Immobilien an der Börse

Aktuelle Herausforderungen bei der Finanzierung einer Immobilien-AG

Der erste Schock ist überwunden, aber internationale Finanzkrise und Rezession machen der Wirtschaft nach wie vor zu schaffen. Sinkende Aktienkurse und schrumpfende Werte stellen Firmen, Geschäftsmodelle und deren Akteure jeden Tag aufs Neue infrage. Das teilweise dramatische Schicksal der Kreditwirtschaft hat auch die Immobilienwirtschaft in Deutschland ereilt. Zwar konnte der Preisverfall der Assets im 1. Quartal gestoppt werden, aber der Blick auf den Investmentmarkt - insbesondere auf die Gewerbeimmobilien ist nach wie vor ernüchternd. So wurden, laut einer Studie von Jones Lang Lasalle, von Januar bis März 2009 deutschlandweit gerade einmal 1,75 Milliarden Euro in gewerbliche Immobilien investiert, das sind 80 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Auch die Bürovermietung ist abgekühlt, und allgemein wird mit einem Rückgang der gewerblichen Mieten gerechnet.

Ambivalentes Bild

Der King Sturge Immobilienkonjunktur-Index wiederum zeichnet ein ambivalentes Bild. Das Immobilienklima hat sich leicht verschlechtert, das Investmentklima dagegen leicht verbessert. Nahezu einhellig ist das allgemeine Vertrauen in die Entwicklung von Wohnimmobilien, da sie in der Regel für stabile Cash-Flows sorgen. Dennoch sind auch im Wohnimmobilienbereich große Transaktionen mit mehr als 1 500 Wohneinheiten Mangelware.

Das Ausgangsszenario ist demnach seit Monaten weitgehend unverändert: Viele Player stehen nahezu geschlossenen Märkten gegenüber. Internationale Investoren, die vor geraumer Zeit sehr kraftvoll in den deutschen Markt eintraten, haben ihn genauso schnell wieder verlassen, wie sie gekommen sind. Für die verbliebenen nationalen börsennotierten Marktteilnehmer sind die drei Säulen Transaktionen, Finanzierungen und Kapitalmarkt, die in den meisten Fällen die Geschäfte mit Dynamik versorgten, nur noch eingeschränkt zugänglich.

Transaktionen bleiben Ausnahmen

Größere Transaktionen sind derzeit Ausnahmeerscheinungen. Kleinere Transaktionen mit Volumina bis zu 15 Millionen Euro können auf der Finanzierungsseite einfacher begleitet werden und finden daher Kreditfinanzierer zu marktüblichen Konditionen. Vorwiegend regionale und eigenkapitalstarke Immobiliengesellschaften nehmen an Transaktionen dieser Größenordnung teil und verbessern dabei ihre Portfolioallokation. War jahrzehntelang die Fremdfinanzierung die bevorzugte und allgemein übliche Form der Finanzierung, so ist dieser Weg heute nur unter großen Mühen gangbar.

Das vormals eher laxe Risikomanagement der Banken hat zu einem starken Anstieg der Non-performing Loans beigetragen. Seit einiger Zeit ist das Pendel nun zurückgeschlagen, die Kreditvolumina sind stark geschrumpft, der Investitionsmarkt liegt brach. Klassisches Neugeschäft ist bei den meisten Banken aktuell nicht zu sehen, vielmehr werden Kredite prolongiert oder Refinanzierungen für bestehende Engagements anderer Banken übernommen.

Renaissance klassischer Finanzierungsinstrumente

Klassische Finanzierungen, die in die Pfandbriefdeckung passen, erleben in dieser Situation eine Renaissance, hingegen sind verbriefte Finanzierungen nach angelsächsischem Muster nahezu gänzlich vom Markt verschwunden. Das CMBS-Geschäft der letzten Jahre hat sich schlagartig von einer Lösung für großvolumige Finanzierungen zum Problem gewandelt. Commercial Mortgage Backed Securities wurden in der Regel mit Laufzeiten im Bereich von sieben Jahren abgeschlossen, und viele davon laufen nun kurzfristig aus. Wenn überhaupt, dann sind Refinanzierungen in den benötigten Größenordnungen derzeit nur über Konsortien möglich. Das konfrontiert viele Immobilienunternehmen mit unangenehmen Problemen.

Welche Bedingungen stellen Banken heute an die Kreditvergabe? Die Institute sind zunächst daran interessiert, die Risiken ihrer Kreditportfolios zu reduzieren. Das führt unausweichlich zu einer Verminderung des Geschäftsvolumens und bringt gleichzeitig eine Reihe verschärfter Auflagen für die Kreditnehmer mit sich. Vorgaben von Bankenseite sind - neben bestmöglicher Sicherheit in Form erstrangiger Grundschuld - ein positiver operativer Cash-Flow nach Kapitaldienst (DSCR) von mindestens 110 Prozent, die Bildung von Capex-Reserven und ein strenger Cash-Waterfall. Dabei bestimmt die Bank den Zeitpunkt und die Höhe der Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter einer Immobilienunternehmung. Monatliche Reportings über die Bewirtschaftungsergebnisse von Portfolios sind heute ebenfalls selbstverständlich.

Entwicklung von Konditionen und Margen

Aufgrund der fehlenden Liquidität im Markt haben die Banken eine erhebliche Ausweitung ihrer Margen durchsetzen können, das bedeutet aus Sicht der kreditgebenden Institute gleiche Erträge bei weniger Neugeschäft. Wir erleben zwar aufgrund der Zinspolitik der EZB derzeit ein historisch niedriges Zinsniveau, die Risikomargen der Banken sorgen jedoch dafür, dass der Zinssatz für die Finanzierung großer Portfolios auf dem Stand vor der Kapitalmarktkrise verharrt. Parallel zur Margenerhöhung werden die Beleihungsausläufe reduziert, bei Neuverträgen sind heute Beleihungsausläufe (Loan-to-Values, LTV) von 60 bis 70 Prozent üblich. Der daraus resultierende erhöhte Eigenkapitalbedarf trifft aber auf einen kontrahierenden Kapitalmarkt, das Einwerben von frischem Eigenkapital ist aktuell nur bedingt möglich.

Das so wichtige Sentiment im Markt hat sich innerhalb kürzester Zeit gewandelt. Unternehmen, an deren Kerndaten sich nichts geändert hat und die noch Ende 2007 deutlich über ihrem inneren Wert gehandelt wurden, sehen sich heute mit substanziellen Abschlägen konfrontiert. Die Aufgabe vieler Marktteilnehmer ist es daher, ihr Unternehmen vom expansionsorientierten Trader zum konsolidierten und soliden Bestandshalter umzubauen. Gesellschaften, die sich neben dem reinen Erwerb und der Bewirtschaftung von Immobilien auch mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell als Dienstleister etabliert haben, sind hier sicherlich im Vorteil.

Vom Trader zum Bestandshalter

Wohl dem, der jetzt aus seiner Immobilienbewirtschaftung einen positiven Cash-Flow generiert. Einige Immobilienunternehmen haben es bisher versäumt, ihr Businessmodell entsprechend zu fokussieren. Vielmehr hat man im Vertrauen auf stetig steigende Märkte Portfolios erworben, um diese ganz oder teilweise zu einem höheren Preis wieder zu veräußern. Ein nachhaltiger Cash-Flow, die Vermietbarkeit, Klumpenrisiken oder die Lage der Bestände waren dabei sekundär. Wichtig war die Perspektive des Weiterverkaufs zu einem höheren Preis, um somit die eingangs meist dürftige Rendite kräftig zu hebeln.

So variantenreich wie die Portfolios finanziert wurden, waren auch die Managementideen vor Verkauf. Das Begründen von Erbbaurechten, die Privatisierung von Einzelwohnungen oder das bessere Property Management waren Programme zum Heben der Renditen. Viele dieser auch kapitalmarktorientierten Modelle funktionieren in der aktuellen Situation nur bedingt, um die langfristige Unternehmensfinanzierung sicherzustellen.

Wie kann ein aktives Zins- und Schuldenmanagement heute gestaltet sein - und was kann es leisten? Mit Immobilien, die operativ einen positiven Cash-Flow produzieren, lassen sich auch in der Krise Vorteile generieren. Ein Grund sind gerade die Verwerfungen am Bankenmarkt, der in Bewegung geraten ist wie lange nicht. In dieser Großwetterlage sind viele Kredite von den ursprünglichen Kreditgebern an andere Banken übertragen worden - und das zunächst völlig unabhängig davon, ob diese Kredite regelmäßig bedient oder zwischenzeitlich notleidend wurden.

Die abgebenden Institute mussten Bewertungsabschläge beim Übertrag akzeptieren und haben somit Wertkorrekturen in der Bilanz vorgenommen, die in den meisten Fällen bereits veröffentlicht wurden. Wir beobachten ein historisch niedriges Bewertungsniveau bei den verbrieften Verbindlichkeiten, selbst bei solchen mit ausgezeichneten Ratings.

In dieser Situation muss die Devise für Immobilienunternehmen lauten: Debt-Buy-Back, wo immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Die aus der Abwertung von verbrieften Krediten resultierende Chance, die eigene Verschuldung mit einem Abschlag zu refinanzieren, kann durchaus zu einer Win-Win-Situation für alle Parteien führen. Die Bank ist - sollte der Rückzahlbetrag über dem korrigierten Buchwert liegen - in der Lage, einen außerordentlichen Ertrag zu generieren. Dieser fließt mit einem auskömmlichen Leverage und verbesserten Kennzahlen in ein neues Engagement.

Der Darlehensnehmer seinerseits kann sich entschulden und ebenfalls einen außerordentlichen Ertrag generieren. Wichtige Voraussetzung für ein solches Szenario ist allerdings die Identifikation von Krediten, die in ihrer Struktur geeignet sind, und die einem Geldgeber gehören, der eine vorzeitige reduzierte Rückzahlung akzeptiert. Weiterhin muss vorab klar sein, dass die zurückzuzahlende Tranche von einer anderen Bank finanziert wird. Schlussendlich müssen alle Parameter punktgenau zusammenpassen.

Betriebsmittelkredite

Ein nicht zu vernachlässigendes Instrument sind Betriebsmittelkreditlinien. Dabei sind die Unternehmen der Immobilienwirtschaft theoretisch im Vorteil gegenüber anderen Unternehmen. Langfristig gesicherte Cash-Flows aus Vermietung und die vorhandenen dinglichen Sicherheiten bieten ausreichend Raum für kurzfristige Betriebsmittellinien. Eine zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital muss in diesem Zusammenhang allerdings immer mit Blick auf die Gesamtverschuldung und die Konzerneigenkapitalquote gesehen werden. Um Liquiditätsspitzen auszugleichen, die vom laufenden Cash-Flow mittelfristig getilgt werden können, ist der Betriebsmittelkredit ein probates Mittel. Auf Seiten der Bank dienen derartige Linien zur Stärkung der Zusammenarbeit und dazu, weitere Business-Fees - zum Beispiel aus Kapitalmaßnahmen - zu generieren.

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