FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

HERAUSFORDERUNGEN AN DIE BÜROBEWIRTSCHAFTUNG IN ZEITEN DES KLIMAWANDELS

Annegret Kirchner Quelle: HIH

Die Bullenhitze des Sommers 2018 dürfte vielen noch lebhaft in Erinnerung sein. Da solche Extremwetterszenarien in Zukunft aufgrund des voranschreitenden Klimawandels ein steter Begleiter bleiben dürften, sind nicht zuletzt die gebäudenahen Dienstleister auf der Suche nach tragfähigen Lösungen. Die Autorin erläutert im folgenden Beitrag, welche Maßnahmen das Büroleben in solchen Hitzeperioden erträglicher machen können. Die Palette an Vorschlägen reicht von intelligenten Kühlsystemen für die IT über Verschattungen bis hin zu Schutzmaßnahmen gegen starke Stürme. Grundsätzlich ist sie der Überzeugung, dass der Klimawandel die Property Manager in den kommenden Jahren stärker beschäftigen wird als in der Vergangenheit. Red.

Der Sommer war groß, heißt es zu Beginn von Rilkes Herbstlied - und die diesjährigen Wetterdaten bestätigen dies. Die Monate zwischen April und August 2018 waren die wärmsten und niederschlagsärmsten seit Beginn systematischer Messungen im Jahre 1881. Die Auswirkungen waren auch in den Büros zu spüren. Verfügbare Ventilatoren waren rasch vergeben, es wurden Speiseeis und Getränke verteilt, die Kleiderordnung wurde gelockert und wer wollte, konnte auch von zu Hause aus arbeiten.

Weil solche Ausnahmesommer durch den Klimawandel in den kommenden Jahren zur Regel werden könnten, sind nun auch Eigentümer und Property Manager gefordert. Es geht darum, die Funktionsfähigkeit von Gebäuden auch in längeren Hitzeperioden zu gewährleisten: In diesem Zusammenhang wünschen immer mehr Mieter, die Raumtemperatur deutlich absenken zu können, um die Zufriedenheit und das Leistungsvermögen der Mitarbeiter zu steigern.

Wählerische Fachkräfte

20 bis 22 Grad gelten mit Blick auf die menschliche Leistungsfähigkeit als optimal und werden als angenehm empfunden. Hinzu kommt, dass ein optimales Büroklima auch im Wettbewerb um Fachkräfte an Gewicht gewinnt. Nach einer im Auftrag des Coworking-Anbieters Mindspace durchgeführten Umfrage haben immerhin sechs Prozent der deutschen Beschäftigten eine Stelle gekündigt, weil sie mit der Ausstattung des Büros nicht einverstanden waren.

14 Prozent haben ein neues Arbeitsverhältnis nicht angetreten, weil der Komfort nicht angemessen war. Die Zahlen sind für sich genommen zwar nicht allarmierend. Die Unternehmen müssen aber davon ausgehen, dass vor allem stark nachgefragte Fachkräfte wechseln würden, wenn das Raumklima anderswo spürbar besser ist. Das schlägt sich auch in den Flächenbedürfnissen nieder.

Well-Building-Standard gewichtet Temperaturempfinden

Signifikant für die wachsende Bedeutung des Raumklimas in Bürogebäuden ist auch dessen starke Gewichtung in dem seit 2014 weiter entwickelten Well-Building-Standard. Diese Zertifizierung betrachtet Gesundheit und Wohlbefinden in einem Gebäude insgesamt und Temperatur sowie Raumklima spielen dafür eine wichtige Rolle. So misst der Standard den thermischen Komfort einer Immobilie anhand von sechs Variablen, darunter die Geschwindigkeit der Luftbewegung, Trockentemperatur, Strahlungstemperatur und Luftfeuchtigkeit.

Zusätzlich zu den messbaren Kriterien werden auch psychologische Parameter und individuelle Erwartungen berücksichtigt, weil der thermische Komfort auch subjektiv empfunden werde, was bedeute, dass sich nicht jeder unter den gleichen Bedingungen gleich wohl fühle. Inzwischen stellen sich auch Investoren auf die wachsende Bedeutung des thermischen Komforts ein. Das Vorhandensein moderner Abluft- und Kühlanlagen ist für viele Akteure ein Anreiz, vorzugsweise Neubau zu kaufen. Kühldecken gelten dabei als gehobener Standard und sind für die potenziellen Mieter neuer Core-Immobilien zunehmend unabdingbar.

Viele Möglichkeiten im Bestand

Doch auch am Bestand geht der Trend zur Kühlung nicht vorbei. Mieter, die sich nicht mit mobilen Kühlgeräten begnügen wollen, fragen zunehmend nach effizienten Lösungen wie Split-Klimasystemen, die nach dem Kühlschranksystem funktionieren. Das Innengerät einer Split-Klimaanlage filtert, kühlt und entfeuchtet die Raumluft durch Einsatz eines Kältemittels.

Durch die Aufnahme der überschüssigen Wärme aus dem Raum verdampft das Kältemittel und wird durch eine Rohrleitung zum Außengerät der Split-Klimaanlage gesaugt, wo es durch den Verdichter auf eine hohe Temperatur gebracht wird, sodass die Wärme an die Außenluft abgegeben werden kann. Durch diesen Wärmeentzug wird das Kältemittel wieder verflüssigt und gelangt über eine zweite Rohrleitung zurück zum Innengerät. Beim sukzessiven Abkühlen der Raumluft wird zugleich die darin enthaltene Feuchtigkeit entzogen und als Kondenswasser abgeleitet.

Je älter das Gebäude, umso umfassender die Betrachtung

Der Klimawandel macht sich dabei vor allem bei der Dimensionierung von Klima- und Lüftungsanlagen bemerkbar. Wo Planer früher von maximalen Außentemperaturen von 32 Grad ausgingen, werden heute bis 40 Grad angesetzt - mit signifikanten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit von Ventilatoren und Kühlkreisläufen. Eigentümer älterer Gebäude stehen zudem oft vor der Herausforderung, die jeweiligen Maßnahmen in ein umfassendes Modernisierungskonzept integrieren zu müssen. Denn wenn Dämmungen nicht ausreichend und Fenster schadhaft sind, nützt die beste Klimaanlage nichts.

Maßgeblich für eine umfassende Ertüchtigung der Gebäudehülle sind allerdings nach wie vor eher mögliche Einsparungen bei den Heizkosten, die noch etwa 80 Prozent der Gesamtenergiekosten eines Gebäudes ausmachen. Aufwendungen für Kühlung sind demgegenüber zwar zweitrangig, werden aber zunehmend in die Gesamtbetrachtung integriert.

IT - vor allem im Sommer ein heißes Thema

Ebenfalls ein Sommerthema sind die IT und deren Funktionssicherheit. Dabei spielen auch Kosten- und Nachhaltigkeitsaspekte eine große Rolle. In einem Rechenzentrum entfallen annähernd 50 Prozent der Energiekosten auf die Kühlung. Auch in kleineren Serverräumen dürfte das nicht anders sein. Zwar sind die individuellen Server in den vergangenen Jahren immer sparsamer geworden, aber sie werden heute in den Racks dichter gepackt und sie werden durch den Einsatz von Virtualisierungslösungen auch intensiver genutzt.

Daher wächst nicht nur der finanzielle Aufwand für die Kühlung, sondern es steigen auch noch die technischen Anforderungen an die Kühlsysteme. Mit Blick auf den Energieverbrauch sollten diese dennoch nicht überdimensioniert werden. Für kleinere Serverräume reichen in der Regel In-Row-Kühlsysteme aus. Diese Kühlaggregate werden zwischen den Server-Racks positioniert, die am besten so aufgestellt sind, dass sich kalte und warme Gänge ablösen.

Hochwertige Verschattungen

Die Wärme aus den Gebäuden mittels Klimatechnik wieder herauszubringen, ist eine Herausforderung für das technische Property Management. Eine andere ist, sie gar nicht erst herein zu lassen. Das heißt: Auch Verschattungen gewinnen bei der Stärkung der Aufenthaltsqualität an Gewicht. Grundsätzlich sind bei der Planung des Sonnenschutzes außenliegende Anlagen innenliegenden Lösungen vorzuziehen. Das hat vor allem bauphysikalische Gründe: Der nicht sichtbare Anteil aus dem gesamten Spektrum der Sonnenstrahlen beträgt zirka 50 Prozent. Man nennt diese Strahlen mit Wellenlängen zwischen 800 und 2 500 Nanometern auch nahes Infrarot.

Für diese Strahlen ist normales Fensterglas relativ gut durchlässig. Haben die Strahlen das Fenster erst einmal passiert, werden sie von im Raum befindlichen Oberflächen absorbiert und dann umgewandelt in Form von Wärmestrahlung wieder abgegeben. Für diese langwellige Wärmestrahlung mit einer Wellenlänge von 5 000 bis 50 000 Nanometern ist Glas aber nahezu undurchlässig. Die Strahlen werden dann entweder in der Verglasung absorbiert oder in das Rauminnere reflektiert. Sie können jedenfalls nicht ungehindert ins Freie zurück. Diesen Effekt nennt man Wärmefalle oder Treibhauseffekt.

Allerdings ist der innenliegende Sonnenschutz mittels Rollos oder Vorhängen meist kostengünstiger umzusetzen als sein außenliegendes Pendant. Außerdem gibt es klimatische Bedingungen, in zum Beispiel sehr windreichen Regionen oder in sonnenarmen Ländern, die einen innenliegenden Schutz erforderlich machen. Äußere Zwänge und Auflagen zum Beispiel im Bereich des Denkmalschutzes, erlauben oftmals keine nachträgliche Montage eines außenliegenden Sonnenschutzes, deshalb kann in diesen Fällen auf ein innenliegendes System zurückgegriffen werden.

Auch der Wind bereitet Probleme

Außenliegende Verschattungen und automatisierte Fensterschließungen erfordern in der Regel auch die Montage eines sogenannten Windwächters, der bei Böen oder Sturm den Sicherungsvorgang einleitet, Fenster schließen und Markisen einfahren lässt. Dies könnte in vielen Gegenden häufiger passieren als es in der Vergangenheit der Fall war. Die vielfach gefühlte Zunahme von Extremwetterereignissen hat eine wissenschaftliche Begründung: Die bodennahe Feuchte, die eine wesentliche Voraussetzung der Bildung von Starkniederschlägen und von Schwergewittern ist, nimmt mit der Lufttemperatur und der Verdunstungsrate der Meere zu.

Das gilt übrigens auch für die kalte Jahreszeit, in der mit steigenden Niederschlagsmengen während der Herbst- und Winterstürme zu rechnen ist. Zudem wird sich die Nordverlagerung der Zugbahnen von Winterstürmen fortsetzen. Mehrere Modellstudien zeigen eine Zunahme der extremen Windgeschwindigkeiten aus solchen Stürmen in Teilen Europas. Für Property Manager heißt dies etwa auch, dass sie vermehrt auf ihre Verkehrssicherungspflicht achten und gegebenenfalls ältere Bäume fällen sowie Äste beschneiden müssen, die sie früher noch hätten wachsen lassen. Denn im Schadens- und Versicherungsfall könnte die Rechtsprechung auch den Trend zu zunehmenden Extremwettern berücksichtigen.

Und die Verkehrssicherungspflicht erfasst alle diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger und in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schaden zu bewahren. Die Versicherungsbranche selbst hat hier noch keinen Handlungsbedarf. Laut Munich Re gibt es zwar beispielsweise Indizien für zunehmend intensive Schwergewitterbildung inklusive Hagel im europäischen Raum bereits für Norditalien, Frankreich, und Südwestdeutschland über die vergangenen Jahrzehnte.

Vielschichtige Herausforderungen

Diese Einschätzungen sind allerdings noch folgenlos für die Beiträge zur Gebäudeversicherung. Man darf jedoch erwarten, dass die Versicherer die Konditionen anpassen, sobald sich die Schadenshäufigkeit wissenschaftlich messbar erhöht. Als Fazit bleibt festzuhalten: Der Klimawandel wird die Property Manager in den kommenden Jahren vermutlich stärker beschäftigen, als dies in den vergangenen Jahren der Fall gewesen ist. Die Herausforderungen sind dabei vielschichtig. Sie reichen vom Wohlfühlklima für die Bürobeschäftigten bis zur IT-Sicherheit und zur Verkehrssicherungspflicht.

DIE AUTORIN ANNEGRET KIRCHNER Geschäftsführerin, HIH Property Management GmbH, Hamburg
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