ASSET MANAGEMENT

DER RICHTIGE UMGANG MIT INSOLVENTEN MIETERN

Dr. Anja Disput, Foto: /privat

In den Ausgaben 18/2013 und 09/2014 von Immobilien & Finanzierung zeigten die Autoren, welche Möglichkeiten sich für Gläubiger, Schuldner und Asset Manager im Umgang mit notleidenden Immobilien beziehungsweise Non-Performing Loans ergeben. Aktuell wirft ihrer Einschätzung nach insbesondere die zunehmende Zahl von Einzelhandelsinsolvenzen die Frage auf, wie die drohende Insolvenz eines (potenziellen) Mieters durch aktives Asset Management zeitnah identifiziert werden kann. Im Anschluss erörtern sie detailliert, welche gesetzlichen und vertraglichen Möglichkeiten dem Eigentümer bleiben, um Forderungsausfälle möglichst gering zu halten. Red.

Die amtlichen Statistiken in Deutschland unterscheiden in Unternehmens-, Verbraucher- und sonstige Insolvenzen. Gegenstand des folgenden Artikels ist die Regelbeziehungsweise Unternehmensinsolvenz - nicht die Verbraucherinsolvenz, die eigenen Regeln folgt. Im Kalenderjahr 2017 wurden deutschlandweit 106 000 Insolvenzen verzeichnet. Zwischen 2010 und 2017 sind Insolvenzen insgesamt um 5,3 Prozent zurückgegangen. Dennoch verursachten allein die Unternehmensinsolvenzen 2017 bei den Gläubigern einen Schaden durch nicht einbringbare Forderungen in Höhe von 26,6 Milliarden Euro.

Gemäß dem Statistischen Bundesamt lag die Deckungsquote von Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2015 bei 3,9 Prozent. Es mussten also 96,1 Prozent der Forderungen abgeschrieben werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Statistische Bundesamt die Verfahren außer Acht lässt, bei denen das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt wurde. Damit liegen die tatsächlichen Deckungsquoten bei Unternehmens- und Verbraucherinsolvenzen deutlich unter den angegebenen 3,9 Prozent. Die Abnahme der Insolvenzen in Deutschland (insbesondere seit 2011) spiegelt die allgemeine gute wirtschaftliche Lage wieder. Sie wird bedingt durch eine anhaltende Niedrigzinspolitik, der kräftigen Binnenkonjunktur und der nach wie vor großen Nachfrage nach deutschen Produkten im Ausland. Auf den ersten Blick stellt die Abnahme der Insolvenzen für Immobilieneigentümer und Asset Manager ein positives Zeichen dar. Es ist aber zu berücksichtigen, dass im Falle einer Mieterinsolvenz das Ausfallrisiko für den Vermieter bei nahezu 100 Prozent liegt.

Einzelhandel unter Druck

Bei der zukünftigen Nutzung von Immobilien stellt sich die Frage, welche disruptiven Leistungen tradierte Geschäftsmodelle angreifen oder gar das Potenzial haben, sie komplett zu verdrängen. Dass der wachsende Onlinehandel zunehmend auch den stationären Einzelhandel bedroht und sich nicht unbedingt durch Gesetze bremsen lässt, zeigen etliche Einzelhandelsinsolvenzen in Deutschland, zum Beispiel Biba, Sinn Leffers, Wöhrl, Butlers, Roeckl, Völkl Performance Wear oder Zero. Dabei ist einigen dieser Unternehmen wie etwa Sinn Leffers, Butlers oder Wöhrl nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ein Comeback gelungen.

Die Einzelhandelsunternehmen sind gefordert, ihre verschiedenen Vertriebskanäle (stationärer Einzelhandel, Onlinehandel über eine Website, App et cetera) im Rahmen einer Multi-Channel-Strategie zu vernetzen. Zwar haben viele Einzelhandelsfilialisten ihre Internetpräsenz ausgebaut; nicht selten wird dadurch aber auch der Filialumsatz geschwächt. Immobilieneigentümer, die heute noch einen Mietvertrag mit einem solventen Mieter geschlossen haben, könnten sich also morgen schon um einen Problemmieter kümmern.

Das Insolvenzverfahren aus Mietersicht

Gemäß § 15a Insolvenzordnung (InsO) haben die Vertreter juristischer Personen spätestens innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzeröffnungsantrag bei dem zuständigen Amtsgericht zu stellen. Die Vorschriften der Insolvenzordnung gelten ab der Stellung des Insolvenzantrages. Die Insolvenzordnung folgt dabei dem Gedanken, das Vermögen des Schuldners, das nicht für die Befriedigung aller Gläubiger ausreicht, zu sichern und in einem geordneten Verfahren gleichmäßig unter den Gläubigern zu verteilen. Dabei lässt sowohl die Antragsstellung als auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Mietverhältnisse über unbewegliche Gegenstände (also auch Geschäftsräume) unberührt.

Um zukunftsfähige und solvente Gewerbemieter über den gesamten Mietvertragszyklus zu begleiten, braucht es ein aktives Asset Management, das in Zusammenarbeit mit dem Mieter individuelle Maßnahmen in Abhängigkeit der Wirtschaftsbranche des Mieters initiiert und umsetzt (siehe Abbildung 1). Nachfolgend werden von der Mietvertragsanbahnung und -abschluss, der Mietvertragslaufzeit und der Beendigung des Mietvertrags jeweils Einzelmaßnahmen aufgezeigt, die der Asset Manager ergreifen kann, um bonitätsstarke Mieter zu gewinnen, eine Schieflage möglichst frühzeitig zu erkennen und einen Schaden für den Eigentümer abzuwenden oder zu minimieren.

Maßnahmen bei Mietvertragsanbahnung ...

Mittlerweile ist die Einholung eines Bonitätsnachweises ein etabliertes Werkzeug im Rahmen der Erstvermietung. Firmen wie Creditreform (Deutschland), Bisnode und Dun & Bradstreet sowie D&B (international) haben verschiedene Vertragsmodelle entwickelt, auf deren Basis sich für bestimmte Länder, eine bestimmte Anzahl von Usern/ Accounts Bonitätsnachweise online abrufen lassen. Die Bonitätsnachweise greifen dabei unter anderem auf die publizierten Jahresabschlüsse zurück und weisen im Endeffekt einen individuellen Bonitätsscore aus. Der Bonitätsscore schätzt dabei die Insolvenzwahrscheinlichkeit des jeweiligen Mieters ein.

Je nach Publikationserfordernis gemäß Rechtsform beziehungsweise der Veröffentlichung der Jahresabschlüsse sind diese reinen Bonitätsscores lückenhaft und bilden die wirtschaftliche Lage nur bis zum letzten veröffentlichten Jahresabschluss ab. D&B vergibt darüber hinaus weltweit eine sogenannte "D&B ID". Über diese ID sammelt es bei großen Unternehmen zusätzlich Angaben über die Zahlungsmoral der jeweiligen Unternehmen. Neben der grundsätzlichen Prüfung der Bonität vereinbaren die Mietvertragsparteien auch entsprechende Sicherheitsleistungen.

... und Abschluss

Mit Abschluss des Mietervertrags wird eine Mietsicherheit vereinbart, die in der Regel zwischen drei und sechs Bruttomonatsmieten beträgt. Sind zur Betreibung des Mietgegenstands umfangreiche Investitionen durch den Vermieter zu tätigen und ist der Mietgegenstand nicht ohne signifikante Um- oder Rückbauten in den Urzustand zurückzuversetzen (zum Beispiel Gastronomie, Hotel, Pflegeheim et cetera), sind auch höhere Sicherheiten durchaus üblich. Die Mietsicherheit kann als Barkaution, oder Bankbürgschaft erbracht und rechtzeitig, also in jedem Fall vor Mietbeginn beziehungsweise -einzug beziehungsweise vor Beginn etwaiger Mieterausbauten gestellt werden.

Weiterhin wird der Vermieter durch das gesetzliche Pfandrecht gemäß § 562 BGB auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesichert. Erforderlich ist allerdings, dass Gegenstände des Mieters vorher in das Mietobjekt eingebracht wurden. Bestückt der Mieter das Mietobjekt aber zum Beispiel mit bereits an eine Bank sicherungsübereigneten oder im Eigentum einer Drittgesellschaft stehenden Gegenständen (zum Beispiel eines Leasinggebers), läuft das Vermieterpfandrecht ins Leere. Die Insolvenzordnung beschränkt das Vermieterpfandrecht dahingehend, dass dieses weder für Schadensersatzansprüche wegen einer Kündigung des Insolvenzverwalters noch für Mietrückstände, die bereits vor mehr als einem Jahr vor Eröffnung des Verfahrens fällig wurden, zur Verfügung steht.

Zeitnahe Performance-Analyse

Häufig findet man im Mietvertrag Vereinbarungen, die dem Vermieter ein Sonderkündigungsrecht für den Insolvenzfall gewähren. Diese mietvertraglichen Vereinbarungen sind durch die InsO ausgeschlossen (vgl. §§ 112 Nr. 2, 119 InsO) und damit unwirksam. Betreiber von Handelsimmobilien sind auf einen auf ihr jeweiliges Produkt zugeschnittenen Retailmix mit hohen Frequenzen und einheitlichen Öffnungszeiten angewiesen, um für die Kunden eines Fachmarkt- oder Shoppingcenters das jeweilige Einkaufserlebnis zu generieren. Hierzu werden in den Mietverträgen regelmäßige Umsatzmeldungen (in der Regel 15 Tage nach Quartalsende) sowie mindestens eine jährliche testierte Umsatzmeldung vereinbart. Auf Basis dieser Umsatzmeldung lässt sich einerseits eine mögliche Umsatzmiete berechnen, andererseits erlaubt sie dem Vermieter zeitnahe Performance-Analyse der jeweiligen Shops anhand folgender Kennzahlen:

- Flächenproduktivität [Euro/m²/Jahr] = (Hochgerechneter) Jahresumsatz [Euro/a]/Verkaufsfläche [m²]

- Umsatzmietbelastung [Prozent] = Netto-Jahresmiete [Euro/a]/ (Hochgerechneter) Jahresumsatz [Euro/a]

- Bruttoumsatzmietbelastung [Prozent] = Bruttojahresmiete [Euro/a]/(Hochgerechneter) Jahresumsatz [Euro/a]

Ferner werden neben der Umsatzmeldung immer häufiger auch die Frequenzmessung und -meldung durch die jeweiligen Shops mietvertraglich vereinbart. Da die Investition in einen Gastronomiebetrieb inklusive der Küchenausstattung bei einer Mietfläche von 200 bis 400 Quadratmeter leicht eine Million Euro überschreitet, ist es durchaus üblich, sich in der Mietvertragsanbahnung einen Businessplan sowie die Angebote für den mieterspezifischen Ausbau vorlegen zu lassen.

Mietsicherheit in Form einer Bürgschaft zu empfehlen

Über die Anzahl der Öffnungstage, die Anzahl der Konsumenten und den Durchschnittsbon lässt sich durch den Asset Manager relativ einfach ermitteln, ob der durch den Mieter angenommene Jahresumsatz realistisch eingeschätzt wurde. Ferner sollten Personalausgaben und Ausgaben für Wareneinkauf geprüft werden. Bei Franchiseunternehmen kann eine Offenlegung des Franchisevertrags sowie ein Eintritt des Franchisegebers in das Mietverhältnis im Mietvertrag vereinbart werden.

Wenn der Mieter nun - trotz aller Vorsichtsmaßnahmen - bereits vor der Überlassung des Mietobjekts Insolvenz anmeldet und das Verfahren eröffnet wird, besteht gemäß § 109 Absatz 2 InsO sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter ein gesetzliches Rücktrittsrecht. Nutzt der Vermieter dieses Rücktrittsrecht, entsteht ihm gegebenenfalls ein Schaden durch den spezifischen Mieterausbau und dem Mietausfall. Dieser Schaden kann durch Verwertung der hinterlegten Mietsicherheit ausgeglichen werden. Bei Zweifeln an der Bonität des Mieters ist es empfehlenswert, die Mietsicherheit in Form einer Bürgschaft stellen zu lassen, da durch die Insolvenz des Mieters der Anspruch des Vermieters gegen den Bürgen nicht berührt wird.

Frühwarnsysteme nutzen

Ist nur der Insolvenzantrag gestellt, das Verfahren aber noch nicht eröffnet, besteht dieses Rücktrittsrecht nicht. Der Vermieter hat keine (einseitige) Möglichkeit, sich von dem Vertrag zu lösen; ihm bleibt grundsätzlich nur das Zurückbehaltungsrecht beziehungsweise die Unsicherheiteneinrede gemäß § 321 BGB. Dies bedeutet, dass der Vermieter seine Leistung (etwa Ausbau und Übergabe) nicht erbringen muss, wenn der Mieter keine entsprechende zusätzliche Sicherheit oder sogar Vorauszahlung hierfür leistet. Der Vermieter kann so seine Leistungen und seinen möglichen Schaden minimieren, bis das Insolvenzverfahren eröffnet ist und die gesetzliche Rücktrittsmöglichkeit besteht.

Wurde dem Mieter das Mietobjekt übergeben, ist es die Aufgabe des Asset Managers, die wirtschaftliche Lage des Mieters im Blick zu halten. Ein wesentliches Frühwarninstrument ist die monatliche Überwachung der offenen Mietforderungen. Meist deutet sich eine wirtschaftliche Schieflage im Vorfeld an. Hier ist es Aufgabe des Asset Managers, die Lage des Mieters zu bewerten und möglichst vor einem Insolvenzfall zu handeln. Ebenso wie das OP-Monitoring kann die laufende Bonitätsüberwachung durch den Asset Manager am Desktop erfolgen. Ausgewählte Dienstleister bieten Uploaddateien zu den Bonitätsscorings an. Diese können zum Beispiel quartalsweise in das ERP-System hochgeladen und mit der entsprechenden ID verknüpft werden.

So lässt sich pro Immobilie eine sogenannte "Tenant Watchlist" zusammenstellen, die dem Asset Manager folgende Informationen bereitstellt und die Grundlage zur Ergreifung weiterer Maßnahmen bildet:

- Offene Forderungen [Euro] = Summe aller offenen Forderungen [Euro]

- Forderungsquote [Prozent] = Summe aller offenen Forderungen [Euro]/ Netto-Monatsmiete [Euro]

- Bonitätsscore [-]

- Veränderung Bonitätsscore zum Vorjahr (t-1) [Prozent] = (Bonitätsscore (t) - Bonitätsscore (t-1))/ Bonitätsscore (t-1)

Wesentliche Informationsquelle während eines laufenden Mietverhältnisses ist das direkte Gespräch mit dem Mieter. Über jeweilige Sonderanlässe (offene Forderungen, Sonderkündigungs-/Verlängerungsoptionen, Nebenkostenstreitigkeiten, Mietminderungen et cetera) hinaus, haben sich folgende Intervalle als Best Practice für die regulären Mietergespräche etabliert:

- Mieter mit je >/= 25 Prozent der Nettojahresmiete einer Immobilie: 2x pro Jahr

- Mieter mit je >/= 10 Prozent und < 25 Prozent der Nettojahresmiete einer Immobilie: 1x pro Jahr

- Mieter mit je < 10 Prozent der Nettojahresmiete einer Immobilie: nach Bedarf

Umfassende Mietergespräche

In den Mietergesprächen wird neben Bedarf an Flächenvergrößerungen und -verkleinerungen auch die allgemeine wirtschaftliche Lage des Unternehmens erörtert. Eigentümer großer Büro- und Retailportfolios führen mittlerweile im Abstand von zwei Jahren Mieterbefragungen durch. Die Befragungen können online oder im persönlichen Mietergespräch vom Asset Manager oder einem externen Dritten durchgeführt werden und beinhalten in der Regel folgende Themenkomplexe:

- Geschäftsentwicklung (Rückblick, Ausblick, Vergleich zu Wettbewerbern)

- Zufriedenheit mit dem Objekt (Atmosphäre, Architektur, Haustechnik, Umfeld und Mietermix, Dienstleistungsangebot, Parkmöglichkeiten)

- Außendarstellung des Objekts (Orientierung/Navigation, Marketing)- Management des Objektes (Asset Management, Property/Center Management/ Hausverwaltung, Facility Management)

Wurde die regelmäßige Umsatzmeldung durch den Mieter im Mietvertrag vereinbart, ist es Aufgabe des Asset Managers, die Flächenproduktivität und die Umsatzmietbelastung zu berechnen, die Entwicklung aufmerksam zu verfolgen und mit internen sowie externen Benchmarks auf Branchen und Filialistenebene zu vergleichen.

Aldi-Süd mit höherer Flächenproduktivität

Zur Analyse bedarf es dabei einer umfassenden Kenntnis der einzelnen Konzepte. In Abbildung 2 sind exemplarisch ausgewählte Filialisten-Benchmarks dargestellt. Es lässt sich zum Beispiel erkennen, dass die durchschnittliche Flächenproduktivität einer Aldi-Nord-Filiale mit 6 380 Euro pro Quadratmeter im Jahr insgesamt 26 Prozent unter der Flächenproduktivität einer Aldi-Süd-Filiale liegt. Grund für die unterschiedliche Flächenproduktivität bei nahezu gleicher durchschnittlicher Shopgröße mit 860 Quadratmetern (Aldi-Nord) und 830 Quadratmetern (Aldi-Süd) ist ein größeres Warensortiment.

Am häufigsten tritt eine Insolvenz bei einem laufenden Mietverhältnis ein. Dabei lassen sich verschiedene Phasen unterscheiden: Nach dem Antrag, aber vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist für den richtigen Umgang mit dem Mieter entscheidend, welche Sicherungsmaßnahmen das Gericht trifft. Wird ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, entscheidet über das Vermögen des Schuldners nur der vorläufige Insolvenzverwalter. In diesem Fall dürfte der Mieter die Miete gar nicht mehr bezahlen, selbst wenn er es wollte. Wird kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, ist der Mieter verfügungsbefugt und weiterhin zur Mietzahlung verpflichtet. Neben dem Mieter kann auch ein "schwacher" Insolvenzverwalter mit Einzelbefugnissen eingesetzt werden, sodass der Mieter in diesem Fall nicht zwangsläufig der einzige oder richtige Ansprechpartner ist.

Gerichtsurteil für Asset Manager entscheidend

Die wichtigste Aufgabe ist für den Asset Manager daher zu klären, wie das Gericht entschieden hat. Wenn der Mietvertrag nicht bereits aufgrund eines vorherigen Zahlungsverzuges gekündigt wurde, bleibt nur, den Zahlungsverzug nach Insolvenzantrag zu überwachen, um ein entstehendes Kündigungsrecht zeitnah auszuüben. Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, besteht das Mietverhältnis ebenfalls weiter fort, kann aber aus Vermietersicht, da die Kündigungssperre des § 112 InsO nicht besteht, auch wegen eines Zahlungsverzuges, der zeitlich vor dem Insolvenzantrag liegt, gekündigt werden. Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, hat der Insolvenzverwalter ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht nach § 109 Absatz 1 InsO. Der Insolvenzverwalter muss bis dahin den Mietvertrag erfüllen; alle Verbindlichkeiten, deren Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen, sind Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO.

Laufende Miete und Nebenkostenvorauszahlungen sind, als monatliche Gegenleistung für die Überlassung des Mietobjekts, Masseschulden. Nebenkostennachzahlungen hingegen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgerechnet werden, sich aber auf Zeiträume vor Verfahrenseröffnung beziehen, sind nach überwiegender Auffassung Insolvenzforderungen. Hat der Vermieter Forderungen gegen den Mieter, kann er mit diesen, auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aufrechnen, zum Beispiel gegen die Mietsicherheit. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betrifft die bis dahin bestehende Aufrechnungslage nicht (§ 94 InsO).

Aus Vermietersicht häufig übersehen wird das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters gemäß §§ 129, 133 InsO. Der Insolvenzverwalter kann die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlungen, die der Mieter vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, anfechten. Dies umfasst auch Zahlungen des Mieters auf rückständige Miete an den Vermieter. Die Anfechtung führt dazu, dass der Vermieter die Zahlungen der Insolvenzmasse zurückgewähren muss. Dabei kann die Zahlungsunfähigkeit allein schon aus dem Vorliegen bestimmter Anzeichen abgeleitet werden, zum Beispiel schleppende Zahlungen oder Zahlungsverzug. Dieser Sachverhalt ist schnell erfüllt, da Mieter häufig bereits vor Insolvenzantragstellung die Miete eher unregelmäßig zahlen und versuchen, Ratenzahlungsvereinbarungen zu schließen. Das Anfechtungsrecht kann Zahlungen aus den letzten zehn Jahren vor der Antragsstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen.

Maßnahmen mit und nach Ende des Mietvertrags

Endet der Mietvertrag, etwa weil die Festmietzeit abgelaufen ist oder er wirksam gekündigt worden ist, ist es Aufgabe des Asset Managers, in Zusammenarbeit mit dem Property Manager eine geordnete Rückgabe des Mietgegenstands sowie der Mietsicherheit durchzuführen, die eventuelle finanzielle Verpflichtungen des Mieters berücksichtigt. So vereinbaren Asset oder Property Manager spätestens drei Monate vor dem Mietvertragsende eine Begehung des Mietgegenstands und ein Mieterrückgabegespräch, in dem die Parteien vereinbaren, bis wann welche (Rückbau)Pflichten zu erfüllen und Verbindlichkeiten auszugleichen sind.

In der Regel liegt zum Mietvertragsende die Nebenkostenabrechnung nicht vor. Soweit durch den Mieter noch offene Forderungen bestehen und sich die Bonität eines Mieters nach Mietvertragsende absehbar verschlechtert, könnte auch eine wirtschaftliche Einigung in Form einer Aufhebungsvereinbarung mit dem Mieter getroffen werden, die auch einen Verfall der Mietsicherheit gegen Erlass der Nebenkostenabrechnung vorsieht.

Bestandsaufnahme bei Insolvenzen

Endet ein Mietverhältnis während eines laufenden Insolvenzverfahrens, ist einzuordnen, welche Ansprüche Masse- und welche Insolvenzforderungen sind. Der Anspruch auf Herausgabe des Mietobjekts begründet ein Aussonderungsrecht des Vermieters, alle anderen Abwicklungsansprüche sind grundsätzlich Insolvenzforderung. Sollten Ansprüche gegen den Mieter wegen einer Beschädigung oder Verschlechterung des Mietobjekts bestehen, ist zu differenzieren, wann diese eingetreten ist. Ansprüche wegen Beschädigungen oder nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen sind nur dann Masseverbindlichkeiten, wenn sie sich auf den Zeitraum ab Insolvenzeröffnung beziehen. Da es erfahrungsgemäß schwierig ist, den genauen Zeitpunkt von Beschädigungen oder Verschlechterungen des Mietobjektes im Nachhinein zu bestimmen, kann es sich für den Asset Manager empfehlen, eine Bestandsaufnahme des Mietobjektes durchzuführen, wenn er Kenntnis von der (drohenden) Insolvenz des Mieters hat.

Für den richtigen Umgang mit einer Mieterinsolvenz sind verschiedene Komponenten zu beachten. Vor dem Insolvenzfall ist es wichtig, die Anzeichen einer möglichen Insolvenz zu erkennen und Vorkehrungen zu treffen. Dies kann durch eine Bonitätsprüfung und Bonitätsmonitoring sowie regelmäßige Performancetests erfolgen. Daneben kann ein Vermieter mietvertraglich vorsorgen, zum Beispiel, indem er in den Mietverträgen Sicherheiten als Bankbürgschaft ausgestaltet und sich während des Mietverhältnisses einen Überblick über die vorhandenen (weiteren) Sicherheiten des Mieters verschafft. Ist der Insolvenzfall eingetreten, bedarf es einer Überwachung des jeweiligen Verfahrensstands. Der Asset Manager muss hier kontinuierlich die entsprechenden (gerichtlichen) Informationen einholen, bei Zahlungsverzug möglichst schnell den Mietvertrag beenden und die Sicherheiten verwerten.

Quellenverzeichnis

Creditreform (2018): Insolvenzen in Deutschland 2017 Destatis (2018): Unternehmensinsolvenzen 2017 nach Branchen

Hahn (2017): Retail Real Estate Report Germany 2017/2018

McKinsey & Company, Noerr (2018): InsO Studie 2018

DIE AUTORIN DR. ANJA DISPUT Partnerin für Immobilienwirtschaftsrecht, Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle LLP, Frankfurt am Main
DER AUTOR DR. STEPHAN SEILHEIMER Dozent für Immobilien- Asset- und Portfoliomanagement, Frankfurt University of Applied Sciences

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