MIPIM-SPECIAL

"DIE NACHFRAGE VON INVESTOREN NACH EUROPÄISCHEN IMMOBILIEN IST UNGEBROCHEN HOCH"

Barbara Knoflach, Foto: BNP

"Die meisten Zeichen stehen weiterhin auf Grün." So lautet die verhalten optimistische Einschätzung von Barbara Knoflach für die europäischen Immobilienmärkte im noch jungen Jahr 2019. Im Gespräch mit der I & F-Redaktion spricht die weltweite Leiterin des Immobilien-Investment-Geschäfts von BNP Paribas darüber hinaus über die Erfolgsfaktoren bei Value-Add-Strategien, die Implikationen neu heraufziehender Trends wie Coworking, den Konsolidierungsdruck in ihrer Branche sowie aktuelle Entwicklungen in der Fondswelt. Mit Blick auf letzteren Aspekt sieht sie Spezialfonds nach deutschem Recht im Wesentlichen aufgrund von steuerlichen Nachteilen bei internationalen Investoren kaum platzierbar. Demgegenüber seien die Luxemburger Pendants grundsätzlich flexibler und leichter an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Red.

Frau Knoflach, welche Bedeutung hat die MIPIM für BNP Paribas REIM? Und welche Stimmung erwarten Sie unter den Messeteilnehmern?

Die MIPIM bietet eine hervorragende Gelegenheit, sich ein Bild vom Zustand der Branche zu verschaffen sowie bestehende Netzwerke zu pflegen und neue aufzubauen. Ich erwarte auch dieses Jahr wieder verhaltenen Optimismus sowie steigendes Interesse an Projektentwicklungsaktivitäten.

Viele europäische Immobilienmärkte befinden sich inzwischen im zehnten Jahr des Aufschwungs und Ermüdungserscheinungen sind nicht wirklich auszumachen. Wie lange geht der "Superzyklus" noch?

Für das laufende Jahr stehen die meisten Zeichen weiterhin auf Grün. Die Nachfrage von Investoren nach europäischen Immobilien ist ungebrochen hoch. Es gibt noch viel sogenannten "Dry Powder", also Geld, das darauf wartet, in Immobilien angelegt zu werden - trotz des fortgeschrittenen Zyklusverlaufs. Auf der Renditeseite sehen wir in einigen Sektoren, wie etwa im Logistiksektor und anderen Alternatives, noch Spielraum für Renditekompression. Die steigende Entwicklungstätigkeit im Bürosektor trifft zumeist auf ein steigendes Mietniveau, das Investments attraktiv macht. Dies ist vor allem in den deutschen und in einigen europäischen Metropolen der Fall.

Die Einflussfaktoren auf lokale Immobilienmärkte sind mittlerweile deutlich komplexer geworden, unter anderem gibt es eine stärkere Abhängigkeit von der Entwicklung der Aktienmärkte durch die Einbindung des Immobiliensektors in die Portfolioallokation institutioneller Investoren. Der steigende Anteil internationaler Anleger beeinflusst auch Wechselkursentwicklungen und somit die Investitionstätigkeit.

Mit welcher Zeitschiene rechnen Sie für die Zinswende im Euroraum? Und könnte diese für die Immobilienmärkte gefährlich werden?

Aufgrund der jüngsten Wirtschaftseintrübung scheint es zunehmend unwahrscheinlicher, dass wir kurzfristig einen Wandel der Zinspolitik sehen. Tatsächlich dürfte die EZB äußerst vorsichtig agieren. Wenn sich das Umfeld ändert und die Zinsen letztendlich anfangen zu steigen, wird es Auswirkungen auf den Immobilienmarkt geben.

Dies wäre insbesondere auf der Finanzierungsseite der Fall, wo die Kosten steigen würden, was einen indirekten Einfluss auf die Immobilienpreise hätte. Der direkte Einfluss wäre vorerst eher gering, da die globale Liquidität weiterhin ausgesprochen hoch ist und die Immobilienpreise damit nachfrageseitig gestützt werden.

Was sind davon abgesehen momentan die größten Risiken auf den (globalen) Immobilienmärkten? Sind zum Beispiel die historisch niedrigen Ankaufsrenditen, die eine zunehmende Entkoppelung von Kauf- und Mietpreisen nahelegen, besorgniserregend?

Ausgehend von der kürzlichen Abschwächung der Wirtschaft liegt das Risiko nun eher wieder auf der Income-Seite. Wenn dies eine längere Entwicklung bliebe, würden sich mittelfristig Konsequenzen auf der Nachfrageseite im Bürosektor abzeichnen. Das tatsächliche Risiko hängt dabei natürlich sehr von den individuellen fundamentalen Gegebenheiten der jeweiligen Märkte ab.

In sehr vielen Märkten blieb die Entwicklungstätigkeit beispielsweise deutlich unter dem Niveau der vergangenen Zyklen. Dies mindert das Risiko eines Überangebots. In einigen deutschen Märkten ist die Entwicklungstätigkeit dagegen bereits deutlich angestiegen. Dies ist aber vor allem das Ergebnis der langjährigen hohen Nachfrage, aufgrund dessen die Leerstandsraten in Berlin, München oder Köln auf ein ungesund niedriges Niveau von unter drei Prozent gesunken sind. Das heißt, dass zusätzliche Flächen in diesen Märkten gebraucht werden.

Andere Risiken sind aktuell vor allem auch geopolitischer Natur: Da wäre zum Beispiel der anstehende - oder vielleicht auch nicht anstehende - Brexit, die zurückgehende Konsumfreudigkeit in China sowie die weiterhin angespannte Lage internationaler Handelsbeziehungen.

All dies gilt es in der aktuellen Situation im Hinterkopf zu behalten. Dies bestärkt uns in unserer Einschätzung, dass der Schlüssel zum Investment-Erfolg in einem sehr selektiven Vorgehen liegt, bei dem Markt- und Asset-relevante Risiken umfangreich eingeschätzt werden.

Wie lief das Geschäftsjahr 2018 für BNP Paribas REIM? Waren Sie eher auf der Ankaufs- oder Verkaufsseite unterwegs?

2018 war ein ausgesprochen aktives Jahr für uns. Das Transaktionsvolumen in Europa erreichte wieder Rekordwerte von rund 4,5 Milliarden Euro, mehr als zwei Drittel davon auf der Ankaufsseite.

Welche strategischen Ziele und Schwerpunkte haben Sie sich für das aktuelle Jahr gesetzt?

Wir wachsen in unseren drei Geschäftsfeldern Publikumsfonds für Privatkunden, Immobilienfonds für Institutionelle Investoren sowie maßgeschneiderten Separate Accounts/Mandate. Zusätzlich werden wir in diesem Jahr die Digitalisierung vorantreiben, unter anderem durch die Einführung eines neuen Portfoliomanagement-Systems, und wir arbeiten an einem innovativen Tool zur Entwicklung von neuen Faktor-basierten Investitionsstrategien.

Gewinnen Investmentstrategien wie "Manage to Core" oder "Value Add" im aktuellen Marktumfeld an Bedeutung? Und was genau sind dabei die Voraussetzungen für Asset Manager, um erfolgreich zu sein?

Abhängig von dem jeweiligen Markt sind Strategien wie "Manage to Core" und "Value Add" bereits seit einiger Zeit strategisch attraktiv. Value-Add-Ansätze kann man ganz grundsätzlich aus zwei verschiedenen Sichtweisen betrachten: entweder der Renditekompression, die den Schwerpunkt auf die Kapitalwertseite legt, oder der Mietsteigerungen, was eher auf steigende Mieterträge abzielt. Diese beiden Faktoren können zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Zyklus an Relevanz gewinnen oder verlieren.

In den deutschen Märkten sind die Anfangsrenditen zum Beispiel auf ein historisch niedriges Niveau gesunken. Der strategische Ansatz liegt hier aktuell daher klar im Bereich der Mietsteigerungen, was in einem Umfeld extrem niedriger Leerstände durchaus attraktiv ist. Auf der anderen Seite sind die Anfangsrenditen vieler Märkte der Niederlande im Nicht-Core-Bereich noch relativ hoch und bieten zukünftiges Potenzial einer Renditekompression.

Um Erfolg in diesem Bereich des Investmentuniversums zu haben, sind einige Faktoren ausschlaggebend. Zum einen ist natürlich ein gutes Asset Management ausschlaggebend für den Erfolg, eine Repositionierungs- oder Aufmietungsstrategie umzusetzen. Zum anderen ist nicht nur eine lokale Expertise, sondern die lokale Präsenz im Markt hilfreich, um Faktoren auf Teilmarkt- und Mikroebene einschätzen zu können. Eine gewisse geografische Diversifikation ist dabei von Vorteil, um Risiken zu streuen. Insgesamt ist die Fähigkeit, ein Projekt über den gesamten Lebenszyklus - angefangen vom lokalen Sourcing über die Entwicklung einer gebäudespezifischen Vision und deren Umsetzung bis zum Exit - zu begleiten, ein Erfolgskriterium.

Wie stellen Sie sich als Investment Manager auf neue Trends wie Coworking- und Serviced-Office-Konzepte ein? Sind solche Anbieter willkommene Mieter für BNP Paribas REIM?

Als einer der größten Vermieter von Büroflächen in Europa verfolgen wir die Entwicklung im Bereich Coworking und Serviced-Office-Provider natürlich ganz genau. Diese Konzepte treffen klar den Zeitgeist vieler junger und moderner Unternehmen. Aus gutem Grund ist ein Unternehmen wie Wework mittlerweile der größte private Mieter von Büroflächen in Märkten wie New York und London. Gleichzeitig sehen wir aber auch Risiken, die mit den meist noch sehr jungen Unternehmen verknüpft sind.

Was passiert zum Beispiel in einer Rezession? Werden dann die Mieter aus dem etablierten Corporate Bereich, die Serviced-Office-Konzepte aktuell als "Raum zum Atmen" und expandieren nutzen, eben jene Fläche wieder zurückgeben, da sie ja in der Regel recht flexibel angemietet sind? Bei der Vielzahl der unterschiedlichen und schnell expandierenden Anbieter von lokalem bis globalem Ausmaß ist es durchaus denkbar, dass es in den nächsten Jahren zu einer Konsolidierung kommen könnte.

In einigen unserer Gebäude haben wir uns bewusst für eine Teilvermietung an ein Coworking-Unternehmen entschieden, da somit eine bestimmte Klientel angezogen und Dynamik erzeugt werden kann. Wir sind aber vorsichtig bei Objekten und Entwicklungen, die rein auf das Coworking-Konzept setzen. Hier sind aber natürlich weitere Faktoren, wie Mietniveau, Lage, Flexibilität der Flächen und ähnliches entscheidend.

Es gab zuletzt einige Unternehmensübernahmen auf dem Immobilien-Asset-Management-Markt: Ist anorganisches Wachstum auch für Ihr Haus (wieder) eine an Bedeutung gewinnende Option?

Unser Auftrag ist ein klarer Wachstumsauftrag. Das schließt anorganisches Wachstum ein. Allerdings legen wir großen Wert auf realistische Geschäftspläne, die Skalierbarkeit unseres Geschäfts und die kulturelle Integrationsfähigkeit eines Unternehmens.

Rechnen Sie mit einer anhaltenden Konsolidierung, gerade vor dem Hintergrund der regulatorischen Anforderungen?

Mit den steigenden regulatorischen Anforderungen und den eventuell anstehenden höheren Eigenkapital-Unterlegungsanforderungen ist unverändert davon auszugehen.

Stichwort "Regulatorik": Würden Sie die nun gut fünf Jahre zurückliegende Einführung des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) als Erfolgsgeschichte bezeichnen?

Vor allem hat die Einführung des KAGB zu einer erheblichen Verringerung der Anbieter in Deutschland geführt. Der deutsche offene Immobilienfonds weicht noch stärker von seinen Artgenossen in Europa ab, was letztendlich die Abschottung des deutschen Marktes zugunsten einiger weniger Anbieter im Privatkundengeschäft gestärkt und die Auflage von Spezialfonds für institutionelle Investoren in Luxemburg gefördert hat.

In Deutschland bietet BNP Paribas REIM institutionellen Investoren Fondslösungen sowohl nach deutschem als auch nach Luxemburger Recht an. Welche Vorteile bieten die jeweiligen Vehikel konkret? "Fremdeln" nicht gerade internationale Investoren noch immer mit den Eigenheiten des KAGB?

Spezialfonds nach deutschem Recht sind im Wesentlichen aufgrund von steuerlichen Nachteilen bei internationalen Investoren kaum platzierbar. Erschwerend hinzu kommt hierbei das landläufige Vorurteil, dass die deutschen Aufsichtsbehörden ein sehr formalistisches Vorgehen pflegen. Fonds nach Luxemburger Recht bieten grundsätzlich mehr Flexibilität und sind leichter veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.

Sie haben Ihre Produktpalette bereits im Jahre 2012 um sogenannte Real Estate Debt Funds (Kreditfonds) erweitert. Wie ist die Entwicklung in diesem Segment? Das Interesse scheint ja auch mit Blick auf andere Anbieter nach ersten Anlaufschwierigkeiten inzwischen groß zu sein ...

Als erster Anbieter von Real Estate Debt Funds sind wir stolz auf unsere Pionierrolle. Zusammen mit unseren Private-Debt-Kollegen wurde im vergangenen Jahr auch ein weiterer Real Estate Debt Fund aufgelegt.

Die Attraktivität dieser Fonds liegt zum einen in der geringeren Risikoposition und zum anderen in der geringeren Anforderung von Eigenkapitalunterlegung durch Solvency II.

Könnte darüber hinaus das Geschäft mit Privatkunden perspektivisch ein zweites Standbein für BNP Paribas REIM in Deutschland werden?

Selbstverständlich.

ZUR PERSON BARBARA KNOFLACH Global Head of Investment Management, BNP Paribas Real Estate, Paris
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