Immobilienfinanzierung

Energetische Förderung: zu viele Anbieter, zu wenig Nachfrage

Abbildung 1: Subvention, Beratung und Rechtsrahmen Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft e.V., Köln

Um die Energiewende im Gebäudesektor voranzubringen, existieren seit einigen Jahren eine Reihe von Förderprogrammen verschiedener Anbieter. Auch viele Länder, Kommunen und Energieversorger bieten eigene Programme an, die sich teilweise miteinander kombinieren lassen. Für den sanierungswilligen Eigentümer ergibt sich daraus ein Dschungel an Fördermöglichkeiten, die jedoch durch die Vielzahl, Komplexität und Auflagen oft ungenutzt bleiben. Die Energiewende im Gebäudebereich gerät dadurch nach Ansicht der Autoren ins Stocken. Die nationalen Klima- und Energieeinsparziele würden immer schwieriger erreichbar. Bereits jetzt seien die Ziele für 2020 außer Reichweite. Es bestehe daher dringender Handlungsbedarf, um die Förderlandschaft für die Nutzer attraktiver zu gestalten, sodass die bereitgestellten Mittel auch den Weg in den Markt fänden. Red.

Spätestens mit dem Beginn des im Jahr 2006 gestarteten CO2-Gebäudesanierungsprogramms der bundeseigenen Förderbank KfW, begann das Förderzeitalter der energetischen Gebäudesanierung. Seither hat sich viel verändert. Nicht nur die Zinsen liegen mittlerweile historisch niedrig, sondern auch die Politik versucht sich mit wechselndem Erfolg daran, die Gebäudeeigentümer zur Durchführung von Effizienzmaßnahmen zu ermutigen. Im Jahr 2010 wurden im Energiekonzept der Bundesregierung ambitionierte Ziele für den Gebäudesektor ausgerufen. So sollen bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2008 insgesamt 20 Prozent an Heizenergie eingespart werden und bis zum Jahr 2050 ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand erreicht werden. In den Jahren 2014 und 2015 wurden im Rahmen des "Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz (NAPE)" und der "Energieeffizienzstrategie Gebäude" eine ganze Reihe an Aktionen und Instrumenten benannt, um die Energiewende auch im Gebäudesektor voranzubringen. Neben den stetig steigenden ordnungsrechtlichen Anforderungen an den Neubau und der Sanierungen über die Energieeinsparverordnung (EnEV) setzt Deutschland vor allem auf die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen. Wie Abbildung 1 zeigt, ist dies Teil einer Gesamtstrategie aus mehreren Politikmaßnahmen, wie zum Beispiel die verbindliche Einführung von Energieausweisen im Jahr 2015 oder die staatlich geförderte Vor-Ort-Beratung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Wer in Deutschland eine Förderung für energetische Gebäudesanierung erhalten will, muss sich zumeist mit zwei Einrichtungen auseinandersetzen: der KfW und dem BAFA. Dabei fokussiert die KfW-Förderung hauptsächlich auf Wärmedämmmaßnahmen und die BAFA-Förderung auf Anlagentechnik und die Umstellung auf erneuerbare Energien. Für beide Förderlinien hält der Bund bis zum Jahr 2020 jährlich zwei Milliarden (KfW) beziehungsweise 300 Millionen Euro (BAFA) an Haushaltsmitteln bereit. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Fördermöglichkeiten. Insgesamt 6 000 aktuelle Förderprogramme von Städten, Gemeinden, Landkreisen, Energieversorgern und Bundesländern listet die Servicedatenbank foederdata.de. Diese Programme ergänzen sich teilweise, meistens schließt sich eine Kombination der Programme aber aus. Um sich hier zurechtzufinden, unterstützen sogenannte Gebäude-Energieberater, deren Beratungsleistungen wiederum zum Teil gefördert werden. Hier kann ein Gebäudeeigentümer beispielsweise beim BAFA seit März 2015 insgesamt 60 Prozent der Bruttoberatungskosten (bis maximal 800 Euro für Ein- und Zweifamilienhäuser und maximal 1100 Euro für Mehrfamilienhäuser) bezuschusst bekommen.

Komplexe Förderprogramme der KfW

Die größten und bekanntesten Förderprogramme bietet die KfW an. Die Programme wurden in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt, sind jedoch auch heute noch immer äußerst komplex. So gliedert sich die KfW-Förderung in zahlreiche Einzel- und Ergänzungsprogramme auf. Unterschieden wird zunächst einmal nach einer Förderung für Bestandssanierungen und Neubaumaßnahmen im Wohngebäude- und Nichtwohngebäudebereich. Gefördert werden die energetisch bedingten Investitionskosten einschließlich der dafür notwendigen Begleitungskosten. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld schaffen hauptsächlich die Zuschüsse Anreize zur energetischen Sanierung. Bei den Kreditprogrammen sind das die sogenannten Tilgungszuschüsse, durch die sich die Rückzahlungsbeträge der gewährten Darlehen reduziert. Bei den Zuschussprogrammen die sogenannten Investitionszuschüsse.

Zum Beispiel: Über die beiden zentralen Förderprogramme 151 (Effizienzhaus) und 152 (Einzelmaßnahmen) wird für eine energetische Gebäudesanierung ein langfristig zinsgünstiger Kredit in Höhe von bis zu 100 000 Euro pro Wohneinheit mit langfristiger Zinsbindung bis zu zehn Jahren gewährt. Der Effektivzins liegt aktuell auf einem sehr niedrigen Niveau von 0,75 Prozent. Die hier gewährten Tilgungszuschüsse betragen derzeit bis zu 27,5 Prozent und maximal 27 500 Euro. Die jeweilige Höhe variiert dabei je nach KfW-Förderstandard. Hier gilt: je effizienter das Gebäude, desto höher die Zuschüsse. Privatpersonen, die keinen Kredit aufnehmen wollen, können alternativ einen Investitionszuschuss über das Programm 430 beantragen. Weitere ergänzende Förderprogramme existieren auch für die Modernisierung von Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie für eine professionelle Baubegleitung.

Die Förderangebote der KfW und des BAFA lassen sich teilweise miteinander kombinieren. So ist es beispielsweise möglich, Fördermittel für eine nachhaltige Heizungstechnik wie Solarthermie, Biomasse oder Wärmepumpen über das Marktanreizprogramm des BAFA zu erhalten und gleichzeitig Mittel für den Austausch von Fenstern und Dämmung über KfW-Programme in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus werden über das seit dem Jahr 2015 bestehende Anreizprogramm Energieeffizienz (APEE) auch weitere Investitionszuschüsse der BAFA und erhöhte Darlehens- und Tilgungszuschüsse der KfW aufbauend zum Marktanreizprogramm zur Verfügung gestellt. Die Kombinationsmöglichkeiten und erhöhten Fördermittel sind grundsätzlich sehr erfreulich, sorgen aber auch dafür, dass das System wieder ein wenig komplexer wird. Zudem ist die Abgrenzung der beiden Anbieter nicht sauber thematisch getrennt, da zum Beispiel beide erneuerbare Energien fördern: das BAFA über Zuschüsse und die KfW aus einer Kombination von Darlehen und Zuschüssen.

Anbieter und Programme nicht klar abgegrenzt

Auch die Antragstellung läuft nicht einheitlich, so dass sich Interessierte häufig nur schwer zurrechtfinden können. So wird beispielsweise der Antrag auf ein KfW-Kredit (Programme 151/152) bei dem kreditausreichenden Finanzierungsinstitut eingereicht. Hingegen erfolgt ein Antrag auf einen KfW-Zuschuss (Programm 430) direkt bei der KfW über einen Sachverständigen. Beide Programme können nicht parallel genutzt werden, sodass eine Auswahl von den potenziellen Sanierern getroffen werden muss, die aufgrund der unterschiedlichen Ansprechpartner erschwert wird.

Ein weiterer Faktor bei der Auswahl der richtigen Förderung, kommt durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) zum Tragen. Diese schreibt in einer periodischen Novellierung immer wieder neue Werte für Neubau, Gesamtenergieeffizienz und für Gebäudetechnik, wie beispielsweise Heizanlagen, vor. Parallel dazu werden die Förderprogramme angepasst. So wurde erst jüngst das KfW 70-Haus aus dem Förderkatalog für Neubauten (Wohngebäude) gestrichen und dafür die Fördersumme für ein KfW 55-Haus verdoppelt. Für den Eigentümer bedeutet das, nicht nur aktuelle Förderprogramme im Auge zu behalten, sondern auch zukünftige gesetzliche Standards und mögliche Förderanpassungen zu beobachten, um letztendlich den richtigen Zeitpunkt und das richtige Programm zu wählen.

Hier wäre eine Energieberatung sinnvoll, die neben der Erfassung des Gebäudezustandes unter Berücksichtigung der persönlichen Ansprüche des Eigentümers das passende Programm auswählt. Doch auch hier gibt es ein Problem: Der Energieberater, welcher beispielsweise aus einer Expertenliste der Deutschen Energieagentur (dena) ausgewählt werden kann, schätzt aus seiner fachlichen Perspektive Zustand und Entwicklungsmöglichkeiten in der Regel besser ein als der Eigentümer selbst. Das daraus resultierende asymmetrische Informationsproblem führt in der Konsequenz bei vielen Menschen zu einem Misstrauenseffekt. Der oft bekannte Handwerker, welcher seinerseits ebenfalls eine - nicht qualifizierte und standardisierte - Energieberatung zur Kunden- und Auftragsakquise anbietet, wird daher häufig mit größerem Vertrauen vorgezogen und die Fördermöglichkeit einer Vor-Ort-Beratung des BAFA ausgelassen. Ein weiterer Grund ergibt sich durch die Zahlungsbereitschaft der Eigentümer. Nur in wenigen Fällen reicht das Fördervolumen aus, um eine qualitative und hochwertige Beratung durchzuführen und den vollen Fördersatz zu erhalten.

Förderung überwiegend für Vollsanierung

Die meisten Eigentümer sind jedoch kaum bereit für eine Energieberatung zu bezahlen, weshalb auch hier eine Vor-Ort-Beratung nicht in Anspruch genommen wird. Die Zahl der Vor-Ort-Beratung nahm in den letzten Jahren kontinuierlich ab. Im Jahr 2014 und 2015 wurden lediglich rund 7 000 Vor-Ort-Beratungen gezählt. Bei einer zu sanierenden Anzahl von mehreren Millionen Wohngebäuden fällt die Menge der Energieberatungen also weit hinter den Erwartungen zurück.

Hinzu kommt, dass die bisherigen Förderprogramme und Beratungsleistungen überwiegend auf Vollsanierung ausgelegt sind. Zwar bietet eine Komplettsanierung kostentechnisch einen Vorteil, da Synergieeffekte zwischen verschiedenen Maßnahmen genutzt werden können, nachgefragt werden aufgrund der finanziell höheren Belastung aber zumeist Teilsanierungen. Hemmnisse stellen dabei vor allem fehlendes Kapital, nicht gewährte Kredite sowie steuerliche Aspekte und Abschreibungsvorschriften dar, wodurch Vollsanierungen unrentabel oder nicht finanzierbar werden.

Konsequenz: kein Vertrauen, wenig Anträge

Einer qualifizierten Gebäudeenergieberatung kommt daher die Aufgabe zu, die Bausubstanz zu analysieren und ein bauphysikalisches und auch wirtschaftlich sinnvolles Sanierungskonzept zu erarbeiten. Ein solches Konzept muss zudem auf die finanziellen Möglichkeiten und die Lebensumstände des Eigentümers abgestimmt werden.

Die unübersichtliche Struktur an Förderprogrammen, die verschiedenen Anbieter für Fördermittel und Energieberatungen, kontinuierliche Anpassungen und die unklare Amortisation, sorgen in der Folge dafür, dass energetische Maßnahmen überhaupt nicht durchgeführt, oder die dafür möglichen Fördermittel nicht in Anspruch genommen werden. Seit 2010 errechnet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) den Anteil energetischer Sanierung im Bestand anhand des Bauvolumens, welches die gesamte inländische Bauleistung einschließlich der Instandhaltungsmaßnahmen beziffert.

Es ist gut erkennbar, dass in den letzten zehn Jahren die Bestandsmaßnahmen stetig angestiegen sind und 2015 den Höchststand erreichten. Auffällig ist dabei jedoch, dass der Anteil energetischer Sanierung (schwarze Säule in Abbildung 3) kontinuierlich geringer wurde und 2014 nur noch 34,8 Milliarden Euro und damit nur noch zirka 27 Prozent der gesamten Bauleistung im Wohnungsbestand betrug. 2010 entsprach der Anteil noch 40,9 Milliarden Euro und über 34 Prozent des Volumens insgesamt. Der Rückgang resultiert aus verschiedenen Ursachen. Zum einen wurde schrittweise die Fotovoltaikförderung zurück genommen, zum anderen hat sich die Motivlage der Eigentümer verändert. So gab die Mehrheit der Modernisierer innerhalb einer aktuellen Befragung an, vorwiegend zur Reparatur-, Schadenbeseitigung oder zur Wohnkomforterhöhung zu sanieren, jedoch nicht aus energetischen Gründen.

Die Politik tut sich immer noch sehr schwer bei der Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzeptes mit ausreichenden und aufeinander abgestimmten Politikmaßnahmen. So bestehen bei der Planung, Finanzierung und Durchführung energetischer Gebäudemodernisierungen heute eine Vielzahl kleiner und großer Hemmnisse, die Eigentümer und Investoren davon abhalten, energetische Modernisierungen durchzuführen. Die zentralen Hemmnisse sind die hohe Komplexität und die geringe Wirtschaftlichkeit umfassender energetischer Modernisierungen und die großen Unsicherheiten der Gebäudeeigentümer. Die Politik ist gefordert, diese Hemmnisse abzubauen und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die Politik tut sich schwer

Zentraler Baustein ist hierbei eine einfachere und langfristig angelegte Förderpolitik. Ähnliche Programme, auch zwischen Bundes- und Länderebene, sollten zusammengefasst und von einer zentralen Anlaufstelle koordiniert werden. Um den Gebäudeeigentümern ein größeres Maß an Investitionssicherheit zu gewähren, wäre es wichtig, dass ein hinreichend großes Fördervolumen mit den regulären Haushaltsmitteln für einen langen Zeitraum garantiert wird.

Auch die Beratung sollte in Hinsicht auf Ausbildung und Qualität standardisiert werden, um mehr Vertrauen zu erzeugen. Für die Eigentümer verspricht ein einfacheres System mehr Unterstützung in energetischen Sanierungs- oder Neubauvorhaben, für die Bundesregierung resultiert daraus, auch weiterhin an den (langfristigen) Zielen festhalten zu können.

Die Autoren

Dr. Ralph Henger Senior Economist, Institut der deutschen Wirtschaft e.V., KölnMarcel Hude Researcher, Institut der deutschen Wirtschaft e.V., Köln

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