mipim - Messekommentar

MIPIM 2010: Jagd nach Core-Objekten

Statt der erwarteten Aufbruchsignale hinterlässt die 21. Auflage der internationalen Gewerbeimmobilienmesse MIPIM Ernüchterung. Wer gehofft hatte, dass das glamouröse und mondäne Cannes an der Côte d'Azur auch in diesem Jahr wieder seinen Glanz auf die krisengebeutelte weltweite Immobilienwirtschaft ausstrahlt, sah sich enttäuscht. Wo in den Jahren des Immobilienbooms das laute und hektische Gewimmel und Gedränge eines (Immobilien-)Jahrmarkts herrschte, ging es diesmal so beschaulich wie in einem deutschen Kurbad zur Nebensaison zu. Ein bisschen Labsal hatte sich die internationale Immobilienwirtschaft von ihrem bedeutendsten Branchentreff wohl auch versprochen.

Von einer Erholung der Märkte zu sprechen - das machte die Messe deutlich ist es aber noch zu früh. Oder wie es ein Besucher bildlich auf den Punkt brachte: "2009 lag die Immobilienwirtschaft auf der Intensivstation, 2010 wurde sie zur Beobachtung verlegt und 2011 kann hoffentlich die Reha beginnen." Wirklich fit werden die Märkte demnach wohl frühestens 2012 sein. Aber es gab auch Stimmen mit optimistischerem Tenor. So stellte der ZIA-Präsident und Geschäftsführer des Hamburger Projektentwicklers ECE, Andreas Mattner, fest, dass die Stimmung während der Messe von Zuversicht geprägt gewesen sei. "Die Krise ist zwar noch nicht überwunden, die Branche jedoch bereits auf einem guten Weg", zog er Resümee.

Spiegel der Marktlage und Stimmungen

Den allgemeinen Zustand der Immobilienwirtschaft spiegelte auch die Messestatistik wider. So kamen bereits im ersten Krisenjahr 2009 nur rund 18 000 Besucher - 35 Prozent weniger als im Jahr 2008, als die Messe 20 500 Teilnehmer zählte. Dass im Jahr 2010 offiziell ebenso viele Gäste gezählt wurden, könnte durchaus als Stagnation bezeichnet werden, während es der Veranstalter vielmehr als Stabilisierung gewertet wissen möchte. Entsprechend gibt sich die ausrichtende Reed Midem für die Zukunft der Messe "nicht euphorisch, aber optimistisch".

Die Teilnehmerresonanz sei demnach vor allem ein Ausdruck der Konsolidierung in den Märkten und keinesfalls eine Abkehr von der Messe. So sind in diesem Jahr immerhin 1 118 Immobilienunternehmen als Aussteller angemeldet gewesen, was einem Zuwachs um zehn Prozent gegenüber 2009 entspricht. Davon seien nicht weniger als 180 Investoren das erste Mal auf der Messe vertreten gewesen. Hierzu zählten unter anderem Staatsfonds aus China und Abu Dhabi, aber auch zahlreiche Gesellschaften des diesjährigen Schwerpunktlandes Polen.

Viel Freiraum

Einen Großteil der Ausstellungsfläche haben erneut die Städte und Regionen belegt. Mehr als 400 Kommunen präsentierten sich und hatten wie gewohnt zahlreiche Unternehmen als Standpartner und Sponsoren im Schlepptau. Dabei wurde bereits an der Messepräsenz deutlich, welche Standorte im aktuellen Marktzyklus mehr beziehungsweise weniger gefragt sind. Vor allem Paris und London residierten gewohnt großzügig in eigenen Pavillons, in denen es bemerkenswert lebhaft zuging.

Dagegen herrschte am Stand von Madrid, der lediglich aus einer Sitzgruppe und Zimmerpflanzen bestand, bezeichnender Weise besinnliche Ruhe, die nicht einmal von einer Empfangs-Hostess gestört wurde. Deutsche Aussteller und Besucher zählen dagegen zu den Konstanten der Messe. Mit 714 Unternehmen sollen immerhin fünf Prozent mehr deutsche Unternehmen nach Cannes gekommen sein. Die Zahl der deutschen Besucher verharrte jedoch mit 2 211 Gästen auf dem Niveau des Vorjahres.

Trotzdem war in diesem Jahr unübersehbar, dass die Messe in der Fläche deutlich zurückbauen musste. Mit rund 18 000 Quadratmetern war etwa 9,5 Prozent weniger Standfläche belegt worden als im Vorjahr. Zahlreiche Flure und Ebenen im Palais des Festivals blieben anders als in der Vergangenheit leer oder wurden vom Veranstalter für die Registrierung und den Presseclub genutzt. Zudem wurden auch in der Hauptausstellungsebene längst nicht alle Stände vermittelt, sodass diese entweder mit Wänden verschlossen oder mit großzügigen Sitzgruppen kaschiert wurden.

Im angrenzenden Hafen waren nicht alle Liegeplätze belegt und längst nicht alle Yachten hatten für die Messetage einen Mieter gefunden. Auch ankerten diesmal keine größeren Boote von Ausstellern und Oligarchen in der Bucht von Cannes. Zwar hatten einige Hotels an der Croisette endlich ihre Kapazitäten an Tagungsräumen erweitert, doch sorgten die geringe Besucherzahl und wohl auch das sonnige Frühlingswetter für weitgehende Leere, während in den zugehörigen Strandrestaurants etwas mehr Betrieb war.

Im Ganzen betrachtet hätte es der Veranstaltung sicherlich gut getan, wenn die räumliche Ausdehnung der Messe der geringeren Aussteller- und Besucherzahl angepasst worden wäre. Dass dies nicht geschehen ist, ist möglicherweise eine Fehleinschätzung des Veranstalters. Vielleicht ist aber auch das jahrelang akzeptierte, immer stärkere Ausfransen der MIPIM über das Palais des Festivals hinaus in eine Zeltstadt am Strand, die Hotels an der Croisette, den Hafen und die umliegenden Restaurants und Cafés nicht mehr rückgängig zu machen. Sinkt die Besucherzahl auf ein Niveau wie in den Anfangsjahren der Messe, so verliert die Veranstaltung an Kompaktheit und ein Stück weit auch an Flair.

Weniger Masse, konstante Qualität

Gelitten hat die Messe jedoch nur quantitativ. Denn das Ausdünnen hat der Qualität des Branchentreffs nicht geschadet. Im Gegenteil. Aufgrund der Marktlage und wohl auch wegen der immer noch beachtlichen Kosten wägen die Unternehmen intensiver ab, welcher finanzielle und personelle Aufwand sich für die MIPIM rechnet. Mittlerweile kommt nur noch, wer wirklich Geschäfte anbahnen, Netzwerke pflegen und Kontakte knüpfen will.

Die MIPIM setzt damit ihren Wandel vom netten Beisammensein zu einer Arbeitsmesse fort. Für Incentive-Reisende ist zumindest vorerst kein Platz mehr. "Hinsichtlich Zeitpunkt - die Jahrespläne stehen fest, aber die 'Wiese' ist noch nicht 'gemäht' -, Standort und Teilnehmer ist die MIPIM ideal: Ideen, Geld, Projekte, Investments und Entscheider sind da", lobt zum Beispiel Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter der Aengevelt Immobilien GmbH & Co. KG aus Düsseldorf.

Zuversicht und Vorsicht

Dennoch fehlen sie auch diesmal nicht: die Megaprojekte. Als wenn es keinen internationalen Abschwung an den Immobilienmärkten gegeben hätte, wird in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul eine Art zweites Manhatten geplant. Doch dies ist nicht der einzige Ort, wo offensichtlich wenig aus der aktuellen Krise gelernt wurde. Auch am Persischen Golf wird unverdrossen in raumgreifenden Dimensionen geplant. Da fällt es schon positiv auf, wenn sich die sonst unbescheiden auftretenden russischen Metropolen in diesem Jahr zurückhaltender präsentierten. Mit einer Ausnahme: Rostow. Die Stadt am Don ließ auf ihrem Stand in einer Installation symbolisch Geldnoten verbrennen und führte vor, auf welchen internationalen Märkten Immobilien wie viel an Wert verloren. Einzig Rostow - so das Gleichnis - sei ein stählerner Ballon, der beständig höher steige. Darin erschöpfte sich die Botschaft aber auch schon. Immerhin ist man aufgefallen.

Obwohl die internationalen Immobilienmärkte bislang noch nicht zu Euphorie Anlass geben und allzu optimistische Zeitgenossen noch mit gehörigem Argwohn betrachtet werden, ist die allgemeine Stimmung doch insgesamt als gefasst zu bezeichnen. Der Knackpunkt ist die Vermietung, die sich nach wie vor schwierig gestaltet. Traditionell senden aber auch hier die Immobilienmakler Hoffnungsbotschaften. "Wir sehen kurzfristig eine gewisse Nachfragezunahme aus dem öffentlichen Bereich und dem Bankensektor", konstatiert Christian Ulbrich, CEO von Jones Lang Lasalle für die Region Europa, Naher Osten und Afrika. Nach seiner Meinung werden die traditionellen Büronutzer bei der Flächensuche selektiver und opportunistischer vorgehen. Allerdings werde es niedrige Mieten und rekordverdächtige Incentive-Pakete wohl nicht mehr lange geben.

Insgesamt werden die Vermietungsmärkte aber weiterhin unter Druck sein, solange die Unternehmen neben den Personalkosten auch bei den Mietaufwendungen Einsparpotenziale realisieren. So wird der Flächenverbrauch pro Mitarbeiter weiter optimiert und insgesamt reduziert. Vor allem den deutschen Immobilienmärkten stehen aus Sicht des Beratungsunternehmens Savills weitere Mietrückgänge bevor. Allerdings gäbe es auch Märkte, in denen die Mieten wieder anziehen werden. So erwartet Savills bis Jahresende 2010 beispielsweise in Luxemburg Mietsteigerungen für Büroflächen um mehr als 20 Prozent. Auch in der Londoner City und im West End wird ein Anstieg um zehn Prozent prognostiziert, da dort weder 2010 noch 2011 Neubauprojekte fertiggestellt würden. Im vergangenen Jahr ist die Leerstandsrate in der City von 15,6 auf 13,5 Prozent und im West End von 6,7 auf 6,5 Prozent gesunken. Für Istanbul und Prag werden immerhin acht beziehungsweise fünf Prozent Mietwachstum vorausgesagt.

Chancen für Projektentwickler

Jones Lang Lasalle geht davon aus, dass sich die Flächenangebote weiter verknappen werden, da kaum noch Projektentwicklungen auf den Markt kommen. Daraus könnten sich neue Chancen für diejenigen Entwickler ergeben, die über genügend finanzielle Mittel und ein leistungsfähiges Vermietungsteam verfügen. So hat die Hochtief Projektentwicklung GmbH aus Essen nach Aussage ihres Geschäftsführers Christoph Husmann im vergangenen Jahr den Vermietungsumsatz auf dem Vorjahresniveau halten können.

Darüber hinaus ist von den Projektentwicklern noch eine gehörige Portion Mut und Weitsicht gefragt. Bernhard H. Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vivico Real Estate GmbH, Frankfurt am Main, und Mitglied des Vorstands der CA Immo International AG, Wien, bestätigt, dass die hohe Nachfrage der Investoren nach Core-Immobilien mittlerweile zu einer Verknappung des Angebots geführt hat, die die Preise wieder anziehen lässt. Daher werden aus seiner Sicht zunehmend Nebenstandorte wie zum Beispiel Regenburg oder Mainz für Projekt- und Quartiersentwicklungen interessant.

Trotzdem registriert Hansen noch Zurückhaltung bei Investitionen in Projektentwicklungen. Eine Normalisierung des Marktes erwartet er erst für das Jahr 2012. Positiv sei jedoch, dass für die Finanzierung von Neubauvorhaben inzwischen wieder deutlich mehr Banken zur Verfügung stünden als vor Jahresfrist. Dadurch könne auch über die Finanzierung von Projekten gesprochen werden, die zur Hälfte vermietet sind. Und während 2009 noch 40 Prozent Eigenkapital mitzubringen war, bewegen sich die Konditionen aktuell in Richtung 30 Prozent.

Flaschenhals Finanzierung

Die Risikoaufschläge der Banken werden in diesem Jahr jedoch weiterhin hoch sein. Dies wirkt limitierend auf den Transaktionsmarkt und die Größe der gehandelten Objekte. Zudem werden die Institute sehr genau prüfen müssen, welche Kredite sie verlängern. Angesichts der hohen Immobiliendarlehen, die in diesem und dem nächsten Jahr fällig werden, auf der einen Seite und den höheren Risiko-Ertrags-Anforderungen der Banken auf der anderen Seite dürften nicht alle Investoren ihre Immobilien halten können. So laufen allein in den kommenden Jahren Verbriefungen in schätzungsweise dreistelligem Milliardenvolumen aus.

Solange der Verbriefungsmarkt nicht wieder in nennenswertem Umfang zurückkommt, werden diese Finanzierungen zu einem beachtlichen Teil nicht ersetzt werden können, denn die Bankbilanzen reichen nicht aus, um alle Kredite aufzunehmen, wie Thomas Ortmanns, COO der in Wiesbaden ansässigen Aareal Bank AG, meint . Deshalb ist er überzeugt, dass die Verbriefungen wiederkommen werden - in höherer Qualität und mit strengerer Regulierung. Bislang sind jedoch erst wenige Verbriefungstransaktionen in Großbritannien und den USA zu sehen gewesen.

Noch sorgen die niedrigen Zinsen dafür, dass der Anstieg von notleidenden Finanzierungen gebremst wird. Sollten die Kapitalkosten jedoch wie von vielen Marktteilnehmern erwartet in den kommenden Monaten steigen, werden nach Meinung der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) verstärkt Immobilien, deren Finanzierungen notleidend geworden sind, auf den Markt kommen. Im ersten Quartal 2010 sei vor allem in den USA, Japan, China, Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten die Zahl der Notverkäufe gestiegen.

Aber auch in London ist das Volumen der gefährdeten Kreditengagements hoch. So schätzt Pramerica Real Estate, dass gut ein Drittel der Kredite im Gesamtvolumen von rund 200 Milliarden Euro, mit denen Londoner Immobilien finanziert sind, als problematisch einzustufen sind. Das wären also etwa 70 Milliarden Euro. Verteilt über die nächsten fünf Jahre könnten demnach zirka zehn Milliarden Euro pro Jahr als diskussionsbedürftig erachtet werden.

Für dieses Jahr rechnet RICS damit, dass vor allem in den USA und Japan das Angebot von Immobilien mit notleidenden Finanzierungen zunimmt. Dies wiederum könnte für eigenkapitalstarke Investoren attraktive Kaufmöglichkeiten bieten und zu einer Belebung des Transaktionsmarktes führen. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass dadurch der Druck auf die Immobilienwerte in den betroffenen Märkten wächst. Für die Banken könnte es daher in ausgewählten Fällen vorteilhafter sein, eine Restrukturierung der Kredite anzustreben. Aus der Immobilienkrise Anfang der neunziger Jahre in Schweden habe man gelernt, dass eine schrittweise Schuldenumwandlung marktschonend sein kann, wie Charlotte Strömberg, CEO von Jones Lang Lasalle Skandinavien, zu bedenken gibt.

Mehr Wettbewerb unter den Banken

Die Immobilienfinanzierer registrieren derweil in Teilbereichen einen deutlich intensiveren Wettbewerb. So beobachtet der Leiter Capital Markets bei Jones Lang Lasalle, Marcus Lemli, wieder steigende Loan-to-values, die je nach Refinanzierungsaufwand auch über die Schwelle von 55 Prozent hinausgehen und teilweise bis zu 70 Prozent erreichen können. Auch die Finanzierungsvolumina pro Transaktion nehmen wieder zu. Finanzierungen in dreistelliger Millionenhöhe, die vor wenigen Monaten noch als Club Deal zusammen mit anderen Instituten arrangiert wurden, werden von den Banken wieder häufiger erst auf das eigene Buch genommen und danach eventuell syndiziert.

Transaktionen wie der Erwerb des Büro- und Gewerbeparks in München-Perlach durch das Immobilienunternehmen RFR und die Hamburgische Immobilien Handlung sowie die Mehrheitsübernahme am Berliner Shoppingcenter Alexa durch die Union Investment Real Estate für 316 Millionen Euro zeigen, das auch großvolumige Finanzierungen wieder machbar sind.

Auch deshalb blickt der Vorstandssprecher der Eurohypo AG, Frank Pörschke, zuversichtlich auf 2010 und 2011 (siehe dazu auch in diesem Heft Seite 208). Sein Haus traut sich inzwischen wieder Einzelfinanzierungen bis 250 Millionen Euro zu. Derzeit ist das Risiko-Ertrags-Profil der Neuabschlüsse besser als während der letzten zehn Jahre, erklärt der Vorstand. Denn die Risiken würden inzwischen wieder differenzierter betrachtet und bewertet. Daher sei an einigen Stellen eine vorsichtige Lockerung der Risikostandards zu beobachten. Auch darin drücke sich die langsame Normalisierung des Marktes aus. Allerdings gelte es den ebenso erheblichen Werthebel im Prolongationsgeschäft zu beachten. "Die Bank würde mehr verlieren, wenn sie den Bestand vernachlässige, als sie mit dem aktuellen Neugeschäft hinzugewinnen könnte."

Als besonders interessanten Markt sehen die deutschen Immobilienfinanzierer derzeit London an. Hier trauen sich immer mehr Institute auch Finanzierungen über 30 Millionen Britische Pfund zu, wie der Immobiliendienstleister Savills ermittelte. Demnach kamen im vergangenen Jahr von den 21 Banken, die Kredite in dieser Größenordnung herausgaben, immerhin 13 Institute aus Deutschland. Allerdings mangele es in London derzeit an geeigneten hochwertigen Objekten für Kapitalgeber. Denn um die Top-Immobilien konkurrieren nur eigenkapitalstarke Investoren, die ihre Akquisition mitunter ohne Fremdkapital tätigen könnten. Folglich nimmt der Wettbewerb unter den Banken zu, sodass die Beleihungsausläufe sinken und die Zinsmargen fallen. Indem - nicht nur die deutschen - Banken massiv um Finanzierungen für Londoner Core-Immobilien konkurrieren, treiben sie aus Sicht von Jan-Baldem Mennicken, Executive Board Member der zur US-amerikanischen Prudential Financial, Inc., gehörenden Pramerica Real Estate International AG, zumindest teilweise die Preise auf ein "forderndes Niveau".

Wirkungen stärkerer Regulierung

Auch in Deutschland ist der Wettbewerb unter den gewerblichen Immobilienfinanzierern nach wie vor intensiv. Daran hat auch die Finanzmarktkrise wenig geändert. Lediglich bei den Akteuren hätten sich einige neu ins Spiel gebracht, die zuvor allenfalls regional oder lokal in Erscheinung getreten sind, während andere den Platz vorerst verlassen mussten. So beobachtet Eurohypo-Vorstand Thomas Köntgen, dass die Differenz zwischen den höchsten und den niedrigsten Angebotskonditionen größer statt - wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre kleiner werde. Als Grund vermutet er die Besonderheiten der hiesigen Bankenlandschaft, die Institute mit teils deutlich unterschiedlichen Refinanzierungsmöglichkeiten hervorbringt. Spürbaren Druck auf die Margen registriert auch die Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank. Das Institut hat sich für dieses Jahr ein Neugeschäftsvolumen von vier Milliarden Euro vorgenommen.

Jones Lang Lasalle erwartet, dass die Immobilienfinanzierung für Banken attraktiver werden könnte, da die durch reale Assets besicherten Forderungen weniger von den weltweiten Regulierungsbestrebungen betroffen sein werden als andere Kredite. Dies dürfte nach Einschätzung des Maklers zusätzliche Impulse in die Immobilienmärkte geben.

Dagegen beklagt der COO der Wiesbadener Aareal Bank, Thomas Ortmanns, dass die Kreditvergabe derzeit unter anderem von den politischen Rahmenbedingungen gebremst wird. So sei noch unklar, welche Eigenkapitalanforderungen künftig an die Banken gestellt werden und wie intensiv die Finanzwirtschaft reguliert werde. Darüber hinaus werden in seinen Augen die Investoren durch die Diskussion verunsichert, ob unbesicherte Bankschuldverschreibungen künftig in Genussscheine respektive Eigenkapital umwandelbar sein sollen. Erst wenn diese Unsicherheiten ausgeräumt sind, wird die Kreditwirtschaft zu Belebung des Immobilienmarktes auf breiter Front beitragen können.

Belebung bei den Investitionen

Vor dem Hintergrund weltweit niedriger Zinsen, teilweise hoher Inflationsraten und steigender Staatsverschuldung bleibt die Immobilie unverändert eine attraktive Anlage für Investoren, stellt Jones Lang Lasalle fest. Nachdem die weltweiten Immobilieninvestitionen im vergangenen Jahr um 23 Prozent auf 270 Milliarden Euro gesunken waren - den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2003 - erwartet Cushman & Wakefield (C&W) in diesem Jahr einen Anstieg des weltweiten Transaktionsvolumens um 30 Prozent auf rund 362 Milliarden Euro. Motor der Entwicklung sollen die sich wieder belebenden US-Immobilieninvestments sein, nachdem bislang vor allem Asien und hier allen voran China der Wachstumstreiber waren, wie Martin Braun, Leiter der Capital Markets Group von C&W in Deutschland hervorhebt. Dass gerade der US-amerikanische Immobilienmarkt, der von deutschen Investoren und Finanzierern nach wie vor abwartend betrachtet wird, das Investitionsgeschehen beleben könnte, hängt mit dem geplanten Real Estate Revitalization Act of 2010 zusammen. Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung der Besteuerung ausländischer Investoren vor, die den Immobilienerwerb in den USA für Ausländer attraktiver machen dürfte. Denn nach dem 1980 in Kraft getretenen Foreign Investment Real Estate Property Tax Act müssen ausländische Investoren bei der Veräußerung von Immobilien oder REIT-Anteilen eine Kapitalertragsteuer von 55 Prozent auf die dabei erzielten Gewinne zahlen. "Im Moment entwickelt sich auf den US-amerikanischen gewerblichen Immobilienmärkten ein außergewöhnlich günstiges Umfeld", kommentierte Borja Sierra, Executive Managing Director von Savills USA, die jüngsten Entwicklungen.

Grundsätzlich aber werden sich die meisten Immobilieninvestoren bei ihren Engagements auf ihren Heimatkontinent fokussieren. So kommt eine von CB Richard Ellis vorgestellte Untersuchung zu dem Ergebnis, dass 60 Prozent der europäischen Befragten Europa in den kommenden Jahren als geografischen Schwerpunkt für ihre Immobilieninvestitionen ansehen. 21 Prozent sehen in Asien und zwölf Prozent in Nordamerika attraktive Märkte. Ähnlich ist das Bild in den USA. Von den US-Investoren konzentrieren sich 58 Prozent auf den Heimatmarkt. 16 Prozent wollen vornehmlich nach Asien und zwölf Prozent nach Europa schauen. War jedoch das Risiko einer Immobilieninvestition bis zum Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise, also in einer Welt mit praktisch unbegrenzter Liquidität, nur eine Frage des Preises, so ist heute die Liquidität der entscheidende Risikofaktor. Märkte, die liquider sind als andere, werden sich eher aus der momentanen Starre lösen und für Investoren attraktiver sein, prognostiziert Andreas Quint, CEO von Jones Lang Lasalle Deutschland.

Sinkende Renditen

Gesucht sind vor allem Spitzenlagen. So schnurren mancherorts bereits wieder die Renditen zusammen. Möglich ist dies nur, weil alternative Anlageklassen im aktuellen Konjunkturumfeld noch schwächer rentieren. Dennoch blicken eigenkapitalstarke Investoren durchaus gut gelaunt in die Zukunft. Obwohl der Wettbewerb in guten Lagen wieder steigt, sind die Investitionsmöglichkeiten immer noch günstig, weil die aggressiv auftretenden, in hohem Maße fremdfinanzierten Investoren kaum Akquisitionskredite bekommen und oft genug noch mit den Beständen befasst sind, die sie in der Hochphase der Immobilienmärkte eingekauft hatten.

Besonders stark nachgefragt sind fast ausschließlich Immobilien im Core-Segment mit Objektgrößen bis 50 Millionen Euro. So kam die Union Investment Real Estate trotz großer Akquisitionskasse im vergangenen Jahr längst nicht immer wie geplant zum Zuge. Immerhin wurden 2009 für rund 1,5 Milliarden Euro 18 Objekte gekauft. Etwas mehr hatte man sich schon erhofft. Dies soll nun in diesem Jahr gelingen. Für 2010 hat sich die Kapitalanlagegesellschaft aus dem genossenschaftlichen Finanzverbund ein Investitionsvolumen von zwei Milliarden Euro vorgenommen. Nach Meinung von Jones Lang Lasalle werden die eigenkapitalstarken Investoren auch in den nächsten Jahren den Markt dominieren, sich aber in ihren Investmentstrategien weiter ausdifferenzieren.

Abseits ausgetretener Pfade

So hat die RREEF Spezial Invest GmbH aus Eschborn bereits in den Jahren 2008 und 2009 insgesamt eine Milliarde Euro in Immobilien investiert und damit das Portfolio der von ihr für institutionelle Anleger verwalteten Spezialfonds verdoppelt. In der unkritischen Konzentration vieler Investoren auf Core-Immobilien erkennt der Geschäftsführer der Kapitalanlagegesellschaft, Clemens Schäfer, auch eine Gefahr. Denn dem momentanen Preisauftrieb könnten bei nachlassendem Interesse sehr schnell Preiskorrekturen folgen. Vor allem London wird in seinen Augen zu aggressiv bewertet. Eine neuerliche Abkühlung des Marktes hält er für wahrscheinlich. Deshalb suche sein Haus "etwas abseits der ausgetretenen Pfade" nach Investitionsmöglichkeiten. So gäbe es auf den momentan weniger beachteten

Immobilienmärkten in Italien und Spanien durchaus Chancen. Einer der interessantesten Märkte sei jedoch Polen, das sich der Rezession entziehen konnte und aktuell eine der höchsten Wachstumsraten in Europa hat. Zudem stellt es mit 40 Millionen Einwohnern und der geografischen Lage einen attraktiven Markt für Immobilieninvestoren dar.

Wer in diesem Jahr zur MIPIM gefahren ist, hat eine kleinere Messe, wenngleich keine schlechtere erlebt. Nach wie vor finden sich in Cannes die Führungskräfte der international tätigen Immobilienunternehmen und ihrer Finanzierer zum Meinungs- und Ideenaustausch. "Auf der MIPIM trifft sich wieder der Kern der internationalen Immobilienwirtschaft, also diejenigen, die mit den Immobilienmärkten leben müssen - in guten wie in schlechten Zeiten", konstatiert der Vorstandsvorsitzende der Westdeutschen Immobilienbank, Peter Knopp. Dies zumindest lässt auf eine ebenso produktive MIPIM 2011 hoffen, die dann vom 8. bis 11. März stattfinden wird. L. H.

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