Die Entscheidung vom 25. März 2021 (Aktenzeichen IX ZR 70/20) ist für Immobilienkäufer von großer Bedeutung, da die Vormerkung bei der Übereignung einer Immobilie oder eines Grundstücks eine maßgebliche Rolle spielt (siehe Infokasten). Die Situation für den Vormerkungsberechtigten, der bislang nur eine Erwerbschance, aber keinen vollständigen Kaufvertrag hat, hat sich durch die Entscheidung des BGH entscheidend verbessert. Vormerkungen in Immobilienkaufverträgen können auch für künftige Ansprüche insolvenzfest sein.
Im Fall klagten die Eltern eines Schuldners gegen Gläubiger ihres Sohnes. Der hatte seinen Eltern im November 2012 ein unbefristetes und unwiderrufliches Kaufvertragsangebot über sein Hausgrundstück unterbreitet. Um den Anspruch der Eltern auf Übereignung zu sichern, wurde in das Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Als Kaufpreis haben die Eltern lediglich die auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte übernommen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes liegt der Wert des Grundstücks jedoch deutlich höher. Nun gingen bis Oktober 2014 fast zwei Jahre ins Land. Zu diesem Zeitpunkt erlangten die Gläubiger des Sohnes ein rechtskräftiges Zahlungsurteil über rund 230 000 Euro gegen diesen. Im Dezember 2014 nahmen die Eltern dann das Kaufvertragsangebot ihres Sohnes für sein Hausgrundstück an. Im April 2015 wurde zugunsten der Gläubiger des Sohnes eine Zwangssicherungshypothek auf dem Hausgrundstück des Sohnes eingetragen, das der aber ja bereits an die Eltern verkauft hatte. Im Oktober 2015 wurden die Eltern als Eigentümer eingetragen. Die Eltern haben die beklagten Gläubiger nun dahingehend in Anspruch genommen, dass sie in die Löschung der Zwangssicherungshypothek einwilligen. Die Gläubiger des Sohnes machen widerklagend die Anfechtung "der Auflassungsvormerkung sowie der Auflassung" geltend. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage im Wesentlichen stattgegeben. Die Revision vor dem Bundesgerichtshof führte nun jedoch zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Keine Schenkungsanfechtung
Juristisch betrachtet sind bei der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zwei Punkte von Bedeutung. Erstens, der Zeitraum zwischen der Antragstellung und der Sicherung eines künftigen, unentgeltlichen Anspruchs - in diesem Fall die Auflassungsvormerkung zugunsten der Eltern. Kurz zusammengefasst: Eine Schenkungsanfechtung ist laut BGH nicht möglich, da die Anfechtung erst im Juni 2018 und damit mehr als vier Jahre (Vier-Jahres-Frist) nach dem maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt ist. Dies sei nicht der Zeitpunkt der Auflassung (Oktober 2015), sondern der Zeitpunkt der Vormerkung im November 2012. Daher sei die erst im Juni 2018 eingereichte Widerklage zu spät.
Zweitens, es verbleibt eine mögliche Vorsatzanfechtung. Kurz dargestellt: Bei der Vormerkung handelt es sich um die Gewährung einer Sicherung im Sinne von § 3 II des AnfG, die nur innerhalb der Vier-Jahres-Frist angefochten werden kann. Gleichwohl sei im konkreten Falle eine Anfechtung innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 3 I AnfG nicht ausgeschlossen. Zur Klärung der Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung verwies der Bundesgerichtshof den Fall zurück an das Berufungsgericht.
Unternehmen, die regelmäßig Immobilien oder Grundstücke kaufen und/oder verkaufen, haben auf Basis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle der Insolvenz des Schuldners mehr Sicherheit bei ihren Deals - insbesondere im Hinblick auf die Verfügungsbeschränkungen des Schuldners, die durch die Insolvenzeröffnung eintreten beziehungsweise mögliche Insolvenzanfechtungsansprüche hinsichtlich von Verfügungen, die im Vorfeld der Insolvenz vorgenommen wurden.
Dabei muss es sich nicht unbedingt um eine Schenkungsanfechtung handeln. Dies gilt auch dann, wenn die Käufer ihrerseits zum Kauf noch nicht verpflichtet sind, sondern ihnen lediglich eine Option zum Erwerb zusteht - also der eigentliche Kaufvertrag noch gar nicht zustande gekommen ist. Im konkreten Fall ist für die Gläubiger zwar noch nicht alles verloren, jedoch sind die Voraussetzungen für eine Vorsatzanfechtung deutlich schwieriger nachzuweisen, als die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung. Insoweit sollte ein Gläubiger - der ohnehin eine Vermögensverschiebung befürchtet - aufmerksam sein und eine Anfechtung nach Möglichkeit immer innerhalb der Vier-Jahres-Frist des § 4 AnfG geltend machen.