Immobilien-Konjunktur 2016

Immobilien-Leasing - vom Finanzierungsprodukt zur mehrwertorientierten Dienstleistung

Markus Strehle

Das über 50 Jahre alte Produkt Immobilien-Leasing litt in der Finanzkrise. Die Zurückhaltung bei gewerblichen Immobilieninvestitionen und insbesondere der weitgehende Wegfall langfristiger Finanzierungsmöglichkeiten führten zu einer Konsolidierung der Branche. Geändert haben sich auch bilanzielle, rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen. Aus Sicht des Autoren bietet das Immobilienleasing auch weiterhin interessante Anwendungsbereiche und Mehrwerte, die helfen, geplante Immobilieninvestitionen zu erleichtern beziehungsweise den Leasingnehmer bei der Umsetzung strategischer Ziele zu unterstützen. Er zeigt auf, wie der "Right-of-Use"-Gedanke neue Chancen für das Immobilien-Leasing bringt. Red.

Das Produkt Immobilien-Leasing begleitet die deutsche Wirtschaft seit über 50 Jahren. In einem anfangs weitgehend unregulierten Markt regelte der Vollamortisations-Erlass "Immobilien-Leasing" vom 21. März 1972 die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums von Leasingobjekten und die bilanzielle Abbildung von Leasingverhältnissen in den Jahresabschlüssen von Leasinggeber und Leasingnehmer. Gemeinsam mit dem BMF-Schreiben vom 23. Dezember 1991 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Teilamortisations-Leasingverträgen bildete dieser Erlass über viele Jahre verbindlich die steuerrechtliche Grundlage für das Immobilien-Leasing-Geschäft in Deutschland. So profitierten Unternehmen aller Branchen von den typischen Leasingaspekten wie der bilanzneutralen Investition oder gewerbesteuerlichen Vorteilen im Rahmen der Dauerschuldzinsen.

Konsolidierung durch Finanzkrise

Nachdem das Immobilien-Leasing in den Nachwendejahren ein Volumen von knapp 10 Milliarden Euro jährlich betragen hatte, führte die Finanzkrise ab 2008 zu einem erheblichen Rückgang des Neugeschäfts der Branche. Zurückhaltung bei gewerblichen Immobilieninvestitionen und insbesondere der weitgehende Wegfall langfristiger Finanzierungsmöglichkeiten führten zu einer Konsolidierung der Branche.

Betroffen waren vor allem Finanzierungsinstitute, die sich primär im Bank- und Kapitalmarkt refinanzieren. Bei Sparkassen und Volksbanken konnte das Geschäft dagegen aufgrund des Zugangs zu langfristigen Finanzierungsmitteln selbst in den Krisenjahren 2009 bis 2011 weitgehend stabil gehalten werden. Soweit der kurze Blick zurück. Wo steht Immobilienleasing heute, insbesondere auch im Hinblick auf die klassischen Effekte?

Die Rahmenbedingungen haben sich deutlich verändert. Die bereits erwähnten Vorteile eines gewerbesteuerlichen Privilegs (Nicht-Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen zum Gewerbeertrag) sind durch die Unternehmenssteuerreform 2008 hinfällig geworden. Das im Jahr 2009 in Kraft getretene Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilMoG änderte die bilanziellen Zurechnungskriterien zumindest bei größeren Unternehmen mit Konzernabschluss erheblich und zusätzlich sind mit der Unterstellung des Leasings unter die Bankaufsicht enorme regulatorische Anforderungen auf die Branche hinzugekommen.

Geänderte Rahmenbedingungen

Dennoch bietet das Immobilienleasing auch weiterhin interessante Anwendungsbereiche und Mehrwerte, die helfen, geplante Immobilieninvestitionen zu erleichtern beziehungsweise den Leasingnehmer bei der Umsetzung strategischer Ziele zu unterstützen.

Ein für den Investor unverändert wichtiges Kriterium im Zusammenhang mit seiner Immobilieninvestition ist die Finanzierungs- und Transaktionssicherheit über den gesamten Lebenszyklus seines Vorhabens. Dies reicht von ersten Überlegungen der Planung und deren konkreter Umsetzung, der Arrangierung einer verlässlichen Finanzierung über die Phase der Vertragserstellung, der Begleitung der Bauphase und einer professionellen Verwaltung des Objektes durch die Leasinggesellschaft bis hin zu einer bestmöglichen, individuellen Gestaltung der Endschaftsregelung.

Transaktionssicherheit, Off-Balance, Nachfolgeregelung

Die Steuerung und Gestaltung erfolgskritischer Kundenvorhaben durch einen leistungsfähigen, dem Leasingnehmer verpflichteten Dauerinvestor ist auch die zukünftige Erfolgsgrundlage einer glaubwürdigen Mehrwert-Argumentation im Bereich Immobilien-Leasing.

Nach wie vor üblich ist die Gestaltung von Off-Balance-Strukturen vieler Immobilien-Leasing-Finanzierungen, das heißt das Investitionsvorhaben findet nicht in der Bilanz des Leasingnehmers statt. Die Folge: Erhaltung von Unternehmenskennzahlen, was beispielsweise im Rahmen von zunehmenden internen oder externen Covenant-Vereinbarungen enorme Handlungsspielräume eröffnet. Hier haben sich - auch für Unternehmen, die nach BilMoG oder IFRS bilanzieren - passende Modelle etabliert. Der Einsatz von Leasingobjektgesellschaften macht das Produkt darüber hinaus interessant für Unternehmen, die langfristig eine Vermögensübertragung im Rahmen von Nachfolgeüberlegungen oder den Transfer von Vermögensteilen im Familien- oder Gesellschafterkreis planen.

Durch die Ausgestaltung von Beteiligungsstrukturen an der Immobilien-Besitzgesellschaft - oder aber die Einräumung von Ankaufsrechten zukünftig Begünstigter - können hier individuelle Mehrwerte erzielt werden. Ein Aspekt, der insbesondere im Rahmen der aktuellen Diskussion über erbschaftssteuerliche Privilegien an Bedeutung und damit an Perspektive sicher über das Jahr 2016 hinaus gewinnt. Und auch bei Unternehmensverkäufen kann das Immobilien-Leasing durch die Trennung von Besitz und Betrieb einen wichtigen Beitrag bei der Kaufpreisfindung leisten.

Added Values durch Added Services

Wichtige Perspektiven der Immobilien-Leasingbranche liegen zukünftig in der Bereitstellung zusätzlicher Services. Im Zuge einer konsequenten Auslagerung - nicht nur des Objekteigentums - werden zunehmend "Paketlösungen" entwickelt, die neben der Verwaltung des Objekteigentums auch Themen wie Facility Management, Bewirtschaftung der Immobilie oder aber die Optimierung von Versicherungsleistungen umfassen. Dies sorgt zusätzlich für Entlastung beim Leasingnehmer und verbreitert die Wertschöpfung des Leasinganbieters im Rahmen "seines" Objektes.

Ein typisches Beispiel für eine Servicekomponente ist der Bereich Baumanagement. Hierdurch sichert sich der Leasingnehmer eine "Bauabteilung auf Zeit", die zusätzlich einen erheblichen Marktüberblick bei der Auftragsvergabe und durch die Tätigkeit der Leasinggesellschaft als "Dauerinvestor" gute Verhandlungspositionen mitbringen. Neben einer Entlastung im Tagesgeschäft für die Unternehmen bieten die Baumanagementverträge Sicherheit bei der Einhaltung von Kosten, Terminen und Qualitäten.

Dass diese Servicekomponente zunehmend wichtiger wird, lässt sich gut im Bereich der Sparkassen ablesen: Wurden in den neunziger und 2000er Jahren viele sparkasseneigene Leasinginvestitionen ohne Servicekomponente Baumanagement umgesetzt, liegt die Quote heute bei rund 80 Prozent der geplanten Investitionen, im wesentlichen Revitalisierungsvorhaben von Sparkassen-Hauptstellen. Für Banken und Sparkassen kann die Refinanzierung eines Immobilien-Leasingvertrages eine interessante Alternative zu klassischen Unternehmens- beziehungsweise Baufinanzierungen sein.

Vorteile in der Sicherheitenstruktur

Denn: Die Geschäftsmodelle von Unternehmenskunden werden in Zeiten von Spezialisierung und Digitalisierung zunehmend komplex. Hier ist die Unternehmensbegleitung im Rahmen eines streng assetbezogenen Leasingvertrages ein interessanter Ansatz, insbesondere auch im Bereich regionaler Neukunden. Die Installation einer Objektgesellschaft, die ausschließlich die Immobilie hält, führt zu einer eindeutigen und besseren Sicherheitenstellung des Finanziers, auch im Hinblick auf das Verhältnis zu weiteren Gläubigern.

Auf dieser soliden Basis, also der Schaffung finanz- und unternehmensstrategischer Vorteile aufseiten von Kunden wie auch Finanziers, ergeben sich für Immobilien-Leasinggesellschaften weitere Chancen. Denkt man die bereits angesprochenen Veränderungen bei der bilanziellen Zurechnung weiter, kommt man zu einem wichtigen Aspekt: dem "Rightof-Use"-Ansatz bei IFRS-Bilanzierungen, einer Rechnungslegung, die auch im Zielkundensegment der Immobilien-Leasingbranche Relevanz hat.

Chance "Right-of-Use"

Der "Right-of-Use"-Gedanke stellt nicht mehr das eigentliche Eigentum bei Bilanzierungsfragen in den Vordergrund, sondern schlicht das Nutzungsrecht. In der Konsequenz führt dieser Ansatz dazu, dass alle Nutzungsrechte bilanziell gleich behandelt und ausgewiesen werden. Damit lösen sich die Unterschiede zwischen Kredit-, Miet- und Leasinglösungen in der bilanziellen Abbildung weiter auf. Ein wichtiges Leasingmotiv, die bilanzneutrale Abbildung, verliert damit seine Bedeutung. Gleichwohl ergeben sich für das Immobilien-Leasing aus dieser Neuregelung auch neue Chancen.

Mit dem "Right-of-Use-Ansatz" entsteht für das Immobilien-Leasing eine neue Wettbewerbssituation zu klassischen gewerblichen Mietverträgen, beispielsweise mit Immobilieninvestoren. Diese Investorenlösungen haben in der Vergangenheit einen erheblichen Anteil bei der Realisierung von Unternehmensimmobilien in den Bereichen Handel, Logistik und Soziales dargestellt und repräsentieren ein Finanzierungsvolumen von aktuell rund 255 Milliarden Euro1) . Bei einer Investorenlösung errichtet der Investor eine weitgehend fungible, also drittverwendungsfähige Immobilie zur späteren Nutzung durch den Mieter. Im Rahmen der Mietzahlungen führt der Investor seine Finanzierung zurück oder veräußert alternativ das Projekt auf Basis der prognostizierten Mieteinnahmen. Nach Ablauf des Mietvertrages kann der Mieter ausziehen oder verlängern.

Substanzzuwachs beim Immobilien-Leasing

Anders beim Immobilien-Leasing: Hier spart der Leasingnehmer über die Tilgungsanteile im Kaufpreis den Ankauf des Objektes an, das heißt der Substanzzuwachs entsteht langfristig bei ihm und nicht beim Vermieter. Im Hinblick auf die zukünftig nicht mehr zu unterscheidenden bilanziellen Auswirkungen von Immobilienleasing und gewerblicher Miete sollte dieser substanzielle Vorteil gegenüber Investorenmodellen Immobilien-Leasing-Strukturen stärkere Attraktivität verleihen. Zumal eine Leasingmiete aufgrund des aktuell niedrigen Zinsniveaus auch durchaus attraktiv im Vergleich zu den aktuellen Marktmieten im gewerblichen Bereich sein kann. Durch den Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten kann dieses Niveau langfristig garantiert werden, im Gegensatz zu den sich häufig an Lebenshaltungsklauseln orientierenden Mietverträgen im gewerblichen Bereich mit entsprechender Unsicherheit. Die Digitalisierung macht auch vor dem Finanzdienstleistungssektor nicht halt. Das Internet bietet hier vielfältige Chancen, zusätzliche Angebote breit im Markt anzubieten, was an der stark ansteigenden Zahl sogenannter Fintechs nachvollzogen werden kann.

Digitalisierung macht vor Finanzdienstleistern nicht halt

Zwar wird das Hausbankprinzip im Firmenkundenbereich vermutlich auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen, die vielfältigen Angebote auf dem sehr transparenten Marktplatz "Internet" machen es jedoch zunehmend schwer, Kunden an sich zu binden. Für die Unternehmen wird es einfacher, individuelle Lösungen zu finden, die ihrem spezifischen Bedarf am ehesten gerecht werden. Gleichzeitig unterstützt das durch die Digitalisierung entstehende größere Angebot den Wunsch vieler Unternehmen nach mehr Unabhängigkeit und Diversifikation in der Finanzierung des Unternehmens.

Digitalisierung und Spezialisierung stellen das Immobilien-Leasing jedoch auch vor wichtige Fragen. Es gilt, Antworten auf den neuen Vertriebsweg "online" zu finden. Auch wenn der Markt für Fintechs bisher im Wesentlichen durch Anwendungen für B2C-Lösungen beziehungsweise weniger erklärungsbedürftige B2B-Angebote dominiert wird, wird sich diese Entwicklung weiter in Richtung der Abwicklung von komplexeren Finanzierungslösungen fortsetzen. Umgekehrt liegt darin für das Immobilien-Leasing aber auch die Chance, einen viel größeren Kreis an Unternehmen zu erreichen und den zukünftig breiter und bunter werdenden Finanzierungsmix von Unternehmen noch stärker zu ergänzen.

Fußnote:

1) Studie "Betongoldrausch in Deutschland", Roland Berger Competence Center Financial Services, April 2015

Der Autor

Markus Strehle Vorsitzender der Geschäftsführung, DAL Deutsche Anlagen-Leasing Geschäftsführung GmbH, Mainz

Sale-and-Lease-Back

Viele Unternehmen nutzen ihre Immobilien, um die darin gebundenen stillen Reserven im Rahmen eines Sale-and-Lease-Back zu monetarisieren und die dadurch freigesetzten Mittel für unternehmerische Zwecke einsetzen. Die Immobilie ist aufgrund ihrer Langlebigkeit und eines gut prognostizierbaren Werteverlaufs dafür besonders geeignet. Im Rahmen eines Sale-and-Lease-Back wird die Immobilie an eine Leasinggesellschaft veräußert und zurückgemietet. Die zufließende Liquidität setzt der Veräußerer nach seinen Vorstellungen ein. Durch eine Beteiligung an der erwerbenden Objektgesellschaft kann die Grunderwerbsteuer minimiert werden, ebenso erfolgt über geeignete Modelle die ertragsteuerliche Neutralisierung der aufgedeckten Reserven. Da bei dieser Finanzierungsalternative die Liquiditätsschöpfung im Vordergrund steht, ist die Anwendung des Modells von Bilanzierungsfragen weitgehend unabhängig.

Für Investitionsvorhaben gehobener Mittelständer

Im gewerblichen Hochbau (Bauleistung aller Immobilieninvestitionen in Nicht-Wohngebäude), der in Deutschland aktuell rund 120 Milliarden Euro pro Jahr ausmacht, beträgt die Leasingquote rund ein Prozent. Üblicherweise setzen Immobilien-Leasingfinanzierungen bei rund fünf Millionen Euro auf. Damit ist das Finanzierungsinstrument typischerweise geeignet für Investitionsvorhaben gehobener mittelständischer und großer Unternehmen. Gerade letztere haben in den letzten Monaten Leasing intensiv genutzt. So konnte allein die DAL Deutsche Anlagen-Leasing im Jahr 2015 drei Neugeschäfte mit Gesamtinvestitionskosten von je über 100 Millionen Euro mit Adressen aus dem Bereich Medien, Handel und Automobil abschließen.

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