IMMOBILIE ALS ASSET

WIE KÖNNEN ANTEILE AN IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS WIEDER VERKAUFT WERDEN UND WELCHE CHANCEN GIBT ES FÜR KÄUFER?

Dr. Sven Hellmer, Foto: Lagrange Financial Advisory

Die Potenziale im Zweitmarkthandel von Immobilien-Spezialfonds werden in Deutschland nach Ansicht des Autors noch zu wenig genutzt. Im folgenden Beitrag skizziert er deshalb die im Rahmen des Zweitmarkthandels von institutionellen Fonds zu erwartenden Vorteile für viele Investorengruppen. Dazu gehören unter anderem erhebliche Kostenreduktionen, Arbeitsersparnis, verbessertes Investment-Timing sowie die Möglichkeit der Fortführung eines Fonds mit neuem Anlegerkreis. Im Rahmen der Konzeption des Spezialfonds sei insbesondere darauf zu achten, dass die Voraussetzungen für einen Wechsel eines Investors gegeben sind und das Vertragswerk im Idealfall dafür bereits grundlegende Vorkehrungen getroffen hat. Red.

Immobilien-Spezial-AIF nehmen eine immer wichtigere Rolle bei Lebensversicherungen, Pensionskassen und berufsständische Versorgungswerke ein. Im Unterschied zu Anleihen sind im Bereich Immobilien noch laufende Erträge von durchschnittlich vier bis sechs Prozent per annum nach Fremdkapitalzinsen für Investment-Grade-Immobilien möglich.

In den vergangenen Jahren haben Anlagen in Immobilien erheblich an Bedeutung gewonnen. Inzwischen gibt es rund 500 institutionelle Immobilienfonds (Spezial-AIF) mit einem Volumen von mehr als 130 Milliarden Euro Immobilienvermögen, dazu gehören beispielsweise Wohn-, Büro-, Logistik- oder Handelsimmobilien.

Die Vermögensgegenstände der institutionellen Immobilienfonds werden wie bei Publikumsfonds mindestens einmal jährlich bewertet. Es finden jedoch in Deutschland sehr wenige Transaktionen in Bezug auf die Anteilscheine der Fondsinvestments statt.

Sehr oft warten die institutionellen An leger bis die letzte Immobilie eines Fonds verkauft ist und der Fonds sich nach etlichen Jahren (nach dem Auflösungsbeschluss) aufgelöst hat, um endlich in neue Investments investieren zu können.

Ganz anders ist dies in den angelsächsischen Ländern. 2018 hat der in den USA ansässige Fondsmanager Landmark Kapitalzusagen in Höhe von rund 3,3 Milliarden US-Dollar zur Investition in den Zweitmarkt für Immobilienfondsanteile für den "Landmark Real Estate Fund VIII" erhalten.

Im Jahr 2016 sind mehr als zehn Milliarden US-Dollar in Zweitmarktanteilen von institutionellen Investoren (vorwiegend zwischen US-Investoren und/oder britischen Investoren) gehandelt worden.

Zweitmarkthandel: rege in den USA, überschaubar in Deutschland

Zum endgültigen Durchbruch des Secondary Market verhalf dort der Verkauf von 43 Fondsbeteiligungen des US Pensionsfonds Calpers im November 2015, der rund zwei Millionen öffentlich Beschäftige in Kalifornien in Bezug auf die Altersvorsorge absichert. In Deutschland sieht es eher überschaubar aus. Im März 2018 hat die Swiss Life Versicherung Fondsanteile vom Spezial-AIF "DIC High Street Retail Balance" im Wert von über 200 Millionen Euro im Rahmen einer Zweitmarkttransaktion erworben. Eine weitere Transaktion gab es im November 2018 mit dem Verkauf des Beos Corporate Real Estate Fund, dessen Fondsanteile von den Altfondsanteilinhabern an eine Tochtergesellschaft der Landesbank Hessen-Thüringen verkauft wurde.

Häufig dauert es Jahre, bis die Investmentstrategie in ein diversifiziertes Immobilienportfolio umgesetzt wird und die entsprechenden Mittel abgerufen sind. Allerdings ändern sich das Marktumfeld und/oder das regulatorische Umfeld sowie die Anforderungen an die Investments im Laufe der Jahre. Teilweise werden zudem die vereinbarten Ziele nicht erreicht. Dabei nennen Verkäufer meistens die folgenden Gründe für den Verkauf:

- mangelnde Übereinstimmung der Investoren- und/oder Managerinteressen im Fonds;

- Abweichung von der ursprünglichen Fondsstrategie;

- Repositionierung im Portfoliomanagement, zum Beispiel aufgrund einer Änderung der Sektorpräferenz;

- regulatorisches Umfeld erfordert andere Losgrößen je Fonds;

- vorzeitige Modifizierung beziehungsweise Revision der Investmentstrategie aufgrund von Marktänderungen.

Vielfältige Argumente für Investoren

Gerade für Käufer kann es interessant sein, solche Anteile zu erwerben. Dabei werden erfahrungsgemäß häufig die folgenden Gründe aufgezählt:

- Vermeidung der sogenannten J-Kurve. Gerade im jetzigen Wettbewerbsumfeld kann der Portfolioaufbau sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Diese (Warte-)Zeit verursacht Opportunitätskosten. Warum nicht einfach in ein bestehendes Portfolio einkaufen und umgehend Mieterträge vereinnahmen?

- Eine bestehende Fremdfinanzierung innerhalb des Fonds muss nicht vorfällig aufgelöst oder neu beschafft werden, sondern geht mit dem Erwerb der Fondsanteile über. Dies bedeutet einen erheblichen Zeit- und Kostenvorteil, da die Kosten für die Vorfälligkeitsentschädigung und Bearbeitung beim Fremdkapitalgeber unter Umständen erheblich sein können.

- Eine Übertragung der Fondsanteile löst nicht die üblichen immobilienbezogenen Erwerbsnebenkosten aus. Der Vorgang ist eine einfache Wertpapiertransaktion mit Einigung und Übertragung.

- Die Investoren sind unterschiedlich von der Regulierung betroffen. Dies führt zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Beurteilung des Investmenterfolgs und des internen Verwaltungsaufwands, was wiederum unterschiedliche optimale Losgrößen je Fonds zur Folge hat.

- Gerade wenn ein Fonds durch unterschiedliche Anlegerinteressen blockiert beziehungsweise in der Umsetzung der Investmentpolitik geschwächt ist, kann ein neuer Investor diese Probleme auflösen und so den Fonds wieder auf Erfolgskurs bringen.

- Vor allem das Investment-Timing nimmt eine immer größere Bedeutung ein. Teilweise erfordert es Jahre, bis sich Renditen auf den Immobilien-Investmentmärkten angleichen, während dies auf den Anleihemärkten eine Frage von nur wenigen Wochen ist. Dies ermöglicht eine Überrendite aus der zügigen Reaktion auf Investmenttrends. Während sich die Immobiliensuche und Strategieumsetzung noch über Jahre hinzieht, kann ein zeitnahes Fondsinvestment einen höheren Ertrag er zielen.

- Vermehrt werden sogenannte "Tail-End-Strategien" gesucht, die insbesondere in der Endphase des Fondszyklus für die Käufer interessant sind, da sich die Verkäufer nicht mehr über Jahre mit Fonds in Liquidation auseinandersetzen möchten. Die Käufer können gleichzeitig am Ende der Fondslaufzeit häufig für ihre Geduld noch eine Überrendite erzielen. Transaktionen in der Endphase des Fonds können daher für beide Seiten interessant sein. Die meisten Verkäufe im Rahmen der Secondaries finden erfahrungsgemäß in den letzten zwei bis vier Jahren der geplanten Fondslaufzeit oder sogar danach statt.

In der Regel werden Fonds mit einem Fokus auf ein Land gehandelt. Die Ausnahme dazu bilden Mehrländerfonds. Insgesamt ist bei der Abwicklung ein Transaktionszeitraum von sechs bis zwölf Wochen üblich. Die Transaktionen bewegen sich mehrheitlich in einer Größenordnung von 5 bis 30 Millionen Euro je Fondsanteil.

Drei etablierte Bewertungsverfahren für Fondsanteile

Üblicherweise werden die Fondsanteile in Prozent zum Nettoinventarwert (Net Asset Value, NAV) gehandelt. Die folgenden Bewertungsverfahren kommen dabei zur Anwendung:

- Discounted-Casflow-Methode auf Basis eines langfristigen Prognosezeitraums;

- aktuelle Markteinschätzung von Vergleichstransaktionen in Bezug auf die Verkaufspreise und Mieten (Vergleichswertverfahren);

- aktueller Verkehrswert gemäß dem letzten Gutachten als Referenzwert (Ertragswertverfahren), wobei den beiden anderen Verfahren ebenfalls eine sehr wichtige Bedeutung seitens der Marktteilnehmer eingeräumt wird.

Voraussetzungen im Rahmen der Fondskonzeption

Die Transaktionspartner und häufigsten Marktteilnehmer sind analog zu den Primärmarkttransaktionen Pensionsfonds, Versicherungen, Asset Manager und auf Käuferseite Dachfonds beziehungsweise Zweitmarktfonds. Eine höhere Marktliquidität in diesem Bereich würde die Marktchancen für alle Beteiligten erhöhen und der Professionalisierung der Assetklasse Immobilie weiteren Schub verleihen. Der Spezialfonds sollte von Anfang an so konzipiert sein, dass allen Investoren sowie auch dem Manager bewusst ist, dass die Voraussetzungen für einen Wechsel eines Investors gegeben sind und das Vertragswerk im Idealfall dafür bereits grundlegende Vorkehrungen getroffen hat. Dies könnten zum Beispiel bestimmte Klauseln in der Geschäftsordnung für den Anlageausschuss sein.

Typischerweise werden die Fondsanteile über einen Broker beziehungsweise Transaktionsberater mit entsprechender BaFin-Lizenz gehandelt, der vom Verkäufer in der Regel beauftragt wird. So wird gewährleistet, dass der Name des Verkäufers des Fondsanteils erst bei Nachweis eines berechtigen Interesse eines Käufers offen gelegt wird. Dies bringt Vorteile für alle Beteiligte und gewährleistet eine vertrauliche, sichere und zügige Transaktion. Der Fondsanteil selbst wird dann einfach im Depot übertragen.

Insgesamt würden durch die Möglichkeit des Zweitmarkthandels viele Investorengruppen wesentliche Verbesserungen erwarten. Der Zweitmarkthandel für institutionelle Fonds bringt erhebliche Kostenvorteile (Transaktionskosten), Arbeitsersparnisse (Erhalt der bestehenden Fremdfinanzierungen), Vorteile beim Investment-Timing und bei Portfolioumschichtungen sowie die Möglichkeit der Fortführung eines Fonds mit neuem Anlegerkreis.

DER AUTOR DR. SVEN HELMER Geschäftsführer, Lagrange Financial Advisory GmbH, Frankfurt am Main
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