Messebericht

Mipim 2012: Messe ohne Fisimatenten

Mehr Maloche, weniger Party, so schien das inoffizielle Motto der Mipim 2012 zu lauten. Wer die internationale Immobilienmesse in Cannes vom 6. bis 9. März dieses Jahres besuchte, durfte selbstverständlich den Charme südfranzösischen Savoir Vivre erwarten und auf ein bisschen mondänen Glamour der Filmfestspiele hoffen. Doch längst hat die Immobilienwirtschaft aufgehört, sich auf der Strandpromenade ein Schaulaufen zu liefern und sich in aufwendigen Partys selbst zu feiern. Diese Abkehr vom Illustren mag mancher bedauern, doch alles andere wäre nicht zeitgemäß.

Eine "deutsche" Messe

Daher ist es richtig und zu begrüßen, wenn sich die Veranstaltung wieder auf ihren eigentlichen Zweck besinnt. Netzwerken ist heute keine diffuse Beziehungspflege mehr, sondern ein zielgerichteter Prozess, dem in vertretbarer Zeit ein messbares Ergebnis zu folgen hat. Wenn dies als "typisch deutsch" qualifiziert werden sollte, dann ist die Mipim zumindest gefühlt "deutscher" geworden oder, wie auch zu hören war, "exporealiger". Vielleicht trug die Wahl Deutschlands als Gastland der diesjährigen Mipim einen Teil dazu bei.

Tatsächlich entwickelt sich der Branchentreff mehr und mehr von einer In-centiv-Veranstaltung zur Arbeitsmesse. Damit verliert sie jedoch ein Stückweit ihrer Einzigartigkeit. Längst muss sie sich direkt dem Vergleich zum Beispiel mit der Münchener Konkurrenz stellen. So hatte die Mipim in den vergangenen Jahren zumindest bei deutschen Unternehmen an Bedeutung eingebüßt. Vor allem das Verhältnis von Preis und Leistung schreckte mehr und mehr ab.

Immerhin scheint der Veranstalter Reed Midem gegensteuern zu wollen. Nach Aussagen von in die Organisation involvierten Teilnehmern soll zum Beispiel das Servicepersonal deutlich aufgestockt worden sein. Gar von einer Verdoppelung war die Rede. Zudem bestätigten Besucher und Aussteller eine regelrechte Charme-Offensive der Mipim-Mitarbeiter, die als erfreulicher Kontrast zu der latent pampigen Behandlung der vergangenen Jahre empfunden wurde.

Nach Angaben des Veranstalters liefen in den vier Tagen insgesamt 19300 Personen aus 83 Ländern über die Messe, davon waren nach Definition der Reed Midem 4200 Investoren. Verglichen mit dem Vorjahr bedeutet dies ein Zuwachs um jeweils rund fünf Prozent. Dabei kam jeder achte Teilnehmer aus Deutschland - insgesamt also etwa 2400 Personen. Diese repräsentieren 217 der insgesamt 752 auf der Messe vertretenen Unternehmen. Somit wuchs die Zahl der teilnehmenden deutschen Gesellschaften mit neun Prozent stärker als die Gesamtzahl, die um sieben Prozent zugenommen hatte. Allerdings praktiziert die Reed Midem eine Zählweise, die sich nur eingeschränkt mit der deutscher Messen vergleichen lässt. In Frankreich wird nicht zwischen Ausstellern und Besuchern unterschieden. So kann es passieren, dass sich die Bedienung am Stand oder die nette Hostess durchaus als Fachbesucher fühlen darf. Vor diesem Hintergrund verwundert die Diskrepanz zwischen offizieller und wahrgenommener Teilnehmerzahl nicht.

Geschäftig, aber gelassen

Vom Gedränge vergangener Jahre, als freie Plätze in den Hotellobbys rar und das Durchkommen im Palais, am Hafen oder die Croisette entlang ein zähes Unterfangen war, konnte im Frühjahr 2012 keine Rede sein. Selbst am Mittwoch, dem traditionell am stärksten frequentierten Tag, verzeichneten allenfalls die großen Stände der Städte und Regionen eine höhere Teilnehmerzahl pro Quadratmeter. Dass dieser Ansturm vor allem dem gastronomischen Angebot galt oder dem Erscheinen politischer Lokalprominenz samt Tross geschuldet war, darf als naheliegend vermutet werde.

Geschadet hat die geringe Frequenz der Messe jedoch nicht. Vielmehr bestätigen die Teilnehmer unisono, dass sie Gespräche auf unverändert hohem Niveau geführt haben. Nach wie vor kommen die Entscheider nach Cannes. Weil sie jedoch zunehmend unter sich sind, werden die Unterredungen als länger, konkreter und effizienter beschrieben. Geschäftig, aber gelassen, sei es zugegangen. Damit kehrt die Messe ein Stückweit zu ihren Ursprüngen als kleines, beschauliches Stelldichein der international aktiven Immobilienprofessionals zurück.

Streben nach Erstklassigkeit

Gleichwohl allen voran Versicherungen, Fonds und Industrie dringend nach Anlagemöglichkeiten für ihre gewaltigen Kapitalpolster suchen, fokussieren sie sich bei Immobilieninvestitionen doch immer noch nahezu ausschließlich auf Core-Objekte an den Top-Standorten. Am besten sollte es natürlich Prime-Core sein, also das Beste vom Besten. Schon Core plus, also der kleinste Mangel an einer ansonsten erstklassigen Immobilie, macht die Vermarktung schwieriger.

In Europa gelten Paris und London unverändert als die Hauptzielmärkte. Doch wird es dort zunehmend schwieriger überhaupt an Objekte heranzukommen, die den hohen Anforderungen der Investoren genügen. So wächst das Interesse an deutschen Immobilien. Denn Deutschland lockt mit Stabilität und sicheren Cash-Flows, mit einer schwachen Währung und politischen Reformen, die weiteres Wirtschaftswachstum begünstigen sollten. Wer Core-Immobilien in einem Core-Land sucht, kommt folglich am hiesigen Markt kaum vorbei.

Trotzdem bleibt Deutschland für ausländische Investoren schwierig. Zwar wurden hinsichtlich der Transparenz deutliche Fortschritte erzielt, doch erfordern die dezentralen Strukturen eine eingehende Beschäftigung mit den Standorten. München, Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, Düsseldorf und Stuttgart unterscheiden sich erheblich voneinander. Entsprechend aufwendig ist das Research, um den deutschen Markt verstehen zu können.

Um den Investoren die Eigenheiten des Marktes besser verständlich zu machen, war Deutschland in diesem Jahr zum Country of Honour, zum Ehrengastland der Mipim, ausgerufen worden. Damit war es dann aber auch schon weitgehend erledigt. Weder der Messeveranstalter noch die deutschen Aussteller zeigten sonderliches Bemühen, diesen Status für ein Feuerwerk von Events oder Standortmarketing zu nutzen. Zur Ehrenrettung muss jedoch erwähnt werden: In den beiden Vorjahren war ebenfalls leicht zu übersehen, dass Großbritannien 2010 und Polen 2011 den Gaststatus innehatten.

Banken im Bremserhäuschen

Die ungeheure Menge an Kapital, das aus Mangel an alternativen Anlagen in einem viel zu engen Immobilienmarkt drängt, lässt ungute Erinnerungen an eine ähnliche Situation in den Jahren 2006 und 2007 aufkommen. Als seinerzeit ebenfalls massiv in vermeintlich unterbewertete deutsche Immobilien investiert wurde, fragten sich etablierte Marktakteure halb ungläubig, halb fasziniert, wie internationale Investoren die aufgerufenen Multiplikatoren rechtfertigen. Doch eine solche Preisblase im Core-Segment wollen viele derzeit nicht erkennen. Dabei preisen manche Gebote schon wieder Zukunftsannahmen ein. Core-Future werden Objekte genannt, von deren künftiger Erstklassigkeit der Investor überzeugt ist. So wird eine Reihe von Transaktionen schon wieder unter fünf Prozent Anfangsrendite getätigt.

Derweil verkürzen sich die Kreditlaufzeiten deutlich. Langfristige Finanzierungen von sieben und mehr Jahren sind die Ausnahme. Grund ist die Passivseite der Banken. Vor allem kapitalmarktorientierten Kreditinstituten gelingt es kaum noch Refinanzierungsmittel mit längerer Laufzeit abzusetzen. Entsprechend müssen sich auch die Fristen im Kreditgeschäft verkürzen. Für Bestandshalter und Immobilienkäufer erheben sich daraus erhebliche Finanzierungs- respektive Zinsrisiken.

Solange die Zinsen auf dem historisch niedrigen Niveau verharren, mag die Rechnung vielleicht aufgehen, doch bei einem Zinsanstieg, kann auch aus einer Core-Immobilie sehr schnell eine Fehlinvestition werden. Dass die Immobilienpreise noch gewisse Grenzen nach oben kennen, ist vor allem der zurückhaltenden Kreditvergabe der Banken geschuldet, die so manchem potenziellen Investor den Weg in die Immobilie versprerren.

Doch an dieser Stelle springen immer öfter Mezzanine-Kapitalgeber ein. Längst sind es nicht allein Fonds und Private-Equity-Gesellschaften, die sich in dem Markt tummeln. Auch die Bauwirtschaft begibt sich zunehmend in die Rolle des Kapitalgebers. Berichtet wird von Bauunternehmen, die dem Projektentwickler einen Teil der Baukosten gegen Entgelt stunden, damit diese als Mezzanine Capital die Lücke zwischen Eigenkapital und Bankkredit füllen. Dass sich dabei wieder einmal Risiken kumulieren können, wird derzeit noch weitgehend ausgeblendet. Denn auch die Banken sind froh, wenn auf diese Weise doch noch Geschäfte möglich gemacht werden, die ansonsten nicht zustande kämen.

Weil Core-Objekte von Hause aus rar sind und geringer Neubau die Knappheit weiter verschärft, rücken zunehmend exzellente Objekte in den A-Lagen von B-Städten, im Einzelhandel sogar von C-Städten in den Fokus. Lieber das beste Bürohaus in Wiesbaden als das zweitbeste in Frankfurt, lautet die Devise. Denn Core-Immobilien an attraktiven Standorten abseits der deutschen "Big 7" weisen eine hohe Wertstabilität gepaart mit guten Renditeaussichten auf, wie der Asset Manager Corpus Sireo und das

Marktforschungsinstitut Empirica anhand von Beschäftigungszahlen und inserierten Flächenangeboten ermittelten.

Gegen Scheuklappen

Für ihren Potenzial-Index haben sie die Büromärkte von Aachen, Bonn, Bremen, Dresden, Dortmund, Essen, Hannover, Karlsruhe, Leipzig, Mannheim, Mainz, Münster, Nürnberg und Wiesbaden untersucht. Auffällig war, dass sich die 1a-Lagen in diesen Städten mehrheitlich stabiler entwickeln als die traditionellen deutschen A-Standorte. Zudem weißt die Hälfte der untersuchten Standorte weniger als fünf Prozent Leerstand auf und mit Ausnahme von Nürnberg und Bonn bewegen sich die Ankaufsrenditen deutlich über sechs Prozent. Darüber hinaus wurden nur marginale Differenzen bei den Spitzenmieten festgestellt, die zwischen zwölf und 13 Euro liegen.

Risiken sind jedoch in den relativ kleinen lokalen Märkten zu sehen. Das betrifft sowohl die Zahl potenzieller Miet- als auch die Zahl der Kaufinteressenten. So sind die Mieten in den meisten der analysierten Standorte vom zweiten auf das dritte Quartal 2011 nicht gestiegen.

Qualität vor Quantität

Insgesamt können der Veranstalter und das diesjährige Gastland der Mipim ein positives Fazit ziehen. Es sind wieder die Investoren, die sich in Cannes treffen und neben neuen und langjährigen Kontakten vor allem Geschäftsmöglichkeiten suchen. Eine Messe mit weniger Andrang, muss kein Manko sein. Der Qualität der Gespräche hat es nach einhelliger Meinung nur gut getan. Die Mipim ist auf dem richtigen Weg zu einer Arbeitsmesse. Wie konsequent der Veranstalter die eingeschlagene Richtung weiter verfolgt, wird sich vom 12. bis 15. März 2013 zeigen - dann mit den Country of Honour Türkei. L. H.

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