EINE NEUE EPOCHE

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Endlich vorbei! Das haben mit Sicherheit viele Fondsmanager zum Jahreswechsel 2018/2019 gedacht, denn das vergangene Jahr - insbesondere das Schlussquartal - fiel für die meisten Assetklassen ziemlich ernüchternd aus. Ob Aktien-, Misch- oder Rentenfonds: Sie alle litten unter den starken Turbulenzen am Kapitalmarkt und mussten nach einer Reihe fetter Jahre erstmals wieder schmerzhafte Verluste hinnehmen. Einer der wenigen Lichtblicke waren da die offenen Immobilienfonds. Wie ein Fels in der Brandung trotzten sie dem ungemütlichen Umfeld und unterstrichen somit einmal mehr eindrucksvoll ihren Ruf als Stabilitätsanker in den Portfolios institutioneller und privater Anleger. So lag die durchschnittliche Rendite offener Immobilien-Publikumsfonds 2018 laut BVI im Mittel bei soliden 3,2 Prozent, für Immobilien-Spezialfonds errechnete MSCI Deutschland gar eine Durchschnittsrendite von 7,4 Prozent.

Diese relativ große Renditedifferenz ist im Wesentlichen auf die stärkere Regulierung der Publikumsfonds zurückzuführen: Während Spezialfonds unter anderem mit Kreditquoten von bis zu 50 Prozent arbeiten können (und dies mehrheitlich auch tun), liegt die Grenze bei den Publikumsfonds bei maximal 30 Prozent. Und Untersuchungen von Steffen Sebastian (Universität Regensburg/IREBS-Institut) zufolge schöpfen Publikumsfonds selbst diesen Spielraum bei Weitem nicht aus. So ist die durchschnittliche Kreditquote der Immobilienfonds für Privatanleger 2018 nochmals um 0,4 Prozentpunkte auf nun 13,6 Prozent gefallen. Ähnlich konservativ agieren die Publikumsfonds beim Thema Liquidität. Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestliquidität von fünf Prozent wurde laut Scope Ratings im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 21 Prozent deutlich überfüllt - mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Fondsrenditen.

Unabhängig davon ist für beide Fondskategorien eine unvermindert hohe Nachfrage zu beobachten: Mit 10,6 Milliarden Euro flossen Immobilien-Spezialfonds nach 2017 die zweithöchsten Netto-Mittelzuflüsse in ihrer Geschichte zu, bei den Publikumsfonds waren es ebenfalls überdurchschnittliche 6,8 Milliarden Euro. Dass der Anlegerbedarf noch längst nicht gedeckt ist, zeigen unterdessen die bislang registrierten Mittelaufkommen in den ersten Monaten des laufenden Jahres (siehe hierzu auch Beitrag Entzian in dieser Ausgabe). Es ist ein starker Vertrauensbeweis für die offenen Immobilienfonds, der die Anbieter gleichzeitig aber natürlich gehörig unter Zugzwang setzt, die Gelder wertsteigernd zu investieren. Wenig überraschend kommt der enorme Anlagedruck in einer Vielzahl neu aufgelegter beziehungsweise aktuell in Planung befindlicher Fondsprodukte sowie einer hohen Aktivität auf dem Immobilieninvestmentmarkt zum Ausdruck. Bei deutschen Büroimmobilien etwa bildeten Spezialfonds im vergangenen Jahr die mit Abstand größte Käufergruppe. Nach Angaben von BNP Paribas Real Estate (BNPRE) entfielen auf sie 21 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens in Höhe von 29,68 Milliarden Euro, gefolgt von Investment/Asset Managern mit knapp 13 Prozent. Bemerkenswert ist darüber hinaus das unlängst entfachte Interesse am Segment Wohnen: So zeichneten Spezialfonds (28 Prozent) und Publikumsfonds (26 Prozent - geprägt von dem Akquisition der rund 16 000 BGP-Wohnungen durch ZBI und Union Investment) laut BNPRE im ersten Halbjahr 2019 für mehr als die Hälfte der hierzulande getätigten Ankäufe (7,02 Milliarden Euro) von Wohnimmobilien (ab 30 Einheiten) verantwortlich.

All dies geschieht wohlgemerkt in einer weit fortgeschrittenen Phase des Immobilienzyklus, in der bei den Preisen über so ziemlich alle Assetklassen hinweg praktisch keine Luft nach oben mehr besteht, die Politik mit immer neuen und abenteuerlicheren Eingriffen in Miet- und Eigentumsrechte kokettiert und die Konjunktur spürbar an Dynamik verliert. Hinzu kommt, dass das risikoarme Core-Segment mittlerweile endgültig leergefegt ist und somit zwangsläufig Ausweichstrategien in oftmals unbekanntes Terrain wie Projektentwicklungen oder Value-Add-Immobilien erforderlich machen. Catella hat nicht umsonst in einem kürzlich erschienen Research-Bericht das Immobilienjahr 2019 zum Beginn einer Epoche ausgerufen, in der "Valueadd-Investmentstrategien strukturell die traditionellen Core-Investmentstile ablösen". Mehr denn je werden in dieser neuen Epoche die Künste der verantwortlichen Asset Manager gefragt sein. Bislang kaum vermietbare Objekte in B- oder C-Lagen in Perlen zu verwandeln, erscheint dabei ebenso anspruchsvoll wie alternativlos, um die Stellung der Immobilie als Stabilitätsanker auch künftig sicherzustellen.

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