Schwerpunkt Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Bauen - nur ein Modethema?

Themen wie Klimaschutz und CO2-Reduktion spielen auch in der Bauindustrie eine bedeutende Rolle. Und dies nicht ohne Grund: Immobilien haben eine hohes Potenzial zur Umsetzung von Nachhaltigkeit. Zirka 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen werden durch den Bau und den Betrieb von Immobilien verursacht.1) Investitionen in Immobilien bieten daher ein großes Potenzial zur Reduzierung von Umweltbelastungen. Aber neben einer verbesserten Klimabilanz und dem generellen Bestreben die Wirtschaft "grüner" zu gestalten sind auch handfeste ökonomische Argumente eine Motivation zum nachhaltigen Bauen.

Kosten-Nutzen-Analyse und Marktpotenzial

Zahlreiche Studien haben sich mit der Kosten-Nutzen-Analyse nachhaltig gestalteter Gebäude beschäftigt und zeigen, dass ökologische Ziele durchaus mit wirtschaftlichen Zielsetzungen vereinbar sind. In den USA, die schon sehr früh mit der nachhaltigkeitsorientierten Zertifizierung von Gebäuden begonnen haben, belegen verschiedene Untersuchungen die Sinnhaftigkeit der Anstrengungen zum Klimaschutz. Eine Untersuchung der Hochtief-Tochter Turner aus dem Jahr 2012 nennt als Gründe für eine Investition in nachhaltige Gebäude neben den erzielbaren Kosteneinsparungen bei Energie, Betrieb und Instandhaltung (66 Prozent) und höherem Gebäudewert (75 Prozent) sowie verbesserter Vermietungsrate (74 Prozent) auch "softe" Faktoren, wie etwa positive Auswirkungen auf das Image (67 Prozent) und positive Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden der Nutzer (74 Prozent).2) Alle drei Aspekte sind definitorische gleichgewichtige Grundlage von Nachhaltigkeit: Ökonomie, Ökologie und Soziales.

So zeigt beispielsweise eine Studie des World Green Building Council über internationale Immobilienmärkte, dass nachhaltige Gebäude höhere Verkaufspreise erzielen und zu höheren Mietpreisen vermarktet werden können. Auch die Vermietungsquote liegt höher als bei konventionell errichteten Gebäuden.3) Dabei liegen die Herstellkosten gemäß dieser Studie lediglich zwischen null und 12,5 Prozent über denen vergleichbarer konventioneller Gebäude mit einer generell sinkenden Tendenz.

Eine Studie von FMG Fondsmedia Hamburg für den deutschen Markt zeigt4) ähnliche Ergebnisse. Demnach liegt der erzielbare Mietzins bei nachhaltigen Gebäuden um 13,1 Prozent und die Auslastung um 10,7 Prozent höher als bei konventionellen Gebäuden, der Verkaufserlös ist um zehn Prozent höher. Die Technische Universität München hat im Auftrag von Hochtief im Jahr 2011 die Fragestellung "Wie nehmen Büronutzer Nachhaltigkeitskriterien einer Immobilie wahr und wie beeinflussen vorhandene und nichtvorhandene Kriterien auf die Mietzahlungsbereitschaft?" untersucht. Das Ergebnis überrascht nicht: Aus den Nachhaltigkeitsaspekten wie Primärenergiebedarf, Raumklima oder Behaglichkeit resultiert ein Wertsteigerungspotenzial von 10,5 Prozent, bezogen auf die ortsübliche Miete. Dabei können die Nebenkosten um zirka fünf Prozent durch reduzierte Aufwendungen bei Strom, Wärme, Kühlung und Wasser gesenkt werden.

Damit bestätigt die Studie im Wesentlichen die Ergebnisse der Untersuchung von Roland Berger "Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement" aus dem Jahr 2010, die sich ebenfalls mit dem Marktpotenzial für Green Buildings in Deutschland befasst. Demnach sind über 70 Prozent der Bauherren und Investoren bereit, für die Erstellung nachhaltiger Immobilien höhere Investitionskosten in Kauf zu nehmen. Auf Basis dieser Zahlungsbereitschaft lässt sich ein zusätzliches Investitionspotenzial von rund 13 Milliarden Euro allein für den deutschen Markt ableiten. Vor dem Hintergrund der seit dem Erstellungszeitraum der Untersuchungen gestiegenen Energiepreise lässt sich zudem ein wachsender Bedarf für die Sanierung und Modernisierung im Gebäudebestand als wichtiges Geschäftsfeld im Bereich des nachhaltigen Bauens identifizieren. Untermauert wird dies durch eine andere aktuelle Untersuchung, in dem 79 Prozent der befragten Investoren ein großes Interesse bekundeten, innerhalb der nächsten fünf Jahre - respektive bis 2020 - ihre Immobilienportfolios mit dem Ziel eines höheren Anteils an nachhaltigen Immobilienanlageprodukten zu restrukturieren.5)

Beweisführung durch Zertifizierungen

Mehr Transparenz und Klarheit zum Thema Nachhaltigkeit von Immobilien bieten Zertifikate und Gütesiegel. Zu den bekanntesten Bewertungen zählen das Gütesiegel der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), das amerikanische LEED (Leadership in Energy and Environmental) und das aus Großbritannien stammende BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method). Sie geben Auskunft darüber, wie nachhaltig ein Gebäude geplant und realisiert wurde und wie nachhaltig es betrieben werden kann. Damit werden die inneren "grünen" Werte einer Immobilie transparent und messbar. Nachhaltigkeit bedeutet hier, dass ökonomische, ökologische und auch soziale Aspekte in einem ausgewogenen Verhältnis bei der Konzeption des Gebäudes, bei seiner Planung, Umsetzung und Bewirtschaftung berücksichtigt werden. Es geht also um einen integralen Lösungsansatz und eine ganzheitliche Betrachtung einer Immobilie.

Hochtief zählt zu den weltweit führenden Anbietern im Marktsegment Green Building und hat mit allen etablierten Zertifizierungssystemen Erfahrungen gesammelt und mit Expertenteams überall auf der Welt Immobilien nach nachhaltigen Kriterien geplant, realisiert und deren Zertifizierung begleitet. In Deutschland gehörte Hochtief bereits 2007 zu den Gründungsmitgliedern der DGNB und hat sich in dieser Rolle auch für die Entwicklung und Etablierung des Gütesiegels engagiert. Tochtergesellschaft Turner ist Gründungsmitglied im U.S. Green Building Council und hält in den USA die Spitzenposition im Bereich Green Building. Der konzernweite Umsatz von Hochtief in diesem Marktsegment lag 2013 bei rund 2,7 Milliarden Euro. Bislang wurden (Stand Dezember 2013) durch Hochtief 697 nach LEED und 51 nach Kriterien der DGNB zertifizierte oder registrierte Green Buildings realisiert.

Natürlich ist mit der Zertifizierung ein gewisser zusätzlicher - aber auch kalkulierbarer - Aufwand an Zeit und Kosten verbunden. Aber Befragungen und Studien belegen wie bereits angeführt, dass aufgrund der überdurchschnittlichen ökologischen Standards und insbesondere der hohen Energieeffizienz die sogenannte "zweite Miete", also die Betriebsund Nebenkosten geringer ausfallen als bei konventionell errichteten Gebäuden. Zudem profitieren die Nutzer von einem positiven Lebens- und Arbeitsumfeld.

Und dies sind wiederum sehr interessante Argumente für Bauherren und Investoren. Gerade im deutschen Immobilienmarkt lässt sich beobachten: Kaum eine Projektentwicklung geht heute noch ohne ein Nachhaltigkeitslabel in die Vermarktung - besonders im Segment für hochwertige Büro- und Wohnimmobilien in den Spitzenlagen der Ballungszentren, wo die Margen klein und die Konkurrenz groß ist.

Nachhaltiges Bauen ist schon lange kein Nischenthema mehr. Es hat inzwischen alle Immobiliensegmente erreicht: Büro- und Wohnimmobilien ebenso wie zunehmend auch öffentliche Gebäude und private Bestandsimmobilien. Heute zählen in der Branche mehr denn je "nachhaltige" Anlagekriterien wie Langfristigkeit, Stabilität, Sicherheit und Verantwortung. Seit zehn bis 15 Jahren haben alle Beteiligten, von den Entwicklern, die Bauausführenden über die Investoren bis hin zu den Nutzern die Standardisierung und Professionalisierung des grünen Bauens in allen Fachdisziplinen vorangetrieben. Dies zeigt sich unter anderem an den bereits beschriebenen Zertifizierungssystemen und der wachsenden Anzahl der vergebenen Zertifikate und der steigenden Zahl von nachhaltigkeitsorientierten Immobilienfonds.

Modethema? Keinesfalls!

Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass insbesondere im Segment der Büroimmobilien kaum noch eine Projektentwicklung ohne Zertifikat auf den Markt kommt, denn gerade bei internationalen Investoren und Nutzern ist die Zertifizierung eines der zentralen Kriterien für oder gegen eine Investitionsentscheidung. Neben den regulatorischen und rechtlichen Vorgaben zum Nachhaltigen Bauen, wie in Deutschland beispielsweise der Energieeinsparverordnung oder der EU-Richtlinie zur Energieeffizienz im Gebäudebestand sind Kosten- und Effizienzvorteile von nachhaltigen Gebäuden längst nachgewiesen. Diese Vorteile wiegen die im Vorfeld kalkulierbaren Mehrkosten bei der Planung und Realisierung in der Regel auf. Die Vorteile sind umso größer, je früher alle Projektbeteiligten über alle Projektphasen kooperieren und dadurch Synergien heben. Somit ist nachhaltiges Bauen längst keine Modeerscheinung mehr. Nachhaltigkeit ist zu Recht in immer mehr Unternehmen integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie, auch bei den genutzten Immobilien. Denn letztlich bedeutet Nachhaltigkeit auch Zukunftsfähigkeit!

Fußnoten
1) Quelle: IVG Research LAB 5/2013.

2) Turner. "2012 Green Building Market Barometer".

3) Studie des WGBC: World Green Building Trends. McGraw-Hill Construction. Bedford USA 2013.

4) Greenbuilding: Immobilienökonomie der Zukunft oder kurzlebiger Ökotrend? Marktstudie April 2010.5) IVG Research LAB 5/2013.

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