INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

QUALITÄTS- UND REIFEPRÜFUNG FÜR ASSET MANAGER

Markus Reinert, Foto: C Immobilien Gruppe

Für Immobilieninvestments in Deutschland bestehen nach Einschätzung des Autors unverändert gute Voraussetzungen. Die Märkte seien indes dynamischer, ausdifferenzierter und komplexer als je zuvor. Immer mehr Akteure handelten dabei marktrelevante Objekte in immer kürzeren Zeiträumen. Ob einem Investor, der momentan Assets hinzukauft, mit einer stabilen Wertschöpfung rechnen darf, hänge daher maßgeblich von den Künsten des Asset Managements ab. Angesichts der zunehmenden Komplexität hält er dabei die Formulierung fester Leitsätze für den gesamten Lebenszyklus eines Objekts obsolet. Stattdessen müssten die Strategien immer wieder nachjustiert und manchmal sogar komplett neu konzipiert werden. Es warten also große Herausforderungen auf die "Königsdisziplin" der Immobilienwirtschaft. Red.

Weiterhin hohe Transaktionsvolumina, ein anhaltender Nachfrageüberhang seitens der Mieter und Käufer sowie eine solide Wirtschaftslage - das sind die wichtigsten Faktoren, weshalb die deutschen Gewerbeimmobilienmärkte nach wie vor als sicherer Anlagehafen geschätzt werden. Selbst eine moderate Zinswende dürfte daran nichts ändern. Bedeuten diese Rahmenbedingungen also, dass sich die Branche entspannt zurücklehnen und auf einen Traumstart ins nächste Jahrzehnt freuen kann?

Steigende Dynamik am Transaktionsmarkt

Ganz im Gegenteil. Denn obwohl die Märkte nach wie vor viel Potenzial bieten, wird es immer komplizierter, dieses zu heben. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Transaktionsvolumen nicht nur verdreifacht (und dies ausschließlich für den gewerblichen Bereich betrachtet), auch die Dynamik der Märkte hat deutlich zugenommen. Immer mehr Akteure handeln marktrelevante Objekte in immer kürzeren Zeiträumen. Während die wirtschaftlichen und demografischen Fundamentaldaten als auch die für die gewerblichen Immobilienmärkte spezifischen Grundvoraussetzungen in eine eindeutige Richtung weisen, gestalten sich detaillierte Prognosen immer schwieriger.

Diese zunehmende Komplexität sorgt dafür, dass sich Investment- und Objektstrategien nicht von vornherein als feste Leitsätze für den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie formulieren lassen. Vielmehr müssen die Strategien immer wieder nachjustiert und manchmal sogar komplett neu konzipiert werden. Es gilt der Leitsatz: "Investieren, arbeiten, anpassen, repeat." Je nach Immobilie auch mit Abwandlungen und Ergänzungen in der Reihenfolge. Inwieweit Investoren langfristig von einem jetzt getätigten Investment profitieren können, ist dabei unter anderem maßgeblich vom Asset Management abhängig.

Paradebeispiel Value-Add-Immobilien

Ein wichtiges Beispiel für die komplexen Herausforderungen für das Asset Management findet sich im Value-Add-Segment. Vor dem Hintergrund, dass in einigen Metropolen inzwischen auf den Büromärkten faktisch Vollvermietung herrscht, ist es nicht nur sinnvoll, sondern tendenziell äußerst lukrativ, Objekte mit (Teil-)Leerständen wieder marktgängig zu entwickeln und zu positionieren.

Inzwischen sind aber auch in diesem Segment die Investmentmärkte umkämpft, der Zugang zum geeigneten Produkt begrenzt. Asset und Investment Manager können hierbei die entscheidenden Stellschrauben drehen: erstens, indem sie Marktzugänge herstellen; zweitens ein geeignetes Konzept entwickeln, um die Immobilie im Rahmen einer kleinen Projektentwicklung beziehungsweise eines Refurbishments langfristig vermietbar und drittverwendungsfähig zu machen; und drittens können sie durch die gezielte Auswahl von beteiligten Subdienstleistern die Qualität der Arbeiten steigern und Einsparungen erreichen - schließlich sind die Baukosten regelrecht explodiert. In einigen Städten sind sie gar um etwa ein Viertel innerhalb des vergangenen Jahres gestiegen.

Anspruchsvolle Aufgaben abseits der A-Standorte

Dem Asset Management kommt eine besonders wichtige Schlüsselfunktion zu, wenn es um Investments jenseits der Topstandorte geht. Diese sind zwar häufig mit kleineren Einzelvolumina, also verhältnismäßig mehr Verwaltungsaufwand verbunden, bieten grundsätzlich allerdings höhere Ankaufsrenditen und größere Wertsteigerungspotenziale. Denn schließlich sind die Möglichkeiten zur Mietpreissteigerung vielfach deutlich ausgeprägter als an den A-Standorten.

Gleichzeitig sind die Marktliquidität und die Anzahl infrage kommender Mieter geringer, weshalb das Risikoprofil tendenziell höher ausfällt. Das Asset Management muss also die Herausforderung bewältigen, gleichzeitig die Wertschöpfung der Immobilie und das Risikoprofil für den Investor durch konzertierte Maßnahmen zu optimieren.

Um das zu erreichen, ist für Asset Manager eine andere Herangehensweise als an den Topstandorten erforderlich. Die wichtigsten lokalen Akteure und Dienstleister sind - anders als in den Metropolen - oft nicht zu großen Unternehmen oder Verbänden zusammengeschlossen. In diesen Fällen müssen Asset Manager deutlich kleinteiliger netzwerken und auf diese Weise regionale Teilnetzwerke aufbauen als in den Metropolen.

Das kostet Zeit und Aufwand, ist aber infolge der wachsenden Internationalisierung der Investmentmärkte wichtig. Regionalisierung und Globalisierung gehen Hand in Hand, inzwischen gehören beispielsweise Investoren aus dem amerikanischen oder asiatischen Raum durchaus zu den potenziellen Interessenten für ein Investment an den deutschen Sekundärstandorten. Während die internationalen Akteure auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt mittlerweile mit den Eigenheiten der einzelnen Metropolen vertraut sind, handelt es sich bei den kleineren Sekundär- und Tertiärstandorten wie Heilbronn oder Eisenhüttenstadt häufig um unbekanntes Terrain.

Trendthemen auf Objektebene analysieren

Das trifft in gewisser Hinsicht ebenso auf die internationalen Großmakler und Asset-Management-Gesellschaften zu, die in Deutschland aktiv sind. Entsprechende überregionale Expertise wird erst nach und nach aufgebaut oder muss eingekauft werden.

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Bedingungen auf den Immobilienmärkten grundlegend geändert sowie die Art und Weise, wie Flächen genutzt werden. Wichtige Stichworte für den Bürobereich sind beispielsweise neben Coworking und Well-Being auch Compliance und Nachhaltigkeit bei der Mieterauswahl. Generell gilt, dass ein Vermieter, der flexible Vermietungsmodelle mit einer hohen Flächenqualität bieten kann, in vielen Fällen auf eine höhere Mietertreue hoffen darf. Im Hinblick auf immer kürzere Mietvertragslaufzeiten im Büro- und Einzelhandelssegment ist diese vertragliche Flexibilität ebenfalls wichtig - und eine Chance, um Alleinstellungsmerkmale für das jeweilige Objekt zu generieren.

Doch es existieren deutliche Unterschiede innerhalb der verschiedenen Mikro- und Makrolagen. Für einzelne Unternehmen mögen zwar an einem B-Standort Open-Space-Bürokonzepte mit buchbaren Zusatzservices und einer modernen Kantine höchste Priorität besitzen. Für Investoren hingegen besteht bei vielen Objekten ein deutlich geringerer Druck, die dafür nötigen Umbaumaßnahmen zu finanzieren. Dasselbe gilt für das Thema Smart Building und die Nachrüstung mit digitaler Sensortechnik.

Standards etablieren - online und offline

Ähnliches gilt für die internen Prozesse der Asset-Management-Gesellschaften. Die einzelnen Akteure analysieren ausführlich, welche Abläufe sich modernisieren lassen und welche IT-Lösungen dafür benötigt werden. Die wenigsten Asset Manager digitalisieren einfach "drauflos". Es geht vielmehr darum, übergreifende Qualitätsstandards zu etablieren - online wie offline.

Zunächst werden die Schnittstellen zwischen den Aufgabengebieten vom Investment Management bis hin zur Buchhaltung identifiziert und anschließend mit passenden IT-Lösungen digital gestützt. Einheitliche Standards und miteinander abgestimmte Vorgehensweisen ermöglichen es dabei, ein Instrumentarium zu liefern, aus dem sich wiederum individuelle Maßnahmen je nach Mandat ableiten lassen. In einer sich ständig verändernden Marktsituation wie der aktuellen entstehen zudem wichtige Geschwindigkeitsvorteile, die den Wert eines Immobilieninvestments für einen An- oder Verkauf maßgeblich beeinflussen können.

Interner Strukturwandel ist notwendig

Alles in allem bieten die Immobilienmärkte in Deutschland auch im Jahr 2019 viele interessante Möglichkeiten für Investoren, in unterschiedlichen Assetklassen und an verschiedenen Standorten mit guten Zukunftsaussichten zu investieren. Wie gut diese Möglichkeiten jedoch ausgeschöpft werden, und ob eine Immobilie im kommenden Jahrzehnt durchweg gut performt, hängt stärker denn je vom Management ab.

Für Asset Manager ist das gleichsam eine Qualitäts- und Reifeprüfung. Um die gesteigerten Anforderungen des Marktes und der Investoren abdecken zu können, ist ein interner Strukturwandel und das stetige Hinterfragen der einzelnen Prozesse nötig. Wer das versäumt und alles beim Status quo belässt, könnte mittelfristig auf der Strecke bleiben. Alle anderen hingegen dürfen sich auf weiterhin sonnige Zeiten freuen.

DER AUTOR MARKUS REINERT Vorsitzender des Vorstands, IC Immobilien Holding AG, Frankfurt am Main
Markus Reinert , Vorsitzender des Vorstands, IC Immobilien Holding AG, Frankfurt am Main
Noch keine Bewertungen vorhanden


X