Immobilienfinanzierung

Steigende Risikobereitschaft und passende Finanzierungskonditionen

Die Immobilienmärkte erfreuen sich immer noch bester Gesundheit und großer Nachfrage. Die hohe Liquidität durch die Geldpolitik der europäischen Zentralbank und das große Interesse aus dem Ausland an deutschen und ausländischen Immobilien sorgen für Bombenstimmung. Da neigt manch ein Finanzierer schon wieder zum Überschwang und nimmt mehr Risiko, als er vielleicht einmal verdauen kann. Selbst der Präsident des vdp, Jan Bettink, hat jüngst vor den wiederkehrenden 100-Prozent-Finanzierungen gewarnt. Wie man den Balanceakt zwischen der vom Markt geforderten, steigenden Risikobereitschaft und sicheren Investments mittel Finanzierungskonditionen erreichen kann, beschreibt der Autor. Dann lasse sich auch eine nachhaltige und ausgewogene Ertrags- und Risikostrategie erzielen. Red.

Es ist wieder soweit. Die diesjährige Immobilienmesse Expo Real Anfang Oktober in München hat gezeigt, dass die Zeit seit dem Ausbruch der Krise an den Finanzmärkten in den Jahren 2007/2008 offenbar überwunden ist. Der lang ersehnte "Turnaround" im Immobilienmarkt scheint endgültig geschafft und, ganz getreu dem olympischen Leitspruch von Pierre de Coubertin, sind sich fast alle Marktteilnehmer einig: "Schneller, höher, stärker!" soll endlich wieder das zuversichtliche Motto heißen.

Nach der Krise ist vor der Krise

Viele europäische Märkte stecken nach jahrelanger Durststrecke wieder voller Liquidität, unter anderem bedingt durch historisch niedrige Zinsen und das Anleihenankauf-Programm der EZB. Diversen Diskussionsrunden auf der Expo Real war zu entnehmen, dass die meisten Experten und Immobilienprofis davon ausgehen, dass diese Phase der "Politik des billigen Geldes" noch mindestens drei bis fünf Jahre andauern wird. Zudem wird erwartet, dass vermehrt Kapital aus USA und Asien in die Märkte fließen wird.

Für den Kapitalmarkt bedeutet dies, dass Investoren ihr Geld verstärkt in Immobilien investieren werden, da die Renditen dort attraktiv sind und weiterhin auch höher sein werden als in alternativen Investitionsformen wie Aktien oder Anleihen. Für Banken und andere Immobilienfinanzierer, beispielsweise Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungskammern und Kreditfonds, bedeutet es das endgültige Ende der Kreditklemme. Sie werden die Chance nutzen und wieder verstärkt Kredite vergeben. Ein starkes Indiz hierfür ist, dass sie sich bereits jetzt einen Konkurrenzkampf liefern, der in seinem anfänglichen Ausmaß durchaus an die Jahre vor dem Ausbruch der Krise im Sommer 2007 erinnert.

Dieser Konkurrenzkampf manifestiert sich unter andrem dadurch, dass die finanzierenden Institute immer höhere Beleihungsausläufe (LTV´s) anbieten und gleichzeitig die Kreditmargen senken. Waren beispielsweise bis 2013 noch moderate LTV's von 50 bis 60 Prozent und Margen von 170 bis 250 Basispunkten gang und gäbe, so versuchen sich die Darlehensgeber heute bereits wieder mit LTV´s von 60 bis 80 Prozent, Margen von 150 bis unter 100 Basispunkten sowie dem Angebot einer geringen oder gar endfälligen Tilgung gegenseitig zu unterbieten. In Großbritannien werden sogar teilweise schon wieder 100-Prozent-Finanzierungen angeboten. Einer der Gründe dafür, dass solche "Kampfkonditionen" angeboten werden, ist unter anderem die Spekulation der Marktteilnehmer darauf, dass Immobiliengutachter die niedrigen Zinsen in ihre Bewertungen einfließen lassen werden.

Dies ist bis dato noch nicht der Fall und würde in der Konsequenz zu niedrigeren Renditen, sprich zu Wertsteigerungen führen. Bei den Transaktionen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits in den Büchern verbucht sind, würden sich somit aufseiten der Finanzinstitute die Beleihungsausläufe reduzieren und auf Investorenseite Buchgewinne entstehen, die durch einen Immobilienverkauf realisiert werden könnten. Zudem sind in diversen europäischen Märkten die Immobilienpreise krisenbedingt noch relativ niedrig, sodass allgemein die Erwartung besteht, dass sich hier in den nächsten Jahren Wertsteigerungspotenziale schöpfen lassen können.

Ein weiterer Grund ist, dass Versicherungen und Pensionskassen nicht wie Banken den Regularien von Basel III sondern deren von Solvency II unterliegen. Diese sind bei den Eigenkapitalvorschriften und den Liquiditätsanforderungen weniger streng und ermöglichen eine günstigere Refinanzierung. Dieser Vorteil erlaubt es den Versicherern bessere Konditionen anzubieten und die Banken müssen - auf Kosten ihres Ertrages - nachziehen wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen.

Balanceakt zwischen Risiko und Sicherheit

Dieser sich immer weiter dehnende Spagat zwischen einerseits steigenden Beleihungsausläufen und andererseits sinkenden Margen führt jedoch zwangsläufig dazu, dass sich Immobilienfinanzierer bewusst höheren Risiken aussetzen, für die erfahrungsgemäß bilanzseitig nicht immer zeitnah ausreichend Vorsorge getroffen wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Umstandes bleiben abzuwarten, die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass aus dieser Konstellation fast ausschließlich negative Konsequenzen resultieren.

Spätestens jetzt sollte sich daher jeder professionelle Immobilienfinanzierer, der eine nachhaltige und ausgewogene Ertrags- und Risikostrategie anstrebt, die Frage stellen: "Was kann und sollte bei den Finanzierungskonditionen beachten werden, um der vom Markt geforderten, steigenden Risikobereitschaft aufseiten der Finanzinstitute angemessen Rechnung zu tragen?" Ex ante: Eine positive Kreditentscheidung legt unter anderem die Bonität einer zumeist bei strukturierten Immobilienfinanzierungen verwendeten Zweckgesellschaft (SPV) zugrunde, deren Einnahmen sich ausschließlich aus den Mieteinnahmen ergeben. Die Zahlungsströme aus diesen Mieteinnahmen ("Cashflow") müssen mindestens ausreichen, um die Darlehensverbindlichkeiten zuzüglich der von den Eigenkapitalgebern erwarteten Rendite zu erfüllen.

Neben den marktüblichen Sicherheiten wie beispielsweise Grundschuld oder Hypothek (mit korrekter Sicherungszweckvereinbarung), Abtretung der Mieten, Abtretung von Ansprüchen aus Gebäudeversicherungen, Kontoverpfändungen (Mieteingangskonto, Reservekonto) sowie der Verpfändung von Gesellschaftsanteilen sollten bei einer strukturierten Immobilienfinanzierung (hier: "Asset Deal") die im Folgenden genannten Konditionen verhandelt werden.

Financial Covenants: Um den schmalen Grat zwischen Risiko und Sicherheit zu festigen und um die Erwartungen des Darlehensgebers zu erfüllen, sollten mit dem Darlehensnehmer folgende "Financial Covenants" vereinbart werden:

- Loan to Value/LTV (Verhältnis Darlehensvaluta zu Objekt-Marktwert),

- Loan to Cost/LTC (Verhältnis Darlehensvaluta zu Baukosten) bei Development-Finanzierungen,

- Interest Service Cover Ratio/ISCR (Zinsdeckungsgrad = Mietertrag/Zinsaufwand),

- Debt Service Cover Ratio/DSCR (Kapitaldienstdeckungsgrad = Mietertrag/ Zinsaufwand + Tilgung).

Damit "Financial Covenants" ihre Wirkung als Warnsignal entfalten können, müssen diese in ihrer Höhe auf den jeweiligen Kunden beziehungsweise das Investment zugeschnitten sein. Regel mäßige Informationspflichten sollten festgelegt werden, die eine laufende Überwachung ermöglichen sowie klare Bezugsgrundlagen für die Berechnung definiert werden (sowohl Zahlenbasis als auch die Bewertungsmethoden). Zudem sollten konkrete Sanktionen (zum Beispiel "Cash Sweep" oder "Cash Trap" auf dem Reservekonto, Pflicht zum Nachschuss von Eigenkapital, Margenerhöhung) für den Fall einer Verletzung der Covenants ("Event of Default") vereinbart werden. Ein gewisser Gestaltungsspielraum ergibt sich übrigens insbesondere bei der Definition der in die Berechnung der jeweiligen Covenants einfließenden Faktoren.

Tilgung: Auch wenn die Markttendenz wieder in Richtung "endfälliges Darlehen" geht, sollte in jedem Fall versucht werden eine jährliche Tilgung zu vereinbaren. Ein Verzicht auf laufende Tilgung kann sich dann in der Verhandlung positiv auswirken, indem der Darlehensgeber eventuell einen anderen ihm wichtigen Punkt durchsetzten kann.

Zinsabsicherung: Ein weiteres Thema ist die adäquate, laufzeitkongruente Zinsabsicherung des Kredits im Falle einer variablen Verzinsung ("Hedging"). Solange sich das Zinsniveau auf dem aktuellen Tiefstand befindet, sollte hier allerdings vorerst eine sogenannte "Trigger-Vereinbarung" ausreichen. Bei dieser Methodik wird eine Schwelle vereinbart (zum Beispiel dass der EZB-Leitzins auf zwei Prozent steigt), bei deren Erreichen vom Darlehensnehmer eine zuvor vereinbarte Zinssicherung (beispielsweise fünf Prozent) abgeschlossen werden muss. Dies geschieht dann üblicherweise in Form eines Zins-Swaps oder Caps.

Cashflow-Waterfall: Des Weiteren sollte eine Verteilungsregelung für das Guthaben auf dem Mieteingangskonto ("Cashflow-Waterfall") getroffen werden. Das bedeutet, dass sich der Darlehensnehmer verpflichtet, in der vereinbarten Reihenfolge über die vorhandenen Mittel zu verfügen.

Sonstige Konditionen: Folgende Aspekte sollten zudem beachtet werden und ebenfalls bereits im Angebot ("Term Sheet") Eingang finden:

- Eine angemessene Fee-Struktur (beispielsweise Arrangement Fee, Prepayment Fee, Exit Fee);

- jährliche Objektwertgutachten eines unabhängigen Gutachters;

- Überkreuzhaftung ("Cross Collateralization"), Allocated Loan Amounts, Release Price und Release Premium bei Portfolio-Finanzierungen;

- Eigenkapitaleinsatz vorab durch den Investor/Sponsor;

- die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen;

- eine angemessene Vorvermietung bei Development-Finanzierungen;

- ein professioneller Asset Manager, bei Management-Immobilien ein akzeptabler Management-Vertrag;

- die Verpflichtung des Eigentümers/ Darlehensnehmers zur Durchführung laufender Instandhaltungsmaßnahmen an der finanzierten Immobilie ("Capex") aus Eigenmitteln, wenn der Cashflow nicht ausreichen sollte;

- eventuelle Zusatzsicherheiten wie Bürgschaften oder Garantien (zum Beispiel eine Kapitaldienstdeckungsgarantie des Sponsors) und

- die Abtretung beziehungsweise die Verpfändung der Ansprüche gegen den Sicherungsgeber (wenn es sich um ein Fremdinstitut handelt) aus dem oder den Zins- und Währungssicherungsgeschäften zugunsten des Darlehensgebers.

Portfolioverkäufe, Syndizierungen, Verbriefungen

Außerdem sollte beachtet werden, dass eine Syndizierungs- und Verbriefungsklausel vereinbart wird, die dem Darlehensgeber das Recht zur Abtretung beziehungsweise Übertragung der Forderungen aus dem Darlehensvertrag und aus den Sicherheitenverträgen sowie das Recht zur Übertragung der Bearbeitung des Darlehens oder der Darlehen ("Loan Servicing") und/oder der Sicherheiten an Dritte gibt. Zudem sollte das Recht zur Übermittlung von Daten an Dritte, die insbesondere bei einer Verbriefungstransaktion eingeschaltet werden (Rating-Agenturen, Wirtschaftsprüfer, Anwaltskanzleien) und die entsprechende Befreiung von Teilen des Bankgeheimnisses angestrebt werden.

Angesichts eines Marktumfeldes, welches immer mehr von Portfolioverkäufen (NPL-Portfolien), Syndizierungen und Verbriefungen geprägt wird, sind diese Rechte für Finanzinstitute wichtige, rechtliche Basiselemente um am Kapitalmarkt flexibel agieren zu können.

Der Autor

Carsten Gran Director CRE Germany, FMS Wertmanagement Service GmbH, Unterschleißheim

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