Property- und Facility Management

Mit der Zertifizierung von Facility-Management-Prozessen zur ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie

Unternehmen beklagen häufig, dass Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft noch ein Entwicklungsmarkt sei. Dass Dienstleistungsangebot und Kundenwünsche noch harmonisiert werden müssten. Für Immobilien stehen mittlerweile verschiedene Nachhaltigkeitszertifikate zur Verfügung. Doch wie sieht es mit dem Gebäudebetrieb aus? Dieser Bereich wurde lange vernachlässigt - dabei bietet er gerade für Eigentümer von Bestandsimmobilien eine Möglichkeit, ihre Objekte ökologisch auszurichten, so der Autor. Das lohnt sich, denn Green Buildings weisen im Schnitt eine um zehn Prozent höhere Mietauslastung bei rund 13 Prozent höheren Mieteinnahmen gegenüber konventionellen Gebäuden auf. Red.

Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur etwas für Idealisten. Die Zertifizierung von Immobilien macht das Thema auch für die Strategen der Immobilienbranche griffig. Zudem stellen Investoren und Mieter zunehmend die Frage nach Betriebskostenoptimierung und Werthaltigkeit eines Gebäudes. Studien - etwa von Roland Berger [1] oder das Wisag Nachhaltigkeitsradar [2] - belegen, dass Immobilien inzwischen mehr sind als ein notwendiger Kostenblock: Sie sind strategische Ressourcen.

Kurzfristige Kostenpläne weichen einer strategischen und langfristigen Ausrichtung des Immobilienportfolios. Dabei setzen Investoren zunehmend auf Nachhaltigkeitsaspekte und beziehen diese in ihre Investitionsentscheidungen ein. So werden offen Ausschlusskriterien für Immobilien mit hohem Ressourcenverbrauch und Schadstoffbelastungen artikuliert, Portfolios systembereinigt und alle Objekte daraus entfernt, deren energetische Performance selbst durch Sanierung nicht mehr aufzubessern ist. Das alles geschieht mit dem Ziel, die Portfolios systematisch mit nachhaltigen, renditeorientierten Objekten aufzufüllen. [3]

Zertifikate als Wegweiser

Bei der Auswahl ökologischer Immobilien spielen Zertifikate eine wichtige Rolle. Sie vereinfachen es, die nachhaltige Qualität eines Gebäudes einzuschätzen und es mit anderen zu vergleichen. Die Kriterienkataloge etablierter Zertifizierungslabels wie BREEAM DE (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology), LEED (Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) oder das Gütesiegel der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V.) legen anhand zentraler Indikatoren die Performance einer Immobilie offen.

Die Gütesiegel zahlen positiv auf Image und Nutzerfreundlichkeit ein und helfen, in umkämpften Märkten langfristig Leerstände und somit Cashflow-Ausfälle zu vermeiden. So weisen Green Buildings im Schnitt eine um zehn Prozent höhere Mietauslastung bei rund 13 Prozent höheren Mieteinnahmen gegenüber konventionellen Gebäuden auf. [4] Und laut einer Umfrage von PwC werden beim Verkauf oder bei der Vermietung nachhaltiger Immobilien zwischen zehn und 20 Prozent höhere Preise gezahlt. [5]

Angesichts dieser Vorteile ist es nicht verwunderlich, dass der Anteil zertifizierter Gebäude wächst. Laut des Certification and Sustainability Radars von Jones Lang Lasalle betrug der zertifizierte Büroflächenbestand in den sieben deutschen Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart zur Jahresmitte 2014 insgesamt 4,52 Millionen Quadratmeter, mit steigender Tendenz. [6]

Begrenztes Angebot

Aus Eigentümersicht stellt die Immobilienzertifizierung eine strategische Entscheidung dar, um den Cashflow stabil zu halten und künftigen Leerstand zu vermeiden. Aber: Der Markt an Neubauten ist überschaubar. Anleger müssen daher auf Bestandsbauten ausweichen. Das Auswahlkriterium ist auch hier der energetische Status der Liegenschaft. Doch hier klafft eine Lücke. Lediglich 13 Prozent der zertifizierten Objekte sind Bestandsimmobilien. Damit lässt sich die Nachfrage nach "Green Buildings" nicht kompensieren. [7]

Worin liegen die Ursachen für die schleppende Bereitschaft zur Zertifizierung von Bestandsgebäuden? Zum einen schrecken die als zu hoch empfundenen Zertifizierungskosten ab, zum anderen gab es lange Zeit keine geeigneten Gütesiegel. [8] Mit der Einführung des Zertifizierungssystems BREEAM DE für gewerblicher Bestandsimmobilien im Jahr 2012 auf dem deutschen Markt schloss das Deutsche Private Institut für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (DIFNI) diese Lücke. Und auch die Überarbeitung der Bestandszertifizierung der DGNB 2013 setzt hier an. Allerdings stellt sich die Frage, wie lange Flächen ohne einen nachhaltigen Gebäudebetrieb noch mit einer guten Rendite vermietbar sein werden.

Grünes FM - Chance für Nachhaltigkeit

Hier kommen die Facility-Service-Anbieter ins Spiel: Sanierungsmaßnahmen im Bestand gehören zu ihrer spezifischen Expertise. Sie können durch die Einbeziehung technischer, wirtschaftlicher und gebäudetypischer Aspekte zu einer ganzheitlichen, nachhaltigen Lösung beitragen. Vor allem die strategische Nutzung ihres Know-hows bietet erhebliche Potenziale für eine ökologische Immobilienbewirtschaftung und für einen stabilen Cashflow. [9] Insbesondere die führenden Dienstleister haben mittlerweile ein nachhaltiges Produktangebot entwickelt. Besonders nachgefragt sind momentan allerdings weniger konkrete ökologische Services beispielsweise in der Gebäudetechnik oder -reinigung, sondern vielmehr strategische Dienstleistungen und spezifische FM-Consulting-Angebote, die maßgeschneiderte Lösungen bieten: von der Betriebskonzeption mit direkten Auswirkungen auf die Betriebskosten bis zur Planungsbewertung aus Betreibersicht für Neubauten.

Dank der Angebote der FM-Spezialisten können sich Immobilieneigentümer auch ohne eine Zertifizierung des Gebäudes als ökologische Anbieter profilieren. Interessant ist dies gerade für Objekte, deren Nachhaltigkeitsperformance ausgereizt ist, die unter Sanierungsstau leiden oder bei denen es nicht möglich ist, in die Architektur und die technische Gebäudeausstattung einzugreifen. Zudem gibt es am Markt erste Ansätze von FM-Dienstleistern, individuelle Anforderungen von Mietern oder Nutzern in der Betriebskonzeption zu berücksichtigen - beispielsweise durch Harmonisierung mit "Grünen" Mietverträgen, "Grüne" Property-Management-Leistungen oder "Grüne" Facility-Management-Leistungen.

Erhöhte Transparenz

Was bislang noch fehlte, waren objektive Vergleichsmöglichkeiten und Standards für einen nachhaltigen Gebäudebetrieb. Genau an diesem Punkt setzen zwei aktuelle Projekte an. Wie bei den Nachhaltigkeitszertifikaten für Immobilien sollen sie die ökologischen Aspekte von FM-Prozessen anhand nachvollziehbarer Kriterien vergleichbar und somit bewertbar machen - etwa durch die Vergabe eines entsprechenden Gütesiegels durch eine Zertifizierungsorganisation.

Die Wisag Facility Management hat dazu 2014 als erstes Unternehmen ein ökologisches Musterleistungsverzeichnis als Standard für nachhaltige FM-Dienstleistungen fertiggestellt, dessen Qualität durch das "Badge of Recognition" der DIFNI - der Trägergesellschaft des BREEAM-Zertifizierungssystems - nachgewiesen ist. Das Musterleistungsverzeichnis transformiert die FM-Anforderungen in nachhaltige FM-Prozesse und stellt sie in der Angebotsphase transparent und vergleichbar dar, um Eigentümern konkrete Handlungsempfehlungen für einen nachhaltigen Betrieb zu geben.

Entwickelt wurde das Konzept im Rahmen einer Arbeitsgruppe mit der Immobilienberatungsgesellschaft Cushman & Wakefield, der DIFNI und der Rechtsanwaltskanzlei DLA Piper. Unter dem Titel "Sustainable Facility Management Service" ergänzen auch rechtlich geprüfte Vertragsvorlagen das Musterleistungsverzeichnis. Somit lassen sich definierte und messbare Performanceziele in einem ganzheitlichen Ansatz zur Sicherung der Nachhaltigkeit im gesamten Lebenszyklus von Immobilien umsetzen.

Den gleichen Ansatz verfolgt die fast zeitgleich veröffentlichte Gefma (German Facility Management Association) Richtlinie 160 "Nachhaltigkeit im Facility Management", die in Zusammenarbeit mit der DGNB entwickelt wurde. Das zentrale Element ist ein Kriterienkatalog, der neben den klassischen Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziokultur auch Kriterien zur Organisation des Facility Managements enthält.

Beide Ansätze sind so konzipiert, dass sie Potenziale in Prozessen aufspüren und einen Nachweis über die Leistungsqualität in strukturierter Form nach objektiven Gesichtspunkten liefern - unabhängig von der Gebäudequalität. [10] Doch was verbirgt sich hinter nachhaltigen FM-Prozessen? Für die Kunden ist die Erläuterung eines nachhaltigen Service-Level-Agreements entscheidend.

Nach einem Baukastensystem werden die ausgewählten nachhaltigen FM-Leistungen beschrieben, Ziele definiert und über den Status der Maßnahmen regelmäßig berichtet. Bei Zielabweichungen werden Maßnahmen definiert. Dies können Prozesse zur werterhaltenden Instandhaltungsstrategie sein, Energie- und Ressourcenmanagement, aber auch ökologisches Flächenmanagement oder nachhaltige Beschaffung und Prozesse zum sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit.

Das ökologische Musterleistungsverzeichnis der Wisag und die Gefma Richtlinie 160 gehen neue Wege und eignen sich insbesondere für den nachhaltigen Betrieb von Bestandsimmobilien - auch ohne aufwendige energetische Sanierung. Damit sind die beiden Ansätze eine ideale Alternative zur herkömmlichen Green-Building-Zertifizierung. Doch während das Musterleistungsverzeichnis bereits jetzt mit dem "Badge of Recognition" eine solide Grundlage für eine BREEAM-Zertifizierung ist, soll dieser Aspekt bei der Gefma Richtlinie 160 noch folgen.

Wie die ökologischen Gütesiegel für Immobilien sind auch nachhaltige FM-Services mehr als eine Modeerscheinung. Denn ein zertifizierter Objektbetrieb bietet nicht nur monetäre Vorteile wie den Werterhalt, sondern steigert die Attraktivität des Gebäudes für potenzielle Mieter, weil die Vorteile für die Nutzer durch das Label nachvollziehbar sind. Laut einer Studie der IVG gewinnen die Green Leases für 61 Prozent der Befragten an Bedeutung. [11] Ökologische FM-Dienstleistungen sind für Gebäude mit hohem Leerstand eine interessante Alternative zur Green-Building-Zertifizierung.

Hinzu kommt, dass ein nachhaltiger Objektbetrieb in idealer Weise die Nachhaltigkeitsstrategie in einem als nachhaltig zertifizierten Gebäude ergänzt. Erst durch die strategische Einheit von nachhaltigem Objektbetrieb und nachhaltigem Baukörper kann ein ganzheitlicher Mehrwert an Nachhaltigkeit erreicht werden. Oder anders ausgedrückt: Was kommt nach der Gebäudezertifizierung und wie viel Nachhaltigkeit steckt in einer grünen Immobilie ohne nachhaltige Bewirtschaftung?

Literaturverzeichnis

[1] Roland Berger Studie Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement: Torsten Henzelmann, Ralf Büchele, Michael Enge: Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement 2010 http://www.rolandberger.de/media/pdf/Roland_Berger_Nachhaltigkeit_im_Immobilienmanagement_final_20100401.pdf

[2] Wisag Nachhaltigkeitsradar 2012

[3] PwC ://www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/real-estate/immobilienbranche-setzt-staerker-aufnachhaltigkeit.jhtml

[4] Tong-jin smith: Der Tagesspiegel 26. Juni 2010: Zertifikate bringen Licht ins Dunkel: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/immobilien/nachhaltiges-bauen-zertifikate-bringen-licht-insdunkel/1868126.html

[5] PwC ://www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/real-estate/immobilienbranche-setzt-staerker-aufnachhaltigkeit.html

[6] Jones Lang Lasalle: CESAR: Certification and Sustainability Radar 9/2014 http://www.presseportal.de/pm/62984/2825762/jll-cesar-certificationand-sustainability-radar-zertifizierte-bueroflaechelegt-in-den-big-7

[7] ebd.

[8] Greenbuilding 3/13 Kati Herzog, Christine Wildhack: Schnell, transparent und eigenständig: Warum BREEAM DE für den deutschen Bestand eine gute Lösung ist http://www.breeam.de/files/gb_03-13_20.pdf

[9] Wisag Nachhaltigkeitsradar 2013

[10] Gefma Pressemitteilung zu Gefma Richtlinie 160

[11] Thomas Beyerle; IVG http://www.ivg.de/presse/ pressemitteilungen/presse/info/ivg-umfrage-nachhaltigkeit-fester-bestand-im-operativen-alltagsgeschaeft/

Der Autor

Holger Kube Prokurist , 2COM Immobilien Competence, Consulting & Management GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

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