INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

REGULATORIK ALS DATENKOSTENTREIBER: LOHNT SICH DIE MASTER-KVG NOCH?

Philipp Ellebracht Quelle: Schroders Real Estate

Vor rund fünfzehn Jahren begann mit dem Inkrafttreten des (inzwischen durch das KABG abgelösten) Investmentgesetzes (InvG) die Erfolgsstory der Master-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Master-KVG). Das Konzept ermöglicht die zentrale Verwaltung segmentierter Spezialfonds und hat sich dank diverser weiterer Vorzüge fest in der deutschen Fondlandschaft - auch im Bereich der Immobilien - etabliert. Nichtsdestotrotz sieht der Autor schwere Zeiten auf die Master-KVG zukommen. Infolge der immer detaillierteren Datenanforderungen wird sich seiner Ansicht nach der bislang gegebene Kostenvorteil des Modells auflösen und zu einer Konsolidierung in der Branche führen. Institutionelle Investoren sollten vor diesem Hintergrund noch einmal genau überlegen, ob die Master-KVG tatsächlich die richtige Lösung für ihre Assets darstellt. Red.

Die Master-Kapitalverwaltungsgesellschaft (Master-KVG) gilt in der Regel als Rundum-sorglos-Paket für institutionelle Investoren: Sie übernimmt für den Investor als integrierte, in sich geschlossene Bewertungseinheit die Verwaltung eines Investmentvermögens mit verschiedenen Segmenten beziehungsweise verschiedener Investmentvermögen und bündelt diese, meist als Spezialfonds strukturierten Bestände, unter einem administrativen Dach in einem oder mehreren Masterfonds. Diese Form der Vermögensverwaltung hat auch im Anlageuniversum der Immobilienbranche in der vergangenen Dekade auf breiter Front Einzug gehalten.

Das von Master-KVGen verwaltete Vermögen deutscher Spezialfonds über alle Assetklassen hinweg lag Ende 2017 bei 1,1 Billionen Euro, zwei Jahre zuvor waren es noch rund 960 Milliarden Euro, wie eine Studie ("Aktuelle Entwicklungen auf dem deutschen Spezialfondsmarkt aus der Sicht von Anbietern, Asset Managern und Investoren 2017/2018") der Ratingagentur Telos zeigt. Diese Studie macht die zunehmend komplexe Regulatorik und die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank für den Trend zur Master-KVG verantwortlich.

Die Entscheidung für oder gegen eine Master-KVG ist vielschichtig und sollte immer, gerade im Immobilienbereich, mit einem wirklich langfristigen Planungshorizont getroffen werden. Das Zünglein an der Waage für eine Entscheidung des Anlegers, ob für die Immobilienanlagen eine Master-KVG eingesetzt werden soll oder nicht, ist momentan vor allem das Anforderungsprofil an die Datenqualität und Granularität. Die Erfüllung der zunehmend steigenden Anforderungen der Detailtiefe ist dabei für Master-KVGen langfristig alternativlos, denn die Nachfrage stammt von den Investoren selbst. Im Zuge der Professionalisierung der Branche haben sich hier nachhaltige Veränderungen ergeben.

Reduzierung der Komplexität

Klar ist: Das Management der Kapitalanlage beziehungsweise Teilen der Kapitalanlage über die zentrale Plattform einer Master-KVG hat für institutionelle Investoren einige Vorteile. Da ist zum einem das Fonds-Reporting aus einer Hand und in einheitlichem Format über alle Anlageklassen und Investments hinweg. Damit verringert die Master-KVG den administrativen Aufwand und die Komplexität für den Investor deutlich. Einziger Vertragspartner des Investors ist die Master-KVG als Plattform; die vertraglichen Beziehungen zu den einzelnen (unregulierten oder ihrerseits als KVG regulierten) Asset Managern bestehen hingegen mit der Master-KVG und nicht mit dem Investor.

Die Master-KVG übernimmt daher unter anderem die Vertragsausgestaltung, gesetzlich erforderlich werdende Anpassungen und die Schnittstellenanbindung aller Asset Manager sowie aller weiteren Beteiligten, etwa der erforderlichen Berater. Zudem prüft sie die Performance und die Einhaltung der gesetzlichen Anlagerichtlinien und übernimmt auch das Meldewesen. Die Bündelung der Kapitalanlagen zu einer Bewertungseinheit reduziert zudem die Volatilität über das Gesamtportfolio und dämpft so mögliche Abschreibungsrisiken.

Große Herausforderungen beim Thema Datentiefe

Das Auswechseln eines einzelnen Asset Managers kann über eine Master-KVG leichter fallen. Im Immobilienbereich löst das Auswechseln eines Asset Managers, der nicht Eigentümer der Immobilien ist, keine Grunderwerbsteuer aus. In vielen Fällen ist die Master-KVG obendrein scheinbar günstiger, sofern sie Skaleneffekte über verschiedene Investmentvermögen oder Segmente eines Investmentvermögens hinweg realisieren kann. Trotz aller Vorteile ist aber auch bei der Master-KVG nicht alles Gold, was glänzt. Es gibt einige Themen, über die sich jeder Einzelinvestor sehr genau im Vorfeld informieren sollte.

Zunächst einmal ist das eigentlich positiv zu bewertende, einheitliche Reporting der Master-KVG kein Garant für eine ausreichend gute Datenqualität beziehungsweise den erforderlichen Detailierungsgrad der aufbereiteten Informationen. In der Immobilienwirtschaft etwa steigt die Nachfrage nach Daten mit hoher Granularität - nicht zuletzt deswegen, weil sich die Branche über die vergangenen Jahre stark professionalisiert hat. Die institutionellen Investoren selbst sind hier die treibende Kraft.

Sie wollen längst nicht mehr nur die Performance des Gesamtportfolios sehen, sondern Daten über die einzelnen Bestände oder gar zu individuellen Immobilien abrufen können. Das reicht bis hin zur Dauer der konkreten Mietverträge oder Informationen zu Mietrückständen in bestimmten Objekten. Genau in diesem Punkt kann die Master-KVG für die Investoren die größte Planungsunsicherheit in sich bergen. Häufig werden die Daten nur auf Fondsebene geliefert, während genaue Details auf der Ebene der einzelnen Immobilien fehlen können. Dabei haben Informationen, wie zum Beispiel die genaue Ausgestaltung der Mietverträge in unterschiedlichen Ländern, einen großen Einfluss auf den Wert der Immobilie.

Investoren sollten das Vertragswerk genau überprüfen

Um derartige Daten erstellen zu können, benötigt die Master-KVG die entsprechende Datenbereitstellung durch die einzelnen Asset Manager. Nur wenn diese Bereitstellung in gleicher hoher Qualität und in gleicher Form sichergestellt ist, kann die Master-KVG ihrerseits die entsprechenden Informationen in der geforderten Qualität für die Investoren aufbereiten. Investoren sollten daher das Vertragswerk genau auf absehbare Anforderungen und die gebotene Flexibilität im Hinblick auf die Entwicklung der Granularität von Daten auf Immobilienebene prüfen.

Sollte sich ein Marktstandard mit einem hohen Anteil an granularen Immobilien-Einzelinforamtionen durchsetzen, ist dies mittel- bis langfristig für eine Master-KVG nur mit Mehrleistungen abzufangen, die in der Regel nicht "umsonst" sind. Zu begrüßen wäre eine größere Detailtiefe für die Investoren und die Branche in jedem Falle, da Transparenz grundsätzlich mehr Vertrauen schafft.

Absehbarer Verlust des Kostenvorteils

Diese immer detaillierteren Datenanforderungen werden in absehbarer Zeit den Kostenvorteil der Master-KVG auflösen. Bereits bei der Einführung der Master-KVGen war eine der großen Fragen, ob sich das neue Geschäftsmodell auch auf Dauer rechnet. Laut der Telos-Studie lagen die erhobenen Gebühren zu Beginn noch im hohen einstelligen Basispunktbereich, En-de 2016 waren sie auf durchschnittlich 4,0 Basispunkte gefallen.

Ein Jahr später, Ende 2017, waren es dann nur noch 3,75 Basispunkte. Während die Gebühren anfangs noch die zu stemmenden Erstinvestitionen abdeckten, ist das Geschäftsmodell durch die rasante Markt- und Konkurrenzentwicklung und die - teilweise nicht ganz absehbaren - Nachinvestitionen unter Druck geraten.

Auch regulatorische und steuerliche Vorgaben haben die Ertragserosion begünstigt, etwa steuerliche Anpassungen, die im Rahmen des am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Investmentsteuergesetz erfolgt sind. Trotz des aufgrund höherer Kosten immer stärker werdenden Margendrucks hat der unerbittliche Preiskampf zwischen den Master-KVGen bisher zu einer erstaunlichen Zurückhaltung bei der Gebührenpolitik geführt. In Zukunft bleibt aber der Master-KVG wegen der bereits jetzt knappen Kalkulation wohl keine Alternative, als die höheren Kosten für genauere Daten direkt an den Kunden weiterzugeben. Alles andere wäre nicht mehr profitabel.

Die Regulatorik trifft natürlich auch Asset Manager beziehungsweise "normale" KVGen direkt. Und auch für sie sind detailliertere Daten teuer. Allerdings haben sie zwei entscheidende Vorteile: zum einen liegt ihnen die notwendige Datenbasis bereits vor. Zum anderen können sie eine weitere Aufbereitung der einzelnen Informationen im Rahmen einer Gesamtkalkulation besser abfedern. Das bietet für den Investor eine größere Kontrolle über die Kosten.

Trugschluss des leichten Wechsels

Auch die vermeintliche Flexibilität bei der Auswahl des Asset Managers birgt einen Nachteil in sich. Zwar kann über eine Master-KVG-Struktur ein einzelner Asset Manager relativ leicht ausgetauscht werden, das Wechseln der Master-KVG selbst ist jedoch mindestens genauso schwierig wie der Austausch einer "normalen" KVG - birgt im Zweifel wegen der schieren Asset-Konzentration jedoch höhere Risiken. Bei Immobilieninvestitionen ist es am Ende egal, ob sich die Gebäude im Eigentum einer "normalen" KVG oder der Master-KVG befinden: soweit die Immobilien im Eigentum der KVG stehen, löst ein Wechsel in der Regel Grunderwerbsteuer aus.

Eine besondere Herausforderung kann sich bei den Schnittstellen zwischen Master-KVG und Asset Manager ergeben, insbesondere bei Master-KVGen mit Schwerpunkt auf Wertpapieranlagen. Die Daten- und Systemkomplexität wächst momentan exponentiell, je näher man der Immobilie kommt - vor allem, wenn auch im Ausland investiert wird. Die Master-KVG bekommt in der Regel die Daten von einer Reihe von Asset Managern in den unterschiedlichsten Formaten aus den verschiedenen Ländern und muss diese Daten zu einem einheitlichen Reporting aufbereiten.

Die von den verschiedenen Asset Managern verwendeten Systeme sind meist recht starr und nur unter großem Aufwand zu kompatibilisieren. Je weiter die Daten von der Assetebene durchgereicht werden, desto höher kann daher auch die Fehleranfälligkeit sein. Die Datenintegration ist eine Mammutaufgabe und wird die Branche auch über die nächsten Jahre hinweg beschäftigen. Bei Fehlern, die im Rahmen der Datenaufbereitung unterlaufen, haftet übrigens die Master-KVG.

Bei dem angeblich so leichten Wechsel des Asset Managers über die Master-KVG-Plattform sollte man also auch das Risiko der systemischen Schnittstelle unbedingt im Auge behalten. Dabei geht es letztlich nicht nur um mögliche Fehlerquellen, sondern auch darum, dass am Ende möglicherweise gar nicht der beste Immobilien-Asset-Manager ausgesucht wird, sondern der, der am besten zur eigenen Schnittstelle passt.

Alle Datenanpassungen und zusätzlichen Leistungen außerhalb der Norm wird sich der Immobilien-Asset-Manager entsprechend von der Master-KVG vergüten lassen, und damit werden langfristig sehr wahrscheinlich für den Investor weitere Ge bühren fällig.

Neuberechnung und langfristige Planung

Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass sich die Gebührenstrukturen bei den Master-KVG-Anbietern aufgrund des bereits heute enormen Kostendrucks in den nächsten Jahren signifikant ändern werden. Teilweise noch bestehende Kostenvorteile werden sehr wahrscheinlich verschwinden, die Branche wird sich konsolidieren. Dabei steht der Investor vor den gleichen Herausforderungen und Risiken wie beim Wechsel einer auf Immobilien spezialisierten "normalen" KVG.

Institutionelle Investoren sollten daher die Verwaltung ihrer Immobilieninvestmentvermögen noch einmal genau unter die Lupe nehmen und insbesondere im Hinblick auf die gewünschte und geforderte Datenqualität und der damit verbundenen Kosten noch einmal neu berechnen. Wichtig für Schroders Real Estate ist die Klärung aller Vor- und Nachteile der beiden Modelle und die Empfehlung an die institutionellen Investoren, eine langfristige Entscheidung zu treffen. Denn die steigenden Anforderungen an das Reporting und die Detailinformationen sind ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Am Ende ist nichts so teuer wie der ständige Wechsel.

DER AUTOR PHILIPP ELLEBRACHT, Head of Real Estate Product Continental Europe, Schroder Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main
Noch keine Bewertungen vorhanden


X