Aufsätze

Infrastrukturfinanzierungen - ein Markt mit Zukunft für Banken und institutionelle Investoren

Infrastrukturfinanzierungen sind für die in diesem Geschäftsfeld tätigen Banken ein seit Jahren attraktiver Markt mit nachhaltigen und stabilen Renditen. Durch die großen Finanzierungsvolumina und die Vielzahl der eingebundenen Parteien werden diese Finanzierungen üblicherweise als Projektfinanzierungen strukturiert. Projektfinanzierungen zeichnen sich dadurch aus, dass eine Projektgesellschaft Träger aller Rechte und Pflichten ist. Das Projekt wird somit rechtlich und wirtschaftlich von den Projektinitiatoren - den Sponsoren - isoliert. Die Fremdkapitalgeber haben entweder keinerlei (nonrecourse) oder nur einen beschränkten Zugriff (limitedrecourse) auf das Vermögen der Sponsoren.

Prognose der zu erwartenden Cash-Flows

Vor diesem Hintergrund treten klassische Bonitätsanalyse-Instrumente, wie sie aus dem Firmenkreditgeschäft bekannt sind (beispielsweise eine Bilanzanalyse), in den Hintergrund. Wesentliches Instrument bildet im Rahmen von Projektfinanzierungen vielmehr eine Prognose der zu erwartenden Cash-Flows, die im Rahmen der Projektplanung budgetiert werden. Die beteiligten Parteien werden hierbei über Projektverträge in dem erforderlichen Umfang an das Projekt gebunden. Die Projektrisiken werden auf die betreffenden Parteien adäquat verteilt. Hierbei folgt man dem Grundsatz, dass stets diejenige Partei das jeweilige Risiko übernimmt, die es am besten steuern, bewerten und/oder managen kann. Eine typische Projektfinanzierungsstruktur ist in Abbildung 1 dargestellt.

Bei der Projektfinanzierung handelt es sich um ein Finanzierungsinstrument, das weltweit in nahezu allen Ländern in vergleichbarer Struktur Anwendung findet. Die mithin größten Volumina lassen sich derzeit noch in Europa ausmachen, wobei bereits seit einigen Jahren ein signifikantes Transaktionsvolumen in Asien zu verzeichnen ist (Abbildung 2). Die meisten Projektfinanzierungen konzentrieren sich in den Sektoren Oil & Gas, Power, Renewables und Transport (Abbildung 3).

Wenngleich Partizipationen privater Unternehmen an einer Infrastrukturinvestition erwerbswirtschaftlich motiviert sind, entfalten diese Investitionen einen sehr hohen volkswirtschaftlichen Nutzen. Investitionen in die Energie- und Verkehrsinfrastruktur bilden das Fundament für den wirtschaftlichen Erfolg einer Ökonomie. Projekte in allen genannten Sektoren tragen mittel- bis langfristig dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu verbessern. Hinzu kommt die bereits kurzfristig greifende Stimulation des Arbeitsmarktes, die auf dem Bau und Betrieb der meist großvolumigen Infrastrukturvorhaben fußt.

Im Nachgang der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 bis 2010 werden die Banken aufsichtsrechtlich jedoch zunehmend angehalten, ihre geschäftsimmanenten Risiken zu begrenzen. Im Bereich der Spezialfinanzierungen erstrecken sich die wesentlichen Risikofelder auf das Adressenausfall- und das Fristentransformationsrisiko. Das Adressenausfallrisiko kann sich darin materialisieren, dass der Kreditnehmer aufgrund sich verschlechternder wirtschaftlicher Verhältnisse die ausgelegte Finanzierung entweder gar nicht oder nur zum Teil zurückführen kann. Diesem Risiko begegnen die Banken im Wesentlichen mit der Zurückhaltung bei der Finanzierung von Projekten in "exotischen" Ländern und der Fokussierung auf Projekte mit stabilen Cash-Flows und ausreichenden Überdeckungsrelationen.

Die aufsichtsrechtliche Regulierung

Das Fristentransformationsrisiko findet darin seinen Ursprung, dass kurzfristige Einlagen langfristig verliehen werden. Während eine Bank in aller Regel Refinanzierungsmittel bis zu einer Laufzeit von maximal fünf Jahren aufnehmen kann, erstrecken sich die Laufzeiten von Spezialfinanzierungen auf bis zu 30 Jahre. In dem gewählten Beispiel ist es somit erforderlich, eine an den Kunden herausgelegte Finanzierung über 30 Jahre bis zu sechsmal zu refinanzieren. Diese Fristentransformation verläuft problemfrei, wenn die Refinanzierungskosten der Banken über den gesamten Zeitraum von 30 Jahren konstant sind und die entsprechenden Refinanzierungsmittel folglich auch durchweg zur Verfügung stehen. Sollten die eigenen Refinanzierungskosten der Bank jedoch steigen oder ein Institut gar Schwierigkeiten bei der Aufnahme der erforderlichen Beträge haben, besteht die Gefahr, dass die Kosten für eine neu abzuschließende Refinanzierung die von dem Kunden gezahlte Marge übersteigt oder sich für ein einzelnes Institut sogar ein Liquiditätsrisiko materialisiert.

Ein Anstieg der eigenen Refinanzierungskosten muss hierbei nicht zwingend nur für ein einzelnes Institut einschlägig werden, sondern kann sich auf den Bankenmarkt erstrecken - wie dies in der Finanzmarktkrise erfolgt ist. Die Refinanzierungskosten aller Banken stiegen signifikant und die Liquidiät an den Refinanzierungsmärkten ging zurück. Einige Banken, die eine Fristentransformation in hohem Umfang vorgenommen hatten und ihr Portfolio langfristiger Kredite nur kurzfristig über den Geldmarkt refinanziert hatten, mussten staatlich aufgefangen werden. Sie hätten eigenständig nicht überlebt (etwa Hypo Real Estate, Dexia). Auch die Euro-Krise der Jahre 2011 und 2012 hat allen Beteiligten noch einmal vor Augen geführt, dass die Refinanzierungskosten des gesamten Bankenmarktes deutlich volatiler geworden sind, als dies vor 2007 der Fall war. Um dem zu begegnen sind nahezu alle Banken bestrebt, die Laufzeit der neu ausgelegten Finanzierungen zu begrenzen - auch im Bereich der Spezialfinanzierungen. Basel III beziehungsweise die Capital Requirements Directive (CRD IV) wird diese Tendenz noch einmal verstärken, da das regulatorische Regime neben einer Erhöhung des haftenden Eigenkapitals zudem über die sogenannte Net Stable Funding Ratio fordert, dass langfristige Kredite auch fristenkongruent refinanziert werden.

Der Finanzierungsbedarf aus Sicht der Projektinitiatoren

Im Gegensatz hierzu ist den Kunden beziehungsweise den dahinter stehenden Konzessionsgebern, die eine Spezialfinanzierung zur Finanzierung von langfristigen Infrastrukturprojekten anfragen, daran gelegen, ihre langlebigen Wirtschaftsgüter auch langfristig zu finanzieren. Die Projekte amortisieren sich meist erst über einen sehr langen Zeitraum, sodass das Amortisationsprofil einer Finanzierung selten 20 Jahre unterschreitet. Es scheint daher wirtschaftlich opportun, auch die Laufzeit der betreffenden Finanzierungen diesem Amortisationsprofil anzugleichen. Bei einer kürzeren Laufzeit würde das Projekt ein Refinanzierungsrisiko tragen, das nicht abschließend beurteilt/bewertet werden kann und somit ungern von den betreffenden Projektparteien (etwa Sponsoren, Konzessionsgebern, Projektgesellschaft) getragen wird. Es ist folglich ein Ungleichgewicht im Markt zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach langfristigen Finanzierungen erkennbar. Die von Kunden angefragten langfristigen Finanzierungen können von den Banken nicht mehr uneingeschränkt angeboten werden.

Natürliche Partner

Institutionelle Investoren (wie Versicherungen, Pensionskassen) haben - im Vergleich zu Banken - ein adverses Fristentransformationsrisiko. Sie nehmen sehr langfristige Einlagen herein (teils über 30 Jahre und mehr), finden für diese Anlagen aber meist nur sehr kurzfristige oder einseitige Investments. Sie sind daher der "natürliche Partner", um Infrastrukturfinanzierungen zu begleiten. Sie verfügen jedoch vor dem Hintergrund der Komplexität dieser Transaktionen vielfach (noch) nicht über das notwendige Knowhow, um diese Form der Finanzierung zu strukturieren beziehungsweise zu analysieren und zu begleiten.

Das erforderliche Knowhow erstreckt sich hierbei auf eine Vielzahl einzelner Kompetenzfelder. Es beginnt bei dem sektorspezifischen Industrie-Knowhow und den Kontakten zu Ansprechpartnern bei Projektinitiatoren und den konzessionsgebenden Stellen. Es erstreckt sich ferner auf die Anforderungen an die Ausgestaltung der Projekt- und Finanzierungsverträge, um für die Transaktion eine ausreichende Zahl an Fremdkapitalgebern einzuwerben und das Risiko für diese Fremdkapitalgeber adäquat zu gestalten. Hinter der Beurteilung der Angemessenheit der Projekt- und Finanzierungsverträge stecken wiederum sehr viele einzelne Detailschritte. Folgende Gruppen von Projektrisiken sind zu analysieren:

- Kommerzielle Risiken (beispielsweise Fertigstellungs-, Markt-, und Force Majeurrisiken),

- makroökonomische Risiken (etwa Inflation, Zinsentwicklung, Wechselkursrisiko),

- politische Risiken (wie Transfer-, Enteignungs- und Gesetzesänderungsrisiko).

Nach einer Quantifizierung der Projektrisiken folgt eine Analyse, welcher Projektpartei zum einen der größte Nutzen aus einem Projektrisiko erwächst und welche Partei zum anderen dieses Risiko am besten steuern und/oder managen kann. Diejenige Projektpartei mit dem größten Nutzen sowie den besten Bewertungs- und Mitigationsmöglichkeiten für das betreffende Risiko wird - unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktmacht - das Projektrisiko übernehmen müssen. Wesentliche Aufgabe der beteiligten Finanzierer ist es, die Gestaltung der Projekt- und Finanzierungsverträge so zu steuern, dass die Risiken adäquat auf die beteiligten Parteien verteilt werden und nicht ausschließlich bei der Projektgesellschaft verbleiben.

Um als Infrastrukturfinanzierer erfolgreich am Markt zu operieren, ist es jedoch nicht hinreichend, das obige Kompetenzprofil vorzuhalten. Vielmehr muss man sich über einige Jahre eine Visibilität und Reputation als verlässlicher Finanzierungspartner erarbeitet haben, um bei Finanzierungsanfragen und Ausschreibungen Berücksichtigung zu finden. Die derzeit erfolgreich am Markt als Infrastrukturfinanzierer operierenden Banken verfügen über das obige Kompetenzprofil und eine korrespondierende Marktreputation. Wie jedoch bereits dargestellt, stehen langfristigen Finanzierungen zunehmend volatilere Refinanzierungskosten und aufsichtsrechtliche Regularien entgegen. Vor diesem Hintergrund bietet sich eine Kooperation von Banken und institutionellen Investoren an. Die Banken stellen das Strukturierungs-Knowhow bereit, während die institutionellen Investoren die Finanzierungen mit langfristiger Liquidität begleiten.

Infrastruktur- und Projektfinanzierungen sind jedoch nicht nur auf Basis der Finanzierungslaufzeit ein adäquates Investmentvehikel für institutionelle Investoren. Auch die statistisch unterlegbar niedrigen Ausfallraten korrespondieren mit dem vorrangigen Investitionsziel einer sicheren Kapitalanlage, da institutionelle Investoren die Versicherungs- und Pensionsgelder ihrer Kunden verwalten (Abbildung 4).

Einbindung institutioneller Investoren

Die Einbindung institutioneller Investoren kann auf verschiedene Arten in Bezug auf den Beteiligungszeitraum und die Beteiligungsart erfolgen. Bezüglich des Zeitpunktes können folgende Varianten Anwendung finden:

- Der institutionelle Investor wird bereits ab Beginn der Bauphase und im Rahmen der erstmaligen Einwerbung von Fremdkapital in die Transaktion involviert.

- Der institutionelle Investor beteiligt sich an der Transaktion, nachdem sich die Cash-Flows der finanzierten Assets nach Abschluss der volatilen Bauphase stabilisiert haben.

In Ergänzung hierzu bestehen folgende Optionen, den institutionellen Investor am Projekt zu beteiligen:

Partizipation am Adressenausfallrisiko: Der institutionelle Investor partizipiert ausschließlich am Adressenausfallrisiko des Projektes; die Refinanzierung des Projektes verbleibt bei den strukturierenden Banken. Eine Partizipation am Adressenausfallrisiko bietet sich aus Sicht der strukturierenden Banken stets in den Fällen an, in denen die Banken weiterhin die Liquidität beziehungsweise die Refinanzierung für das Projekt stellen, jedoch gleichzeitig ihr Adressenausfallrisiko in Bezug auf die jeweilige Transaktion reduzieren möchten. Dies kann zum einen transaktionsbezogene Gründe haben und aufgrund des individuellen Risikoprofils eines Projektes erfolgen. Zum anderen können aber auch transaktionsübergreifende beziehungsweise bankbezogene Gründe vorliegen - etwa ein bereits (weitgehend) ausgereiztes Länderund/oder Branchenlimit des betreffenden Kreditinstituts. Eine reine Risikopartizipation ist jedoch nicht dazu geeignet, die skizzierte Finanzierungslücke zu schließen, da dieses Instrument keine Antwort auf die knappen Refinanzierungsmittel der Banken bei langen Laufzeiten bietet.

Aus Sicht eines institutionellen Investors bietet sich eine Beteiligung am Adressenausfallrisiko eines Projektes ohne Bereitstellung der betreffenden Refinanzierungsmittel lediglich unter der Bedingung an, dass er bereits über das entsprechende Knowhow verfügt, um Transaktions- beziehungsweise Projektfinanzierungsrisiken hinreichend zu bewerten, jedoch keine Investition seiner liquiden Mittel wünscht. Dies trifft insbesondere für die (vergleichsweise kleinen) Investmenteinheiten großer institutioneller Investoren zu, die sich auf alternative Investments spezialisiert haben.

Partizipation an der Refinanzierung: Der institutionelle Investor partizipiert ausschließlich an der Refinanzierung, das heißt am Funding des Projektes; das Adressenausfallrisiko des Projektes verbleibt vollumfänglich bei den strukturierenden Banken. Eine Partizipation an der Refinanzierung bietet sich aus Sicht der strukturierenden Banken stets in den Konstellationen an, in denen der Refinanzierungspartner entweder über ein besseres Rating verfügt und die Transaktion auf diesem Wege von insgesamt günstigeren Refinanzierungskosten profitiert, oder wenn die strukturierende Bank die Refinanzierungsmittel für die angestrebte Laufzeit aus anderen Gründen nicht zu attraktiven Konditionen bereitstellen kann beziehungsweise möchte. Diese Gründe können etwa darin liegen, dass das mit der Finanzierung verbundene Fristentransformationsrisiko die Risikobereitschaft einer Bank übersteigt.

Aus Sicht eines institutionellen Investors bietet sich eine Bereitstellung der Refinanzierungsmittel ohne Partizipation an dem Adressenausfallrisiko unter der Prämisse an, dass er eine Anlage für seine liquiden Mittel sucht, jedoch über keinerlei eigenes Knowhow in der Analyse und Bewertung von Infrastruktur- und Projektfinanzierungsrisiken verfügt. Er erhält die Möglichkeit, die Strukturierung der Transaktion gänzlich auf die Banken zu verlagern. Eine Analyse der projektimmanenten Risiken wird für ihn obsolet, da er lediglich die Refinanzierungsmittel für die Transaktion bereitstellt, ohne sich an dem Projektrisiko zu beteiligen. Wirtschaftlich wird für ihn das Projektfinanzierungsrisiko/Cash-Flow-Risiko des zugrunde liegenden Projekts durch die Corporate-Bonität der strukturierenden/garantierenden Banken ersetzt.

Wie dargestellt, ist zunehmend erkennbar, dass die meisten Banken - nicht zuletzt aus regulatorischen Gründen - hohen Fristentransformationsrisiken verhalten gegenüberstehen. Eine Partizipation eines institutionellen Investors an der Refinanzierung stellt daher eine adäquate Möglichkeit dar, eine Nachfrage nach langfristigen Finanzierungen auch dann zu bedienen, wenn die strukturierende Bank nicht willens oder in der Lage ist, die Liquidität für die angefragte lange Laufzeit bereitzustellen. Diese Form der Einbindung eines institutionellen Investors stellt daher eine valide Option dar, die in Abbildung 5 dargestellte Finanzierungslücke zu schließen.

Partizipation am Adressenausfallrisiko und an der Refinanzierung: Der institutionelle Investor partizipiert sowohl am Adressenausfallrisiko als auch an der Refinanzierung des Projektes; das Adressenausfallrisiko und die Refinanzierung wird - in Bezug auf den betreffenden Beteiligungsbetrag - vollständig an den institutionellen Investor weitergegeben.

Bei dieser Beteiligungsform liegt aus Sicht der strukturierenden Banken die gleiche Motivation zugrunde wie bei einer reinen Partizipation an der Refinanzierung. In Abweichung hierzu sollte der institutionelle Investor jedoch über ein hinreichendes Knowhow in der Analyse und Bewertung von Infrastruktur- und Projektfinanzierungsrisiken verfügen. Es ist keinesfalls erforderlich, dass der institutionelle Investor ein vergleichbares Strukturierungs-Knowhow vorhalten muss wie die strukturierende Bank, da er mit seiner Risikoanalyse auf einer bereits vorliegenden Strukturierung aufsetzen kann. Er sollte jedoch in der Lage sein, Infrastruktur- und Projektfinanzierungsrisiken zu beurteilen. Die obigen Optionen in Bezug auf den Beteiligungszeitpunkt und die Beteiligungsform lassen sich - wie in der Matrix illustriert - kombinieren (Abbildung 6).

Hybrid-Strukturen

In Ergänzung zu den obigen "reinen" Beteiligungsvarianten sind in der Praxis diverse Hybrid-Strukturen denkbar, die in aller Regel eine Kombination aus den obigen Beteiligungsvarianten darstellen. Die mithin wahrscheinlichsten Hybrid-Strukturen dürften Finanzierungen bilden, bei denen sich der institutionelle Investor bereits ab Beginn der Bauphase und im Rahmen der erstmaligen Einwerbung von Fremdkapital an der Transaktion beteiligt. Die strukturierenden Banken übernehmen jedoch im Rahmen einer Garantie gegenüber dem institutionellen Investor das Adressenausfallrisiko bis zu einem erfolgreichen Abschluss der Bauphase. Diese Konstruktion ermöglicht den Banken, eine Transaktion zu strukturieren und die Erträge aus dieser Strukturierung zu generieren. Im Gegenzug erhalten sie direkt ab Beginn der Bauphase die Refinanzierungsmittel von einem institutionellen Investor. Für die beteiligten Banken besteht somit nicht das Risiko, nach Abschluss der Bauphase keinen institutionellen Investor für die Transaktion gewinnen zu können. Die langfristige Finanzierung ist bereits mit Finalisierung der Strukturierung geschlossen.

Der institutionelle Investor erhält die Möglichkeit, die ihm langfristig zur Verfügung stehenden liquiden Mittel fristenkongruent anzulegen, ohne an der vergleichsweise volatilen Bauphase partizipieren zu müssen. Diese wird risikoseitig durch die Banken getragen, die - auf Basis ihrer umfang reichen Produkt- und Sektor-Kenntnis - das projektimmanente Risiko auch am besten beurteilen können. Nachdem sich die Assets und die betreffenden Cash-Flows stabilisiert haben, wird die Finanzierung vollständig, das heißt inklusive des zugrunde liegenden Adressenausfallrisikos an den institutionellen Investor übertragen. In obigen Konstellationen besteht der Wertschöpfungsbeitrag der Banken vornehmlich in der Strukturierungsleistung für die betreffende Finanzierung, während die institutionellen Investoren die Liquidität für die Gesamtlaufzeit der Finanzierung bereitstellen.

In Ergänzung zu den oben skizzierten Beteiligungsvarianten für einen institutionellen Investor an Infrastrukturfinanzierungen sind auch weitere Dienstleistungen denkbar, die von den Banken für die institutionellen Investoren übernommen werden. Aufgrund ihrer Strukturierungserfahrung verfügen die Banken meist über einen komparativen Vorteil in der laufenden Betreuung von Kreditengagements gegenüber institutionellen Investoren. So können Banken institutionelle Investoren beispielsweise im Rahmen des Managements der im Portfolio befindlichen Infrastrukturfinanzierungen unterstützen. Das im Infrastruktur- und Projektfinanzierungsgeschäft versierte und kapazitätsseitig begrenzte Personal der institutionellen Investoren könnte sich auf diesem Wege auf die Analyse und Bewertung neuer Transaktionen konzentrieren, während das Bestandsmanagement von den Banken übernommen wird.

Ausbau der Zusammenarbeit mit institutionellen Investoren

Dem Bereich Energy & Infrastructure der Bank ist es bereits erfolgreich gelungen, Transaktionen unter Einbindung institutioneller Investoren zu strukturieren. Im November 2012 strukturierte sie in Zusammenarbeit mit der KfW Ipex-Bank eine Transaktion für einen der führenden Vermieter von Eisenbahnwagen im europäischen Güterverkehr, die schweizerische AAE Gruppe. Die Transaktion erstreckte sich auf ein Fremdkapitalvolumen in Höhe von 290 Millionen Euro. Die AAE Gruppe ist mit rund 30 000 Güterwagen eine der größten Vermieter von Eisenbahngüterwagen in Europa und fokussiert sich insbesondere auf das Segment des "Kombinierten Verkehrs Straße-Schiene-Wasser". Das 1989 gegründete Unternehmen bietet neben dem Vermietungsgeschäft diverse Reparatur- und Wartungsdienstleistungen an und verfügt in Europa über ein solides Werkstattnetz.

180 Millionen Euro wurden von der Pricoa Capital Group, dem europäischen Investmentarm der U.S. Prudential Financial Inc., und der Otto Beisheim Holding GmbH für eine Laufzeit von bis zu zehn Jahren bereitgestellt. Die genannten Banken stellten im Rahmen der Finanzierung 110 Millionen Euro mit einer Laufzeit von sechs Jahren bereit. Ein Pool an rund 5 000 Güterwagen fungierte als Sicherheit für die ausgelegte Finanzierung.

Die betreffende Finanzierung eröffnete dem Kunden über die von den institutionellen Investoren bereitgestellte Tranche die Möglichkeit, eine deutlich längere Laufzeit zu realisieren, als dies im Bankenmarkt möglich gewesen wäre. Zudem wurde die durch institutionelle Investoren finanzierte Tranche bullet, das heißt mit einer endfälligen Struktur, gewährt, während die Bankentranche getilgt werden musste. Im Gegenzug weist die durch die institutionellen Investoren bereitgestellte Tranche jedoch den Nachteil auf, dass sie im Gegensatz zu der Bankenfinanzierung nicht jederzeit zurückführbar ist. Im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung fallen entsprechende Ablösekosten an, die auch den entgangenen Gewinn mit einschließen.

Basierend auf den gewonnenen positiven Erfahrungen im Rahmen der Strukturierung obiger Transaktion strebt die HSH Nordbank an, ihre Zusammenarbeit mit institutionellen Investoren weiter auszubauen. Ein stetig steigender Finanzierungsbedarf für Infrastrukturprojekte wird die Zusammenarbeit der Banken und der institutionellen Investoren in den kommenden Jahren begünstigen.

Fußnoten

1) Vgl. Moody's Investor Services (2010).

2) Vgl. Brodehser, P.: "Internationale Projektfinanzierung: Strukturen und Elemente der Bankintermediation" (2012).

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