Kapitalanlage

Internationaler Anlagedruck eröffnet Chancen für Verkäufe

Christoph Schumacher

Weniger als 50 Prozent der professionellen Immobilieninvestoren erwarten, die für die nächsten drei Jahr selbst gesteckten Renditeziele zu erreichen. Um die Performance abzusichern, nutzen Investoren verstärkt Gewinnmitnahmen. Europäische Immobilienanleger haben ihre Anlagestrategien mehrheitlich neu ausgerichtet, vor allem um die Belastungen aus sinkenden Ankaufsrenditen zu kompensieren. 72 Prozent wollen sich verstärkt Gewinnmitnahmen und Portfoliobereinigungen widmen. Dabei dürfte sich, aus Sicht vieler Investoren, das Zeitfenster, für umfangreichere Aufräumarbeiten in den nächsten sechs bis zwölf Monaten schließen. Als Käufer werden Investoren aus Asien und Amerika angepeilt, die häufig noch den Markteintritt in die europäischen Immobilienmärkte realisieren wollen. Insgesamt sind mehr und mehr Investoren auch bereit, größere Risiken in Kauf zu nehmen. Dazu gehören Investitionen außerhalb des Core-Bereichs wie B-Lagen oder Hotel- oder Logistikinvestments. Red.

Der Preisdruck auf den europäischen Investmentmärkten hält die Erwartungen an die Immobilienrenditen weiter in Schach. Nicht einmal jeder zweite professionelle Immobilieninvestor in den drei großen europäischen Volkswirtschaften glaubt die für die nächsten drei Jahre gesteckten Renditeziele erreichen zu können - auch auf Fünfjahressicht bleiben die Erwartungen gedämpft. Um die Performance der Immobilienanlagen abzusichern, gehören Gewinnmitnahmen für immer mehr Investoren zum Pflichtprogramm. Auf risikobereites Kapital aus Amerika und Asien allein verlassen sich jedoch die wenigsten.

Wie die aktuelle Investitionsklimastudie von Union Investment zeigt, haben die europäischen Immobilieninvestoren ihre Anlagestrategien mehrheitlich neujustiert, um die Belastung aus sinkenden Ankaufsrenditen zu kompensieren. Auf der Risikokurve bewegen sich die Profianleger in allen drei Märkten dabei Schritt für Schritt nach oben. Das Repertoire der strategischen Anpassungen wird derzeit eindeutig von der Hinwendung zu einem aktiveren Portfoliomanagement dominiert. Das oberste Gebot der nächsten zwölf Monate lautet für viele Investoren in Europa, Marktchancen zu identifizieren und den steigenden Anlagedruck für Objektverkäufe zu nutzen - in Einzeltransaktionen oder im größeren Stile als Paketdeals.

Marktteilnehmer werden zu Netto-Verkäufern

So wollen 72 Prozent der repräsentativ befragten deutschen Investoren, 84 Prozent der britischen und 52 Prozent der französischen Unternehmen ihre Investmentteams verstärkt auf die Mitnahme von Gewinnen und das Ziel der Portfoliobereinigung einstellen.

Entgegen ihrer ursprünglichen Strategie realisieren eine ganze Reihe von Marktteilnehmern Gewinne und werden ungewohnter Weise zu Netto-Verkäufern. Die Wiederanlage der Verkaufserlöse in einem von hohem Nachfragedruck geprägten Umfeld bleibt dann die zentrale Herausforderung.

Experten sind sich sicher: Das Zeitfenster für umfangreichere Aufräumarbeiten in den Immobilienportfolios dürfte sich abhängig von der Zinsentscheidung der Fed in den nächsten sechs bis zwölf Monaten schließen. Und der Blick der Asset Manager dürfte in diesem engen Korridor noch stärker auf anlagesuchendes Kapital aus Asien und Amerika gerichtet sein.

Denn insbesondere über Portfoliodeals versuchen derzeit viele internationale Kapitalsammelstellen den Markteintritt in die lukrativen europäischen Immobilienmärkte zu realisieren oder ihre bestehenden Engagements - unterstützt durch den starken Dollar - schnell auszuweiten.

Steigender Einfluss von Kapital aus Amerika und Fernost

Die weiterhin stabilen Konjunkturaussichten im Zusammenspiel mit dem vorteilhaften Wechselkurs machen Europa zu einem überaus lohnenden Ziel für internationales Kapital. Das wird weitere großvolumige Verkäufe aus europäischen Bestandsportfolios heraus befeuern. Den Zuschlag bei den jüngsten Portfoliotransaktionen in Europa haben indes überwiegend europäische Investoren erhalten. Neben der Perspektive, einen attraktiven Verkaufsgewinn einzustreichen, spielt die Transaktionssicherheit und die Strukturiertheit des Verkaufsprozesses eine herausgehobene Rolle.

Nicht nur als Abnehmer, sondern auch als Investmentpartner bei Joint-Venture-Akquisitionen oder in Club-Deals steht internationales Kapital derzeit hoch im Kurs. Die Veränderungen für die Investmentlandschaft in Europa durch die neuen internationalen Akteure sind je nach Land noch unterschiedlich.

Aus Sicht der britischen Investoren hat internationales Kapital bereits heute einen starken Einfluss auf das lokale Investmentgeschehen: Starke bis sehr starke Veränderungen durch Kapital aus Asien und Amerika stellt in der Umfrage mehr als jeder zweite Investor fest.

In Deutschland wird der Einfluss noch als eher gering eingeschätzt. Hier ist nur rund ein Drittel der Investoren der Meinung, dass die Investmentmärkte unter dem Einfluss internationaler Investoren bereits starke Veränderungen durchlaufen haben. Für den französischen Immobilieninvestmentmarkt bewerten in der Umfrage rund 40 Prozent der lokalen Investoren den Einfluss nicht-europäischer Investoren als bedeutend. Abzuwarten bleibt, wie sich das Anlageverhalten asiatischer Investoren unter dem Einfluss der - nach der Umfrage eingetretenen - Turbulenzen an den asiatischen Börsen ändern wird.

Mehr Gewicht für Investments außerhalb des Core-Segment

Zu den geplanten strategischen Anpassungen, das zeigt die Union Investment-Umfrage, gehört neben der Forcierung der Verkaufsaktivitäten die stärkere Gewichtung von Investitionen außerhalb des Core-Bereiches, von dem sie sich nicht mehr den stabilen Performancebeitrag erwarten. So beabsichtigen 48 Prozent der in Deutschland befragten Profianleger in den nächsten zwölf Monaten Neuinvestments verstärkt außerhalb des Core-Segments zu tätigen. In Großbritannien wollen 51 Prozent diese strategische Neujustierung vollziehen; in Frankreich liegt der Anteil sogar bei 58 Prozent.

Um sich höhere Renditepotenziale zu erschließen, zeigen die britischen und deutschen Investoren zudem eine gewachsene Bereitschaft, ihren Portfolios Investments in B-Städten beizumischen. Gegenüber der letzten Umfrage im Dezember 2014 hat dieser Wert noch einmal deutlich zugelegt.

Auch in der stärkeren Gewichtung von Hotelinvestments oder Logistik sehen die Investoren einen Weg, die Performance ihrer Anlagen zu stabilisieren. Da in diesen Marktsegmenten spezielles Knowhow erforderlich ist, steht dieser nicht allen Investoren offen. Jeder vierte Befragte will sein Portfolio über Hotelbeziehungsweise Logistikimmobilien breiter diversifizieren.

Franzosen legen Sicherheitsorientierung ab

Insgesamt weist vieles darauf hin, dass der erwartete Shift zu risikoreicheren Investments vollzogen wurde und weiter an Breite gewinnen wird. Gegenüber der letzten Umfrage vom Dezember 2014 lässt sich in allen drei Befragungsregionen eine deutlich gestiegene Renditeorientierung beobachten. Insbesondere haben die französischen Investoren ihre seit vielen Jahren dominante Sicherheitsorientierung abgelegt; für 52 Prozent der Befragten ist Rendite jetzt das zentrale Motiv bei Anlageentscheidungen; weit dahinter liegen die Aspekte Sicherheit und Liquidität.

In Großbritannien dominiert der Renditeaspekt am deutlichsten: Für 76 Prozent der Investoren ist Rendite jetzt der Drehund Angelpunkt bei Anlageentscheidungen; bei deutschen Investoren halten sich Rendite- und Sicherheitsorientierung mit jeweils rund 40 Prozent die Waage.

Die Bereitschaft, wieder höhere Risiken in Kauf zu nehmen, erklärt sich aus einer deutlich positiveren Wahrnehmung der Rahmenbedingungen für Immobilieninvestments in den Heimatmärkten. Zudem stufen die Investoren ihre eigene wirtschaftliche Lage gegenüber dem letzten Jahr mehrheitlich (65 Prozent) als verbessert ein, als verschlechtert gerade einmal zwei Prozent.

Investitionsklimaindex im Aufwärtstrend

Seit der letzten Umfrage im Dezember 2014 verzeichnet das Klima für Immobilieninvestments in allen drei Märkten einen leichten Aufwärtstrend. Ausschlaggebend hierfür ist überall der starke Anstieg des Erwartungsindikators. Dieser Teilindikator legte in Frankreich um ganze 10 Punkte zu.

Den größten Optimismus zeigen unverändert die britischen Investoren - der in UK ermittelte Investitionsklimaindex kletterte um 1,2 Punkte und erreicht mit 71,5 Punkten den höchsten der in den drei europäischen Ländern gemessenen Werte. In Deutschland legte der nationale Index um 1,2 Punkte zu und liegt nun bei 69,3 Punkten.

In Frankreich spiegelt sich das zurückkehrende Vertrauen in den eigenen Markt in dem deutlichsten Sprung von 1,9 Punkten wieder. Insgesamt aber bleibt die gemessene Stimmung in Frankreich - abzulesen am nationalen Index mit aktuell 68,3 Punkten - im vierten Jahr in Folge hinter den beiden anderen großen europäischen Immobilienmärkten zurück.

Der Autor Dr. Christoph Schumacher Mitglied der Geschäftsführung, Union Investment Institutional Property GmbH, Hamburg
Dr. Christoph Schumacher , Head of Global Real Estate, Credit Suisse Asset Management, Zürich
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