FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

ZUM NUTZEN DIGITALER PLATTFORMEN IM CORPORATE REAL ESTATE UND FACILITY MANAGEMENT

Ralph Büchele, Foto: Lexip GmbH

Im Zeichen zunehmender Relevanz der Digitalisierung der Geschäftsprozesse im Corporate Real Estate Management (CREM) und Facility Management (FM) haben die Untenehmensberatung Roland Berger und der Verband RealFM e.V. eine gemeinsame Umfrage zum Thema digitale Plattformökonomie durchgeführt, deren Ergebnisse in einer Studie mit dem Titel "Inhalte und Nutzen einer digitalen Plattform im Corporate Real Estate und Facility Management (CREM und FM)" zusammengefasst wurden. Die Studie untersucht Potenziale und Anforderungen für Plattformgeschäftsmodelle im Facility Management, um geeignete Anwendungsbereiche und Eckpunkte für eine mögliche Ausgestaltung zu erarbeiten. Sowohl Anbieter als auch Nachfrager von Facility Services (FS) in Deutschland wurden dazu angesprochen und befragt. Der Autor stellt im Folgenden die Kernergebnisse der Untersuchung vor. Red.

Plattformgeschäftsmodelle wie zum Beispiel Alibaba, Ebay, Amazon und Netflix gewinnen seit einigen Jahren immer mehr an Bedeutung und erschließen zahlreiche Branchen. Einfache ökonomische Plattformen gibt es bereits seit langem in der analogen Welt - hier treffen sich Käufer und Verkäufer. Neu an den digitalen Plattformen ist der Fokus auf Interaktion, die Nutzung von Netzwerkeffekten, der Aufbau digitaler Ökosysteme, ihre globale Dimension und die geringen Transaktionskosten.

Ökonomische Prinzipien sowie das Interaktionsverhalten der Märkte und Unternehmen verändern sich dabei nachhaltig, schaffen innovative und digitale Leistungsangebote (zum Beispiel durch Sektorkopplung im Bereich Wohnen, Energie, Mobilität) und ermöglichen den Markteintritt neuer Akteure (zum Beispiel Proptech-Unternehmen). In der Immobilienwirtschaft stehen die Digitalisierung und die Etablierung datengetriebener Geschäftsmodelle noch am Anfang.

Vielversprechendes Potenzial

Sowohl Anbieter als auch Nachfrager von Facility Services in Deutschland bestätigen in der Studie* deutlich die Eignung von digitalen Plattformen im Corporate Real Estate und Facility Management. Aus Sicht der Marktteilnehmer sollten sich digitale Plattformen auf die Funktion als Transaktionsplattform und zum Angebot von Smart Services konzentrieren. Die Entwicklung hin zu umfassenden digitalen Ökosystemen wird erst zu einem späteren Zeitpunkt erwartet und empfohlen.

Entlang der immobilienwirtschaftlichen Wertschöpfungskette werden die Datenbereitstellung, die Bewertung der Leistungserbringung sowie die Ausschreibung als sehr relevant für digitale Plattformen eingeschätzt. Lediglich der Vertragsabschluss erscheint aus Teilnehmersicht weniger geeignet. Hierbei sind rechtliche Anforderungen und deren Absicherung ein wesentlicher Grund. Sowohl Anbieter als auch Nachfrager von Facility Services sehen den reduzierten administrativen Aufwand als einen der wichtigsten Vorteile in der Nutzung von digitalen Plattformen. Nachfrager erwarten zudem eine schnellere Vertragsabwicklung, insbesondere auch für unplanbare Leistungen und die Beseitigung von Reklamationen und Mängeln. Die Unternehmen der Branche erwarten zudem zusätzliche vertriebliche Perspektiven und Vorteile.

Abbildung 1: Eignung digitaler Plattformen entlang der Wertschöpfungskette* (in Prozent) Quelle: Roland Berger und RealFM

Häufig fehlen allerdings in den Unternehmen noch die technischen und regulatorischen Voraussetzungen für einen automatisierten und digitalen Ablauf in der Beschaffung, Abwicklung und Steuerung von Facility-Management-Leistungen. Bisher besteht zudem in der FM-Branche wenig Erfahrung in der Nutzung digitaler Plattformen. Die Integration von digitalen Plattformen findet derzeit kaum statt, die Nutzung digitaler Plattformen in der Immobilienwirtschaft hat erst begonnen. Befragt nach der Bekanntheit und dem Nutzen sticht lediglich die Plattform Wework für Büroflächen im Vergleich mit anderen Plattformen der Immobilienwirtschaft in Bekanntheit und Nutzung heraus.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Konzeption einer digitalen Plattform ist die Ausgestaltung der Eigentümer- und Betreiberfunktion. FS-Anbieter sehen als präferierten Eigentümer beziehungsweise Betreiber große Unternehmen der Nachfragerseite (CREM), während FS-Nachfrager Technologiekonzerne vorziehen würden. Um Anbietern und Nachfragern möglichst gerecht zu werden, sollten digitale Plattformen präferiert von Facility-Services-Anbietern betrieben werden. Hier zeigt die Studie eine starke Übereinstimmung von beiden Seiten hinsichtlich der Eignung. Insbesondere bei den FS-Anbietern gibt es eine relativ konservative Grundhaltung bezüglich der Eignung von Technologie- und Proptech-Unternehmen, wohingegen die Nachfrager insbesondere aus dem Industriesektor gerade diese Unternehmen als präferierte Eigentümer beziehungsweise Betreiber für digitale Plattformen einstufen.

Ausgestaltung als Erfolgsfaktor

Grundsätzlich besteht auch eine klare Zahlungsbereitschaft der Akteure für die Nutzung von digitalen Plattformen. Provisions- und Lizenzmodelle sind die empfohlenen Erlösmodelle, wobei FS-Anbieter eher Letzteres bevorzugen. Die Chance zur Entwicklung kommerzieller Geschäftsmodelle im Bereich der Plattformökonomie im Facility Management wird damit klar bestätigt. Kooperationen oder Sharing-Modelle sind keine wirklichen Alternativen aus Sicht der Marktteilnehmer. Angepasste Methoden für die Ableitung von Leistungsniveaus und für die Einschätzung von Aufwandstreibern könnte die Bereitschaft zur Finanzierung von Umsetzung und Betrieb digitaler Plattformen sogar noch weiter steigern.

Abbildung 2: Präferierte Erlösmodelle* (in Prozent) Quelle: Roland Berger und RealFM

Insbesondere die Akkreditierung der Anbieter von Facility Services stellt eine wichtige Voraussetzung für die Nutzung digitaler Plattformen dar. Die Kenntnis und Transparenz über den jeweiligen Vertragspartner wird als wichtige Voraussetzung für eine Zusammenarbeit über digitale Plattformen im FM und CREM gesehen. Die Anforderungen unter anderem hinsichtlich vertrauensbildender Maßnahmen sind bei digitalen Plattformen im B2B-Bereich signifikant höher als im B2C-Bereich. Die Akkreditierung ist sowohl für FS-Anbieter als auch für FS-Nachfrager wichtig: Den FS-Anbietern gelingt es damit, ihren Qualitätsanspruch zu signalisieren und die Vertrauensbasis zu stärken. Durch die unabhängige Akkreditierung der Nachfragerseite kann Seriosität und Zahlungsfähigkeit gegenüber dem Dienstleister bestätigt werden.

Leistungsangebot und Umsetzung richtig gestalten

Leistungsbilder mit geringer Komplexität und wenig Interaktionsbedarf mit dem Kunden sind laut Studienergebnis besonders geeignet für die Abwicklung über digitale Plattformen. Das sind etwa infrastrukturelle Facility Services oder hochgradig standardisierte Leistungen, wie beispielsweise Fuhrpark- und Flächenmanagement. Leistungen mit hohem Interaktionsbedarf (Betreiben, Inspektion, Umbau und Sanierung et cetera) sind dagegen nicht unter den Top-30 der präferierten Leistungsbilder. Mit einer weiteren Standardisierung von Leistungsbeschreibungen, Service Levels und einer besseren Datentransparenz kann die Eignung noch deutlich verbessert werden - hier sollten weitere Impulse innerhalb der Branche gesetzt werden.

Die technische Integration in die bestehenden IT-Systeme wird als größte Hürde bei der Umsetzung und der Nutzung von Plattformen im FM gesehen. Mit deutlichem Abstand folgen Datenschutz, IT-Governance, Komplexität der Leistungsbeschreibung und mangelndes Vertrauen als Hürden. Die Abstimmung mit den IT-Verantwortlichen in den Unternehmen für den Einsatz von digitalen Plattformen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Im Bereich Datenschutz sind geeignete Technologien und Lösungen noch zu entwickeln. Es ist empfehlenswert, mit den Verantwortlichen für CREM, FM und IT-Governance frühzeitig eine gemeinsame Abstimmung bezüglich der Umsetzung zu führen.

Abbildung 3: Herausforderungen für den Einsatz digitaler Plattformen* (in Prozent, Anzahl der Nennungen in Klammern) Quelle: Roland Berger und RealFM

Viele Voraussetzungen sind noch nicht erfüllt

Zusammenfassend zeichnet sich sowohl aus Sicht der Anbieter als auch der Nachfrager im FM und CREM ein klares Bild: Die Potenziale für digitale Plattformen sind enorm. Es wird prognostiziert, dass bis 2025 ein Volumen von rund 50 Milliarden Euro an digitalen Facility Services dafür geeignet ist, über Plattformen abgewickelt zu werden.

Die Voraussetzungen für den Einsatz von digitalen Plattformen sind teilweise aber noch nicht geschaffen. Es fehlen beispielweise noch bessere Standards für Daten und Leistungen. Zudem sind die Kernprozesse häufig noch nicht ausreichend digitalisiert. Das bedeutet: Klarheit über den Austausch von Daten, die Akkreditierung von Vertragspartnern, die Rollen und Verantwortungen für die Nutzung der Plattformen sowie Standards für digitale Beauftragungen und Leistungsabnahmen sind noch zu schaffen.

Fußnote

* Die Studie ist über die RealFM-Geschäftsstelle in digitaler Version als PDF-Dokument für RealFM-Mit glieder kostenfrei und für Nichtmitglieder zu einem Preis von 59 Euro zzgl. MwSt. zu beziehen.

DER AUTOR RALPH BÜCHELE Partner, Roland Berger GmbH, München
Ralph Büchele , Partner, Roland Berger GmbH, München

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