Aufsätze

Schuldscheindarlehen: Entdeckung eines traditionellen Finanzinstruments für die Kommunalfinanzierung

Schuldscheindarlehen (beziehungsweise in Kurzform Schuldscheine) spielten in der Finanzierung der deutschen Wirtschaft seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle und erleben seit einigen Jahren eine Renaissance bei Kommunen und Gemeinden.

Diese Wiederbelebung begründet sich in der Einfachheit des Instruments sowie seiner diskreten Handhabe. Bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg refinanzierten sich Industrieunternehmen mittels der Begebung von Schuldscheindarlehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es vor allem Schuldscheine deutscher Unternehmen, die von Versicherungsunternehmen gekauft wurden. Gläubiger waren seinerzeit zumeist Unternehmen bester Bonität wie etwa staatsnahe beziehungsweise sich im Staats- beziehungsweise Kommunalbesitz befindende Energieunternehmen.

Wichtige Anlageform für Versicherungsunternehmen

Aber auch die öffentliche Hand, hier zuvorderst Bundesländer und insbesondere bis zum Wegfall der Gewährträgerhaftung auch Landesbanken, gehörten zu den aktivsten Debitoren am Markt für Schuldscheindarlehen. Die Bedeutung des Schuldscheins in der Anlagepolitik der Versicherer war seinerzeit sogar dermaßen ausgeprägt, dass der damalige Notenbankpräsident Blessing im Jahr 1959 auf der Jahrestagung der Lebensversicherer diese rügte, da diese sich aus seiner Sicht zu sehr in diesem Markt engagierten.

In der Folge nahm die Bedeutung der Anlageform Schuldscheindarlehen allerdings wieder ab. Anforderungen des ehemaligen Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen und die Erfordernis, jeden Schuldschein einzeln von der Aufsicht genehmigen lassen zu müssen, führten zu einem spürbaren Rückgang des Anlagevolumens. Erst die Entwicklung des sogenannten "Kreditleitfadens", der die Bonitätsprüfung der Schuldner anhand eines Kennzahlensystems erlaubt sowie die Aufhebung der Einzelfallgenehmigung durch die Aufsicht haben seit Mitte der neunziger Jahre wieder zu einer Renaissance des Schuldscheins geführt. Der Kreditleitfaden wird seitdem regelmäßig den aktuellen Erfordernissen angepasst.

Dabei gab es bereits in den fünfziger Jahren für die Versicherungswirtschaft triftige Gründe, in Schuldscheine zu investieren. Ein Großteil dieser Vorteile ist noch heute existent und somit ist es kein Zufall, dass Namenspapiere im Generellen sowie Schuldscheine im Speziellen nach wie vor in der Asset Allokation von Versicherungsunternehmen eine dominante Rolle spielen. So waren und sind es vor allem bilanzielle Vorteile, die den Erwerb einer Forderung in der Ausgestaltung eines Schuldscheins für institutionelle Investoren attraktiv machen.

Ergänzend hat sich in den vergangenen Jahren ein Markt für sogenannte Corporate-Schuldscheindarlehen entwickelt, der überwiegend von mittelgroßen Unternehmen guter Bonität genutzt wird. In diesem Segment sind zumeist nicht die Versicherungsgesellschaften die Hauptinvestoren (da die regulatorischen Anforderungen dieses ohne Weiteres in der Regel nicht zulassen), sondern Sparkassen, Banken, Landesbanken sowie Niederlassungen ausländischer Kreditinstitute. Diese Schuldscheintransaktionen gleichen somit einer klassischen Kreditsyndizierung beziehungsweise ähneln bei kleineren Transaktionen Club Deals.

Herausforderungen und Chancen in der Kommunalfinanzierung

Sind die Einnahmequellen für Kommunen beziehungsweise Gemeinden wie Steuern, Abgaben und Gebühren niedriger als deren Ausgaben, so wird zumeist auf Kommunalkredite zurückgegriffen; hier insbesondere auf Kassenverstärkungskredite beziehungsweise in der gebräuchlichen Ausdrucks weise Kassenkredit. Diese Form des Liquiditätskredits können kommunale Verwaltungshaushalte und andere kommunale Organisationsformen wie Anstalten und Körperschaften öffentlichen Rechts, aber auch Eigen- und Regiebetriebe zur Leistung ihrer Ausgaben bis zu einer in der jeweiligen Haushaltssatzung festgesetzten Höchst grenze aufnehmen. Auch wenn Kassenkredite per se kurzfristiger Natur sein sollten, zeigt die Praxis, dass die Inanspruchnahme dieser in den vergangenen Jahren stark angestiegen ist und somit von einem chronischen Gebrauch gesprochen werden kann. Zur Finanzierung langfristiger Wirtschaftsgüter beziehungsweise der Infrastruktur greifen Kommunen auf Investitionskredite zurück. Mit den verschiedensten Instrumenten können die Kommunen somit ihre Finanzierungsbasis erweitern.

Viele Kämmerer haben bereits erkannt, dass sich die Finanzierungsbasis ihrer Haushalte in einem Schrumpfungsprozess befindet. Diese Entwicklungen manifestieren sich nicht zuletzt durch die oftmals geringer werdenden Angebote auf Kreditausschreibungen der Kommunen. Aus diesem Grund überrascht es nicht, dass der Deutsche Städtetag Position zu diesem Thema bezogen hat. So fordert der Hauptausschuss, dass zur Verbreiterung der kommunalen Finanzierungsstruktur neben dem Kommunalkredit auch alternative Finanzierungen wie Anleihen und Schuldscheindarlehen in Erwägung gezogen werden sollen, sofern dies ohne ein externes Rating der Kommune darstellbar sei.

Im öffentlichen Fokus standen diesbezüglich zuletzt Gemeinschaftsanleihen einiger Kommunen in Franken und dem Ruhrgebiet. Der primäre Erfolg dieser Emissionen liegt wahrscheinlich weniger in dem aufgenommenen Volumen von insgesamt 500 Millionen Euro an sich, als in der Aufmerksamkeit, die diese Anleihen auf die Anlageklasse "Kommunen" gelenkt haben.

Kommunen sind sich bewusst, dass sie sich gegenwärtig in Bezug auf die Kosten für Kreditaufnahmen in einem sehr positiven Umfeld bewegen. Allerdings dürfte sich eine konservativere Geldpolitik der EZB zukünftig in höherem Aufwand niederschlagen. Dieses Zinsänderungsrisiko stellt eine große Herausforderung dar. Aus diesem Grund laufen Gespräche auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene, wie das aktuell günstige Finanzierungsumfeld mittel- und langfristig ohne Einsatz von Derivaten gesichert werden kann.

Kommune und Investor zusammenbringen

Gerade was die Sicherung des günstigen Zinsumfelds anbelangt, ist die HSH Nordbank eine der aktivsten Banken in Deutschland. Um der Verantwortung einer Landesbank gerecht zu werden, gehörten Schuldscheindarlehen sowie Namensschuldverschreibungen schon immer zu den Kernkompetenzen der Bank, nicht zuletzt im Rahmen der eigenen Refinanzierung. Diesbezüglich musste das Rad nicht neu erfunden werden, sondern es galt, nur zwei bestehende Enden zusammenzubringen: Die Bank verfügte bereits über gute Kontakte zu vielen Kommunen einerseits und Investoren andererseits. Intensive Gespräche, gemeinsam ausgehandelte Dokumentationen sowie eine moderierende Rolle der Bank bei der Konditionsgestaltung führten in den vergangenen Monaten dazu, dass sie sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf Ebene der Investoren als sehr bedeutender Marktteilnehmer wahrgenommen wurde.

Das Zusammenbringen von Kommune und Investor erfolgt im Regelfall auf Basis einer Privatplatzierung. Eine Kommune wendet sich hierbei mit ihrem Kreditbedarf an die Bank. Allerdings erfolgt die Ansprache häufig auch im Rahmen einer Ausschreibung. Zumeist kann die Bank bereits nach kurzer Zeit einen potenziellen Investor präsentieren. Da die Bank von zahlreichen Versicherungsgesellschaften mandatiert worden ist, kommunale Schuldscheine, die speziellen Kriterien genügen müssen, zu originieren, können Kommunen mit einer schnellen Rückmeldung rechnen. Aus diesem Grund erfolgen diese Geschäfte sehr diskret, in der Regel sind nur Kreditnehmer, Kreditgeber sowie die Bank als Arrangeur involviert. Immer häufiger wenden sich allerdings auch Sparkassen an die HSH Nordbank. Gemeinsam mit der lokalen Sparkasse, die zumeist den Finanzbedarf ihrer Kommune besser kennt, werden Schuldscheine dann bei Investoren platziert und Provisionserträge geteilt.

Bei der Originierung haben sich die Schuldscheine als äußerst flexibles Verschuldungsinstrument erwiesen, deren Abwicklung problemlos erfolgt. Dies ist nicht allein der relativ einfachen juristischen Handhabe geschuldet, sondern insbesondere auch durch das Abwicklungs-Knowhow der Bank begründet. Institutionelle Investoren wissen die Leistungen der Abwicklungsbereiche der arrangierenden Banken einzuschätzen und machen ihre Teilnahme an teilweise identischen Transaktionen von der Qualität der jeweiligen Abwicklungsabteilung abhängig. Dies gilt umso mehr, wenn Schuldscheine nicht endfällig, sondern mit Tilgungsstrukturen versehen sind. Ähnliches gilt für Namensschuldverschreibungen, hierbei gilt es jedoch einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Das Segment der Namensschuldverschreibungen hat in den vergangenen Monaten eine signifikante Entwicklung genommen und die HSH Nordbank hat diesbezüglich für einige Kommunen die Debüttransaktion arrangiert.

Entmystifizierung und Ausblick

So hat die Bank allein im vierten Quartal 2013 und im ersten Quartal 2014 über 25 Schuldscheine beziehungsweise Namensschuldverschreibungen deutscher Kommunen aus zahlreichen Bundesländern innerhalb ihrer institutionellen Kundschaft platziert. Die Volumina dieser Schuldscheine mit jeweils nur einem Investor variierten hierbei von 2,5 Millionen Euro bis 60 Millionen Euro mit Laufzeiten von einem Jahr bis 30 Jahre. Es wurden sowohl endfällige als auch Schuldscheine mit quartalsweiser Tilgung platziert.

Als ein Verdienst rechnet sich die Bank die Entmystifizierung des Produkts "Schuldscheindarlehen" an. Die Kommunen haben die einfache Handhabe erkannt und festgestellt, dass die Begebung eines Schuldscheins, insbesondere aber auch die Aufgaben während der Laufzeit eines Schuldscheins dem eines klassischen Kommunalkredits nahezu identisch sind. Die Emission einer börsennotierten Anleihe ist mit wesentlich höherem Aufwand verbunden. Dieser erwiesenermaßen erfolgreiche Schuldschein-Ansatz der Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein führt mittlerweile zu einer klassischen Win-Win-Situation. Hiervon profitieren Kommunen, lokale Sparkassen, institutionelle Investoren sowie nicht zuletzt die Bank selbst.

Aufgrund ihrer Expertise und ihres langjährigen Knowhow auf diesem Gebiet, plant die Bank im Bereich der Arrangierung kommunaler Schuldscheine zukünftig noch stärker zu werden. Der Finanzierungsbedarf deutscher Kommunen beziehungsweise kommunalnaher Gesellschaften ist immens. Gerade die Zusammenarbeit mit den Sparkassen vor Ort steht hierbei im Fokus. Als Beispiel seien hier die enormen Investitionen in Breitbandkabelnetze genannt. Auch hierfür kann die Bank gemeinsam mit institutionellen Investoren Finanzierungslösungen aufzeigen. Denn nicht zuletzt durch die diskreten Vertriebsaktivitäten erkennen immer mehr institutionelle Investoren die Chancen und Möglichkeiten, die in der Finanzierung deutscher Kommunen liegen.

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