Jamaika

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Deutschland hat gewählt. Für die AfD, die erstmals, und die FDP, die wieder in den Bundestag einzieht, sind die Ergebnisse ein Erfolg. Für alle anderen Parteien, vor allem die bisherige Regierungskoalition, ist es niederschmetternd und eine saftige Abreibung durch die Wähler, die ihrer Unzufriedenheit leider durch einen Rechtsruck Ausdruck verliehen haben. Wundern darf man sich aber über den Erfolg der Alternative für Deutschland nicht: Als Gerhard Schröders SPD damals in die Mitte rückte, öffnete sie die linke Flanke, in der sich umgehend Die Linke breitmachte. Ebenso ist es jetzt mit dem konservativen Lager um CDU/CSU. Eine Partei der Mitte lässt rechts von sich zu viel Raum, den eine AfD nutzte. Und FDP-Chef Christian Lindner hat sicherlich nicht unrecht, wenn er anmerkt, es falle zunehmend schwerer, die Politikansätze von CDU/CSU, SPD und Grünen auseinanderzuhalten. Nun läuft alles auf Jamaika hinaus. Aber der Mangel an Alternativen macht Merkel natürlich auch erpressbar, muss sie doch vermutlich ordentliche Zugeständnisse an die künftigen Koalitionspartner FDP und Grüne machen.

In der Tat wird es spannend zu beobachten sein, wie sich die teils sehr ähnlichen, teils sehr unterschiedlichen Vorstellungen der potenziellen Regierungspartner in der Wohnungspolitik einer künftigen Bundesregierung zusammenfassen lassen. Im Grunde genommen wollen alle Beteiligten mehr bezahlbaren Wohnraum, eine Entlastung insbesondere junger Familien beim Wohneigentumserwerb, eine Stärkung des ländlichen Raums und mehr Einfluss auf die Städte und Gemeinden bei der Baulandvergabe. Nur die Wege dahin sind höchst unterschiedlich, von viel staatlichem Einfluss bei den Grünen bis hin zu größtmöglicher Marktwirtschaft bei den Freien Demokraten. Kaum Konflikte wird es bei der Stärkung des ländlichen Raums und einer Angleichung der Regionen geben. Es ist für eine gesunde Struktur Deutschlands unerlässlich, die Attraktivität von Wohnorten abseits der Ballungszentren zu erhöhen. Das fängt bei einer besseren Verkehrsinfrastruktur an, geht über schnelles Internet und reicht bis zur Ansiedlung von Schulen und Hochschulen, Behörden, Ärzten und Krankenhäusern sowie Wirtschaftsbetrieben, die kürzere Wege garantieren und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. So würde auf jeden Fall Druck von den Städten und Metropolen genommen. Auch der Punkt "Förderung junger Familien beim Wohneigentumserwerb" dürfte relativ schnell abgehakt sein. Das Baukindergeld von 1200 Euro pro Kind und Jahr für zehn Jahre der CDU dürfte für alle Beteiligten genauso wenig echte Verhandlungsspielmasse sein wie die Grundidee eines "Altschuldenfonds" durch die Grünen, der hoch verschuldeten Städten und Gemeinden ebenso helfen soll, wie die spürbaren Entlastungen von Sozialausgaben. Etwas uneinheitlicher ist das Bild dann schon bei der Senkung der explodierenden Baunebenkosten. Während FDP (Freibetrag von 500000 Euro) und CDU (Freibeträge für Erwachsene und Kinder) auf die Grunderwerbsteuer abzielen, haben die Grünen die Begrenzung der Grundsteuer zum Ziel. Doch selbst wenn sich die Parteien hier auf eine einheitliche Linie einigen können, gilt es immer noch die Hürde Länder und Städte und Gemeinden zu überwinden. Denn bekanntermaßen ist die Grunderwerbsteuer eine Ländersteuer und die Grundsteuer wird zumeist auf kommunaler Ebene festgelegt.

Kritisch wird es bei einer Begrenzung der Mietpreise. Während Kanzlerin Merkel die Mietpreisbremse vor einigen Wochen als gescheitert erklärte und die Union in ihrem Wahlprogramm auf die Belebung des öffentlichen und privaten Wohnungsbaus mithilfe von Steuererleichterungen wie der Wiedereinführung der degressiven AfA setzt und die FDP dieses Instrument grundsätzlich ablehnt, ist eine verschärfte Mietpreisbremse für die Grünen essenzieller Bestandteil ihrer Wohnungspolitik.

Vereinfacht zusammengefasst heißt das: Die Wohnungspolitik der Jamaika-Koalition wird den Erwerb von Wohneigentum erleichtern und fördern, sich massiv für den Bau zusätzlicher Wohnungen auch im sozialen beziehungsweise bezahlbaren Segment einsetzen, Lasten zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu verteilen, zusätzliche Bürokratie vermeiden, Spekulationen eindämmen, Städte und Gemeinden attraktiver weil lebenswerter machen und die Umwelt dank bezahlbarer Klimastandards schonen. Auch wenn es nun natürlich auf die Details ankommt, man die Rechnung an der einen oder anderen Stelle ohne den Wirt, in diesem Fall die Kämmerer, gemacht hat und es noch keine Lösung für den zusätzlichen Flächenbedarf in den Metropolen gibt - es könnte schlimmer kommen.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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