INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

VERTRIEB VON IMMOBILIEN-SPEZIAL-AIF: PRE-MARKETING-SPIELREGELN TRETEN IN KRAFT

Jörn Zurmühlen, Foto: REAX

Bisher unterlag die Vorvertriebsphase (Pre-Marketing) bei der Vermarktung von Immobilien-Spezial-AIF in Deutschland keinerlei Regulierungen. Dieser Aspekt hat sich nun im Zuge des neuen Fondsstandortgesetzes (FoStG), welches am 28. Mai 2021 vom Bundesrat verabschiedet wurde, geändert. Denn neben den KAGB-relevanten Änderungen des FoStG treten ab dem 2. August 2021 neue Regelungen für die bisher unregulierte Pre-Marketing-Phase in Kraft. Die bisherige Praxis, Marktsondierungen zu konkreten Produktideen ohne eine entsprechende BaFin-Anzeige durchzuführen, wird damit grundsätzlich nicht mehr möglich sein. Einen Überblick über die Neuregelungen der Vorvertriebsphase und deren Auswirkungen auf den Vertrieb von Immobilien-Spezialfonds gibt der Autor des vor liegenden Beitrags. Sein Fazit: Die Regulierung erfordert mehr Flexibilität sowie ein Umdenken in der praktischen Vorgehensweise. Red.

Mit dem Fondsstandortgesetz ist eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 in nationales Recht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf wurde von den Bundesministerien für Finanzen und Wirtschaft erarbeitet. Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte den Referentenentwurf erstmals am 3. Dezember 2020.

Der Verabschiedung des Bundesrats ging die Zustimmung des Bundeskabinetts am 20. Januar 2021 und des Bundestags am 22. April 2021 voraus. Ziel ist es, den Fondsstandort Deutschland durch den Abbau von Barrieren international attraktiver und wettbewerbsfähiger zu gestalten.

Ziel: Stärkung des Fondsstandorts Deutschland

Unter anderem soll der grenzüberschreitende Vertrieb von Investmentfonds durch ein einheitliches Regelwerk vereinfacht werden. Allerdings sehen die gesetzlichen Änderungen nicht nur Erleichterungen vor. Denn mit der im neuen Regelwerk erstmalig definierten Pre-Marketing-Phase wurden in dieser Hinsicht eine Reihe neuer Barrieren aufgebaut, wo es zuvor keine Hürden gab.

Das Regime bringt für den Vertrieb von Immobilien-Spezialfonds an professionelle und semiprofessionelle Anleger daher eine deutliche Verschärfung ab dem 2. August 2021 mit sich.

Definition und Abgrenzung zum regulären Vertrieb

Die Pre-Marketing-Phase lässt sich laut § 306b (1) KAGB-E wie folgt definieren: "Pre-Marketing ist die direkte oder indirekte Bereitstellung von Informationen über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte mit dem Ziel, das Anlegerinteresse an einem Spezialfonds (AIF) oder Teilinvestmentvermögen zu eruieren."

Als regulärer Vertrieb hingegen gilt, wenn der Anleger in der Lage wäre, sich zum Erwerb von Anteilen zu verpflichten, oder wenn der Anleger Zeichnungsdokumente beziehungsweise vergleichbare Dokumente, auch im Entwurfstatus, erhält. Hierzu zählen auch Gründungsdokumente, Prospekte oder Angebotsunterlagen eines noch nicht zugelassenen AIF.

Von dem Prozess des Pre-Marketings ausgenommen ist per Gesetzesbegründung die sogenannte "Reverse Solicitation". Damit ist die direkte Ansprache einer AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft durch einen Investor gemeint, da in diesem Fall die Initiative zum Erwerb von Fondsanteilen vom potenziellen Anleger ausgeht. Weiterhin ausgenommen ist die reine Bewerbung der eigenen Fähigkeiten ohne einen direkten Produktbezug.

Die Neuregelungen betreffen alle in der EU geplanten Neuauflagen von inländischen sowie ausländischen Fonds, die in Deutschland vertrieben werden sollen. Weiterhin gilt, dass die Aufnahme der Pre-Marketing-Aktivitäten per Gesetz innerhalb von zwei Wochen bei der BaFin angezeigt werden muss. Davor dürfen Anleger keine konkreten Produktinformationen erhalten, auf deren Basis eine Investitionsentscheidung möglich ist.

Wer darf Pre-Marketing-Aktivitäten nun überhaupt durchführen? Für die definierten Aktivitäten des Pre-Marketings ist gemäß Gesetz zukünftig nur noch ein bestimmter Personenkreis zugelassen. Erlaubt ist es zukünftig lediglich Wertpapier-Dienstleistungsinstituten, Kreditinstituten, OGAW-KVG, AIF-KVG sowie vertraglich gebundenen Vermittlern im Sinne des § 2 (1) KWG, Pre-Marketing-Aktivitäten durchzuführen.

Ausschluss vieler deutscher Asset Manager

Dies ist eine bedeutende Änderung. Denn deutsche Asset Manager verfügen meist über eine Lizenz als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Gewerbeordnung (GewO).

Waren diese bisher über einen Vertriebsvertrag mit einer Service-KVG tätig geworden, ist dies nun künftig nicht mehr gestattet, da Vermittler nach § 34f GewO nun vom Pre-Marketing (Vorvertrieb) ausgeschlossen werden. Im eigentlichen Vertrieb dürfen diese Vermittler wiederum tätig werden.

Welche Möglichkeiten bieten sich Asset Managern ohne eine eigene KVG? Besonders betroffen durch die neue Gesetzgebung sind Asset Manager ohne eine eigene KVG sowie unabhängige Placement Agents ohne die entsprechende BaFin-Erlaubnis.

Aus eigener Erfahrung wissen wir: Es wird nur sinnvoll sein, eine entsprechende BaFin-Erlaubnis gemäß KWG zu beantragen, wenn entsprechende Organisationsstrukturen eingerichtet und unterhalten werden.

Diese sind allerdings kostenintensiv und werden sich nur über entsprechende Umsatzerwartungen in diesem Geschäftsbereich amortisieren. Dazu kommt, dass der Genehmigungsprozess langwierig und kostenintensiv ist. Dies gilt es individuell abzuwägen.

Was sind also die Alternativen hierzu? Es liegt nahe, zunächst nach dem Prinzip der "Reverse Solicitation" vorzugehen. Dies ist in der Praxis jedoch nur bei Bestandsinvestoren und im Einzelfall anwendbar.

"Reverse Solicitation" - aber nur im Einzelfall

Es ist davor zu warnen, dieses Konstrukt als "kreatives" Gestaltungsinstrument für eine flächendeckende Abstimmung mit potenziellen Investoren zu nutzen.

Denn auch im Nachgang ist eine Umqualifizierung zu Pre-Marketing- oder Vertriebsaktivitäten, die sensible Sanktionen nach sich ziehen können, möglich und sicher zu erwarten. Somit ist dies nicht für ein allgemeines Vorgehen geeignet.

Auch die bloße Bewerbung der eigenen Fähigkeiten, die keinen Produktbezug beinhalten darf, bietet sich in der Praxis nicht an, um das Interesse zu einem konkreten Fondskonzept ausreichend abzufragen.

Eine mögliche Alternative wäre eine frühe Vertriebsanzeige. Doch dieses Vorgehen wird sich in der Praxis häufig als nicht sinnvoll erweisen. Denn anders als im Publikumsfondsbereich wird institutionellen Anlegern bisher in der Vorvertriebsphase ein Investment- beziehungsweise Fondskonzept vorgestellt, das sich entsprechend der Resultate der Investorengespräche vor der eigentlichen Fondsauflage wandelt.

Mit vorzeitigen Vertriebsanzeigen gehen somit auch automatisch Änderungsanträge und/oder Anzeigepflichten einher, die zu erhöhtem Verwaltungsaufwand, Zeitverlust und erhöhten Kosten in der Aufsetzungsphase führen.

Letztlich bietet sich somit für betroffene Asset Manager lediglich die Beauftragung eines regulierten Dienstleisters mit der Durchführung der Pre-Marketingmaßnahmen in der Praxis an. Nur so erhalten sie die Möglichkeit, die Konzeptvorstellung und Anlegeransprache vor dem eigentlichen Vertriebsprozess weiterhin durchführen zu können.

Service-KVGen müssen sich neu strukturieren

Diese Vorgehensweise eignet sich dabei sowohl als eine flexible kurzfristige Option, zum Beispiel bis zur Findung einer dauerhaften eigenen (internen) Lösung, als auch als ein dauerhafter Lösungsansatz.

Auch Service-KVGen sind von den neu aufgestellten Pre-Marketing-Spielregeln betroffen und suchen bereits gemeinsam mit Marktteilnehmern nach vielfältigen Lösungsansätzen in der Praxis. Absehbar ist, dass künftig das Vorgehen individuell nach der Situation der jeweiligen Fondskonzepte und -ideen angepasst wird.

Dies erfordert mehr Flexibilität und einen größeren organisatorischen Aufwand. Eine Konsequenz ist unter anderem, dass Service-KVGen zum Teil eine frühere Vertriebsanzeige in Kauf nehmen und Fondskonzeptionen folglich häufiger anpassen müssen. Folglich muss dann eine erneute Vertriebsanzeige eingeholt werden.

Als Fazit kann somit festgehalten werden: Die Regulierung der Pre-Marketing-Phase erfordert von allen Marktteilnehmern im Vertrieb von Immobilien-Spezialfonds mehr Flexibilität und ein Umdenken in der praktischen Vorgehensweise.

Wo zieht die BaFin die Grenze?

Welche Prozesse und Lösungsansätze sich am Ende in der Praxis etablieren, bleibt abzuwarten. Aus unserer Sicht überwiegen die Vorteile der Beauftragung von zugelassenen Dienstleistern.

Interessant wird zu sehen sein, wo genau die BaFin die Grenze zwischen der Bewerbung der eigenen Fähigkeiten und Pre-Marketing ziehen wird.

In jedem Fall bieten zugelassene Dienstleister Asset Managern und Fondsinitiatoren sowie vertriebsunterstützend den Service-KVGen einen kurzfristigen flexiblen Handlungsspielraum bei der Ausübung des Fonds-Vorvertriebs.

Jörn Zurmühlen , Mitglied des Vorstands , Real Exchange AG, Hamburg
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