LIP Invest: Corona-Krise treibt Nachfrage nach Logistikimmobilien

Bodo Hollung, Quelle: LIP Invest

In der Corona-Krise steigt die Relevanz von Logistikimmobilien. Das sagt dazu Bodo Hollung, Gesellschafter und Geschäftsführer von LIP Invest. Dabei zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Marktsegmenten. Der Einzelhandel ist aktuell von einer geringeren Konsumnachfrage und der Schließung von Läden betroffen. Die Ware bleibt in den Logistikzentren oder muss gegebenenfalls von den Läden wieder zurück in die Logistikzentren transportiert werden, wenn sie nicht verkauft wird. Entsprechend hoch ist die derzeitige Auslastung der Lagerflächen in diesem Segment. Im Lebensmitteleinzelhandel dagegen ist die Konsumnachfrage aktuell sehr hoch. Es herrscht ein hoher Betrieb in den Lagern, um schnellen Nachschub in den Filialen zu ermöglichen. Es werden sogar kurzfristig anmietbare Logistikflächen gesucht. Der E-Commerce profitiert von der aktuellen Lage besonders, da vermehrt Online-Bestellungen getätigt werden, um soziale Kontakte in den Läden zu umgehen bzw. als Alternative bei Ladenschließungen.

Im Bereich der Produktionsversorgung sind die Logistikstandorte von strategischer Bedeutung, da die Nähe zum Werk für die Just-in-Time-Belieferung essenziell ist. Entsprechende Standorte werden auch in Krisenzeiten gehalten, da man auf die Logistikimmobilien angewiesen ist, wenn sich die Wirtschaft wieder erholt. Gegebenenfalls werden freie Flächen für andere Marktsegmente zur Überbrückung untervermietet.

Die aktuelle Situation wird auch langfristige Auswirkungen auf die Lieferketten und Logistikprozesse haben: Supply Chains wurden immer mehr so geplant, dass kaum noch Sicherheitspuffer vorhanden waren, da Bestände teuer sind. Im Risikofall kann sich dies als nachteilig erweisen, da die vorhandenen Bestände schnell aufgebraucht sind. Vor allem in der Automobilindustrie zeigt sich, dass eine Just-in-Time-Belieferung im Krisenfall zu Lieferengpässen und sogar Produktionsunterbrechungen führen kann. In Europa wurden einige Werke komplett geschlossen. Diese Fälle zeigen, dass die aktuellen Bestandsstrategien auf den Prüfstand gestellt werden müssen, um eine durchgängige Warenverfügbarkeit sicherzustellen. Die Logistik muss sich krisenfester aufstellen.

Zukünftig, so die Prognose, wird die Tendenz voraussichtlich wieder dazu führen, mehr Sicherheitsbestände aufzubauen, um weniger krisenanfällig zu sein. Eine höhere Bestandshaltung benötigt mehr Lagerflächen. Entsprechend ist hier von einem steigenden Bedarf auszugehen. Ebenso kann es verstärkt zu einer Rückverlagerung von Produktion nach Europa kommen, da die Versorgung aus dem Ausland derzeit zum Stocken gekommen ist, auch durch Grenzschließungen sowie Grenzkontrollen mit 60 km langen LKW-Staus. Solche Produktionsrückverlagerungen werden verstärkte Nachfrage nach Logistikflächen mit sich bringen.

Die Nachfrage nach Logistikimmobilien wird weiterhin hoch bleiben und auf ein begrenztes Angebot treffen. Viele Nutzer von Logistikimmobilien erkennen in der Krise, dass sie ihre Supply Chain krisenfester aufstellen müssen. Auch das wird zu einer weiter steigenden Nachfrage nach Logistikflächen in Deutschland führen. Somit ist davon auszugehen, dass sich die Renditekompression weiter fortsetzen wird.

Durch die anhaltende Grundstücksknappheit für Logistikansiedlungen in vielen Regionen Deutschlands und der gleichzeitig hohen Nachfrage nach Logistikflächen sind die Mietpreise in den letzten 2 bis 3 Jahren in den meisten Regionen gestiegen. Da es zunehmend schwieriger wird, neue Industrie- und Gewerbegebiete auszuweisen und der Flächenmangel somit auch zukünftig anhalten wird, ist weiterhin von steigenden Mieten auszugehen. 

In der Logistikbranche sind umsatzabhängige Mieten nicht üblich beziehungsweise kommen gar nicht vor. Insofern wird die aktuelle Entwicklung keinen Einfluss auf die geplanten Cashflows haben. Mieter werden voraussichtlich - wie auch in den Krisenjahren 2008/2009 - versuchen, Mietkonditionen nachzuverhandeln. Hier ist entsprechendes Verhandlungsgeschick und Sensibilität auf Seiten der Asset Manager gefordert. Die Nutzer geben die Flächen nicht auf, da alle wissen, wie wichtig es nach der Krise sein wird, über geeignete Logistikflächen zu verfügen. Sofern das Leben nicht komplett zum Erliegen kommt, mit einem Stillstand aller geschäftlichen Aktivitäten, erwarten wir keine signifikanten Auswirkungen bei den Renditen, eher eine weitere Yield Compression.

LIP Invest erwartet, dass die Logistikimmobilienbranche in der Krise und nach der Krise eine noch stärkere Aufmerksamkeit erfährt und viele neue Investoren in diese Assetklasse drängen. Auch ausländische Investoren sehen Deutschland nach wie vor als sicheren Hafen. Im Vergleich zu anderen Assetklassen wie Büro, Hotel oder Handel ist die Logistikimmobilie von der aktuellen Krise in geringerem Maße betroffen. Investoren werden zu Lasten von Büro- und Einzelhandelsimmobilien (außer Lebensmittel bzw. Güter des täglichen Bedarfs) sowie Hotelimmobilien verstärkt in Richtung Logistik gehen.

Die Liquidität in den Märkten, so die Prognose,  wird sich weiter erhöhen, zumal zuletzt viel Geld aus den Aktienmärkten abgezogen wurde und in den nächsten Monaten viele höherverzinsliche Bundesanleihen auslaufen werden, für die es keine adäquate Wiederanlage am Kapitalmarkt gibt. Anleger werden deshalb in Branchen mit einer positiven Zukunftserwartung gehen und da liegt die Logistikbranche weit vorne. Wir rechnen zwar mit einem Rückgang spekulativer Developments jedoch mit einem weiteren Run auf die am Markt verfügbaren Logistikimmobilien.

Durch veränderte Supply Chain-Strategien hin zu einer höheren Bestandshaltung könnte der Flächenbedarf zukünftig noch stärker ansteigen. Standorte, die noch großes Ansiedlungspotenzial bieten, werden dadurch sehr gefragt sein, zum Beispiel Regionen wie das Deltaland/Walsrode. Bei einer Rückverlagerung von Produktion aus dem Ausland wird auch die Flächennachfrage rund um die industriellen Zentren zunehmen, zum Beispiel in der Donau-Region. Standorte in der Nähe der Ballungszentren werden für eine schnelle Versorgung der Bevölkerung weiterhin sehr gefragt bleiben, insbesondere von Seiten der Online-Händler und KEP-Dienstleister.

Die Logistik wird voraussichtlich gestärkt aus der Krise hervorgehen und die Nachfrage nach Logistikimmobilien weiter erhöhen. Gerade der E-Commerce wird aus dieser Situation nochmals einen Schub erhalten. Das veränderte Konsumverhalten hin zu mehr Online-Einkäufen wird wahrscheinlich auch nach der Krise Bestand haben. Und auch von der Aufwertung der Logistik im Ansehen der Bevölkerung kann die Branche langfristig profitieren. Zudem erweisen sich Logistikimmobilien als Investment aktuell im Vergleich zu anderen Assetklassen als relativ krisenfest.

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