"Imperator" Draghi stiehlt Asterix die Show

Realkredite: Konditionen Ende Oktober 2015 Quelle: Dr. Klein & Co. AG

Es war das perfekte Timing. Die Geld- und Anleihehändler der Banken waren am Morgen des 22. Oktober zur gespannten Untätigkeit verdammt. Jeder wartete auf Nachrichten aus Malta, dort konferierten und diskutierten die europäischen Notenbankchefs unter ihrem Häuptling Mario Draghi, ob weitere Zins impulse nötig sind oder nicht. Diese Situation nutzten clevere Franzosen aus und brachten just an diesem Tag das neue Asterix-Heft unters Volk.

An den Kiosken in Bankennähe in Frankfurt, Düsseldorf und München ging das neue Heft weg wie warme Semmeln. Für ein paar Stunden galt die Aufmerksamkeit der Geld- und Bondleute nicht dem Italiener Mario Draghi, sondern dem gallischen Häuptling Majestix und seinem Helden Asterix. Sogar mittelschnelle Leser waren mit dem Heft schon fertig, als endlich die Nachrichten aus Malta eintrafen. Dann war klar: Draghi hat Asterix die Show gestohlen!

Denn auch wenn konkrete Aktionen noch ausblieben, so machte der EZB-Chef doch ziemlich unmissverständlich klar, dass mit weiteren Zinsimpulsen zu rechnen ist. Am 3. Dezember dieses Jahren will sich die Notenbank konkreter äußern. Zu erwarten ist eine Erweiterung und Verlängerung des Anleihekaufprogramms. Denkbar ist sogar ein Schrauben an den Zinsen, so wird sogar eine Veränderung des Einlagensatzes (derzeit minus 0,2 Prozent) diskutiert. Gerade dieser Punkt hat für den Immobilienmarkt direkte Bedeutung. Banken mit einem überbrodelnden Liquiditätsüberschuss leihen ihr Geld lieber zu niedrigen Zinsen aus, als das Geld bei der Europäischen Zentralbank zu deponieren und dafür "Strafzinsen" zu zahlen.

Draghi & Co. haben sich so stark positioniert, dass ein Beibehalten des Status quo wohl auszuschließen ist. Auch argumentativ dürfte eine weitere Lockerung der Geldpolitik (Stichwort Quantitative Easing 2 oder kurz QE2) nicht allzu schwerfallen. Denn einer verbesserten Kreditvergabe in der Eurozone und dem weiter relativ positiven Konjunkturbild stehen weiterhin Risiken gegenüber. Dazu gehören die Inflationserwartungen, die wieder gesunken sind. Und auch die Risiken aus der Schwäche der Emerging Markets und deren mögliche Auswirkungen auf die weitere Konjunkturentwicklung bereiten den Notenbankern Sorgen. Das könnte weitere Maßnahmen rechtfertigen.

Bei allem bleibt aber die große Frage, ob eine zusätzliche Flutung des Marktes mit Liquidität wirklich die erwarteten Auswirkungen bringen kann. Die Inflationserwartungen sind erheblich von den niedrigen Ölpreisen geprägt, daran kann auch eine Notenbank nichts ändern. Und wesentliche Impulse auf die Kreditvergabe sind bislang trotz leichter Anstiege ebenfalls ausgeblieben. Egal scheint Draghi auch, welche Kollateralschäden die Liquiditätsschwemme mit sich bringt. Dazu gehören vorrangig die riesige Blase an den Rentenmärkten sowie die sehr stark gestiegenen Preise an den Aktien- und Immobilienmärkten. Dazu gehört aber auch, dass einige Marktsegmente immer illiquider werden und sich Investoren aus diesen Feldern zurückgezogen haben. Darüber hat auch die EZB selber am 16. Oktober berichtet, als sie die Stimmung im Markt für wertpapierbesicherte Finanzierungen und OTC-Derivate aufzeigte. Das klingt nicht gut. Dafür hat die EZB natürlich nicht die Allein-, aber mindestens eine Mitverantwortung. Wie auch immer, die Aktien- und Rentenmärkte haussierten nach den Nachrichten aus Malta. Der Leitindex Dax stieg innerhalb von zwei Handelstagen über die Marke von 10 800 Punkten und die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ging in diesem Zeitraum um neun Basispunkte auf 0,51 Prozent zurück. Das Umfeld bleibt folglich für private und institutionelle "Häuslebauer" attraktiv. Dieser Meinung ist zum Beispiel Michiel Goris, der Vorstandsvorsitzende der Interhyp. Er verkündete, dass Immobilienkäufer vorerst keine stark steigenden Zinsen für ihre Kredite fürchten müssen. Die Konditionen befinden sich über alle Laufzeiten hinweg nahe dem Allzeittief. Mit höheren Konditionen müssen Kreditnehmer vor allem dann rechnen, wenn die EZB-Maßnahmen deutlich und dauerhaft Wirkung zeigen. Auch eine Änderung der Zinspolitik in den USA könnte mittelfristig eine Zinswende anzeigen, so die Interhyp. Es ist nicht schwer, dieser Meinung zuzustimmen. ber

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