PRIVATE WOHNUNGSBAUFINANZIERUNG

"UNSERE KRITERIEN BEI DER KREDITVERGABE HABEN SICH NICHT GEÄNDERT"

Andreas Partenheimer, Foto: Berliner Sparkasse

Die Berliner Sparkasse verzeichnete in den vergangenen Jahren regelmäßig deutlich zweistellige Wachstumsraten in der privaten Baufinanzierung. Infolgedessen hat sich der Bestand allein zwischen 2015 und 2019 auf knapp 3,7 Milliarden Euro verdoppelt. Kommt diese dynamische Entwicklung nun zu einem abrupten Ende?

Danach sieht es nicht aus: Die private Immobilienfinanzierung ist im ersten Halbjahr erneut erfolgreich verlaufen. Viele haben die Zeit daheim genutzt, um ihre Finanzen zu ordnen, Finanzierungen abzuschließen und sich die günstigen Konditionen zu sichern.

Und wir finden auch Lösungen für Kundinnen und Kunden, deren Budget sich im Zuge der Pandemie verkleinert hat, indem wir zum Beispiel bei der Suche nach einer anderen Lage oder einer etwas kleineren Immobilie helfen. Manche wählen auch einen höheren Anteil an Eigenkapital - das senkt die Kredithöhe und damit auch die monatliche Belastung.

Agieren Sie angesichts der großen Unsicherheit derzeit besonders vorsichtig? Sprich, werden Mitarbeiter/Vermittler zum Beispiel dazu angehalten, mehr Tilgung in die Verträge einzubauen?

Unsere Kriterien bei der Kreditvergabe haben sich nicht geändert. An erster Stelle steht die nachhaltige Prüfung der Kreditwürdigkeit und Kapitaldienstfähigkeit, um sicherzustellen, dass unsere Kundinnen und Kunden Kredite nachhaltig bedienen können - auch in Krisenzeiten. Dafür benötigen wir aussagefähige Einkommensunterlagen und fundierte Angaben zur künftigen finanziellen Situation. Mit Selbstständigen und Freiberuflern schauen wir gemeinsam auf ihre Geschäftsmodelle und Zukunftspläne.

Wie sieht der typische Baufinanzierungskunde der Berliner Sparkasse aus (Alter, durchschnittliche Finanzierungssumme, Beleihungsauslauf et cetera)?

Die meisten Baufinanzierungen haben wir in diesem Jahr mit Bestandskunden abgeschlossen. Drei von vier unserer Immobilienkunden 2020 sind Angestellte. Im Schnitt liegt das kontrahierte Geschäftsvolumen je Privatkunde im laufenden Jahr bei knapp 400 000 Euro. Dabei haben die meisten eine Zinsbindung von zehn Jahren gewählt.

Wie haben Sie in den vergangenen Monaten die Themen Service und Beratung in der Baufinanzierung grundsätzlich gehandhabt?

Trotz vorübergehender Standortschließungen war ein Teil unserer Beraterinnen und Berater immer vor Ort persönlich ansprechbar. Vieles haben wir aber auch unkompliziert telefonisch und digital geregelt.

Erwarten Sie in diesem Zusammenhang einen nachhaltigen Schub für die Digitalisierung von Prozessen in der Baufinanzierung?

Der Immobilienbranche steht zweifelsohne ein Digitalisierungsschub bevor - Videobesichtigungen, das Einreichen von Dokumenten per App oder das digitale Nachverfolgen von Bearbeitungsständen sind da nur einige Beispiele. Wir haben auch schon vor Corona auf digitale Formate in der Kundenbeziehung gesetzt und sehen uns jetzt darin bestärkt, dies weiter auszubauen. Das Digitale kann viele kleinere Anliegen und Absprachen erheblich erleichtern, es ersetzt aber aus unserer Sicht nicht den persönlichen Kontakt, sondern ergänzt ihn nur da, wo es sinnvoll ist.

Zurück zu Corona: Wie stark wurde von Ihren Kunden die Möglichkeit zu Kreditstundungen im Bereich der privaten Baufinanzierung in Anspruch genommen? Rechnen Sie an dieser Stelle mit (stark) steigendem Risikovorsorgeaufwand?

Bei der Berliner Sparkasse sind bis zum 1. Juli weniger als 1 000 Anträge zur Zahlungsaussetzung eingegangen. Die Anfragen waren und sind sehr überschaubar.

Bundesweit scheinen Nachfrage und Preise für Eigenheime beziehungsweise Eigentumswohnungen bislang bemerkenswert robust zu sein. Sehen Sie in Berlin irgendwelche Anzeichen für eine Abkühlung oder zumindest für eine Verschnaufpause?

Die Preiszuwächse für Eigentumswohnungen waren im ersten Halbjahr 2020 mit plus zehn Prozent zum Vorjahreszeitraum weiterhin hoch. Die Zahlungsbereitschaft für das eigene Zuhause, gern mit Balkon oder kleinem Garten, scheint eher noch einmal gestiegen zu sein.

Glauben Sie, dass Wohneigentum als Säule der privaten Altersvorsorge - sei es für Selbstnutzer oder Kapitalanleger - von den aktuellen Entwicklungen profitieren wird?

Es bleibt zu hoffen, denn Berlin ist in den vergangenen Boomjahren Mieterstadt geblieben: Nicht einmal 20 Prozent der Wohnungen werden vom Eigentümer bewohnt. Bundesweit liegt der Schnitt hingegen bei gut 50 Prozent. Auch bei Aktien sind die Berliner zurückhaltend und haben insofern an der guten wirtschaftlichen Entwicklung nur bedingt teilgehabt. Die eigenen vier Wände zählen zu den sichersten Formen der Altersvorsorge und sie verschaffen Planbarkeit und Sicherheit. Es muss das gemeinsame Ziel bleiben, in einer wachsenden Stadt bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen. Dafür sind Neubau und Ausbau der richtige Weg.

ZUR PERSON ANDREAS PARTENHEIMER Leiter Immobilienfinanzierung Private Kunden, Berliner Sparkasse
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