EZB: Klimastresstest

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Die Europäische Zentralbank (EZB) und der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) haben Ende Juli einen gemeinsamen Bericht über die Auswirkungen klimabedingter Schocks auf das europäische Finanzsystem veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Klimarisiken rasch ausbreiten und Unternehmen wie auch Banken beeinträchtigen können. Der Bericht verdeutlicht einmal mehr die systemische Natur von klimabezogenen Risiken und liefert die Grundlage für makroprudenzielle Gegenmaßnahmen.

In dem Bericht werden mehrere Faktoren identifiziert, die dazu beitragen können, Klimarisiken im Finanzsystem zu verstärken. So können Transitionsrisiken durch wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen zwischen Banken und Unternehmen, aber auch untereinander vergrößert werden. Beispielsweise könnte ein plötzlicher Anstieg der CO2-Preise die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Insolvenz eines Unternehmens zur Zahlungsunfähigkeit eines anderen führt. Dies gilt zwar vor allem für Unternehmen mit einem hohen CO2-Ausstoß, doch könnten auch deren emissionsärmere Geschäftspartner betroffen sein.

Zugleich können Naturgefahren, die miteinander in Wechselwirkung stehen – wie Wasserknappheit, Hitzewellen und Waldbrände –, physische Klimarisiken verschärfen, da sie gemeinsam auftreten und sich gegenseitig verstärken können. Auch die Marktdynamik kann die finanziellen Auswirkungen physischer Risiken vergrößern. So könnte ein Klimaschock eine abrupte Neubepreisung von Klimarisiken nach sich ziehen. Dadurch können Notverkäufe ausgelöst werden, bei denen Finanzinstitute – insbesondere solche mit Portfolioüberschneidungen – gleichzeitig, schnell und in großer Zahl betroffene Vermögenswerte zu stark gefallenen Preisen verkaufen.

Aus einer Szenarioanalyse geht hervor, dass sich Klimarisiken in einer bestimmten Abfolge im Finanzsystem manifestieren könnten. Zunächst könnten sich unvorhergesehene Klimaschocks abrupt auf die Marktpreise auswirken, wovon zuerst die Portfolios von Investmentfonds, Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften betroffen wären. Anschließend ­könnte es durch diese plötzlichen Neubewertungen zu Unternehmensinsolvenzen und in der Folge zu Verlusten bei Banken mit entsprechenden Kreditforderungen kommen.

Im Szenario eines ungeordneten Übergangs, das einen sofortigen und beträchtlichen Anstieg des Preises für CO2-Emissionen unterstellt, könnten die Versicherungsunternehmen und Investmentfonds auf kurze Sicht Marktverluste in Höhe von 3 Prozent beziehungsweise 25 Prozent ihrer stressgetesteten Aktiva erleiden. Ein geordneter Übergang zu Netto-Null-Emissionen bis 2050 könnte solche Schocks indes abmildern und die negativen Folgen für Unternehmen und Banken begrenzen.

Die Wahrscheinlichkeit von Unternehmensausfällen wäre dann im Jahr 2050 zwischen 13 Prozent und 20 Prozent niedriger als bei den aktuell geltenden Maßnahmen. Auch die Kreditverluste der Banken würden in diesem Szenario geringer ausfallen.

Es wird auch erörtert, welchen Spielraum es für makroprudenzielle Maßnahmen im Rahmen einer umfassenderen poli­tischen Reaktion auf die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels gibt. Es wird dargelegt, wie bestehende Instrumente angepasst werden könnten, allen voran die Systemrisikopuffer und Konzentrationsschwellenwerte. Solche Maßnahmen könnten die Bemühungen auf der mikroprudenziellen Ebene ergänzen, darunter die Klimaagenda der EZB-Bankenaufsicht, zu der auch die laufende thematische Überprüfung von Klimarisiken und der Klimastresstest 2022 zählen.

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