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IMMOBILIEN-CROWDINVESTING: STATUS QUO UND AUSBLICK

Volker Wohlfahrt, Foto: Zinsbaustein

Der Crowdinvestment-Markt befindet sich in Deutschland seit einigen Jahren auf dynamischem Wachstumskurs. So lag das Volumen erfolgreich platzierter deutscher Crowdinvestments im vergangenen Jahr bei rund 300 Millionen Euro - ein Plus von 50 Prozent gegenüber 2017. Immobilienprojekte stellten dabei mit einem Anteil von über zwei Drittel die mit Abstand beliebteste Investmentkategorie dar. Der Autor erörtert im folgenden Beitrag die Erfolgsfaktoren der Branche und geht darüber hinaus auf den aktuell zu beobachtenden strategischen Kurswechsel vieler Plattformbetreiber ein: Dazu gehören insbesondere die Öffnung zum weißen Kapitalmarkt via prospektpflichtiger Produkte sowie die Erschließung neuer, professioneller Investorengruppen. Red.

Die Beliebtheit von Proptech-Firmen nimmt von Jahr zu Jahr zu. Mit innovativen Ansätzen und neuen Geschäftsmodellen revolutionieren sie die Immobilienbranche. Digitale Investmentplattformen zeigen neue Wege bei der Immobilienprojektfinanzierung auf. Anleger investieren unkompliziert mit nur wenigen Klicks in bestimmte Immobilienprojekte mit geringen Beträgen und können so am derzeitig boomenden Immobilienmarkt partizipieren.

Dynamisches Marktwachstum

Der aktuelle Crowdinvest-Marktreport von Crowdfunding.de belegt anschaulich den seit mehreren Jahren anhaltenden Wachstumskurs des Markts in Deutschland: Rund 70 Prozent des über Crowdinvesting-Portale eingeworbenen Kapitals fließt dabei in die Finanzierung von Immobilienprojekten. Immobilien-Crowdinvestments sind nicht nur der größte schwarmfinanzierte Investmentbereich, es handelt sich auch um die Sparte mit dem stärksten Wachstum.

Nachdem der Markt im Jahr 2017 um 216 Prozent gewachsen ist, lag die Steigerung 2018 bei 63 Prozent. Die Investitionen im Immobilien-Crowdinvesting belief sich im vergangenen Jahr somit auf über 210 Millionen Euro.

Bisher waren Immobilieninvestments vor allem Family Offices und großen Investoren vorbehalten. Kleinanleger konnten zwar Wohnungen kaufen, mussten aber hohe Summen aufbringen und Klumpenrisiken eingehen, da das Investment an eine einzelne Immobilie gebunden war. Zudem müssen Anleger beim Erwerb einer Immobilie mit hohen Transaktionskosten rechnen, Aufwendungen für den Erhalt der Immobilie aufbringen und dazu noch Zeit investieren. Investments in offene Fonds als Alternative dagegen haben den Nachteil, dass sie das Kapital der Anleger über Jahre bei vergleichsweise geringen Renditen binden.

Demokratisierung der Immobilienanlage

Crowdinvesting-Plattformen dagegen demokratisieren eine Anlageform, für die Kleinanlegern bisher das Know-how und das Kapital fehlte: Investitionen werden in Form von Darlehen für Projektentwicklungen zur Verfügung gestellt. Die Plattform übernimmt dabei mit der Auswahl der Projekte gleichzeitig die Finanzierung der Projektentwickler und bündelt kleine Anlagesummen.

Die Vorteile im Vergleich zu klassischen Bankprodukten sind sowohl ein mit über fünf Prozent deutlich höherer fester Zinssatz wie auch eine kurze Kapitalbindungsdauer. Der Aufwand für Anleger ist gering: Für ein Immobilienprojekt ihrer Wahl können sie zwischen 500 und bis zu 10 000 Euro investieren.

Im Gegensatz zu vergleichbaren Anlageklassen fallen zudem beim Crowdinvesting für die Investoren keine Kosten bei der Investition an, da Crowdinvesting-Plattformen sich über die Gebühren finanzieren, die sie den Projektentwicklern in Rechnung stellen. Ein weiterer Vorteil: Es wird kein Depot oder zusätzliches Konto benötigt. Die Geldanlage wird einfach per Überweisung an einen Treuhänder getätigt.

Höhere Liquidität und Bonität für Projektentwickler

Bauträger und Immobilienentwickler sind wichtige Player auf dem Immobilienmarkt. Ihnen bieten alternative Finanzierungsmodelle wie Crowdinvesting den Vorteil, ihre Liquidität auf einfache Art und Weise zu erhöhen und dabei gleichzeitig eine große Zahl potenzieller Anleger anzusprechen. Über eine Crowdinvesting-Plattform erhält ein Bauträger Mezzaninekapital, das zur Optimierung der Kapitalstruktur genutzt wird.

Digitale Plattformen verschaffen Projektentwicklern eine wichtige Ergänzung zum Bankkredit, optimieren die Gesamtfinanzierung und ermöglichen in Folge dessen eine Steigerung der Rendite. Diese erhöhte Liquidität hat nicht zuletzt auch positive Effekte auf die Immobilienwirtschaft: Größere Bauprojekte oder mehr Projekte können realisiert werden. Somit werden mehr Immobilien in einem sehr angespannten Markt gebaut. Eine klassische Win-win-Situation.

Diversifikation der Assetklassen

In der Anfangsphase richtete sich der Fokus von Crowdinvesting-Plattformen hauptsächlich auf die Immobilienkategorie Wohnen. Mittlerweile lässt sich ein Trend zu einer größeren Diversifizierung feststellen. Immer mehr Anbieter platzieren unterschiedlichste Immobilienprojekte, sodass nun auch die Kategorien Büro, Retail, Hotel, Pflege, Studenten- und Mikro-Appartements ins Auge gefasst werden.

Insgesamt wurden dabei in Deutschland bisher, so der Crowdinvest-Marktreport, von 2011 bis März 2019 rund 462 Millionen Euro Schwarmkapital für Immobilienprojekte eingesammelt.

Projektentwicklungen sind relativ vorhersehbar, denn bei Immobilien gibt es viele Daten, die herangezogen werden können, um die Risiken und Fallstricke gut einschätzen zu können. Im Vergleich zum Crowdinvestment in Unternehmen können Plattformen bei der Auswahl von Projekten für das Immobilien-Crowdinvesting auf eine breite Datenbasis zurückgreifen und somit die Erfolgswahrscheinlichkeit von Projekten relativ gut prognostizieren. Die Risikominimierung entsteht über einen umfangreichen Auswahlprozess der später angebotenen Immobilienprojekte. Dabei spielt das Immobilien-Know-how der Crowdfunding-Plattform eine entscheidende Rolle.

Private Anleger stürzen sich aufgrund attraktiver Renditen, niedrigen Einstiegssummen und einem einfachen Zugang per Mausklick auf die Anlageklasse Crowdinvesting. Nur Crowdinvesting-Projekte mit einem Finanzierungsvolumen von bis zu maximal 2,5 Millionen Euro dürfen vertrieben und von jedem einzelnen Anleger dürfen maximal 10 000 Euro investiert werden.

Laut einer aktuellen Beschlussempfehlung, die dem Bundestag vorliegt, sind Erleichterungen für die Crowdinvesting-Plattformen vorgesehen, die die Finanzierung von Immobilien unterstützen würden. Dazu gehört die Anhebung des Schwellenwerts, bis zu dem kein Prospekt erstellt werden muss, auf bis zu 6,0 Millionen Euro statt bisher 2,5 Millionen Euro. Das Limit für einzelne Anleger, in ein Crowdprojekt zu investieren, stiege demnach von 10 000 Euro auf 25 000 Euro.

Kontinuierliche Erweiterung der Produktpalette ...

Die hohe Beliebtheit der Anlageklasse Immobilien führt bei Plattformbetreibern zu einer Erweiterung des bisherigen Geschäftsmodells. Erste digitale Plattformen diversifizieren bereits ihr Angebotsportfolio und setzen auf den Vertrieb neuer Immobilien-Finanzprodukte. Wurde bisher fast ausschließlich über qualifizierte Nachrangdarlehen finanziert, bieten erste deutsche Plattformen nun weitere Finanzierungsprodukte an. Dabei öffnen digitale Plattformen die Tür zum weißen Kapitalmarkt und bieten Ihren Anlegern auch prospektpflichtige Produkte an.

Lief nach dem aktuellen Crowdinvest-Marktreport im Jahr 2017 das Crowdinvestment-Volumen für Immobilienprojekte mit einem Anteil von 96 Prozent fast ausschließlich über die Bereitstellung von Nachrangdarlehen, zeigt sich hier bereits im Jahr 2018 eine deutliche Verschiebung der Anteile: Der Volumenanteil der Nachrangdarlehen ist inzwischen bei 46 Prozent, während 32 Prozent über Forderungsverkäufe aus Bankdarlehen und knapp 22 Prozent über Anleihen finanziert wurden (siehe Abbildung 2).

... und Investorenbasis

Für größere Investorengruppen erweitern die Crowdinvesting-Plattformen ihre Produktpalette auf Privatplatzierungen. Dabei werden weit höhere Anlagebeträge von vermögenden Kunden, Family Offices oder institutionellen Investoren investiert. Erste deutsche Plattformen bieten somit nichtöffentliche Club-Deal-Finanzierungen an. Das ist zum Beispiel für Anleger interessant, die mit maximal 20 anderen Anlegern mindestens 50 000 Euro pro Projekt investieren möchten.

Digitale Plattformen werden somit auch interessant als Finanzierungspartner für größere Immobilienprojekte. Diese ersten Diversifikationsansätze markieren den Anfang eines Trends, der zu einer grundsätzlichen Erweiterung und Veränderung der Art und Weise, wie Immobilienfinanzierungen und Immobilieninvestments digital abgebildet werden, führt.

DER AUTOR VOLKER WOHLFARTH, Geschäftsführer, Zinsbaustein GmbH, Berlin
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Volker Wohlfahrt , Geschäftsführer, Zinsbaustein GmbH, Berlin

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