MÄRKTE

SERVICE-WOHNEN ALS ASSETKLASSE FÜR LANGFRISTIGE ANLEGER

Dr. Michael Held; Quelle: Terragon AG

Immobilien-Assetklassen gibt es inzwischen im Dutzend billiger, so scheint es manchmal. Selbst eine Spezial-Assetklasse wie Gesundheitsimmobilien wurde bereits unterteilt, denn ein Krankenhaus ist nicht dasselbe wie ein medizinisches Versorgungszentrum. Auch ein stationäres Pflegeheim unterscheidet sich von Service-Wohnungen für Senioren beziehungsweise dem sogenannten betreuten Wohnen, also barrierefreien Wohnungen mit einem Wahlangebot an Zusatzdienstleistungen. Doch was genau macht "Service-Wohnen" als Assetklasse aus - und ist diese Kategorie tatsächlich sinnvoll?

Klare Abgrenzung fördert Transparenz

Im Alter benötigen viele Menschen Hilfe im Alltag und wünschen sich eine ihren Bedürfnissen angepasste Wohnumgebung. Zugleich legen heutige Senioren viel Wert auf ihre Selbstbestimmtheit und wünschen sich einen aktiven Ruhestand. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich unterschiedlichste Angebote entwickelt, die versprechen, diese Wünsche zusammenzubringen. Doch in demselben Maße, in dem sich der Markt für das Seniorenwohnen ausdifferenziert hat, ist er auch unübersichtlicher geworden. Aus Investorensicht ist es wichtig, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener Anlagemöglichkeiten zu kennen. Klar definierte Assetklassen helfen dabei. Insbesondere im Bereich des Service-Wohnens ist der Markt weiterhin stark im Wachstum begriffen.

Eine klare Definition des Service-Wohnens als Assetklasse macht dieses Marktsegment transparenter und damit für Anleger attraktiver. Basis des Angebots sind barrierefreie Wohnungen in Kombination mit verschiedenen Dienstleistungen: Grundleistungen, die allen Bewohnern einer Einrichtung zur Verfügung stehen, sowie Wahlleistungen, die je nach Bedarf gebucht werden können. In diesem Feld gibt es in unterschiedlichen Wohnanlagen eine große Breite, das Ziel der Serviceleistungen ist jedoch immer, den Bewohnern Unterstützung im Alltag zu bieten - etwa mit Beratung, Putz- und Einkaufsdiensten und einem Hausnotruf, der im Ernstfall für schnelle Hilfe sorgt.

Wenn mit steigendem Alter der Bedarf an Unterstützung bis hin zu ambulanten Pflegeleistungen wächst, können die Bewohner weitere Services hinzubuchen. Hierbei herrscht Wahlfreiheit. Individuell anpassbare Servicepakete dienen den Betreibern als zusätzliche Einkommensquelle, während die Bewohner die Dienstleistungen entweder separat oder aus einer Hand empfangen können. Die Vorteile des Service-Wohnens für Senioren liegen damit auf der Hand: Sie leben in Wohnungen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind und genießen im Bedarfsfall die Unterstützung durch Dienstleister und Pflegefachkräfte ihrer Wahl. Diese Kombination ermöglicht bis ins hohe Alter einen selbstständigen, sicheren und gut versorgten Alltagt.

Für Investoren bieten Einrichtungen des Service-Wohnens ebenfalls mehrere Vorteile, die über die deutlich überdurchschnittlichen Mieten hinausgehen. Denn barrierefreie Wohnungen sind nicht an ein Betriebskonzept gebunden, sondern bieten im Zweifelsfall auch handfeste Vorteile für andere Nutzergruppen, etwa für Mobilitätseingeschränkte oder Familien mit Kinderwagen. Sollte der Fall einer Drittverwendung eintreten, muss der Investor zwar mit geringeren Mieten rechnen, sein Ausfallrisiko bleibt jedoch überschaubar. In seinen ökonomischen Kennzahlen ähnelt das Service-Wohnen somit anderen Betreiberimmobilien wie Hotels - allerdings mit einem besseren Risiko-Rendite-Verhältnis aufgrund der größeren Drittverwendungspotenziale.

Vor allem aber ist durch die demografische Entwicklung in Deutschland die Nachfrage auch für die nächsten Jahre gesichert: 2019 lebten etwa 15,9 Millionen Menschen über 67 Jahren in Deutschland - der Prognose des Statistischen Bundesamts zufolge wird ihre Zahl bis 2030 um etwa 28 Prozent auf dann 21,8 Millionen wachsen. All diese Menschen benötigen adäquaten Wohnraum und Versorgung - und der ent sprechende Investitionsbedarf beträgt deutschlandweit etwa 64 Milliarden Euro bis 2035.

Steigende Nachfrage und Bedeutung

Ein dringender Bedarf nach neuen Angeboten beim Service-Wohnen besteht indes schon heute. Kein Wunder: Immerhin ist 2020 das Jahr, in dem die ersten Babyboomer das Rentenalter erreichen. Dass sich zudem immer mehr Menschen bewusst für den Umzug in eine altersgerechte Wohnung entscheiden, bevor sie hilfsbedürftig werden, hat die Nachfrage auf Nutzer- wie auf Investorenseite in den vergangenen Jahren bereits deutlich wachsen lassen. Laut einer Marktanalyse von Immotiss Care könnte das Transaktionsvolumen für Seniorenimmobilien im Bereich Service-Wohnen im Jahr 2020 bereits eine Milliarde Euro übersteigen. Für das Folgejahr geht die Prognose sogar davon aus, dass Service-Wohnen hinsichtlich des Transaktionsvolumens die klassischen Pflegeheime überholen wird.

Der Markt erkennt damit offenbar sukzessive die besonderen Vorzüge von Service-Wohnen: Dieses Segment verlangt aufgrund der zusätzlichen Kosten für Service- und Begegnungsflächen wie Lobby, Clubräume und Restaurant zwar höhere Anfangsinvestitionen als klassische Wohnprojekte. Im Gegenzug bietet es jedoch auch höhere Renditen, gute Drittverwendungsmöglichkeiten und ist insbesondere für langfristig orientierte Investoren attraktiv. Zudem trägt es zur Versorgung der alternden Bevölkerung bei. Wer also Wert auf Investments in einem verhältnismäßig konjunkturunabhängigen Bereich legt, ist in dieser Assetklasse ebenfalls gut aufgehoben. Wie bei allen Anlageprodukten, die mit einer Dienstleistung gekoppelt sind, sollte allerdings der Betreiber sorgfältig ausgesucht werden. Ein fundiertes Konzept und ein guter Track-Record sind dabei wichtige Merkmale.

DER AUTOR DR. MICHAEL HELD Vorsitzender des Vorstands, TERRAGON AG, Berlin
Dr. Michael Held , Vorsitzender des Vorstands, TERRAGON AG, Berlin
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