Im Gespräch

"Der Erfolg wird an den nachhaltigen Nettoerträgen nach Abzug aller Kosten gemessen"

Thorsten Schönenberger

Die LBBW bemisst ihren Erfolg in der Immobilienfinanzierung an den nachhaltigen Nettoerträgen nach Abzug aller Kosten, inklusive der Risikokosten. Aus Sicht von Thorsten Schönenberger, Bereichsvorstand Immobilien, ist es einfach, über eine leichte Kreditvergabe hohe Volumen zu generieren, damit aber nachhaltig ertragreich zu wirtschaften, ist schon schwieriger. Er setzt sich im Gespräch kritisch mit der Margenentwicklung und der Wettbewerbssituation auseinander und sieht darin ein Risiko für die Branche beziehungsweise einige Wettbewerber. In seinem eigenen Geschäftsfeld setzt er auf ein ausgewogenes Risiko-Renditeprofil und fokussiert sich im Neugeschäft verstärkt auf die Kernmärkte USA und UK. Als Erfolgsfaktor der Bank bezeichnet er die Syndizierungsplattform, die es erlaubt, große Underwritings einzugehen. Red.

I&F Welches Finanzierungsvolumen haben Sie im Immobiliensegment im Jahre 2015 gestemmt und wo lagen die Schwerpunkte?

Die Steuerung des gewerblichen Immobilienfinanzierungsgeschäfts der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) erfolgt vor allem nach qualitativen Kriterien und weniger nach Volumen. Natürlich muss auch ein gewisses Finanzierungsvolumen erreicht werden, aber hier gilt: Ein ausgewogenes Risiko-Renditeprofil ist von entscheidender Bedeutung. In den vergangenen Jahren haben wir uns die Position erarbeitet, auch Nein sagen zu können. Das ist für uns essenziell.

Insofern freut es uns umso mehr, dass wir unter konsequenter Beibehaltung unserer Ausrichtung das Neugeschäftsvolumen im Vergleich zu den Vorjahren nochmals deutlich ausbauen konnten. Wir hatten mit rund 6 Milliarden Euro geplant. Dies haben wir übertroffen. Mehr als die Hälfte des Geschäfts kam aus dem Inland. Wobei der Anteil des Auslandsgeschäfts in unseren Kernmärkten USA und UK am Neugeschäftsvolumen mit einem Anteil von knapp unter 50 Prozent im vergangenen Jahr insgesamt weiter an Bedeutung gewonnen hat. In den vergangenen Jahren lagen wir hier eher bei 30 Prozent, also bei rund 70 Prozent im Inland. Dahinter steht unsere Strategie - im Gegensatz zu manchem Wettbewerber - nicht nur auf einen Markt festgelegt zu sein, sondern die Geschäfte dort zu machen, wo Sie am sinnvollsten sind. Auf den Gesamtbestand bezogen liegen wir mit rund zwei Dritteln Inlandsfinanzierungen weiterhin in unserer strategischen Komfortzone.

I&F Was sind die Alleinstellungsmerkmale der LBBW in der Immobilienfinanzierung?

Wir sind in der Lage, auch große Underwritings einzugehen. Das können zwar auch einige Mitbewerber, aber gepaart mit unserem schnellen, transparenten Prozess und einem hohen Maß an Verlässlichkeit heben wir uns auch von diesen ab. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei unsere Syndizierungsplattform, die es uns ermöglicht, auch große Volumina innerhalb kurzer Zeit an unterschiedlichste Finanzierungspartner zu syndizieren. Ein schönes Beispiel hierfür ist die Finanzierung von 41 Kaufhof-Immobilien in Höhe von rund 1,35 Milliarden Euro im September/Oktober 2015. Lediglich die Hälfte des Syndizierungsvolumens wurde dabei an deutsche Bankpartner syndiziert, was unseren breiten Marktzugang zu Versicherungen oder ausländischen Banken verdeutlicht.

I&F Wie haben sich die Margen entwickelt, sind sie überhaupt noch auskömmlich?

Bei dem, was wir im Wettbewerb an Margen "sehen", kann ich mir kaum vorstellen, dass dies für alle Marktteilnehmer auskömmlich sein kann. Die Regulierung übt auf die Banken einen Kostendruck aus, den meines Erachtens einige Wettbewerber nicht angemessen einpreisen. Dies betrifft insbesondere langfristige Finanzierungen. Darin sehe ich zunehmend ein Risiko für die Branche, beziehungsweise einige Wettbewerber. Wir konnten uns 2015 erfolgreich gegen den Trend weiter rückläufiger Margen stemmen und die Durchschnittsmarge im Neugeschäft im Vergleich zum Vorjahr konstant halten, ohne die Risiken zu erhöhen. Das wäre uns ohne die eben genannten Alleinstellungsmerkmale wohl kaum gelungen.

I&F Was erwarten Sie für 2016 im Hinblick auf das von Ihnen zu finanzierende Volumen?

2015 war für die LBBW in der gewerblichen Immobilienfinanzierung ein durch und durch zufriedenstellendes Jahr. Wir sind realistisch genug zu erkennen, dass eine Wiederholung 2016 in einem anhaltend wettbewerbsintensiven Marktumfeld herausfordernd sein wird. Wir halten trotzdem an unserem auf Qualität ausgerichteten Ansatz fest.

I&F An was messen Sie den Erfolg Ihres Bereichs?

An den nachhaltigen Nettoerträgen nach Abzug aller Kosten inklusive der Risikokosten. So wird eine Fehlsteuerung, zum Beispiel über die Volumen oder die Barwertbetrachtung, verhindert. Denn im Kreditgeschäft gilt noch immer: Es ist einfach, über eine leichte Kreditvergabe hohe Volumen zu generieren. Damit aber nachhaltig ertragreich zu wirtschaften, ist schon schwieriger.

I&F Wie beurteilen Sie die Entwicklung bei den Finanzierungsbedingungen im Hinblick auf LTV, Leverage et cetera - wird der Markt zu risikobereit?

Teilweise sind aus unserer Sicht ungesunde Trends erkennbar. Kundenwünsche in diese Richtung werden lauter. Insbesondere bei Projektentwicklungen sehen wir die Finanzierung spekulativer Vorhaben mit kaum erkennbarem Eigenkapitalanteil. Es ist aber an uns und anderen Marktteilnehmern zu entscheiden, wie weit man gehen will. Wir werden weiter an unserer vorausschauenden Risikopolitik festhalten.

I&F Was sind aus Ihrer Sicht die auffälligsten Veränderungen, beziehungsweise welche Entwicklungen sehen Sie am kritischsten?

Kritisch sehe ich insbesondere folgende Tendenzen bei Investitionen in Büroimmobilien: Die Motivation vieler Investoren scheint mir hauptsächlich zinsgetrieben zu sein. Im Vergleich zu alternativen Anlagen versprechen Immobilieninvestments immer noch eine bessere Verzinsung trotz niedrigster Einkaufsrenditen. Man sollte dabei allerdings nicht vergessen, dass die Immobilie ein sich abnutzendes Investment ist. Instandhaltungen und Modernisierungen werden meines Erachtens häufig unterschätzt. Die Mietnachfrage im Bürosegment scheint mir zum Beispiel zwar relativ gesund. Dennoch fehlt mir persönlich in vielen Märkten die Phantasie, an signifikant steigende Mieten zu glauben. Bei Ankaufrenditen von etwa vier Prozent brutto bleibt es abzuwarten, welches Vorzeichen der Total Return am Ende der Investition trägt. Zwei weitere Tendenzen sind nach meiner Beobachtung auffällig. In unseren Kernmärkten sehen wir mehr ausländische als inländische Käufer. Gleichzeitig hat die Anzahl spekulativer Grundstückskäufe und Neubauvorhaben zugenommen. Bei solchen Entwicklungen war es in der Vergangenheit immer ratsam, einen kritischen Blick auf die Dinge zu behalten.

I&F Welche Immobilientypen beziehungsweise Nutzungsarten stehen in Ihrem Fokus oder sehen Sie kritisch?

Grundsätzlich konzentrieren wir uns auf Büroimmobilien, Wohnportfolios, Einzelhandel und selektiv auch Logistik, wobei Büro- und Wohnimmobilien mit Abstand den größten Anteil beim Neugeschäft und Bestand ausmachen. Ein besonders kritisches Augenmerk legen wir derzeit bei Einzelhandelsimmobilien auf deren Positionierung im jeweiligen Markt sowie den baulichen Standard und die Flächenattraktivität. Wir glauben, dass durch die Konkurrenz durch Neubauten auf manch ältere Flächen schwierigere Zeiten zukommen. Nach unserer Einschätzung werden auch nicht alle Einzelhandelslagen und Shoppingcenter wie erhofft angenommen. Der Wandel in der Branche durch das Online-Shopping ist bereits ausreichend diskutiert. Aber auch davon unabhängig glauben wir, dass in diesem Segment der Markt mindestens gesättigt ist.

I&F Wie geht es mit den Margen weiter, was erwarten Sie für 2016?

Meines Erachtens ist hier die Grenze der noch auskömmlichen Margen erreicht, teilweise schon unterschritten. Neue regulatorische Anforderungen wie die Einführung der sogenannten Leverage Ratio und die derzeit im Basler Ausschuss diskutierte Forderung nach Einführung von RWA-Untergrenzen werden Druck auf die Branche bringen, dem wahrscheinlich nicht jeder standhalten kann. Ich rechne damit, dass sich die Zahl der Wettbewerber in diesem Geschäftsfeld eher verringert. Dies bedeutete - zumindest mittelfristig - wieder steigende Margen.

I&F Pfandbriefe mit kurzen und mittleren Laufzeiten sind derzeit aufgrund der "Negativzinsproblematik" nicht absetzbar, da ihnen die Investoren sonst Geld zahlen müssten. Welche Alternativen gibt es, wenn Sie für diese Laufzeiten gedeckte Ware emittieren müssen?

Diesen Trend kann ich für die LBBW nicht bestätigen. Wir werden als gut kapitalisiert, stabil und mit solidem Geschäftsmodell ausgestattet wahrgenommen.

I&F Der Markt profitiert von billigem Eigen- und Fremdkapital - wie lange gibt es die paradiesischen Zustände noch?

Ob diese Zustände gesamtwirtschaftlich paradiesisch sind, kann man sicher kontrovers diskutieren. Ein Ende der Niedrigzinspolitik der Zentralbanken ist nach wie vor nicht absehbar. Um aber aus Sicht eines Immobilienfinanzierers gewappnet zu sein, achten wir sehr darauf, dass die sogenannte Kapitaldienstfähigkeit - also wie viel Zins und Tilgung kann aus dem Cashflow der Immobilie getragen werden - je nach Nutzungsart nicht unter acht bis zehn Prozent sinkt. Das heißt, auch wenn die Zinsen wieder steigen, sind wir gut positioniert.

Zur Person Thorsten Schönenberger Bereichsvorstand Immobilien, Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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