MEHR ALS NUR HOFFNUNG

Philipp Otto

"Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden." So heißt es in § 1 des Bausparkassengesetzes. Und tatsächlich hat sich das Modell des Einsammelns von kleinen Summen, um maßvoll größere Beträge als Kredit auszureichen, und all das innerhalb einer geschlossenen Gemeinschaft seit mehr als 200 Jahren in Europa und seit über 100 Jahren in Deutschland, bewährt, hat Kriege und Inflationen überstanden.

Aber wird es auch die EZB überstehen? Glaubt man den Auguren und Berichterstattern, heißt die Antwort wohl eher nicht. "Am Rande des Abgrunds". "Der Niedergang des Bausparens". So oder so ähnlich lauteten die Schlagzeilen der großen Tageszeitungen im vergangenen Jahr immer, wenn es um das Thema Bausparen ging. In der Tat hat die Branche der 8 Landesbausparkassen und der 12 privaten Bausparkassen schon bessere Tage gesehen als die Jahre 2016 und 2017. Denn während das Neugeschäft sowohl auf der Bauspar- als auch vor allem der Baufinanzierungsseite angesichts der Baulust der Bevölkerung brummte, schwanden die Margen. Das beunruhigte sogar die deutsche Bankenaufsicht zunehmend, sodass den Instituten ein ganz eigener Teil in der Niedrigzinsumfrage aus dem vergangenen Jahr gewidmet wurde. Und siehe da: Die Sorgen scheinen mittlerweile unbegründet. Heißt es hier doch im Ausblick: "Bei gleichbleibend niedrigen oder steigenden Marktzinsen stabilisiert beziehungsweise erholt sich die Ertragslage der Bausparkassen im Zeitablauf."

Dahinter stecken viel Arbeit und mitunter auch schmerzvolle Entscheidungen. In den Instituten selbst wurden Kosten gesenkt, Mitarbeiter abgebaut, Geschäftsprozesse und Vertriebsstrukturen neu aufgesetzt und die Effizienz erhöht. So konnten die Verwaltungsaufwendungen trotz Regulatorik und Investitionen in die IT zwischen 2015 und 2016 nahezu stabil gehalten werden. Das konnte den Rückgang des Zinsüberschusses natürlich nicht kompensieren, der Anteil des Verwaltungsaufwandes am Zinsüberschuss belief sich im Jahr 2016 auf den Rekordwert von stolzen 72 Prozent über alle Bausparkassen hinweg. Allerdings werden sich einige Investitionen in dieser Höhe nicht wiederholen und mit Blick auf die historisch niedrigen Zinsen wird die Ertragslage tendenziell wieder stabiler.

Das gilt übrigens auch für das derzeit sehr unausgewogene Verhältnis zwischen der Inanspruchnahme von Baudarlehen und der gewöhnlichen Direktfinanzierung. Der Anteil des außerkollektiven Geschäfts liegt über die gesamte Branche hinweg bei fast 90 Prozent. Aber auch das ist eben eine Reaktion auf die Niedrigzinspolitik der EZB, denn die Menschen wollen jetzt bauen beziehungsweise renovieren und die zuteilungsreifen Altverträge können mit den Konditionen am Markt keineswegs mit halten. Bausparkassen können heute längst alle gängigen Formen der Immobilienfinanzierung. Inwieweit sie damit noch als Spezialbanken des besonderen gesetzlichen Schutzes oder der aufsichtlichen Zuwendung bedürfen, kann diskutiert werden. Aber mit steigenden Zinsen steigt auch die Attraktivität der heutigen Tarifgeneration, die in einigen Jahren die Zuteilungsquoten wieder spürbar erhöhen wird. Das wird natürlich nicht allen Instituten gleichermaßen helfen, sodass Kooperationen eher zu- als abnehmen werden. Gerade haben die LBS West und die LBS Schleswig-Holstein-Hamburg eine Absichtserklärung über den Zusammenschluss unterschrieben, im Süden bündelt die LBS Südwest fleißig die Kräfte. Im privaten Lager basteln Schwäbisch Hall, Wüstenrot und BHW an einer neuen Kernbausparsoftware, um die Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen. Und wenn Bernd Hertweck im Interview betont, dass Erleichterungen bei der Integration von Bausparkassen wünschenswert wären, zeigt das, dass auch hier noch nicht das Ende erreicht scheint.

Bleibt das Thema Verbraucherschutz. Trotz höchstrichterlichem Urteil zur Rechtmäßigkeit der Kündigung von Sparverträgen aus Hochzinsjahren, weil diese offensichtlich keine Hausfinanzierung mehr zum Ziel haben, kommt die Bausparkassenfamilie nicht zur Ruhe. Mal sind es die Abschlussgebühren, nun die Klausel, dass nach 15 Jahren gekündigt werden darf. Die Bausparkassen werden mit allem, was mögliche Verbraucherinteressen berührt, betont vorsichtig-vornehm umzugehen wissen. Denn das Bausparen ist kein marktgängiges Produkt, das ohne politisches Wohlwollen, sprich ohne staatliche Förderung auskommt. So wurde beim jüngsten Streit um die Kündigungsklausel bereits Entgegenkommen signalisiert.

Es bleibt angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen festzuhalten: Bausparen kann EZB und noch mehr, das ist Gewissheit, keine Hoffnung.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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