PROPERTY MANAGEMENT

ZEITGEMÄSSES ACCOUNTING UND REPORTING: MASSNAHMEN GEGEN DEN POPEYE-EFFEKT

Karsten Körper-Fitzgerald, Foto: C Immobilien Gruppe

Ein Komma, respektive Zuordnungsfehler, kann sehr langfristige und unerwartete Folgen haben: Ende des 19. Jahrhunderts verwechselte beispielsweise der Physiologe Gustav von Bunge bei der Angabe des Eisengehalts Spinatpulver und frischen Spinat und setzte das Komma letztlich vor die falsche Ziffer. Die Folge: Alle dachten, Spinat habe zehnmal so viel Eisen, wie es tatsächlich der Fall ist. Rund 30 Jahre später, im Jahr 1919, erblickte die Comicfigur Popeye das Licht der Welt und der vorlaute Seemann wurde zur Manifestation dieser Spinat-Legende.

Oberflächliche Prüfung

Was beim Spinat eine amüsante Anekdote ist, kann in anderen Zusammenhängen schnell gefährlich werden - zum Beispiel bei Immobilieninvestments. Denn auch dort wird die ursprüngliche Datengrundlage allzu selten hinterfragt: Teilweise prüfen Property und Asset Manager die Resultate aus der Objektbuchhaltung eher oberflächlich, was mitunter auch am Zeitfaktor liegt. Einmal gemachte Fehler werden oftmals wiederholt übertragen und als Berechnungsgrundlage herangezogen. Im besten Fall sorgt dies für zweifelhafte Ergebnisse, verbunden mit Überstunden und Detektivarbeit bei externen Dienstleistern. Im schlimmsten Fall bleibt der Fehler unentdeckt und bildet die Grundlage für eine falsche Anpassung der Immobilienstrategie oder eine fehlerhafte Anteilswertermittlung und führt damit zu Performance-Einbußen für den Investor.

Grob überschlagen werden 85 Prozent aller laufenden relevanten Objektinformationen in der Objektbuchhaltung - überwiegend automatisch - generiert und eingegeben. Bei komplexeren Gewerbeimmobilien entstehen monatliche Datensätze mit zum Teil tausenden Buchungen. Objektbuchhalter nutzen seit Jahren die Möglichkeiten des maschinellen Lernens der vielfachen Management-Softwaresysteme und arbeiten weitestgehend in hochintegrierten digitalen Systemlandschaften. Diese Daten sind nicht nur die Grundlage für ein lückenloses Reporting an Investoren und Kreditgeber, sondern auch erste Grundlage wertsteigernder Dienstleistungen im Asset- und Fondsmanagement. Produzieren wir jedoch undurchsichtige Datenhaufen, erzeugen wir eine Intransparenz, die sich durch die gesamte Wertschöpfungskette zieht und den Popeye-Effekt fördert.

Hinzu kommt, dass eine gesunde Fehlerkultur und ein offener Umgang mit Problemen für die Objektbuchhaltung bislang nur teilweise etabliert sind. Denn das digitale Instrumentarium entwickelt sich zwar stetig weiter, aber gleichzeitig werden auch die Reportings immer umfangreicher und die entsprechenden Frequenzen höher. In Verbindung mit den immer kürzeren Mandatslaufzeiten im Property und Asset Management werden somit die möglichen Fehlerquellen zahlreicher. Das klassische Rollenbild des Objektbuchhalters, der als Ein-Mann-Abteilung unabhängig von allen anderen Kollegen agiert, ist in dieser Umgebung gefährlich für einen Dienstleister, der alle Aspekte des Immobilienmanagements in hoher Qualität abdecken will.

Daher ist es umso wichtiger, dass - neben gut durchdachten Prozessen und einem Vier-Augen-Prinzip - ein regelmäßiger kom munikativer Austausch mit dem verantwortlichen Managementteam stattfindet. Auf diese Weise kann der Objektbuchhalter zum Beispiel Zahlenwerte viel besser einordnen und erkennt mögliche Fehler bereits anhand der Dimensionen - sprich, er identifiziert dadurch auch das eingangs erwähnte falsche Komma und ähnliche Ungenauigkeiten. Auf der einen Seite ist eine möglichst genaue und strukturierte Vorgehensweise in der Objektbuchhaltung wichtiger für die gesamte Prozesskette als je zuvor. Auf der anderen Seite bleibt es für Investoren teilweise undurchsichtig, wie genau ein Property- und Asset-Management-Dienstleister vorgeht. Schließlich findet die Objektbuchhaltung hinter den Kulissen des Dienstleisters statt. Zur Realität gehört heutzutage, dass Mandatsvergaben mit der Qualität der Objektbuchhaltung und des Reportings stehen oder fallen.

Die Rolle des Objektbuchhalters hat sich in den vergangenen Jahren radikal gewandelt. Die Arbeit "im stillen Kämmerlein" gehört der Vergangenheit an. Stattdessen rückt neben dem ganzheitlichen Verständnis der IT-Systeme der Austausch mit den Kunden immer stärker in den Mittelpunkt. Hierbei könnte man sich allerdings noch stärker an den Standards aus dem angelsächsischen Raum orientieren, wo die Betreuung über alle Stationen des Investmentzyklus hinweg stattfindet - und die Buchhaltung in die meisten Phasen involviert ist.

Der Objektbuchhalter als Berater

Obwohl die Aufgaben der Objektbuchhaltung immer zahlreicher und relevanter werden, handelt es sich bei den modernen Spezialisten der Objektbuchhaltung also keinesfalls um Einzelkämpfer. Stattdessen sind eine ausgeprägte Kommunikationskultur und ein interdisziplinäres Verständnis der Immobilie elementar; Beratung ist mindestens genauso wichtig wie eine korrekte Datenarbeit - Fehler sind keine persönlichen Schwächen, sondern werden professionell adressiert.

Bei all diesen Veränderungen verwundert es nicht, dass neben gelernten Buchhaltern immer mehr immobilienaffine Quereinsteiger die Objektbuchhaltung der Immobiliendienstleister bereichern. Die Immobilienbranche kann aber ihrem Transformationsdruck nur dann gerecht werden, wenn eine offene Unternehmenskultur dafür sorgt, dass sich Objektbuchhalter, Property Manager und Asset Manager fachlich einander noch stärker annähern als bisher.

Karsten Körper-Fitzgerald , Geschäftsführer, IC Property Management GmbH, Berlin
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