Basel IV bringt einheitliche Standards

Horst Bertram

Aus der Flut der neuen Gesetze, Diskussionspapiere, Rundschreiben, Verordnungen, der gefühlt 15 für Banken zuständigen "Aufsichts- und Regulierungsbehörden", verdient ein Vorschlag der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich höchste Beachtung. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat ein Konsultationspapier mit dem unverdächtigen Namen "Revisions to the Standardised Approach for credit risk" - oder einfach ausgedrückt, die Überarbeitung des Kreditrisiko-Standardansatzes für Banken angekündigt.

Es handelt sich um die erste relevante Änderung des Standardansatzes, dessen erste Entwürfe in den späten neunziger Jahren als Basel II die Runde machten. Das wird von Spezialisten bereits als "Basel IV" bezeichnet. Die Vorschläge bedeuten eine umwälzende Neuausrichtung für die Berechnung der Risikogewichte. Das Konsultationspapier behandelt praktisch alle Assetklassen, schweigt sich aber zur Bewertung des öffentlichen Sektors (Staaten und Gebietskörperschaften) noch aus. Die vorgelegte Revision ist für fast alle Banken von Bedeutung, da auf Grundlage des neuen Standardansatzes eine Untergrenze für die Kapitalanforderungen ermittelt werden soll. Mit den Vorschlägen stellt der Baseler Ausschuss die Weichen für vier zentrale Themen der Risikomessung und -bewertung.

Zum Ersten folgen die Baseler damit den Vorgaben der Politik, von externen Ratings unabhängiger zu werden. Anstelle der Nutzung der Bewertungen externer Agenturen soll künftig zur Differenzierung der Risikogewichte auf spezifische Kennzahlen wie Kernkapitalquote, Verschuldungsgrad oder Umsatzerlöse der Schuldner abgestellt werden können. Die Reduzierung der Abhängigkeit von externen Ratings ist eine Reaktion auf die zahlreichen "ungenügenden" Bewertungen für Verbriefungstransaktionen, die die Banken- und Finanzkrise massiv befeuert haben. Der zweite Aspekt liegt in der Beendigung der Abhängigkeit der Kreditwürdigkeitsbeurteilung von der Bewertung des jeweiligen Staates. Die Vorschläge gehen klar in die Richtung der Einzelbewertung von Banken, Unternehmen, Immobilienfinanzierungen und Retail-Engagements. Der dritte Themenkomplex ist die stärker länderübergreifende Vergleichbarkeit der Bewertung von Kreditrisiken. Die bisher häufig anzutreffenden nationalen Sonderregelungen - wie beispielsweise in der Immobilienfinanzierung - führen nicht selten zu unerwünschter Risiko-Arbitrage. Zuletzt schaffen die Vorschläge auch die Grundlage für eine Harmonisierung des Standardansatzes mit den internen Ratingmodellen. Die Aufseher, denen die unterschiedliche Behandlung von Krediten häufig ein Graus ist, dürften - vor allem wenn die Vorschläge zum Standardansatz praktikabel sind und für die Realwirtschaft keine negativen Effekte bringen - den Banken künftig die Nutzung des neuen Ansatzes nahe legen.

Auf der Mikroebene sind in der Immobilienfinanzierung durchaus Änderungen zu erwarten. Statt des pauschalen Risikogewichtes von 35 Prozent für durch Wohnimmobilien besicherte Forderungen, sieht das Konsultationspapier eine Differenzierung der Risikogewichtung - in einer Spanne zwischen 25 und 100 Prozent - auf Basis des Verhältnisse von Forderungshöhe zum Sicherungswert und die Einbeziehung der Fähigkeit des Schuldners zur Leistung des Kapitaldienstes vor. Spannend wird es werden, wie der Immobilienwert sowie das verfügbare Einkommen definiert werden. Bei den gewerblichen Immobilienkrediten liegen zwei Vorschläge auf dem Tisch, zum einen die Behandlung als gewöhnliche Forderungen an Unternehmen oder ein der Behandlung von Wohnimmobilien ähnliches Vorgehen. Auch wenn das Papier noch keine Aussagen zu Covered Bonds macht, sind auch hier Änderungen in der regulatorischen Behandlung zu erwarten, um Inkonsistenzen mit den Risikogewichten unbesicherter Bankanleihen zu vermeiden. Bei der Beurteilung der Risiken bei der Kreditvergabe an Banken fehlen wesentliche Elemente. Hier sollten zumindest die Faktoren Refinanzierung und Liquidität nicht ignoriert werden. Dies waren in der Bankenkrise häufig Ursache von Schieflagen. Auch gehen die Vorschläge nicht genug auf die durch die europäischen Bail-in-Regelungen geschaffenen Differenzierungen der Kreditqualitäten unterschiedlicher Instrumente ein.

Aber letztendlich zählen momentan nicht die Detailregelungen - wichtig ist jetzt, die Einsicht zu gewinnen, dass Basel IV den Weg zu einheitlichen Kreditrisikostandards bringen dürfte.

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