Im Gespräch

"Die nächsten zwei bis drei Jahre weiter sehr günstige Konditionen für Fremdkapital"

Edgar Zoller

Der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt wird auch 2015 eine intensive Nachfrage erfahren. Die Rahmenbedingungen sprechen für einen stabilen Markt. Der Wettbewerb um gute Finanzierungen hat merklich zugenommen. Aus Sicht des Autors sind die Finanzierungsbedingungen noch nicht als aggressiv zu bezeichnen. Versicherungen werden künftig eine stärkere Rolle bei der Kreditvergabe spielen. Vor dem Hintergrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in Europa und der hohen Staatsverschuldung dürften die Fremdfinanzierungsbedingungen in den nächsten zwei bis drei Jahren sehr günstig bleiben. Eigenkapital steht ebenfalls in großem Umfang zur Verfügung. Von asiatischen und US-Investoren sowie Hedgefonds wird Interesse an Eigenkapitalinvestitionen in Immobiliengesellschaften oder Transaktionen erwartet. Red.

I & F Wie haben sich die Finanzierungsvolumen im deutschen Immobilienmarkt im Jahre 2014 entwickelt (inklusive Ausblick 2015)?

Die Finanzierungsvolumina haben sich 2014 stabil entwickelt. Das gesamte gewerbliche Finanzierungsvolumen für Deutschland beträgt rund 250 bis 300 Milliarden Euro.

Für 2015 erwarten wir aufgrund der sehr guten Rahmenbedingungen einen stabilen Markt. Auch CMBS und Verbriefung werden in diesem Jahr wieder erstarken. So wurden 2014 bereits Verbriefungen über 2,6 Milliarden Euro getätigt.

I & F Sehen Sie einen Trend?

Wir beobachten gerade in unseren Immobilienniederlassungen in London, Paris und Mailand zunehmend Aktivitäten ausländischer Investoren, die Interesse am deutschen Immobilienmarkt haben.

Im Ausland gilt Deutschland zu Recht als stabil und berechenbar, wenn es um langfristige Immobilieninvestments geht. Besonders Pensionsfonds, Institutionelle, Fonds und Family Offices sind hier aktiv. Die Investoren suchen dabei Banken, die sich im heimischen Markt sehr gut auskennen und trotzdem an den wichtigen europäischen Finanzzentren Ansprechpartner und Expertise bieten können.

Tendenziell gab es eine Verschiebung zu mehr Transaktionen mit internationalen Kunden. 2014 entfielen schon rund 40 Prozent des gewerblichen Immobilientransaktionsvolumens auf Auslandsinvestoren. Die Umsetzung erfolgte dabei zum Teil über nationale und internationale Asset Manager.

I & F Sind Finanzierungen aggressiver geworden - mehr Leverage, höhere LTVs, mehr Klumpenrisiken durch Konzentration auf der Kundenseite?

Die Finanzierungsbedingungen sind weiterhin noch nicht aggressiv. Die LTVs werden um drei Prozentpunkte im Durchschnitt über alle Nutzungsarten auf rund 75 Prozent ansteigen.

Für großvolumige Core-Immobilien mit institutionellen Kunden liegen die LTVs aufgrund der vorhandenen Liquidität und des vorhandenen Eigenkapitals partiell bei rund 50 Prozent.

Bei gewerblichen Projektentwicklungen in Core-Lagen sind nur manchmal Finanzierungsbedingungen mit hoher Loan to cost (LTC) bis zu 100 Prozent zu beobachten, wobei dies zum Teil über die Vorvermietung oder Letter of intent (LOI) für den Verkauf mitigiert wird.

Durch Kundenkonzentration bedingte Klumpenrisiken können aber durch mögliche weitere Merger im Bereich der Wohnungsunternehmen weiter ansteigen. Das muss man aufmerksam beobachten. Jede Bank wird wohl daher auf Basis ihrer Bilanzsumme und des vorhandenen Eigenkapitals sowie ihrer Branchenaufteilung Klumpengrenzen festlegen und dann gegebenenfalls Kredite syndizieren.

I & F Entwickelt sich die Eigenkapitalsituation der Kreditnehmer in ausreichendem Maße?

Für die großen nationalen wie auch internationalen Adressen ist die Eigenkapitalsituation derzeit üppig. Generell ist viel Liquidität vorhanden. Für die deutschen Projektentwickler im Mittelstand ist die Eigenkapitalausstattung eher relevant.

Jedoch gibt es auch für die Projektrealisierung Möglichkeiten, das Eigenkapital zu stärken. Unter anderem können hier auch spezialisierte Beteiligungsfirmen wie zum Beispiel unser Tochterunternehmen Bayern-Immo und andere - mit Eigenkapitaltranchen bei interessanten Projektierungen behilflich sein.

I & F Wie hat sich der Wettbewerb innerhalb der Branche der Geldgeber/Finanzierer entwickelt?

Der Wettbewerb um gute Finanzierungen mit stabilen Cashflows und Projektentwicklungen mit renommierten Adressen hat merklich zugenommen. Insbesondere bei Krediten mit Laufzeiten von 10 bis 20 Jahren treten verstärkt Versicherungen auf.

Die großen und in der Fläche aktiven Kreditgeber sind aber nach wie vor Genossenschaftsbanken, Sparkassen, Landesbanken, Realkreditinstitute und Großbanken sowie Investoren in CMBS. Auslandsbanken spielen auf dem deutschen gewerblichen Immobilienmarkt mit einem Anteil von nur zwei Prozent derzeit noch eine untergeordnete Rolle.

Tendenziell werden Versicherungen ihre gewerblichen Finanzierungsvolumina ausbauen. Der Anteil am Gesamtmarkt bleibt aber auch hier mit zwei Prozent kurzfristig recht überschaubar.

I & F Erhalten die "überregulierten" Banken künftig Wettbewerb aus dem Bereich der "wenig regulierten" Schattenbanken?

Sogenannte Schattenbanken in Form von Debtfonds oder Hedgefonds werden wir am Markt sehen. Diese werden sich, begünstigt durch vorhandene Liquidität, besonders bei großvolumigen Transaktionen engagieren. Im Wettbewerb zu den traditionellen Banken mit Immobiliengeschäft spielen die Schattenbanken aktuell noch eine untergeordnete Rolle.

I & F Welche Rolle spielen Versicherungen als Konkurrenten bei der Immobilienfinanzierung?

Bei Kreditlaufzeiten ab zehn Jahren treten wie gesagt Versicherungen als Wettbewerber auf oder werden als Konsortialpartner bei Finanzierungen - auch von uns - verstärkt eingebunden. Wir nutzen als Universalbank unser vorhandenes Netzwerk zu den Versicherungen, um den Kunden ein komplettes Finanzierungspaket an zu bieten. So entsteht eine vorteilhafte Situation für Bank, Versicherung und Kunde. Wir sind mit den Versicherungen in laufenden Gesprächen.

I & F Wie gestaltet sich die Refinanzierung für die Bayern-LB? Gab und gibt es ausreichend "lange" Refinanzierungsmittel?

Generell ist durch die EZB-Entscheidungen der letzten Zeit das Geld heute viel zu billig. 30-jährige Bundesanleihen liegen aktuell nur noch bei 1,2 Prozent. Das Thema "Negativzins" wird intensiv diskutiert.

Die Bayern-LB verfügt natürlich über genügend langfristige Refinanzierungsmittel für ihr Geschäft. So wurden 2014 über den Kapitalmarkt Anleihen über 5,8 Milliarden Euro emittiert, davon 2,3 Milliarden Euro gedeckt. Dazu haben wir für rund 5,2 Milliarden Euro Pfandbriefe mit einer Überdeckung von zirka 80 Prozent im Umlauf. Bei Bedarf würden wir auch jederzeit weitere Pfandbriefe über unseren Fundingplan hinaus emittieren können, soweit sich die Überliquidität im Markt normalisiert.

I & F Welche Rolle spielt der Pfandbrief in Zeiten billigen Geldes?

Der Pfandbrief ist für den Bayern-LB-Konzern ein fester Refinanzierungsbaustein mit einem Anteil von 20 Prozent neben unseren Refinanzierungsquellen aus dem Primärmarkt (DKB) und über den Verbund mit Sparkassen. Unsere Refinanzierung ist stark kundenbasiert und damit weniger anfällig verglichen mit anonymisierten und volatilen Kapitalmarktzugängen.

I & F Blick in die Glaskugel - wie lange gibt es das Paradies billigen Eigen- und Fremdkapitals noch?

Aufgrund der schleppenden wirtschaftlichen Erholung in Europa mit einer Staatsverschuldung von insgesamt 10 Billionen Euro werden wir wohl zumindest über die nächsten zwei bis drei Jahre sehr günstige Konditionen für Fremdkapital sehen.

Das Eigenkapital steht aufgrund fehlender Anlagealternativen und dem generell sehr niedrigen Zinsniveau mit einem risikolosen Zinssatz von 0,5 Prozent für zehn Jahre, kombiniert mit der aktuellen Euro-Schwäche, weiterhin in großem Umfang zur Verfügung. Gerade für asiatische und US-Investoren sowie Hedgefonds wird es im jetzigen Umfeld immer interessanter werden, Equity in Immobilien AGs oder Transaktionen auch hier in Deutschland zu

investieren. Fazit: Der deutsche Immobilienmarkt wird auch im Vergleich mit anderen europäischen Märkten eine wichtige Rolle spielen. Eigenkapital steht bei erwartetem volkswirtschaftlichen Verlauf in den nächsten zwei bis drei Jahren für die Marktteilnehmer in großem Umfang zur Verfügung. Die weitere Entwicklung wird dabei auch sehr stark von der Zins- und der Euro-/US-Dollar-Kursentwicklung abhängen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X