FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

CORONA-ZWISCHENBILANZ: FACILITY MANAGER PROFITIEREN VON SYSTEMRELEVANZ UND STELLEN SICH AUF "NEW NORMAL" EIN

Thomas Ball, Foto: Lünendonk & Hossenfelder

Wohl kaum ein externer Impuls hat die globale und deutsche Wirtschaft so durcheinandergewirbelt wie die Corona-Krise. Nach mehr als einem halben Jahr ist es Zeit, eine erste vorsichtige Bilanz zu ziehen. Das kurze Ergebnis lautet: Für den deutschen Facility-Service-Markt ist die Krise bisher weitgehend glimpflich verlaufen. Das gilt jedoch nicht für alle Anbieter und alle Segmente in diesem heterogenen Markt. Mindestens von genau so großer Bedeutung ist allerdings die Frage nach dem, was die Zukunft bringt. Beide Fragen sind Gegenstand der Marktdebatte. Dazu trägt dieser Artikel bei. Red.

Worauf stützt Lünendonk die nachfolgenden Einschätzungen? In den mehr als sieben Monaten, die seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland vergangen sind, haben sich die Auswirkungen für den Facility-Service-Markt in Deutschland hin reichend belastbar gezeigt. Das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder, das seit 2004 kontinuierlich den Markt beobachtet, hat im März und September 2020 mit Blitzumfragen die Stimmung der Unternehmen abgefragt. In der Zwischenzeit fand zudem ein kontinuierlicher Austausch mit führenden und mittelständischen Anbietern, Immobilienbetreibern und auch zahlreichen Marktbeobachtern statt.

Hohe Resilienz

Lünendonk berechnet seit 2010 das Volumen des deutschen Facility-Service-Markts. Der kumulierte Umsatz von inzwischen 55,4 Milliarden Euro (2019) steigt von Jahr zu Jahr zwischen 1,5 und 2,0 Prozent an. Auch die durchschnittliche Umsatzentwicklung der beobachteten Unternehmen liegt für alle Jahre seit Beginn der Analyse im Jahr 2004 oberhalb von 3,0 Prozent. In die vergangenen 16 Jahre fallen Zeiten schwacher Konjunktur und hoher Arbeitslosigkeit, die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und die Euro-Krise 2012/2013.

Der Facility-Service-Markt zeigte sich in allen Jahren robust. Allenfalls in den Jahren, die den Krisen nachfolgten, machte sich der größere Fokus der Kunden auf Einsparungen und Leistungskürzungen durch ein abgeschwächtes Wachstum geringfügig bemerkbar. Andere Märkte, wie etwa die Zeitarbeit, verloren in der Finanz- und Wirtschaftskrise kurzfristig rund 40 Prozent des Marktvolumens. Die Gründe für die hohe Stabilität des Facility-Service-Markts liegen sowohl in den mehrjährig laufenden Verträgen und dem Outsourcing in Zeiten des Kostendrucks, als auch in der grundlegenden Funktion von Gebäudetechnik, Unterhaltsreinigung und beispielsweise Sicherheitsdienstleistungen für den Betrieb von Gewerbeimmobilien.

Zwischenbilanz 2020: ein geteiltes Bild

Die von Lünendonk im September 2020 befragten führenden Unternehmen zeigen sich in Summe optimistisch, dass auch das Jahr 2020 ein weiteres Wachstum bringt. 55 Prozent erwarten eine Umsatzsteigerung, 36 Prozent erwarten einen Rückgang und 9 Prozent trauen sich noch keine Angaben zu. Besonders betroffen sind Dienstleister, die Catering und Reinigungsdienstleistungen anbieten und für privatwirtschaftliche Unternehmen in Flughäfen, Veranstaltungsgebäuden sowie nicht systemrelevanten Produktionsbetrieben tätig sind.

Erwartete Umsatzentwicklung ausgewählter B2B-Dienstleister 2020 (in Prozent) Quelle: Lünendonk®-Blitzumfrage 2020: Corona, Stand: Oktober 2020

Unternehmen, deren Leistungsschwerpunkt in der Gebäudetechnik und der kaufmännischen Verwaltung liegt und deren Kunden aus systemrelevanten Produktionsbetrieben, dem Einzelhandel (insbesondere Lebensmittel) oder dem Gesundheitswesen bestehen, erwarten kaum Einbußen. Gedanklich am besten erfassen lässt sich die Nachfragelage auf einer Matrix. Systemrelevante Unternehmen haben mehr Reinigungsleistungen für Büroräume nachgefragt, um einen sicheren Betrieb zu ermöglichen. Andere Unternehmen haben ihre Büromitarbeiter ins Homeoffice wechseln lassen und mit ihren Dienstleistern Kulanz vereinbart. Jedoch muss beispielsweise die Gebäudetechnik in Messehallen auch bei Nichtbenutzung geprüft und gewartet werden.

Kein Spielraum für geringere Preise

Für das eigene Ergebnis erwarten die Dienstleister daher mit einer leichten Mehrheit eine zusätzliche Belastung. Kulanz zugunsten des Kunden bleibt nicht folgenlos für die wirtschaftliche Situation. Angesichts von üblichen Umsatzrenditen zwischen 2 und 4 Prozent EBIT im Markt vor Corona ist klar: Spielraum für dauerhaft geringere Preise besteht nicht.

Für die Beschäftigten in den Facility Services bedeutet das: ihre Jobs sind nicht nur sicher, sondern in Krisenzeiten besonders gefragt. Was die Branche schon seit langem weiß, wurde im März schlagartig auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Angesichts des großen Personalmangels verschärft sich damit ein seit Längerem bestehendes Problem, das mittelfristig nur zwei Konsequenzen zulässt: Höhere Preise und damit mehr Wertschätzung für die Servicemitarbeiter oder weniger Leistungsfähigkeit des Marktes.

Was bringt 2021? Die kurze Antwort lautet "niemand weiß es". Und diese Antwort ist in ihrer Absolutheit so richtig, wie sie auch künftig immer richtig sein muss. Dennoch sind auch in Zeiten größerer Unsicherheiten bestimmte Entwicklungen wahrscheinlicher als andere. Die Teilnehmer der Blitzumfrage zeigen sich optimistisch: 73 Prozent der Serviceanbieter erwarten auch für 2021 ein Wachstum. Im Vergleich der von Lünendonk beobachteten Business-to-Business-Service-Märkte ist das der zweitbeste Wert; nur die Managementberatungsunternehmen zeigen sich noch optimistischer.

Zu den weiterhin gültigen Trends des Personalmangels, der Digitalisierung und vor allem des nachhaltigen Immobilienbetriebs kommen Corona-bedingt weitere hinzu. Die große Mehrheit der Marktbeobachter geht davon aus, dass der Bedarf an Büroflächen gegenüber den Ante-Corona-Erwartungen deutlich zurückgeht. Homeoffice ist das meistgenannte Stichwort für das New Normal in Post-Corona-Zeiten.

Homeoffice bringt gegenläufige Effekte mit sich

Was bedeutet das für das Facility Management? Wenn immer mehr Mitarbeiter von zuhause oder mobil arbeiten, dann werden weniger feste Büroarbeitsplätze benötigt. Wenn der Arbeitsmittelpunkt weniger im Büro ist, dann wird sich Desk Sharing viel weiter verbreiten und insgesamt weniger Arbeitsplätze werden benötigt. Hierauf werden sich die Betreiber einstellen und gemietete Flächen kündigen. Das wird zu weniger Bedarf bei den Serviceunternehmen führen und damit in weniger Umsatz münden.

Auf der anderen Seite werden voraussichtlich bis mindestens Ende 2021 Infektionsschutzmaßnahmen erhalten bleiben - und das erfordert Leistungen von den Service-Unternehmen. Auf absehbare Zeit werden Immobilienbetreiber auch nach dem Ende der Pandemie nicht guten Gewissens auf hohe Hygienestandards verzichten können.

Zukunftsthema "Workplace as a Service"

Das Facility Management wird auch bei dauerhaft hohem Arbeitsanteil außerhalb der Unternehmensräumlichkeiten auf Auslastungsschwankungen reagieren müssen. Hierfür bieten sich flexibel buchbare Arbeitsplätze in der Nähe des Unternehmensstandorts an - Coworking für etablierte Unternehmen.

Hierin liegt eine Chance für Facility-Service-Unternehmen, die als Profis für Immobilienbewirtschaftung höhere Effizienzpotenziale heben können als die klassischen Workspace-Anbieter. Denn: Wenn kein Facility-Service-Vertrag besteht, sondern die Unternehmen für sich selbst tätig sind, dann können sie ergebnisorientiert arbeiten.

Die Dienstleister stellen seit langem die Vorteile dieses Modells in den Raum, die Mehrheit der Kunden ist jedoch bisher bei intervallbasierten Kontrakten auf Basis von Leistungsverzeichnissen geblieben. Mehr Flexibilität in der Flächennutzung bedeutet, dass ein Rundum-sorglos-Paket bereitgehalten werden kann und wahrscheinlich stärker nachgefragt werden wird: Fläche, Facility Services, WLAN-Infrastruktur inklusive Service und vieles mehr. Lünendonk hat dieses Potenzial in einem im September veröffentlichten Whitepaper "Workplace as a Service" ausgearbeitet, das unter www.luenendonk.de kostenlos zum Download bereit steht.

Das New Normal mit seinem Mix aus Präsenz- und Unterwegs- beziehungsweise Homearbeit stellt das Facility Management und damit den Immobilienbetreiber vor weitere Herausforderungen. Die klassische Präsenzarbeit erfordert eine andere Führungskultur als das Führen von Teams, die selten am gleichen Ort sind. Die für die veränderte Kultur benötigten Prozesse und Ausstattungen der Facilities müssen erarbeitet, eingeführt und bewirtschaftet werden.

Zahlreiche neue Herausforderungen

Hierauf haben sich sowohl Managementals auch Immobilienberater eingestellt und erste Praxiserfahrungen gesammelt. Die zahlreichen Herausforderungen durch das New Normal hat Lünendonk in einem Themendossier "Facility Management für das New Normal" zusammengestellt, das ebenfalls unter www.luenendonk.de zum kostenfreien Download bereit steht.

Die für das Dossier befragten Facility Manager haben mehrheitlich angegeben, dass Dienstleister gerade bei der operativen Umsetzung eines hygienischen Immobilienbetriebs einen wesentlichen Anteil haben.

Beispiele dafür sind Contact-Tracing-Lösungen im Büro oder die effiziente Umsetzung der Kontaktdatenspeicherung in der Betriebsgastronomie. Standardlösungen der Dienstleister können dabei helfen, Tische vom Arbeitsplatz aus zu reservieren, um Warteschlangen zu vermeiden. Für manche Anforderungen und Lösungen bieten sich eher breit aufgestellte Multidienstleister an, für andere eher Spezialisten.

Auf der Suche nach umweltschonenden Hygienelösungen

Eine andere Herausforderung des New Normal ist der gleichzeitig erhöhte Hygienebedarf und der Wunsch der Unternehmen, möglichst umwelt- und klimafreundlich zu agieren. Aus diesem Grund suchen viele Facility Manager nach Lösungen, um etwa Speisen zu verpacken, ohne viel Plastikmüll zu erzeugen oder ein hygienisches Händewaschen zu ermöglichen, ohne gleichzeitig große Müllmengen an Papierhandtüchern zu erzeugen.

Das Corona-Virus hat das Facility Management und die Facility-Service-Branche durcheinander gewirbelt. Sowohl die Umsatzzahlen der Unternehmen als auch die Prognosen für das kommende Jahr zeigen jedoch, dass die Branche ihre Systemrelevanz eindrücklich unter Beweis gestellt hat.

Mit Ausnahmen haben die Unternehmen im Markt das Jahr bisher vergleichsweise gut überstanden. Ohne Facility Services ist ein Immobilienbetrieb in Pandemiezeiten nicht denkbar. Aber auch für die zu erwartenden wesentlichen Veränderungen im New Normal im Vergleich zum Old Normal haben Facility-Service-Unternehmen in kürzester Zeit pragmatische Lösungen entwickelt.

DER AUTOR THOMAS BALL Partner, Lünendonk & Hossenfelder GmbH, Mindelheim
Thomas Ball , Partner , Lünendonk & Hossenfelder GmbH, Mindelheim

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