafür, dass die Urbanisierung von morgen ohne eine moderne Form der Verdorfung nicht mehr denkbar ist.“

Der Begriff „Verdorfung“ meine einerseits das Comeback der lokalen Verbundenheit, die für viele Menschen insbesondere während der Lockdown-Phasen von großer Bedeutung war. Zugleich beschreibe er das Vorhaben, dorfähnliche Strukturen mit Quartiersentwicklungen gezielt hervorzubringen. Die Top-4-Bedürfnisse, der 10 000 Befragten sind: Knapp 70 Prozent wünschen sich in ihrer Umgebung den Nahversorger, knapp 51 Prozent möchten in ihrem Umkreis einen Park vorfinden, 45 Prozent achten darauf, ob ihr Wohnort gut angebunden ist und 38 Prozent legen Wert darauf, dass ihre Arbeitsstätte in der Nähe ist.

Die Studie offenbart dabei unter anderem signifikante Präferenzunterschiede von Stadt zu Stadt: Während beispielsweise für 21,6 Prozent der Einwohner Hamburgs Internationalität ein ausschlaggebender Nachbarschaftsfaktor ist, sind es in München nur 16,1 Prozent. Allerdings sind die Münchener (50,9 Prozent) häufiger an einem Gemeinschaftsgefühl interessiert als die Hamburger (41, 7 Prozent). „Fundierte Gründe für diese Unterschiede lassen sich ad hoc nicht anführen. Mit Sicherheit spielen aber kulturelle Unterschiede eine Rolle, die sehr vereinfacht mit dem Klischee des geselligen Müncheners und dem des weltmännischen, aber kühlen Hanseaten erklärt werden könnten“, sagt Schubert. Die Biergartenkultur der bayerischen Landeshauptstadt wiederum könnte ein Grund dafür sein, dass für 39,7 Prozent der Münchener das kulinarische Angebot der wichtigste Aspekt neben der Lage des Wohnortes ist. Zum Vergleich: In Hamburg beträgt dieser Anteil 30,7 Prozent, in Berlin sogar lediglich 25,5 Prozent.

Dafür hängt Berlin sowohl München als auch Hamburg in puncto ÖPVN ab: 35,6 Prozent der Berliner nutzen laut Umfrage im Alltag neben dem Auto vor allem den öffentlichen Nahverkehr. In Hamburg sind es 8,9 Prozent und in München sogar 21,2 Prozent weniger. Insgesamt bewegen sich die Deutschen aber mit rund 63 Prozent am liebsten mit dem eigenen Auto fort, danach folgen mit knapp 38 Prozent die eigenen Beine und knapp 22 Prozent bevorzugen öffentliche Verkehrsmittel. Einen weniger signifikanten, aber nicht minder interessanten Unterschied gibt es hinsichtlich des Aspekts Nachhaltigkeit: Während für 25,8 Prozent der befragten Berliner und 25,6 Prozent der Hamburger dieser Faktor von großer Bedeutung ist, sind es in München immerhin 29,1 Prozent. Carsharing-Angebote, die Mobilität und Nachhaltigkeit vereinen sollen, spielen in allen drei Städten aktuell noch eine untergeordnete Rolle.

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