Öffentliche Hand wird digital

Dr. Nicolai Ritter, Rechtsanwalt und Partner bei CMS, Berlin

Bei Hochbauprojekten des Bundes ist ab sofort der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) durch die Bauverwaltungen zwingend zu prüfen. Ein entsprechender Runderlass des Bauressorts im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) vom 16. Januar 2017 erging an die nachgelagerten 16 Landesbauverwaltungen. Auch im Hochbau wird die öffentliche Hand nun das digitale Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden intensiver als zuvor vorantreiben.

Bislang förderte vor allem das Bundesverkehrsministerium (BMVI) die Entwicklung und Verbreitung der BIM-Methodik. Nach dem "Stufenplan Digitales Planen und Bauen" des BMVI vom 15. Dezember 2015 soll BIM - nach einer mehrjährigen Pilotphase - bis 2020 bei allen Infrastrukturprojekten des BMVI zum Standard werden. Durch den zusätzlich veröffentlichten Masterplan Bauen 4.0 forcierte das BMVI die Implementierung von BIM weiter. Dies geschah unter anderem durch den Aufbau einer eigenen BIM-Cloud für Material- und Bauteilkomponenten.

Mit dem Runderlass schließt das BMUB nun für seine Bauvorhaben auf. Der Ansatz ist allerdings ein anderer. Der Runderlass sieht vor, dass bei Baumaßnahmen des Bundes mit Einzelbaukosten von mehr als fünf Millionen geprüft wird, ob sich das Projekt für den Einsatz der BIM-Methodik eignet. Gemäß einer Stellungnahme des Pressesprechers des BMUB Kübler werden zudem auch die Landesbaubehörden "angehalten", die eigenen Bau- und Planungsprozesse auf die BIM-Tauglichkeit zu prüfen.

Allerdings schreibt der Erlass nicht vor, dass der Einsatz von BIM bei sämtlichen öffentlich finanzierten Hochbauten jetzt verpflichtend ist. Im Sinne einer größtmöglichen Förderung von BIM wäre dies - vergleichbar dem Vorgehen in einigen ausländischen Jurisdiktionen - begrüßenswert.

Der Runderlass hat trotzdem eine erhebliche Bedeutung. Er statuiert verpflichtend für die Bauverwaltungen ein Erörterungs- und Prüfsystem zum Einsatz von BIM. Diese Pflichten greifen bereits ab einem Auftragswert von fünf Millionen Euro ein und nehmen sämtliche Phasen des Bauwerks für die Frage der BIM-Eignung in den Blick. Das gilt gerade - und das ist besonders wichtig - für die Betriebsphase, für die bislang kaum Erfahrungswerte mit BIM vorliegen. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Prüfung der "BIM-Geeignetheit" in den Prüfvermerken und Haushaltsunterlagen der Bauverwaltungen festgehalten. Wenn sich die positiven Effekte von BIM einstellen werden und dokumentiert sind, steigt der Rechtfertigungsaufwand für die öffentliche Hand, in vergleichbaren Projekten nicht auf BIM zu setzen. Insgesamt könnte die Pflicht zur Auseinandersetzung mit der BIM-Methodik eine Eigendynamik entwickeln, sodass immer mehr Projekte mit BIM realisiert werden.

Konsequenterweise werden sich nicht nur die Baubehörden, sondern der gesamte Planungs- und Baumarkt mit BIM auseinandersetzen müssen. Damit rückt auch die Frage der rechtssicheren Umsetzung von BIM für die Beteiligten ins Zentrum. BIM erfordert eine deutlich gesteigerte Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten, kann eine frühere Einbindung der Baubeteiligten begünstigen und führt zu Leistungsverschiebungen im Planungsprozess. Die besonderen Anforderungen des BIM-Workflows müssen nicht nur vertraglich hinreichend abgebildet werden, vielmehr muss auch die Honorierung eindeutig geklärt werden. Es zeigt sich zudem, dass neben haftungsrechtlichen Aspekten vor allem urheberrechtliche Fragen, die Zuweisung von Nutzungs- und Datenhoheitsrechten sowie den Datenschutz in bisher nicht bekannter Weise. Die Konzentration auf diese Punkte bei der Vertragsgestaltung wird sich stark erhöhen.

Das BMUB setzt also nicht auf eine unmittelbare verpflichtende Vorgabe, sondern geht einen vorsichtigeren Weg, indem es den Baubehörden (zunächst) nur einen BIM-Prüfauftrag überträgt. Diese Methode der behutsamen Einführung des digitalen Planens und Bauens dürfte auch deswegen sinnvoll sein, weil auf diesem Wege der zum Teil mittelständisch geprägte Planungs- und Bauwirtschaft die schrittweise Umstellung auf BIM im Hochbau erleichtert wird. Ungeachtet dessen ist damit zu rechnen, dass Ausschreibungen und Bauvorhaben mit BIM - nicht nur der öffentlichen Hand - zukünftig zunehmen werden.

Dr. Nicolai Ritter, Rechtsanwalt und Partner bei CMS Berlin

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