Leitartikel

Gefesselter Riese

Vielfältige Umfragen des Europäischen Leasingverbands Leaseurope belegen seit Jahren, dass die Ausfallraten bei Leasinggeschäften sowohl im Mobilien- wie im Immobilien- Leasing wesentlich geringer sind als in den vergleichbaren Kreditgeschäften. Dies entspricht insbesondere der Systematik des Immobilien-Leasing-Geschäftes, weil im Vordergrund das in guter Lage gelegene drittverwendungsfähige Objekt steht und daneben ein langfristiger unkündbarer Mietvertrag mit einem bonitätsmäßig einwandfreien Unternehmen abgeschlossen wird. Dabei sind die Mieten klar strukturiert, sodass nach Ablauf der Grundmietzeit ein Ankaufsrecht zu einem bereits bei Vertragsabschluss festgelegten Erwerbspreis vom Leasingnehmer ausgeübt werden kann. Umso mehr muss man mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen, dass sich namhafte Kreditinstitute, insbesondere aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich, aus der Refinanzierung von Leasinggeschäften komplett verabschiedet haben beziehungsweise beabsichtigen, sich zurückzuziehen.

Geht man den Ursachen der aktuellen Finanzkrise nach, kann man hieraus nun wirklich keinen Grund für die Änderung der Geschäftspolitik der Banken im Sektor der Refinanzierung von Leasinghäusern ableiten. Insbesondere das langfristige Immobi-lien-Leasing-Geschäft, das auf eine 100-prozentige Drittfinanzierung der zu vermietenden Objekte angewiesen ist, weil das Eigenkapital der Leasingobjektgesellschaften, die als Eigentümer, Investor und Vermieter auftreten sehr gering ist, wird hierdurch im laufenden Jahr stark beeinflusst. Für den Fall, dass der Leasingnehmer einmal in Zahlungsschwierigkeiten kommen sollte, werden zwischen der Leasingobjektgesellschaft und der refinanzierenden Bank Absprachen getroffen, dass gegebenenfalls die Eigentümerin die Interessen der Bank zu 100 Prozent wahrnimmt oder auch selbst ohne weitere Zuzahlung von der Bank übernommen werden kann. Falliert ein Immobilien-Leasing-Engagement, kann somit auf die den Objektwert oft dramatisch negativ beeinflussenden öffentlichen Zwangsversteigerungsverfahren verzichtet und sich am Markt "wie ein beliebiger Eigentümer" bewegt werden.

Da die Leasingobjektgesellschaften sozusagen "klassische Kreditnehmer" sind, macht es nun wirklich keinen Sinn, sie den Normen des KWG zu unterwerfen. Diese Regelung erfolgte mit Artikel 27 des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008, wodurch der Katalog der Finanzdienstleistungen unter anderem um den Tatbestand des Abschlusses von Finanzierungsleasingverträgen als Leasinggeber und die Verwaltung von Lea-sing-Objektgesellschaften, die das Finanzierungsleasing betreiben, ergänzt wurde. Damit sind alle am Markt in Deutschland tätigen Immobilien-Leasing-Häuser erfasst. Hieraus ergeben sich Verpflichtungen zur Beachtung der Anzeige- und Meldevorschriften nach der Anzeigenverordnung, insbesondere zur Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß Formblättern nach der RechKredV. Aber auch zum Beispiel seit Mitte 2009 die Verpflichtung, gemäß § 14 KWG "Millionenkredite" zu melden, unterstreicht die Befürchtung, dass die - aus steuerlichen Gründen motivierte - Einbindung der Leasinghäuser in die Bankenaufsicht auf Dauer keine "Zweiklassenregelung" zulassen wird. Immobilien-Leasinghäuser, die sowieso eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und ein entsprechendes Risikomanagement haben, werden durch unnütze Bürokratie belastet.

Auch die aktuellen Vorstellungen der internationalen Standardsetter IASB und FASB mit dem neuen "Right-of-Use-Approach" Mietverträge als Assets und die zukünftigen Mietzahlungen als Verpflichtungen in der Bilanz des Leasingnehmers zu erfassen, um eine angeblich transparentere Bilanzierung zu erreichen, bewirken heute schon negative Auswirkungen auf den Abschluss von Leasingverträgen mit börsenorientierten Unternehmen. Schon die Anwendung des Fair-Value-Prinzips bei den Ankaufsrechtswerten bisheriger Leasingverträge hat die Refinanzierungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Noch gibt es die Chance, wenn das Bundesjustizministerium gemeinsam mit der EU-Kommission hiergegen vorgeht, diese die Bilanzen noch mehr verwirrenden und zu aufwendiger Bürokratie in den Unternehmen führenden Bilanzierungsnormen zu eliminieren. IAS 17 hat sich bewährt und die insbesondere von den Analysten bemängelten Schwächen lassen sich am besten durch entsprechende ergänzende Angaben in den Notes beheben. Aber jedes Mietrecht als Aktiva und seine entsprechenden Zahlungsverpflichtungen als Passiva unmittelbar in der Bilanz der Nutzer zu erfassen - wobei das schwebend wirksame Geschäft "abgeschafft" würde - führt zu unmäßigen Aufwendungen, wobei die Vielzahl der Mietoptionen auch die Standardsetter in ihrem neuen Ansatz überfordern. Hiervor muss auch das HGB geschützt werden. Die Politik ist gefordert, wirklichkeitsfremde Bilanzierungsvorschriften abzuwenden. Die Standardsetter, die bei Immobilien den "Fair-Value-Ansatz", also abweichende Bilanzierungen vom Anschaffungskostenprinzip, als nachweislich falschen Wertmaßstab implementiert haben und Mitverursacher der Finanzkrise sind, sollten sich in Sachen neuer Leasingbilanzierung zurückhalten.

Dass durch eine Übergangsregelung und die mit Zustimmung der Leasingnehmer beim Leasinggeber mögliche Saldierungsregelung die Zinsschrankenproblematik rudimentär bleibt, hängt von der Geschäftsstruktur ab, ist aber kein Grund, nicht konsequent die Abschaffung dieses, die unternehmerische Entscheidungsfreiheit einschränkenden bürokratischen Monsters zu fordern. Im Konjunkturtal, wo Investitionen stark rückläufig sind und durch die Probleme des Bankenmarktes oft keine Kredite finden, gilt es, Finanzierungsalternativen zu stärken und nicht einzuschränken. Die aufgeführten negativen Rahmenbedingungen beschränken massiv die Geschäftschancen, sodass es verständlich erscheint, wenn sich einige Leasinghäuser ergänzende Geschäftsfelder suchen und das Immobilien-Leasing nicht mehr zu den Kernprodukten zählen. So ist das Jahr 2009 für das Immobilien-Leasing als besonders schwierig zu bezeichnen. Das Neugeschäft wird einen herben Rückschlag erleiden. Es hat aber die Aussage Bestand, dass das Immobilien-Leasing im Verbund seiner vielfältigen Service-Komponenten für die Investitionsfinanzierung eine notwendige und sinnvolle Alternative ist und bei zunehmender Funktionalität der Geld- und Kapitalmärkte sowie der Entfernung der Restriktionen seinen bedeutenden Platz zurückgewinnen kann. Prof. Dr. h.c. Klaus Feinen

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