Kapitalanlage

Fit für Solvency II

Abbildung 1: Solvency II - Übersicht Drei-Säulen-Modell Quelle: Sprengnetter Immobilienmarktmonitoring S-IM

Solvency II verlangt von Versicherungsunternehmen eine risiko- beziehungsweise marktwertorientierte Bewertung ihrer Kapitalanlagen und Leistungsverpflichtungen. Dies betrifft auch die Immobilienfinanzierung, deren Wert und Qualität maßgeblich durch die Objektsicherheiten bestimmt wird. Der Autor beschreibt in seinem Beitrag welche Veränderungen Solvency II gebracht hat und wie sich die Ergo Gruppe darauf eingestellt und warum sie sich für ein bestimmtes Bewertungstool entschieden hat. Für die adäquate Bewertung kommt bei der Ergo Versicherungsgruppe eine Sicherheitendatenbank zum Einsatz, welche die Wertentwicklung der finanzierten Immobilien mit Hilfe des Sprengnetter Immobilienmonitorings marktgerecht abbildet. Red.

Am 1. Januar 2016 ist Solvency II in Kraft getreten. Damit ändert sich für die Versicherungswelt Grundlegendes: So verschärft die EU-Reform des Versicherungsrechts insbesondere die Solvabilitätsvorschriften für die Eigenmittelausstattung der Unternehmen. Säule eins setzt dabei die quantitativen Kapitalanforderungen in Abhängigkeit zur jeweiligen Risikoexponierung. Säule zwei formuliert die Anforderungen an die Unternehmensführung und an ein funktionsfähiges Risikomanagement und Kontrollsystem. Säule drei sorgt einhergehend für die geforderte Transparenz durch eine umfassende Berichterstattung (siehe Abbildung 1).

Diese neuen Regelungen sind nunmehr auch auf die Kapitalanlagen und damit die Immobilienfinanzierungen anzuwenden. Immobilienfinanzierungen sind ein fester Bestandteil der Vermögensstrategie von Versicherungsunternehmen. Der Anteil von rund 5 Prozent der Kapitalanlagen bei den deutschen Lebensversicherungen klingt zunächst moderat, dahinter verbirgt sich aber ein Volumen von fast 50 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich vornehmlich um eigengenutzte und einzeln vermietete Wohngebäude in Deutschland, das heißt den klassischen Markt für Baufinanzierungen.

Bevorzugte Behandlung von privaten Baufinanzierungen

Die EU-Kommission hat in der Delegierten Rechtsakte vom 17. Januar 2015 (DRA) wesentliche Regelungen bezüglich der Immobilienfinanzierungen getroffen: So werden mit Grundpfandrechten besicherte Privatdarlehen bei der Unterlegung mit Risikokapital privilegiert behandelt. Dafür müssen sie verschiedene Anforderungen des Artikel 191 erfüllen, dürfen unter anderem nicht mehr als eine Million Euro betragen, müssen an natürliche Personen oder kleine Unternehmen für Eigenheime vergeben werden und das Grundpfandrecht muss eingetragen und vollstreckbar sein. Die Kriterien dürften für den Großteil an Eigenheimfinanzierungen in Deutschland erfüllt sein.

Auf Ebene der Darlehensgeber wird einhergehend verlangt, dass deren Portfolio ein hinreichend großes Bestandskollektiv enthält, eine laufende Überwachung der Objektsicherheiten erfolgt und die Aufsichtsbehörde über die jährlichen Verluste informiert wird.

Verwendung geeigneter statistischer Methoden

Unter diesen Voraussetzungen drängt nunmehr die Zeit bei den Versicherungsunternehmen, vom Start weg entsprechende Instrumente zu implementieren. Da bereits ein funktionsfähiges Controlling besteht, sollte der Fokus auf zwei Anforderungen liegen:

1) Monitoring der Wertentwicklung der Immobilien mindestens alle drei Jahre (marktkonforme laufende Überwachung).

2) Ermittlung der Ausfallrisiken, um die Kapitalanforderungen zu berechnen (Solvency Capital Requirements).

Für die erste Anforderung bietet der Artikel 191 DRA eine pragmatische Lösung an. Zur Überwachung der Marktwerte der Immobilien können "statistische Verfahren genutzt werden". Dies stellt eine große Erleichterung dar, da es sich um eine Vielzahl an Immobilien handelt, deren Einwertung oftmals mehr als zehn Jahre zurückliegt. Hat der Wert der Immobilie seitdem zugenommen oder abgenommen und wie viel? Um dies zu ermitteln, benötigt man die Objektart (Eigentumswohnung, Einfamilienhaus oder Mehrfamilienhaus), die Lage und vor allem das Jahr der Objektbewertung als Basisjahr zur Fortschreibung. Den Faktor zur Berechnung muss dann ein Index leisten, der die regionalen Marktpreisentwicklungen je Objektart möglichst feingranular über einen langen Zeitraum von rund 30 Jahren abbildet.

Aufwendige Anbietersuche

Da die Ergo Versicherungsgruppe über einen solchen Index selbst nicht verfügte, wurde am Markt nach Lösungen gesucht. Zuvor war allerdings der Berichtsaufbau in dem internen Reporting-System der Ergo (auf Basis SAP-BW) entsprechend vorzubereiten und die Anforderungen waren zu definieren. Erst dann wurden in einem zeitintensiven Verfahren verschiedene Datenanbieter und Indizes geprüft. Auswahlkriterien waren dabei die langfristige Erfahrung in der Objektbewertung und Datenanalyse, die regionale Verankerung der Auswertungen sowie die empirische Datenbasis.

Neben der reinen Datenlieferung wurde auch ein Sparringspartner gesucht, der den konzeptionellen Ausbau bei Ergo begleitet. Nachdem die Ergebnisse in Workshops verfestigt wurden, ist Anfang 2014 die Entscheidung zugunsten der Sprengnetter Immobilienbewertung gefallen.

Das Sprengnetter Immobilienmarktmonitoring (kurz S-IM) wurde mittels statistischer, hedonischer Methoden für deutschlandweit 875 Auswertungsregionen entwickelt. Die hedonische Methode gewährleistet dabei, dass der Index um Qualitätsunterschiede bereinigt ist und die reinen Preiseffekte abgebildet werden (siehe Abbildung 2).

Immobilienmonitoring S-IM mit "hedonischer" Methode

Dabei fließen Marktdaten wie Bodenrichtwerte, Liegenschaftszinsen oder Mietindizes mit ein, die bei der Sprengnetter-Marktforschung auf mehr als 30 Jahren und etwa 2,25 Millionen Immobilien basieren. Abgebildet wird das Ergebnis in einer Risikolandkarte für Deutschland, einem Report über die Wertentwicklungen und einer PLZ-basierten Tabelle.

Diese jährlich zu erstellende Tabelle gibt die nach Jahren und Objektart kombinierten Marktpreisindizes wieder. Sie bildet die Basis für die Fortschreibungen der Verkehrswerte und "läuft jährlich über die Sicherheitendatenbank" der Ergo.

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Erstens können Risikoregionen in Deutschland identifiziert werden. Zweitens erhält jedes Bestandsobjekt einen aktuellen Marktwert als Basis für den Beleihungsauslauf ("loan to value"). Drittens kann somit der Bedeckungsgrad für die einzelnen Darlehen dokumentiert werden.

Entscheidender Baustein

Dies dient als Grundlage, um die quantitativen Kapitalanforderungen zu ermitteln. Gerade der dritte Aspekt, die quantitative Dimension, liefert einen messbaren Mehrwert im Sinne von eingesparten Kapitalkosten für das Unternehmen (siehe Abbildung 3).

Die Sicherheitendatenbank liefert einen kleinen, aber entscheidenden Baustein zur Abbildung von Immobilienfinanzierungen gemäß den künftigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Es macht einen Teil der Kapitalanlage der Versicherungen fit für Solvency II. Wichtig ist, dass im nächsten Schritt die aufsichtsrechtliche Abnahme des Konzeptes erfolgt - im Fall des S-IM gemeinsam durch den Nutzer und den Dienstleister.

Der Autor

Dr. Eckehard Schulz Bereichsleiter Immobilienfinanzierung, Ergo Versicherungsgruppe AG, Düsseldorf

Dr. Eckehard Schulz , Bereichsleiter Immobilienfinanzierung, ERGO Group AG, Düsseldorf

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X