Deutsche Kleinstädte: BBSR sieht Licht und Schatten

Die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ ist nicht nur ein von Politikern aller Couleur gern bemühtes Mantra – es handelt sich hierbei auch um ein im deutschen Grundgesetz (Artikel 72) postuliertes Ziel. Das BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung) hat heute eine Studie vorgestellt, die sowohl den Status quo als auch die Zukunftsperspektiven in den hiesigen Kleinstädten beleuchten.

Demnach lebten 24,4 Millionen Menschen zum Jahresende 2019 in Kleinstädten – und damit fast so viele wie in den 80 deutschen Großstädten (26,6 Millionen). Unabhängig von ihrer Lage tragen Kleinstädte laut BBSR maßgeblich zu gleichwertigen Lebensverhältnissen bei – als Wohnorte, aber auch als wirtschaftliche Zentren in den Regionen. Viele heimliche Weltmarktführer hätten hier ihren Sitz. Aufholen müssten die Kommunen vor allem bei der Versorgung mit schnellem Internet.

Die meisten im Umland der Großstädte gelegenen Kleinstädte verzeichneten laut BBSR in den vergangenen zehn Jahren Bevölkerungsgewinne. Zwischen 2009 und 2019 erzielte die Kleinstadt Kelsterbach im Umland von Frankfurt am Main das stärkste an ihrer Bevölkerung gemessene Wachstum (29 Prozent). Es folgten Schönefeld im Umland Berlins sowie Aschheim im Umland Münchens (jeweils 27 Prozent). Dagegen ging die Bevölkerungszahl in Kommunen abseits der Ballungsräume weiter zurück. Ausnahmen bildeten die Kleinstädte in strukturstarken ländlichen Regionen Süddeutschlands, die trotz ihrer peripheren Lage an Bevölkerung gewannen. In Ostdeutschland konzentriert sich das Bevölkerungswachstum auf die Großstädte, abgesehen von der Umgebung Berlins. Insgesamt stieg die Bevölkerungszahl in den Kleinstädten zwischen 2009 und 2019 um 1,2 Prozent beziehungsweise 291 000 Einwohner.

Unterschiede zwischen zentral und peripher gelegenen Kommunen zeigten sich auch in der Alters- und Sozialstruktur der Bevölkerung: In den zentral gelegenen Kleinstädten sei die Bevölkerung im Schnitt jünger (44,6 Jahre) als in peripheren (45,9 Jahre) und in sehr peripheren (47,9 Jahre). Kleinstädte im Umland der Kommunen wiesen auch einen überdurchschnittlichen Anteil an Haushalten mit höherem Einkommen auf. In zentralen Lagen sind die Kommunen laut BBSR zudem häufiger Sitz hoch innovativer Unternehmen und Arbeitsorte für Beschäftigte in wissensintensiven Branchen. Entsprechend stieg dort in den vergangenen Jahren die Zahl der Beschäftigten in wissensintensiven Berufen. Die Bedeutung von Kleinstädten als Wirtschaftsstandort zeige sich auch bei den Hidden Champions: Laut BBSR haben 518 dieser 1 691 Betriebe ihren Stammsitz in Kleinstädten, davon wiederum 174 in peripherer Lage. Die Unternehmen befänden sich vor allem in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern.

Defizite legt die Studie bei der Versorgung mit schnellem Internet offen – einem bedeutenden Standortfaktor: 76 Prozent der Kleinstadt-Haushalte wurden demnach im Jahr 2020 mit einer Bandbreite von 100 Mbit/s versorgt, in den Großstädten waren es dagegen 96 Prozent. Zudem verfügten nur 35 Prozent der Kleinstadt-Haushalte über eine Bandbreite von 1 000 Mbit/s (Großstädte: 82 Prozent).

Handlungsmöglichkeiten für die Kleinstädte sieht der Bericht vor allem in der interkommunalen Zusammenarbeit, gesamtstädtisch angelegten Entwicklungskonzepten und neuen Kooperationsformen von Stadtgesellschaft, lokaler Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Damit die Kleinstädte von der verstärkten Nutzung digitaler Lösungen profitieren können, müsse die Breitbandversorgung dort vorrangig ausgebaut werden.

Die komplette Studie finden Sie in unserem Research-Bereich, klicken Sie hier

Noch keine Bewertungen vorhanden


X